ᴋᴀᴘɪᴛᴇʟ 3 - ᴋᴏᴍɪsᴄʜᴇ ʙᴇɢᴇɢɴᴜɴɢ
Der Unterricht verging schleppend und Freya driftete immer weiter in ihre Gedanken ab, sodass sie zusammenzuckte, als Susi plötzlich neben ihr stand und sie breit anlächelte.
»Wollen wir zusammen in die Mensa gehen?«, fragte sie.
Freya sah sie fragend an und erst, als sie bemerkte, dass das Klassenzimmer bereits leer war, kam es ihr. Mittagspause mit anschließender Freistunde. Sie streckte sich und sah dann wieder zu Susi, die immer noch lächelnd vor ihr stand. Die Frage von ihr brauchte wohl noch eine Antwort und normale Menschen hätten sicher klar gern gesagt, aber vor Freya lagen zwei Dinge, worauf sie gar kein Bock hatte. Mensaessen und Menschen, die sie nicht um sich haben wollte. Na ja und Gefälligkeiten lagen ihr nicht wirklich, also stand sie auf und sah Susi an.
»Sorry, aber ich hab nicht wirklich Bock auf Mensa, aber danke fürs Fragen«, erwiderte sie und nahm ihren Rucksack.
»Okay«, sagte Susi und ihre Enttäuschung war deutlich zu hören.
Sollte Freya das leidtun? Wahrscheinlich. Aber es interessierte sie nicht, ob sie irgendwem enttäuschte und so verließ sie das Zimmer, ohne Susi noch einen Blick zu würdigen. Ließ sie das arrogant und eingebildet wirken? Mit Sicherheit, aber auch das war Freya vollkommen egal. Sie nahm ihr Handy zur Hand und es dauerte nur Sekunden, bis sie ihr nächstes Ziel kannte.
Ein kleines Café, unmittelbar neben der Schule. Sie lief die wenigen Meter und musste schmunzeln, als sie davor zum Stehen kam. Es war tatsächlich sehr klein und wirkte niedlich. Es war, umranntet von bunt, leuchtenden Blumen und hatte sogar eine Terrasse, auf der es sich Freya gleich gemütlich machen würde. Sie trat in das Café und der Duft von frischem Kaffee ließ ihren Herzschlag vor Freude nach oben schießen. Ihr Blick huschte durch die kleine Glastheke, die ihr die vielen Köstlichkeiten zeigte und schon lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Die junge Bedienung hinter der Theke lächelte sie freundlich an.
»Was kann es für Sie sein?«
Freya trat näher an sie heran und kratzte sich am Kinn, während sie versuchte, sich zu entscheiden.
»Einen Kaffee ohne alles, bitte. Dann ein Tomaten-Käse Sandwich, eins mit Thunfisch, ein Hühnchen-Warp und ein Stück von der Erdbeertorte«, zählte Freya auf und sah zu der jungen Frau.
Sie sah sie erst etwas erschrocken an, als aber Freyas Magen genau in diesem Moment lautstark knurrte, lächelte sie und machte sich schnell daran, die Bestellung zuzubereiten. Freyas Magen fühlte sich an, wie ein schwarzes Loch. Außer Kaffee hatte dieser heute noch nicht zu sehen bekommen, denn bei aller Liebe, sie brachte am frühen Morgen einfach nichts zu Essen runter.
Es dauerte nur wenige Minuten und ihre Bestellung war säuberlich auf einem Tablett hergerichtet. Freya zahlte und gab direkt noch ein großzügiges Trinkgeld.
»Wow, danke. Kommen Sie gern wieder«, sagte die Bedienung, als sie auf den Schein starrte.
Freya lächelte.
»Werde ich. Keine Angst.«
Sie nahm ihr Tablett und machte sich lächelnd auf den Weg nach draußen. Sie lief an einem jungen Typen vorbei, der völlig vertieft in seinen Laptop starrte. Erst als sie unmittelbar neben seinen Tisch war, erkannte sie ihn.
Aaron.
Er hob im selben Augenblick den Kopf, sah erst sie und dann ihr Tablett an und musste schmunzeln. Freya zuckte nur mit den Schultern und ging an ihm vorbei. Sie konnte es sich leisten, sich voll zustopfen. Ihr Stoffwechsel war super und was der nicht schaffte, erledigte ihr tägliches Training. Na ja und selbst wenn das nicht so wäre, würde sie sich trotzdem all das gönnen, worauf sie Lust hatte. Sie hatte noch nie viel Wert auf Äußerlichkeiten gelegt und sie würde jetzt sicher nicht damit anfangen.
Sie setzte sich an einen Tisch am Ende der Terrasse und ein letzter Blick zu Aaron zeigte ihr, dass er sich, auf was auch immer er da tat, konzentrierte. Also fing sie an zu essen und verschlang einen Bissen nach dem anderen. Alles war köstlich und nachdem das Tablett leer und ihr Magen endlich voll war, lehnte sie sich zufrieden zurück. Für einen kurzen Moment genoss sie einfach nur die Ruhe, die hier herrschte, um dann ihre Kopfhörer aus dem Rucksack zu ziehen. Sie entschied sich für Rammstein und während diese ihr in den Ohren dröhnten, zog sie ihren Zeichenblock heraus und sah zurück zu Aaron. Sie war sich nicht sicher warum, aber sie begann damit genau ihn auf das Papier zu bringen.
Irgendwann musste sie nicht mehr zu ihm sehen. Ihr Gehirn hatte alles Wichtige gespeichert und so verlor sie sich in den Strichen, welcher ihr Bleistift, fast wie von Zauberhand, auf dem Blatt Papier hinterließ. Als sie fertig war, schmunzelte sie und sah erneut zu Aaron. Doch dieser war nicht mehr allein. Zwei Typen saßen neben ihm. Sie waren deutlich älter und breiter als er. Ihre Mimik und Gestik zeigten, dass dies wohl kein Freundschaftsbesuch war. Es stank förmlich alles nach Ärger. Aaron sah ebenfalls angepisst aus und so zog Freya sich die Kopfhörer von den Ohren, um zu verstehen, was da drüben los war.
»Was? Schon wieder? Ihr wollt mich doch verarschen! Vergesst es! Ich schaffe das nicht jedes Wochenende«, brüllte Aaron den Typen entgegen.
Diese sahen sich nur an und schüttelten mit den Köpfen, bevor einer der beiden anfing zu sprechen. Ruhig, leise, aber man hörte die Bedrohlichkeit eindeutig heraus.
»Es ist uns egal, was du schaffst oder nicht. Wir haben einen Deal. Schon vergessen?«
Aaron rieb sich über den Nacken und schien verzweifelt zu sein, dennoch funkelte er die beiden weiterhin böse an.
»Nein, wie könnte ich«, erwiderte Aaron.
Die beiden sahen ihn grinsend an.
»Na also... Und du weißt, was passiert, wenn du nicht auftauchst«, fing einer der Typen an, bevor der andere den Satz beendete.
»Dann werden wir wohl unsere Seite des Deals auch nicht mehr einhalten.«
Mit diesen Worten zog er sein Handy aus der Tasche und drehte den Bildschirm zu Aaron, der sofort kreidebleich wurde. Freya stutzte. Was zur Hölle sollte das? Die Typen stanken nicht nur nach Ärger, sondern sahen auch so aus. Sie lehnte sich weiter zurück und hörte aufmerksam zu.
Aaron spielte nervös mit seinen Händen, als er den Blick wieder hob.
»Aber nicht dieses Wochenende. Können wir nicht mal eine Ausnahme machen? Bitte.«
Freya konnte die Verzweiflung dieser Worte förmlich spüren und das gefiel ihr nicht. Ja, sie hatte nicht viel übrig für fremde Menschen. Aber das hier ging eindeutig zu weit.
»Hörst du das? Der will uns doch verarschen«, sagte einer der Typen und sah zu seinem Kumpel.
Tja und dieser schoss förmlich über den Tisch, packte Aaron am Hoodie und zog ihn zu sich.
»Wir rufen. Du springst. So und nicht anders. Hast du das kapiert?«, knurrte er Aaron entgegen, der nur noch hilflos nickte.
Doch gerade als der Typ von Aaron abließ, tauchte Freya neben ihm auf und funkelte die beiden Typen an.
»Gibt es hier ein Problem?«, fragte sie bedrohlich.
Sofort lagen alle Blicke auf ihr und ein Schauer des Ekels breitete sich in ihr aus, als sie die Gier der zwei Typen in deren Augen erblickte. Einer leckte sich über seine aufgerissenen Lippen und Freya war sich nicht sicher, ob es Verlangen war oder ob er sie als Druckmittel sah. Der andere musterte sie und grinste dann Aaron schief an.
»Wer ist das? Etwa deine kleine Freundin? Süß. Ich wusste nicht, dass du jemanden zum Ficken hast!«
Aarons Blick schoss automatisch zu Freya, welche diesen erwiderte und zum ersten Mal, vernahm sie seine wundervollen, hellgrünen Augen, die ihr aber nur eins zeigten. Entsetzen. Und so schnell, wie sich ihre Blicke getroffen hatten, lösten sie sich auch wieder voneinander.
»Hey, ich habe dich, was gefragt«, raunte einer der Typen, was Aaron zum Knurren brachte.
Er sah die beiden mit kalter Miene an und räusperte sich.
»Nein. Es ist nicht meine Freundin. Ich ficke sie nicht. Genau genommen kenne ich sie nicht mal.«
Und mit diesen Worten sah Aaron erneut zu Freya und sein Blick sagte ein was ganz deutlich. Hau ab. Ihr gefiel es nicht, dennoch drehte sie sich ab und machte sich wieder auf den Weg zu ihrem Tisch, aber nicht ohne vorher noch mal hinter den beiden Typen stehenzubleiben und sich nah zu ihnen heran zu lehnen.
»Man sieht sich immer zweimal im Leben und ich werde eure verhurten Blicke nicht so schnell vergessen«, raunte sie ihnen zu und war sich sicher, dass es leise genug war, sodass es Aaron nicht hören konnte.
Danach ging sie zu ihrem Tisch und hörte nur, wie Aaron zu den Typen sprach.
»Ich werde da sein.«
Sie sah im Augenwinkel, wie die beiden aufstanden, einer davon Aaron hart auf die Schulter schlug und dann verschwanden. Freya schüttelte den Kopf und fing an, ihre Sachen zu packen.
Was für Penner, dachte sie sich, als sie plötzlich jemand am Arm packte und zu sich drehte.
Angriffslustig schlug sie die Hand weg, bis sie erkannte, dass es Aaron war, der vor ihr stand. Sein Puls schien zu rasen, das verriet ihr seine Halsschlagader, deren Pochen deutlich zu sehen war. Er starrte sie an und lehnte sich zu ihr.
»Halt dich aus meinen Leben raus, verstanden?«, knurrte Aaron ihr bedrohlich entgegen.
Sofort schlug das Mitleid, welches sie vor Sekunden noch für ihn empfunden hatte, in Wut um. Ihr Puls schoss ebenfalls nach oben und ihre Hände ballten sich zu Fäusten. So standen sie für wenige Augenblicke und als Freya merkte, dass sie kurz vor dem Ausrasten war, atmete sie tief ein. Zwang sich, ihre Fäuste zu öffnen, und riss sich aus Aarons Griff los.
»Nichts lieber als das, Idiot«, warf sie ihm entgegen, nahm ihren Rucksack und verschwand von der Terrasse.
Aaron sah ihr nach, ließ sich auf dem Stuhl hinter sich fallen und rieb sich über sein Gesicht. Eigentlich hätte er sich lieber bedanken wollen. Es war selten, dass jemand selbstlos, einfach nur helfen wollte. Aber er konnte nicht riskieren, dass sie in Dinge geriet, die sie verletzen oder töten konnten. Also wäre es sicherer, wenn sie dachte, er sei ein Arschloch und gut. Niemand durfte ihm zu nahestehen.
Er seufzte und als er gerade wieder aufstehen und zurück zur Schule gehen wollte, fiel ihm ein weißes Blatt Papier auf, welches unter dem Tisch lag. Langsam griff er danach und hob es auf. Sein Blick wanderte über die Zeichnung, die eindeutig ihn zeigte. Unwillkürlich hob er den Blick und sah in die Richtung, in die Freya gerade verschwunden war. Kurz hoffte er, dass sie noch da stehen würde, aber da war niemand. Er war allein. So wie, er es schon immer war.
Erneut sah er auf das Bild. Es war gut. Nein, das war die Untertreibung des Jahres. Es war perfekt. Langsam und ordentlich faltete er es zusammen und ließ es in seiner Jackentasche verschwinden, bevor er aufstand, sich sein Zeug schnappte und sich auf den Weg zurück zum Unterricht machte. Seine Gedanken sprangen zu Freya und er hoffte, dass sie diese Begegnung einfach hinnehmen und keine blöden Fragen stellen würde.
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