ᴋᴀᴘɪᴛᴇʟ 23 - ᴅɪᴇ sᴄʜᴇɪßᴇ ᴋᴏᴄʜᴛ
Ihr Puls schoss sofort in die Höhe. Synchron liefen sie auf das Fenster zu und starrten auf das Gelände vor sich, welches eigentlich in friedlicher Stille liegen sollte. Doch stattdessen zerriss das flackernde blaue Licht, der Polizeifahrzeuge die Dunkelheit.
»Bullen«, entfuhr es Freya, als sie ungläubig dabei zusah, wie sie gerade das Tor aufbrachen.
»Und so, wie das aussieht, alle die sie mobil machen konnten«, erwiderte Tom.
Ein Krachen hinter sich ließ sie herumfahren und auf Liam blicken.
»Was soll das?«, fragte Freya mit belegter Stimme.
»Keine Ahnung. Razzia. Denke ich. Sind deine Waffen save?«, fragte er und handelte sich postwendend ein Augenrollen von Freya ein.
»Was glaubst du wohl?«, gab sie schnippisch zurück, als ein erneutes Krachen ihre Blicke wieder zu dem Fenster richten ließ.
Die Polizeiwagen schossen auf den Platz und gleichzeitig bewegte sich eine Traube an Membern aus dem Clubhouse. Sofort sprangen die Polizisten aus ihren Wagen und zielten auf die Herannahenden, welche sofort innehielten und ohne zu zögern, die Hände über den Kopf nahmen.
»Ich dachte, die Bullen werden von euch geschmiert?«, raunte Tom und sah zu Liam.
»Werden sie und das heißt, die Scheiße ist am Kochen«, erwiderte dieser knurrend.
Freya seufzte.
»Der Tag wird immer besser. Schlafen fällt dann wohl aus. Bier?«
Tom sah sie irritiert an, doch ihr gleichgültiger Blick, holte ihn auf den Boden der Tatsachen zurück. Er merkte gerade schmerzlich, wie lange er nicht mehr hier gewesen wahr. Das Leben hier, bei ihnen war anders. Eine Horde von bewaffneten Polizisten sorgten in ihren Leben nicht zu Panik. Also nickte er und schloss sich Liam und Freya an, die schon dabei waren, das Zimmer zu verlassen.
Gerade als sie auf der letzten Treppenstufe ankamen, wurde die Eingangstür aufgerissen und mehrere Polizisten stürmten das Haus.
Freya seufzte und hob langsam die Hände über den Kopf.
»Wir kommen in Frieden«, sagte sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Die Beamten verdunkelten ihre Mienen und gingen mit erhobenen Waffen auf sie zu. Liam und Tom standen mittlerweile ebenfalls mit erhobenen Händen neben Freya und ließen sich bereitwillig durchsuchen.
»Sie sind sauber«, raunte einer der Polizisten.
»Ansichtssache«, murmelte Freya.
»Raus«, brummte ihr der Beamte entgegen und warf Freya einen angepissten Blick zu.
Freya stöhnte auf.
»Ich kann nichts für deine schlaflose Nacht, als pass auf deinen beschissenen Ton auf«, raunte sie ihm ebenso pissig entgegen.
Ein leises Glucksen war zu hören, als Tom versuchte sich sein Lachen zu unterdrücken.
Der Beamte und Freya standen sich beinahe Nase an Nase gegenüber und starrten sich in die Augen. Die Spannung zwischen ihnen breitete sich auf die umstehenden Beamten aus und es schien ein Funke zu reichen, um die Situation zum Explodieren zu bringen. Doch Liam wusste, dass ihnen das nicht weiterhelfen würde.
»Lasst es. Ihr habt sie aus dem Schlaf geholt. Sie ist ausgepennt schon nicht zu ertragen. Geht ihr aus dem Weg, gebt uns die Flasche Whiskey von der Theke und wir setzen uns brav auf die Terrasse.
Stille breitete sich für einen Moment aus, bis der Beamte vor Freya von einem anderen zur Seite gezogen wurde. Sichtlich angepisst von dieser Tatsache löste er endlich den Blick von ihr und trat zurück zu seinen Kollegen.
»Geht«, raunte ein anderer, doch keiner der drei setzte sich in Bewegung.
»Der Whiskey«, wiederholte sich Liam und zeigte auf die Flasche auf der Küchentheke.
Die Polizisten warfen sich untereinander fragende Blicke zu, bis einer schließlich nickte und ein anderer die Flasche griff, um sie anschließend Liam zu reichen.
»Wir danken«, raunte dieser und schon liefen die drei, begleitet von drei Beamten nach draußen.
Theatralisch ließen sich die drei auf der Terrasse nieder, die Beamten stellten sich um sie und zielten weiterhin auf deren unbewaffnete Körper.
»Nett«, raunte Freya und griff nach der Whiskeyflasche.
Sie öffnete sie, nahm einen großzügigen Schluck und reichte sie weiter zu Liam.
Plötzlich war ein immer lauter werdendes Stimmengewirr zu hören.
»Fick dich, Drecksbulle. Ich schwöre euch, wenn hier irgendwas zu Bruch geht. Ich finde euch!«, brüllte Nora durch das Wohnzimmer, ehe sie von Jaxon unsanft ebenfalls auf die Terrasse geschoben wurde.
»Was ein grandioser Tag«, maulte er, als er in die Gesichter seiner Kinder sah.
Nora schnaubte und ihr hochroter Kopf zeigte allen, dass Freya hier nicht die Einzige war, von der man Abstand halten sollte.
Jaxon seufzte, zog einen der Stühle zurück und drückte seine Frau mit einem dunklen Blick auf diesen. Noras Mundwinkel zuckten, als ein Klirren aus dem Wohnzimmer zu ihnen drang.
»Ich bring sie um«, murmelte sie, griff nach dem Whiskey und nahm ebenfalls einen Schluck.
Von der anderen Seite wurde Finn, ebenfalls von zwei Bewaffneten, auf die Terrasse begleitet.
»Privatparty?«, fragte er, als er die Terrasse betrat.
»Setzen«, befahl ihm einer der Beamten.
»Leck mich«, raunte Finn, zog sich aber einen Stuhl hervor und ließ sich auf diesen fallen.
Nora schob ohne Aufforderung die Flasche zu Finn, der ihr nur dankbar zunickte.
Ein einziger Blick zu Jason aller zeigte ihnen sofort, wie der Plan war. Schon fast zeitgleich lehnten sich alle zurück, legten die Köpfe in den Nacken und schwiegen.
So saßen sie beinahe zwei Stunden, bis ein ihnen wohlbekannter Beamter, auf die Terrasse trat. Der hiesige Polizeichef. Der, der sie eigentlich immer warnte und sogar schützend die Hand über sie hielt.
»Was Interessantes gefunden?«, fragte Jaxon abfällig.
Der Beamte senkte sofort den Blick, denn er ahnte bereits, dass er dafür wohl früher oder später bezahlen würde. Jaxon musterte ihn. Irgendwas stimmte hier nicht. Der Beamte sah zu seinen Kollegen, die ihre Waffen unmittelbar anhoben und erneut auf die Tischrunde zielten.
»Ernsthaft jetzt«, raunte Freya los und spannte sich an, doch Jaxon hob die Hand und zeigte ihr an, zu schweigen.
Widerwillig lehnte sie sich zurück und warf den Bullen, der ihr gegenüberstand einen giftigen Blick zu.
»Also?«, fragte Jaxon erneut. »Was verschafft uns die Ehre?«
Der Beamte hob den Blick und für einen Moment glaubte Jaxon Reue, darin zu sehen.
»Wir sind hier, um einen Haftbefehl auszuführen. Na ja oder sagen wir besser drei.«
Freyas Finger zuckten und es kostete sie, alles an Kraft sie nicht zu Fäusten zu ballen, stattdessen schloss sie ihre Hände um die Lehne des Stuhls und grub ihre Nägel tief in diesen.
Liam spannte sich ebenfalls an und schluckte. Ihre Blicke lagen auf Jaxon, dessen Blick fest auf dem Beamten lag.
»Wer?«, fragte dieser knapp.
Der Beamte räusperte sich.
»Jaxon Shield. Nora Shield und Finn O'Conner. Sie sind festgenommen, wegen versuchten Mordes in sechs Fällen.«
Jaxons Blick schoss augenblicklich zu Liam und Freya. Ein leichtes Kopfschütteln zwang sie weiterhin dazu, still in ihren Stühlen zu bleiben.
Freya presste ihre Finger mittlerweile so tief in das Holz der Lehne, dass ihre Fingerknöchel weiß hervorstachen und das erste Blut seinen Weg an die Oberfläche ihrer Finger fand.
Tom sah sich fassungslos um, schwieg aber ebenso.
Drei Beamte traten nach vorn und zogen bereits ihre Handschellen, als Jaxon langsam aufstand.
»Das wird nicht nötig sein. Wir kommen ohne Widerstand mit.«
Nora und Finn standen ebenfalls langsam auf und nickten als Bestätigung. Nora und Jaxon warfen einen letzten Blick zu ihren Kindern, bevor sie sich schweigend in Gewahrsam nehmen ließen.
Freya sah ihren Eltern nach. Sie atmete tief ein und griff nach der Whiskeyflasche. Schweigend saßen sie weitere dreißig Minuten an dem Tisch und regten sich nicht, bis endlich das letzte Polizeifahrzeug das Gelände verlassen hatte.
Die übrigen Member liefen langsam auf die Terrasse zu und sammelten sich um Freya, Tom und Liam. Weitere Minuten des Schweigens vergingen, bis Freya endlich die Stille durchbrach.
»Ich denke, wir haben uns lange genug an der Nase durch die Gegend ziehen lassen«, knurrte sie und sah auf ihre blutverschmierten Finger.
Leises Murmeln, was als Zustimmung diente, ließ Liam aufstehen und sich zu den Membern drehen.
»Durchsucht das Gelände. Wäre nicht das erste Mal, dass diese Pisser versuchen uns zu verwanzen und versperrt dieses beschissene Tor«, forderte er und schon teilten die Member sich auf und verschwanden in unterschiedliche Richtungen.
»Ich storniere dann wohl mal meinen Flug«, flüsterte Tom und verschwand in das Haus.
Liam drehte sich zu Freya und trat neben sie. Ihr Blick galt immer noch dem frischen Blut, welches sich um ihre Fingerkuppen legte.
»Alles gut?«, fragte er und hockte sich neben sie.
Langsam drehte sie den Kopf und die Kälte, welche in ihrem Blick lag, jagte sogar Liam einen Schauer über den Körper und der drohende Unterton in ihrer Stimme, machte es nicht besser.
»Sechs unserer Leute wurden angegriffen. Unsere Eltern wurden gerade wegen versuchten Mordes verhaftet. Unser Haus liegt in Schutt und Asche. Also, was glaubst du wohl?«
Liam schluckte und nickte.
»Ich geh mit den anderen das Gelände absuchen.«
Er warf ihr einen letzten Blick zu und verschwand dann im Schatten der Dunkelheit.
Freya schloss die Augen für einen Moment und presste ihre Finger zu festen Fäusten zusammen. Der brennende Schmerz ihrer frischen Wunden schoss durch ihre Hände und griff auf ihre Arme über. Doch er versank in dem Gefühlschaos, welches in Freya herrschte. Ein leichtes Zittern nahm ihren Körper in Beschlag und ließ sie ihre Fäuste noch etwas fester schließen. Der bittersüße Schmerz breitete sich weiter aus und Stück für Stück wurden die Wut und der Hass in ihr, von der sich ausbreitenden Dunkelheit, verschlungen. Mit jedem Atemzug befreite sie sich von ihren Ängsten und den Gefühlen, die durch ihr Inneres tobten.
Ein. Aus. Ein. Aus.
Sie verharrte mehrere Minuten in dieser Position, bis der letzte Funke eines Gefühls endgültig verschlungen war.
Sie atmete ein letztes Mal tief ein und löste ihre Fäuste auf. Das Pulsieren ihrer Finger ließ sie die Augen öffnen. Emotionslos richtete sie ihren Blick auf ihre Hände und die Blutspuren, welche sich nun stärker verteilt hatten. Für einen kurzen Moment beobachtete sie einen Blutstropfen, welcher sich über ihren Handballen hinweg bewegte, bevor sie ihn gleichgültig an ihrem Shirt abwischte.
Sie griff nach der Flasche und nahm den letzten Schluck Whiskey, welcher geduldig auf sie gewartet hatte. Ihre Kehle brannte auf, als die Flüssigkeit sich den Weg in ihren Magen bahnte. Mit leerem Blick stellte sie die Flasche auf dem Tisch ab und griff nach dem Handy in ihrer Tasche. Langsam drückte sie sich durch das Telefonbuch, bis sie gefunden hatte, wonach sie suchte.
Ohne noch einen weiteren Gedanken an die Konsequenzen zu verschwenden, wählte sie die Nummer und legte den Hörer an ihr Ohr.
Es wurde Zeit, dass sie dieses Spiel in die Hände nahmen...
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