27. Kapitel
Entsetzt sehe ich ihn an, kann in seinen Augen keinerlei Reue und vor allem keinerlei Zärtlichkeit mehr sehen. Fassungslos reiße ich mich von ihm los, schubse ihn von mir. »Was ist nur in dich gefahren? Draven? Ich liebe dich...und, wenn du mich auch liebst...dann...komm endlich wieder zu dir und steh das mit mir gemeinsam durch«, wimmere ich und greife nach seinen Händen, doch er entzieht sich mir und nimmt schmerzhaft Abstand.
»Du liebst mich nicht. Nicht genug...«, faucht er und sieht mich missbilligend an.
»Wieso sagst du das?« Ich komme mit seiner Feindseligkeit nicht zurecht, ich fühle mich komplett eingeschüchtert.
»Du liebst mich nur, weil ich es so wollte, eigentlich wolltest du nur die Unsterblichkeit. Du wolltest nie mich!«, fährt er ungerührt fort und ist offensichtlich von seinen Worten überzeugt.
»Das stimmt nicht und das weißt du!«, rufe ich aus und kann nun kaum mehr an mich halten. Wild entschlossen schüttle ich den Kopf, denn ich will auch seine Worte nicht wahr haben.
»Du hattest gar keine andere Wahl. Du bist nur in mich verliebt gewesen, weil ich es so wollte. Mein Vater hat unsere Liebe vorbestimmt und hat unsere Zukunft vorhergesagt in einem Traum. Du konntest gar nicht anders. Ich wollte es so und habe dir ermöglicht, dass dieser Traum wahr wird. Deine Gefühle zu mir sind nicht echt!« brüllt er mich wütend an, packt mich bei den Schultern und schüttelt mich. »Eigentlich bist du auch überhaupt gar nicht meine rechtmäßige Gefährtin, sondern die meines missratenen Bruders, dem ich mit der ganzen Farce hier nur eines auswischen wollte!«, lacht Draven höhnisch und deutet auf Gabriel, der mit wütendem Blick zu ihm sieht. Mich ignoriert er geflissentlich. Dravens Worte setzen sich in mir fest, wie ein Bandwurm. Als sie sich manifestieren, sehe ich auf. Mein Blick schießt zu Gabriel. Er ist mein rechtmäßiger Gefährte? Ist deshalb seine Anziehungskraft so stark? Doch, dass kann ich nicht glauben. Draven spricht wirres Zeug, er muss einfach. So fies kann er unmöglich sein. Er kann unmöglich all seine Gefühle für mich vorgetäuscht haben.
Mir klappt der Mund auf, denn das kann er nicht ernst meinen. »Du lügst.« Ich zweifle an seinen Worten, kann ihm keinen Glauben schenken.
»Es ist die Wahrheit. Glaub es oder nicht. Wir, unsere Geschichte, haben wir schon einmal erlebt. In einem Traum, ich habe dir die Erinnerung daran genommen, doch mein Vater sah es als Chance für mich ein besserer Mensch zu werden. Alles, alles was wir geträumt haben, verlief genauso.«
Mit kühlem Blick sieht er auf mich herab und auf einmal hat er keinen Funken Liebe in seinen Augen für mich übrig. »Für mich war es echt«, beharre ich, weiß dennoch nicht so Recht was ich davon halten soll. Ob ich ihm böse sein soll. Ich kann mich an keinen Traum erinnern, ich möchte an das Gute in ihm glauben. Ich möchte glauben, dass es für ihn echt war, dass er unsere Liebe als echt empfunden hat. So wie ich.
»Es reicht Draven, du hattest jetzt deinen Spaß«, bricht Raphael erneut das Schweigen, setzt sich für mich ein. Er muss mein Gefühlschaos bemerkt haben.
Draven lässt von mir ab und blickt seine Familie an. »Hört auf mir zu sagen, was ich tun soll. Ich entscheide selbst für mich. Habt ihr das verdammt nochmal verstanden?«, keift er seine Brüder und seine Mutter an, die ihn empört entgegen sehen. Draven deutet auf Gabriel und seine Mutter »Ihr beide wart mir lieber als ihr tot wart. Und du, Raphael ...«, sagt er und sieht ihn emotionslos an, »Fahr zur Hölle!«
Mit diesen Worten löst er sich in Luft auf, verschwindet aus der Unterwelt und ist nicht mehr auszumachen. Keuchend hole ich tief Luft und versuche mich zu beruhigen. Das ist nicht der Draven, den ich liebe. »Eve...ist alles in Ordnung?«, erkundigt sich Raphael netterweise bei mir, doch ich kann nicht antworten, bringe nur ein Kopfschütteln zustande.
»Das arme Mädchen, natürlich geht es ihr nicht gut, nach der ganzen fürchterlichen Wahrheit«, seufzt Oceane und kommt lautlos auf mich zu. Sie fährt mit einer Sanften Berührung über mein Haar, sofort werde ich ruhiger, entspannter.
»Er...hat er das ernst gemeint?«, frage ich leise an Raphael gewandt, er weiß sofort was ich meine.
Nach kurzem Schweigen seufzt er: »Ja...hat er. Aber er liebt dich. Er muss einfach. Anders kann ich mir seine Fürsorge und sein Interesse an dir, welches er hatte nicht erklären. Nur sein jetziges Verhalten ist mir ein Rätsel.« Er spricht sehr leise, scheint ebenso ahnungslos wie ich.
»Ihn zerfrisst das Böse von innen«, sagt plötzlich Oceane , wendet sich von mir ab.
»Sollte das nicht eigentlich Gabriel widerfahren?«, fragt Raphael verwirrt, ich sehe sie ebenso verwirrt an. Gabriel nehme ich mit jeder Faser meines Körpers wahr, doch ich versuche ihn auszublenden. Nun, nachdem ich die Wahrheit kenne, kann ich ihm nicht entgegen blicken. Draven muss einfach lügen. Diese Gefühle, die ich für ihn habe, kann er unmöglich manipuliert haben!
»Das ist eine lange Geschichte. Ich denke Eve sollte sich erstmal für eine Weile ausruhen. Sie hat heute genug erfahren müssen. Geben wir ihr Zeit, dies erstmal zu verarbeiten«, lächelt Oceane Sanft, streicht liebevoll über mein Haar und führt mich am Arm zur Tür. Doch Gabriel stellt sich uns in den Weg.
»Ich bringe dich nach Hause!«, bietet er sogleich an, beschließt es kurzerhand. Er nimmt meine Hand und ich wehre mich nicht. Denn sobald seine Haut, die meine berührt, kann ich mich unmöglich dagegen wehren.
»Wenn es Eve recht ist?« Misstrauisch hebt seine Mutter eine Augenbraue und sieht mich fragend an. Ich nicke bloß, möchte nur zu meinen Eltern, in mein gewohntes Umfeld. Mein Zuhause.
»Nun denn, es war mir eine Freude dich einmal kennengelernt zu haben«, verabschiedet sie sich und küsst mir zaghaft auf die Stirn. Komischerweise fühle ich mich dadurch gesegnet. Beschützt.
Wenige Augenblicke später stehe ich mit Gabriel auf der bereits dunklen Veranda. Die Lichter brennen noch im Haus. Von Innen kann ich den Fernsehapparat hören. Meine Eltern unterhalten sich leise. »Danke...Gabriel«, murmle ich, versuche ein kleines Lächeln zustande zu bringen.
»Wofür? Dass ich deine Beziehung zu Draven kaputt gemacht habe? Dass ich hier aufgetaucht bin und dein Leben auf den Kopf gestellt habe? Eve...ist gut...du musst nicht nett zu mir sein. Ich weiß, dass ich keine Chance bei dir haben werde. Also, mach es mir nicht so schwer«, fährt er mich an. Aufgebracht streicht er sich einige Strähnen aus der Stirn.
»Nein, ich danke dir, dass du mich nach Hause gebracht hast und dass du für mich da bist, jetzt in dieser schweren Zeit. Und dass du mir die Augen geöffnet hast...«
»Dafür musst du mir nicht danken. Früher oder später wäre es eh so gekommen und du hättest ihn richtig kennen gelernt.«
»Aber ich liebe ihn...und ich hoffe, er tut es auch«, wimmere ich beinahe verzweifelt, weiß nicht, wie ich mit dieser Erkenntnis umgehen soll. Ich hoffe, dass irgendwo tief in Draven seine Liebe zu mir stark genug ist, um ihn zur Vernunft zu bringen.
»Eve, dieser Typ hat dich nicht verdient! Er...er würde dich umbringen sobald du nicht nach seiner Nase tanzt!«, wirft er mir vor, doch ich will von alldem nichts hören. Energisch schüttle ich den Kopf.
Er sieht mich mit seinen wahnsinnig faszinierenden Augen an, lässt mich an meiner Zurechnungsfähigkeit zweifeln. Ich schüttle weiter den Kopf, will mich wieder auf Draven konzentrieren, doch die Anziehungskraft, die Gabriel ausstrahlt ist zu stark. »Doch er verdient mich, er liebt mich...ich weiß es...«, beharre ich.
»Nein, das tut er nicht. Dazu ist er nicht fähig!«, hält er entschlossen dagegen, kommt näher auf mich zu und greift nach meinen Händen, die sogleich zu Kribbeln beginnen.
Mein Blick schießt zu ihm hoch. »Ach und du schon?«, frage ich provozierend und will ihm partout nicht zeigen, wie verwirrt ich bin. Denn das bin ich. Verwirrt von ihm und meinen Gefühlen. Meine Gefühle zu ihm und auch die zu Draven prasseln gnadenlos auf mich nieder.
»Ja.« Er ist von sich überzeugt.
»Das glaubst du doch selbst nicht!« Ich schnalze mit der Zunge und will mich aus seinem Griff befreien, denn es irritiert mich.
»Ich beweise es dir...«, haucht er, kommt ein paar Schritte näher.
»W-was tust d-du da?« Ich reiße erschrocken die Augen auf und spüre plötzlich mein Herz bis zum Halse schlagen. Ich weiche zurück, doch da hat er mich auch schon am Nacken gepackt und seine Lippen auf meine gepresst...
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