26. Kapitel
Raphaels POV
Sie steht dort, völlig in weiß gekleidet, das goldene Haar liegt in fließenden Wellen über ihrer Brust. Ihre Augen so golden wie die meinen. Von ihr scheint ein helles Strahlen auszugehen, hätte sie Flügelschweife würde sie aussehen wie ein Engel.
Ihre vollen Lippen, zartrosa verziehen sich zu einem zierlichen Lächeln und sie breitet einladend die Arme aus. Mir bleibt die Spucke weg, ich bekomme keinen Ton heraus. Das ist unmöglich. Sie muss eine Projektion, eine Illusion sein.
»Mutter...bist du...es wirklich?«, hauche ich, schließe die Augen, als sie mir nun Sanft über die Wange fährt und mich mit ihrer warmen Hand berührt.
»Erkennst du denn deine eigene Mutter nicht wieder?«, höre ich sie leise lachen und öffne daraufhin wieder die Augen.
Ihre Augen, meine Augen. Sie muss es sein. »Doch, natürlich.« Und somit liege ich in ihren Armen. Ein cleverer Schachzug meines Bruders, unsere Mutter herzuholen. Unsere Tod geglaubte Mutter...
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Eves POV
Ich lege den Kopf in den Nacken, lasse Draven meinen Hals küssen und spüre, wie sich eine Gänsehaut auf meinem Körper ausbreitet. »Verzeihst du mir?«, nuschelt er an meine Haut, schiebt mein Haar beiseite und küsst unglaublich zart meinen Hals. Schlagartig werde ich wieder an Gabriel erinnert.
Seufzend lasse ich von ihm ab und gehe einen kleinen Schritt zurück. »Draven, was...bist du...was ist damals zwischen dir und Gabriel vorgefallen, dass du ihn so sehr verachtest?« Ursprünglich wollte ich ihn eigentlich fragen, ob Gabriels Behauptung einen Funken Wahrheit beinhaltet, ob Gabriel der wahre Thronfolger ist. Doch das kann ich nicht. Nicht jetzt.
»Eve...muss das sein? Wieso willst du das wissen? Hat er dich bereits soweit?«, faucht er mich wieder wütend an und geht ebenfalls einen Schritt zurück. Ich ziehe die Stirn kraus, denn ich kann nicht nachvollziehen weshalb er mir so ausweicht.
»Nein... ich möchte bloß dein Verhalten verstehen können.« Vor allem möchte ich Gabriel verstehen können, doch das sage ich nicht laut und behalte meine Gedanken vorerst unausgesprochen.
»Er ist ein Arschloch, ein Nichts, er gehört nicht zu dieser Familie. Er hat es nicht anders verdient!«, schnauzt er mich an, läuft vor mir auf und ab und macht mich immer misstrauischer. Ich folge seinen Schritten mit meinem Blick, bin mir nicht sicher, wie ich darauf reagieren soll. Was ich darauf sagen soll. Bisher ist mir Gabriel ziemlich harmlos erschienen.
»Na, na, Draven, so sprichst du über deinen eigenen Bruder? So habe ich dich nicht erzogen, mein Sohn...«, durchreißt eine Sanfte, sehr melodische Stimme die Stille zwischen Draven und mir. Augenblicklich fährt Draven herum, ebenso wie ich. Im Türrahmen steht eine wunderschöne Frau, ein Engel. Ohne Flügel. Sie kommt beinahe schwebend in den Raum herein, bewegt sich unglaublich elegant vorwärts und lässt mich sie überwältigt anstarren. Hinter ihr tauchen Raphael und Gabriel auf. Sie stehen links und rechts neben ihr und flankieren sie somit.
»Mutter«, begrüßt er die schöne Frau gelangweilt. »Es war klar, dass er dich zurückholen würde.« Missbilligend hebt Draven die Brauen und wirft seinem Bruder einen vernichtenden Blick zu.
»Mein Sohn, du kannst eben nicht jeden töten«, lächelt diese Frau, offenkundig seine Mutter, Sanft. Sie ist geradezu perfekt.
»Moment?« Ihre Worte sickern nur sehr langsam zu mir durch. »Du...du hast deine Mutter umgebracht?«
»Nun, er hat es versucht«, schmunzelt sie, schiebt sich grazil eine goldene Haarsträhne aus dem Gesicht und sieht mich eindringlich und dennoch unfassbar Sanftmütig an. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, ob ich überhaupt etwas dazu sagen will. Dass er zu so etwas fähig ist, seine eigene Mutter umbringen kann, erschüttert mich sehr. Es ist schon schlimm genug, dass er seine Brüder und Rina umbringen wollte, doch seine Mutter ist das i-Tüpfelchen. Draven vermeidet nun meinen Blick und kann mir offenbar nicht mehr in die Augen sehen. Zu Recht, er sollte sich etwas schämen.
»Du musst wohl Eve sein, ich bin Oceane . Die Mutter, dieser drei Idioten«, lächelt sie, kommt auf mich zu und reicht mir ihre Hand. Völlig von ihr und ihrer Präsenz fasziniert, schüttle ich ihre Hand.
»Was willst du hier? Was hat Gabriel von dir verlangt? Willst du mich töten? Dich rächen?«, meint Draven vollkommen emotionslos und verschränkt gleichgültig die Arme vor der Brust.
»Aber mein Liebling. Ich will dich doch nicht umbringen! Was denkst du denn von mir? Denkst du das ernsthaft? Ich bin deine Mutter.«
»Ich könnte es dir nicht verübeln.« Draven zuckt die Schultern und ich kann seine abweisende Haltung ihr gegenüber nicht nachvollziehen. Was ist passiert? Wieso hat er sie umbringen wollen?
»Du hast vielleicht vieles schlechtes verdient, doch nicht den Tod, mein Kind.«
»Das wäre bloß eine Belohnung für ihn!«, mischt sich Gabriel da auf einmal ein und begegnet meinem Blick. Sofort verfangen sich unsere Blicke ineinander, doch ich muss wegsehen, denn ich kann dem seinem nicht standhalten. Denn ich fühle mich, mit meinen aufkeimenden Gefühlen zu ihm, schlecht dabei.
»Halt deinen Mund!«, brüllt Draven völlig außer sich und kann kaum an sich halten. Ich gehe auf ihn zu, berühre ihn am Arm und will ihn somit beruhigen, doch er fährt rasend vor Wut zu mir herum. Mit der flachen Hand schlägt er mir ins Gesicht und lässt mich erschrocken zusammenzucken. Von der Wucht seines Schlages, kippe ich nach hinten über und stolpere rückwärts. »Fass mich nicht an!«, knurrt er und zeigt keinerlei Reue, dass er mir gegenüber handgreiflich geworden ist. Er ist völlig in Rage. Seine Augen sind vollkommen schwarz, haben nun keine Reflexion mehr, das Feuer ist erloschen. Vollkommene Dunkelheit erfüllt sie. Nun sieht er aus wie Gabriel, dem am Anfang nachgesagt wurde, er würde das Böse in sich tragen...
Starke Arme legen sich auf einmal um meine Taille und helfen mir auf. Seine heißen Hände berühren die nackte Haut meines Bauches, als das Oberteil ein Stückchen hochrutscht. Ein angenehmer Schauer durchläuft mich und lassen mich aufsehen. Gabriels schwarzen Augen, um dessen Iris ein schwacher Ring aus Feuer schimmert, mustern mich besorgt. Sein Blick hält mich für einen Augenblick gefangen. »Geht es? Kannst du stehen?«, erkundigt er sich, während ich versuche wieder aufrecht zu stehen.
Draven schubst ihn beiseite, greift grob nach meinem Arm. »Draven du tust mir weh«, wimmere ich und will mich seinem festen Griff entziehen, doch er ist stärker, zieht mich nah an sich.
»Du gehörst mir, hast du das verstanden? Du hast mir dein Wort gegeben. Mein Blut, meine Liebe, unsere Liebe...vergiss das nicht. Du gehörst mir. Für immer.« Er kommt meinem Gesicht immer näher und lässt jedes seiner Worte wie eine Drohung klingen. Ich will etwas erwidern und will ihm klar machen, dass er mich nicht so behandeln soll, dass er sich meiner Liebe für immer sicher sein kann, doch ich kann es nicht. Ich kann nichts mehr in diesem Moment darauf sagen. Denn ich bin mir dessen nicht mehr so vollständig sicher. Meine Liebe zu ihm ist stark, doch ich fange an, an ihm, an uns, zu zweifeln.
Völlig überraschend ertönt Raphael s Stimme: »Draven, lass sie los. Du tust ihr weh!«
Draven sieht voller Hass zu ihm herüber, lässt mich aber nicht los. »Wieso sollte ich? Sie ist meine Gefährtin.«
»Da musst du ihr dennoch nicht so entgegen kommen!«
»Was gehts dich an? Ich behandle sie so wie ich es will«, faucht Draven und wirkt dabei völlig verrückt.
»Und wenn sie nicht das tut was du willst? Was dann? Bringst du sie dann auch um?«, keift Raphael seinen Bruder an.
Oceane läuft mit einem kleinen Lächeln um uns herum, gibt keinen Mucks von sich. Still, leise und bedacht beobachtet sie die ganze Situation, macht sich ein Bild von ihren Söhnen. Draven blickt kurz auf mich herab, sieht mich dabei eiskalt an. Ich erkenne ihn kaum wieder. Wo ist der Draven, in den ich mich verliebt hatte? Was er als nächstes sagt, lässt mich komplett an unserer Liebe zweifeln. »Ja, ja das würde ich tun.«
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