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Kageyama fluchte. Wo steckte Hinata bloß? Er war nicht im Zimmer, nicht auf der Terrasse und auch nicht unten am Pool. Kageyama gab in Gedanken die Suche auf. Dann würde er eben später Shoyo erklären, wie leid es ihm tut. Macht ja eh kein Unterschied ob es jetzt oder später geschehen würde. Mit den Händen in den Hosentaschen lief er aus dem Hotel. Heute stand als Programm an, dass man sich abermals aussuchen durfte, ob man in die Stadt oder an den Strand wollte. Für Kageyama war es klar, dass er in die Stadt ging. Schließlich wollte er diesen Sportladen besuchen, von dem seine Freunde so geschwärt hatten. Leider wollten seine drei Freunde zum Strand weshalb sich Tobio ganz ohne Kumpels auf den Weg machte. Eine große Frau führte ihn und noch ein paar andere Schüler die staubigen Straßen entlang bis sie im Zentrum der Insel ankamen. Hier stand ein Geschäft neben dem anderen und aus jedem kam eine andere Musik. Die Reklametafeln blinkten und alles in allem war es Tobio eindeutig zu viel. Er wollte sich grade auf den Weg machen die Umgebung zu erkunden da hielt ihn die Frau am Arm fest. "Kageyama?" "Hmm?" "Wer begleitet dich denn?" "Niemand.", brummte der Schüler schlecht gelaunt. "Du darfst aber nur mit einem Mitschüler losziehen." Sie blickte sich um. "Ohh Hinata! Hast du schon eine Person gefunden?" Der kleine drehte sich zu ihnen um und zuckte zusammen als er Kageyama erblickte. "Ja habe ich.", brummte er. Ohh. War Tobio traurig? "Wen den?" Emotionslos murmelte der orangehaarige: "Der Reiseführer." Er hob ein Heft in die Höhe. "Den Reise..- Hey! Hier geblieben!" Hinata hatte sich versucht wegzuschleichen. "Du und Kageyama bildet jetzt ein Team!", rief sie streng. Hinata stöhnte. Dann lief er los, weshalb Kageyama einen kurzen Sprint hinlegte, um ihn wieder einzuholen."Heyy! Warte doch mal!" Hinata lief stur weiter. Kageyama packte den kleinen am Arm und riss ihn zu sich rum, sodass er gezwungen war, in Kageyamas Gesicht zuschauen. "Hör mal, es tut mir leid Shoy- Hinata. Ich habe Mist gebaut okay? Du kannst diese Entschuldigung annehmen oder nicht, ist deine Entscheidung aber mehr als entschuldigen kann ich mich nicht. Du hast allen Grund mich zu hassen und wenn du das willst ist es mehr als verständlich. Dir muss nur klar sein, dass wenn du dich dazu entscheidest mich zu hassen, ich den Hass ohne zu zögern erwidern werde." Die Orange hatte die Augen geweitet und sein Mund war leicht geöffnet. Er atmete tief durch. "Meinst du es ernst mit mir?", fragte er dann schüchtern. "Wie meinst du?" In Kageyamas Ohren klang dies wie eine typische Kussszene aus einem Liebesfilm. Zum Glück war es nicht wirklich so. "Ob du nicht nur mit mir spielst und dir unsere Freundschaft wirklich etwas bedeutet?" "Ja. Du bist zwar nervtötend und ein unbeliebter Außenseiter, aber irgendwie bist du besonders." Oh man klang das kitschig. Jap. Eindeutig Kussszene. "Besonders.", wiederholte Hinata leise und senkte seinen Blick. "Besonders?" Kageyama schluckte. "Ehm... also ich meine nur, dass du nicht ganz so schlimm bist." Hinata hob wieder den Kopf. Er schien glücklich zu sein. „Ich finde das schön...", flüsterte er. Er war anscheinend echt gerührt, denn in seine Augen glitzerte es verdächtig. Erst jetzt bemerkte Kageyama, wie dicht sie beieinander standen. Schnell ließ er den kleinen Jungen los und trat einen Schritt zurück, um Abstand zwischen ihnen zu verschaffen. "Ich danke dir..", flüsterte Hinata. Kageyama wurde ganz verlegen. "Ehh heul jetzt bloß nicht!", stotterte er nervös. Hinata lächelte. " Wohin sollen wir gehen?"
Sie standen im Sportladen und schauten sich Sportschuhe an. "Was für eine Sportart treibst du eigentlich?", fragte der dunkelhaarige interessiert. "Hmm, ich hab mal Volleyball gespielt." "Mit deiner Große?", feigste Kageyama. "Also ich war der beste im Team." "Dann muss das ja ein sehr schlechtes Team gewesen sein." Hinata zuckte mit den Schulter. "Ja das war es. Es waren auch eigentlich keine Volleyballspieler. Nur Freunde, aus dem Handball und Basketballclub die wegen mir an einem Trainingsspiel teilgenommen haben." Kageyama nahm sich schwarze Volleyballschuhe aus einem Regal. "Das war ja lieb von ihnen." "Ja... das war es." Tobio schlüpfte in die Schuhe. "Gegen welche Mannschaft seid ihr denn angetreten?" Hinata schwieg, weshalb der König von seinen Füßen aufblickte. "Schon vergessen?" Shoyo schüttelte den Kopf. "Nein. Dieses Spiel könnte ich nie vergessen. Es war mein einziges Mal auf dem Spielfeld und das ich verloren habe, wird auch auf immer in meinem Kopf bleiben." "War der Gegner stark?" Hinata seufzte. "Oh ja. Ich bewundere den Zuspieler noch immer. Er hat so präzise in die Hände seiner Mitspieler gespielt. Er war auf dem Spielfeld perfekt. Auch abseits davon, aber für mich gilt, dass ich gegen ihn verloren habe und das kann ich natürlich nicht auf mich sitzen lassen." Kageyama streifte sich die Schuhe ab. "Das muss ja ein starker Gegner gewesen sein." "Ja. Der Zuspieler war für mich wie ein Idol." Kageyama hob eine Augenbraue als er Hinata lachen sah. "Naja, aber kam nur hinter den kleinen Titanen." Der orangehaarige Junge schien beim lachen richtig aufzublühen. Er sah so glücklich aus, als wäre er nicht das unbeliebte Mobbingopfer der Schule. Er strahlte förmlich positive Energie aus. Wie konnte eine Person nur so ein Engel- Lächeln haben und sonst so gleichgültig sein? Die emotionsvolle Seite an Hinata gefiel Tobio, genauso wie die emotionslose. "War das nicht dieser kleine Spieler der trotz seiner Große erfolgreich war?" Shoyo nickte abermals. Kageyama stand mit den Schuhen auf und sie liefen zur Kasse. „Shoyo, wenn du wieder daran interessiert bist Volleyball zuspielen, kannst du gerne mal, wenn wir wieder zuhause sind, bei uns im Volleyballclub vorbei schauen.", brummte Tobio beim verlassen des Ladens. „Ach, nein danke, das lasse ich mal lieber sein." Enttäuscht warf Kageyama seinem Freund einen Blick von der Seite zu. „Warum denn das? Gefällt dir Volleyball nicht mehr?" Der kleine Junge vergrub seine Hände im seinen Jackentaschen. „Keineswegs. Volleyball ist mein Leben aber ich hatte lange kein Training mehr und bin wahrscheinlich erbärmlich." Tobio stieß den kleinen freundschaftlich in die Seite. „Dafür ist das Training doch da B-Boke." Der orangehaarige hatte den Spitznamen anscheinend nicht mitbekommen und zuckte nur mit den Schultern. „Ich habe aber eh keine Lust darauf, was mit meinen Mitschülern zumachen." Das verstand Kageyama nicht. Auch wenn sein Team ihn oft nervte und Noya und Tanaka total anstrengend waren, machte es doch immer Spaß was mit ihnen zu unternehmen. Wie könnte der Schönling den Freak auch verstehen? Er war beliebt und daran gewöhnt in großer Freundesgruppe durch die Straßen zulaufen während alle Blicke auf ihn lagen, auch wenn ihm das nicht grade gefiel. Der hellhaarige hingegen war ein Einzelgänger, unauffällig und dieser jemand im Kurs, den man immer vergaß und ihn deshalb duzende Male nach dem Namen fragte.
Ohne das sie es bemerkt hatten, waren sie an einem Restaurant angekommen, welches am Strand stand. Tobios Freunde, mussten grade auf der anderen Seite der Insel sitzen und ihren Spaß haben.
„Und wieso das? Es ist doch ganz schön mal was mit Freunden zu unternehmen oder nicht? Außerdem wollen deine Eltern doch sicher auch, dass du sozial wirst." Hinata zuckte bei diesen Worten kurz zusammen und Tobio bemerkte, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte. „Ehm tut mir leid... ich wollte nicht das.."
Hinata hielt auf das Restaurant zu und lächelte etwas. „Ach was. Ist doch alles gut aber ich habe riesigen Hunger." Tobio entging nicht, wie geschickt sein Gegenüber das Thema gewechselt hatte.
Als sie das kleine Restaurant betraten, kam Kageyama sofort von der fröhlichen Musik Kopfschmerzen. Hinata bemerkte, dass es seinem Mitbewohner eher nicht so gut mit der Musik ging, weshalb sie direkt durch das Haus gingen um sich dann an einen Tisch an Strand zusetzten, der sehr weit weg von den anderen stand. Nach einer Weile kam eine Kellnerin und gab ihnen zwei Speisekarten. Kageyama versuchte, irgendetwas aus der französischen Sprache wieder zuerkennen doch er hätte auch versuchen können aus Zahlen zusammenhängende Wörter zu lesen. „Was bedeutet diese Nummer 36?" Ihm war es peinlich seinem Gegenüber so etwas zu fragen doch als er aufblickte lächelte der kleine.
Sein Blick war noch immer auf die Karte gerichtet und der schwache Schein der Kerze, die auf ihren Tisch stand, tauchte sein Gesicht in flüssiges Gold. Seine Haare hingen ihm ins Gesicht und er strich sie immer wieder hinter sein Ohr doch es war eine verlorene Schlacht. Als er lächelte, entblößte er seine grade Zähne, die leicht an einen Hasen erinnerten. Kageyamas Atem stocke. Sonst schien er doch immer so hässlich und unrein, doch jetzt schien es so, als würde Tobio sich einen Tisch mit einem Hollywoodstars teilen. „Uhh das klingt interessant. Schrimpssuppe mit Frühlingszwiebeln und Koriander." Tobio, der von der Schönheit der Prinzessin überwältigt war, nickte einfach nur und nuschelte etwas vor sich hin. Sie schwiegen, während Hinata weiter die Speisekarte studierte. Nach einer Weile kam die Kellnerin wieder und wartete darauf, dass sie ihre Bestellung preis gaben. Sie fragte etwas und Hinata antwortete gelassen auf französisch. Der dunkelhaarige fühlte sich unwohl und nickte ab und zu, einfach nur um so zu wirken als würde er irgendwas verstehen. Die Kellnerin lachte über etwas was Hinata sagte, strich sich eine Strähne hinter das Ohr und blickte ihn das schüchtern an. Sie unterhielten sich noch kurz als sie die Speisekarten auch schon wegnahm und wieder verschwand.
„Was war denn das eben?", fragte Kageyama erstaunt. Der kleine verschränkte seine Finger ineinander. „Was war was?" „Na, du kannst französisch?" Bescheiden nickte Shoyo. „Woher? An unserer Schule wird das doch gar nicht angeboten." Die Orange lächelte etwas. „Ich habe es von meinem Vater gelernt." „Ohh ist er Franzose?" Kageyama bekam keine Antwort, weshalb er sich schon Sorgen darum machte, etwas falsches gesagt zuhaben.
„Wenn du nicht drüber reden willst ist schon gut..", sagte er leise. Hinata blickte starr in die kleine Flamme, die mal höher, mal weniger hoch züngelte. „Mein Vater hat meine Mutter, meine Schwester und mich verlassen, als ich noch klein war. Leider kam meine Mutter nie so wirklich darüber hinweg, weshalb ich mich schon von früh an um meine Schwester kümmern musste. Meine Mutter ging es Mental sehr schlecht und noch als meine Schwester kaum 3 Jahre alt war, erkrankte meine Mutter an Hämoptyse. Ich bin mir selbst nicht ganz sicher, ob das der richtige Begriff ist. Ich war ja selbst noch zu klein als das ich verstehen konnte, dass es schlimm ist, das meine Mutter immer wieder Blut hustet. Leider bekam meine Mutter weitere Krankheiten und starb schließlich an diesen. Meine Schwester und ich haben keine weiteren Verwandten und kamen nun zu Tante Miene. Ich verdanke dieser Frau mein Leben. Als meine Mutter noch lebte, war sie unsere Haushaltshilfe. Als sie dann erfuhr, dass wir ins Waisenhaus geschickt werden sollten, entschied sie, trotz das sie nicht einmal genug Geld verdiente um für sich selbst zu sorgen, uns aufzunehmen. Doch leider ist sie sehr alt, weshalb ich anfangs nicht mit auf diese Stufenfahrt wollte, doch sie entschied das ich noch jung sei, und mein Leben genießen sollte. Was Hr. Rem letztens meinte, als er meinte, ich sollte sie anrufen, war weil sich ihr Zustand verschlimmert hat. Sie hat nicht genügend Geld um sich einen richtigen Arzt zu leisten doch sie sagt das sie dem Tot tapfer entgegenblicken wird."
In Shoyos traurigen Augen spiegelte sich das Feuer und als er Kageyamas entsetzten Gesicht sah, lächelte er. „Das tut mir lei..-" Sein Lächeln wurde breiter. „Das braucht es nicht. Ich brauche kein Mitleid, keine Mutter und keinen Vater. Ich bin zufrieden mit meinem Leben, so wie es ist und habe schon immer Tante Miene, als meine Mutter gesehen." Kageyama fühlte sich so schlecht. Dieser Junge wurde in der Schule schikaniert, beleidigt und zusammengeschlagen und zuhause, wartete keine Mutter und kein Vater auf ihn, die ihn hätte trösten können. Er kümmerte sich um seine Schwester und seiner Ersatz- Mutter, obwohl er doch ein Trauma von diesem Leben hätte haben müssen. Kageyama erinnerte sich an die Worte, die er Hinata letztens an den Kopf geworfen hatte.
"Hör auf so ein Pick me-Boy zu sein... Dann könntest du irgendwann mal Freunde haben."
Shoyo hatte Emotionen gezeigt weil er sich Sorgen um die einzigste Person machte, die sich in seinem Leben noch um ihn kümmerte.
„Deine Mutter hat dich bei der Geburt wahrscheinlich aus dem Fenster geworfen um dein Gesicht nie wieder zusehen."
Kageyama sagte das zu einen Jungen, der seine Mutter verloren hatte, bevor er richtig lesen und schreiben konnte.
„Hast wohl in den Spiegel geschaut und eingesehen, das selbst eine Schönheitsoperation nichts bei dem Elefanten bringt."
Hinatas Selbstbewusstsein war doch ohnehin schon gering und Kageyama erzählte ihn das er hässlich war.
Zu einem Jungen... der sich selbst wahrscheinlich für den Tot seiner Mutter verantwortlich macht.
Wie konnte ein so gebrochener Junge Tag für Tag aufwachen und jeden freundlich anlächeln? Wie konnte er immer so höflich und ruhig bleiben, obwohl er doch wusste, dass wenn er in der Schule ankäme, er wieder verletzt werden würde?
Ein Junge, mit weisen, alten Augen, in denen sich tiefsitzender Schmerz spiegelte. Er schien viel zu viel Erfahrungen im Leben gemacht zuhaben als es für einen Jugendlichen möglich wäre. Er rannte mit einer Maske durch die Welt, tat gleichgültig als wäre ihm das alles egal, aber wenn er dann alleine war... -Kageyama erinnerte sich daran wie die roten, salzigen Spuren auf den Wangen des orangehaarigen ihm verraten hatten, wie es dem kleinen wirklich ging-... wenn er alleine war und er sich sicher war das ihn keiner sehen könnte, konnte er seinen eigentlichen Emotionen nicht mehr zurückhalten.
-2249 Wörter-
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Ich kenne mich mit diesen Krankheiten nicht aus, deswegen hoffe ich, dass ihr mich nicht für mögliche Fehler verurteilt.
Wenn euch dieses Kapitel gefallen hat, lasst es mich doch gerne wissen! Verbesserungsvorschläge sind auch immer willkommen.
Viel Spaß noch beim lesen <3
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