Kapitel 5
Am Sonntagnachmittag saßen Harry, Hermine und Sirius gemeinsam bei Kuchen und Kaffee beziehungsweise Tee im gemütlichen Wohnzimmer. Draußen stürmte und regnete es ununterbrochen und sie alle waren froh, sich in dem vom Schein des Feuers in warmes Licht getauchten und vor allem trockenen Raum zu befinden.
Gedankenverloren starrte jeder an einer anderen Stelle Löcher in die Luft, als Hermine ganz unvermittelt die Stille brach.
"Ich vermisse die anderen. Ginny und Ron."
Sirius nickte verständnisvoll.
"Ich vermisse Remus. Von all meinen Freunden ist nur er mir geblieben und jetzt können wir wieder keine Zeit gemeinsam verbringen", seufzte er. Harry legte den Kopf schief und schien zu grübeln.
"Können wir nicht irgendwie eine Nachricht überbringen? Vielleicht, indem wir ein Buch verzaubern, sodass nur Remus es sehen kann? Und dann stellen wir es in die Bibliothek?", schlug er vor.
"Harry, du bist genial!", rief Hermine erfreut aus und auch auf Sirius' Gesicht stahl sich ein Lächeln.
"Lasst uns überlegen, was wir schreiben könnten. Und dann platzieren wir es an Remus' Lieblingsplatz", meinte der Black voller freudiger Aufregung und die drei machten sich an die Arbeit.
》》》》》
Wie er es dem Schulleiter versprochen hatte, suchte Remus fleißig nach Büchern in der Bibliothek der Schule, die ihnen womöglich in ihrer Situation helfen könnten. Konzentriert lief er die Regalreihen entlang und warf auf jeden Buchrücken einen Blick. Bücher, die vielversprechend zu sein schienen, nahm er mit. So auch ein dünnes Buch mit einem rotgoldenen Ledereinband, welches ganz in der Nähe seines Lieblingsplatzes, der sich neben den großen Fenstern mit Blick auf den Schwarzen See befand, gestanden hatte.
Dieses war auch das erste Buch, welches er, zurück an seinem Tisch, aufschlug. Ihm stockte der Atem. Seine Augen flogen förmlich über den vor ihm liegenden Text und mit jedem Wort, das er las, glänzten sie ein wenig mehr.
"Lieber Remus,
uns geht es sehr gut. Wir sind, wie ihr bestimmt schon herausgefunden habt, in der Vergangenheit gelandet. Nimm dich, wenn wir wieder zurück sind, vor mir in Acht, ich bin dann dein ehemaliger Professor. Also immer schön artig sein!
Aber nun: Spaß beiseite.
Remus, es ist wichtig, dass wir bis zum Ende des Schuljahres hierbleiben - du weißt, wieso.
Über die Zeitrechnung haben wir kaum Informationen gefunden, doch wir sind hier am ersten Tag der Weihnachtsferien angekommen. Das spricht dafür, dass wir die Zeit hier schneller erleben als ihr in der Zukunft. Wir werden dir, wenn unser Jahr zu Ende ist, erneut einen Brief auf diese Art und Weise zukommen lassen, den du erst ab diesem Zeitpunkt finden können wirst. Wir hoffen, ihr bekommt heraus, wie wir zurückkehren können. In diesem Buch steht irgendwas über die 'Splitter der Zeit', die zusamengefügt werden müssten. Am besten liest du einfach selbst nochmal nach.
Harry und Hermine entwickeln sich übrigens prächtig. Die beiden sind, Dank unseres täglichen Trainings, mittlerweile auf dem Niveau der sechsten Klasse angelangt, was ihre Fähigkeiten in Verteidigung gegen die dunklen Künste angeht. Und auch in allen anderen Fächern haben sie einen großen Sprung hingelegt.
Ansonsten sind wir bis jetzt noch weitestgehend unauffällig geblieben - drück' uns die Daumen, dass das so bleibt (auch, wenn du uns da aus der Zukunft natürlich nur wenig Hilfe leisten kannst). Wir machen uns jetzt wieder an die Arbeit.
Grüße Albus, Ron, Ginny und die restlichen Weasleys und auch alle anderen ganz herzlich von uns.
Und denke immer daran, Remus: Wenn wir wieder da sein werden, dann steht alles auf Anfang. Nichts ist verloren.
Bis bald.
Harry, Hermine, Sirius"
Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen begab sich Remus also ins Schulleiterbüro, um Albus die erfreulichen Nachrichten zu überbringen.
Er hatte schon so eine Ahnung, wie sie die drei zurückholen könnten.
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"Habe ich das richtig verstanden?", fragte Lily die Rumtreiber, mit denen sie gemeinsam im Gryffindor-Gemeinschaftsraum saß.
"Ihr seid am Freitag zu Professor Star gegangen und habt ihn um Extrastunden gebeten, ohne mir vorher etwas davon zu erzählen?" Leichte Empörung schwang in ihrer Stimme mit und so hob James beschwichtigend die Hände.
"Lily, wir haben es uns gut überlegt und wollten dir eine Freude bereiten. Du hast dir schließlich zusätzlichen Unterricht gewünscht. Und außerdem warst du am Freitagabend mit eurem Mädelsabend beschäftigt."
"Und wir wollen Star besser kennenlernen. Er kommt uns nämlich sehr verdächtig vor, irgendwelche Geheimnisse zu haben", fügte Sirius hinzu. Lily schüttelte den Kopf. "Natürlich war es gut, dass ihr ihn gefragt habt und ich freue mich sehr über seine Zusage. Aber denkt doch mal nach. Jeder Lehrer hat Geheimnisse - Star ist da keine Ausnahme. Und außerdem könnte er auch nur so wirken, weil er nicht gerne über sich spricht, was wiederum auf seine - scheinbar unschöne - Vergangenheit zurückzuführen wäre." Remus nickte zustimmend und James und Sirius tauschten einen Blick.
Dann erwiderte Sirius trotzig: "Ich glaube nicht, dass das alles ist. Immer, wenn er uns sieht, verhält er sich merkwürdig. Irgendwie ist er dann jedes Mal so starr und wirkt angespannt. Ich werde ihn auf alle Fälle im Auge behalten. Und auch seine Kinder."
"Ich auch, Tatze. Aber wir werden natürlich vorsichtig sein und nicht zu viel erfahren wollen", stimmte James zu und Lily verdrehte seufzend die Augen. "Ich kann euch ja sowieso nicht davon abhalten", entgegnete sie mit einem müden Lächeln.
"Ganz richtig, Lils", sagte James grinsend und gab ihr einen sanften Kuss.
"Jungs, wir müssen aber einen Plan ausarbeiten, worauf wir achten wollen und was uns komisch auffällt. Nicht nur an Star, sondern auch an Rose und Henry", gab Peter zu bedenken und die restlichen Rumtreiber ließen jeweils Zustimmung erklingen.
"Und wir müssen bis morgen die Liste der Teilnehmer fertigstellen", erinnerte Remus und sah auffordernd in die Runde. Lily stand auf.
"Ich habe Alice, Marlene, Dorcas und Emmeline gefragt und alle vier würden gerne teilnehmen. Ich natürlich auch. Und jetzt gehe ich schlafen, Leute. Gute Nacht."
Und nachdem sie James noch einen Kuss gegeben hatte, verschwand die rothaarige Hexe in ihren Schlafsaal.
In der Zwischenzeit holte Remus die besagte Liste hervor und sie fingen an, verschiedene Namen aufzuschreiben.
Als sie fertig waren, begann James, nochmals vorzulesen: "Also, wir haben jetzt uns vier, Lily, Alice, Marlene, Dorcas, Emmeline, Frank, Henry und Rose. Das war's, oder?"
Die anderen drei Rumtreiber bejahten dies.
"Gut, dann lasst uns schlafen gehen. Es ist schon spät", schlug Remus vor und gemeinsam gingen die vier Zauberer in ihren Schlafsaal.
Bevor er einschlief, nahm Sirius sich jedoch noch vor, am kommenden Tag seinen Professor und dessen Kinder genauer unter die Lupe zu nehmen. Er wollte nicht auf einen Plan warten.
》》》》》
"Guten Morgen, Klasse", begrüßte Professor Star seine Klasse am nächsten Tag.
"Heute werden wir uns mit Schildzaubern beschäftigen. Wer kann mir sagen, wozu man sie gebrauchen kann und welche Arten es gibt?"
Sowohl Lilys als auch Remus' Arm hob sich und der erwachsene Sirius lächelte, bevor er Lily aufforderte, seine Fragen zu beantworten.
Als diese mitsamt den Rumtreibern nach dem Stundenende vor seinem Pult stand, ging er mit erwartungsvollem Blick auf sie zu.
"Ich schätze mal, Sie wollen mir die Liste vorbeibringen?", fragte er schmunzelnd. Sein jüngeres Ich nickte und Remus überreichte ihm das Schriftstück.
Der ältere Sirius zählte kurz durch und meinte anschließend zufrieden: "Zwölf Leute sind eine gute Zahl. Ich habe mit Professor Dumbledore gesprochen und er hat diese kleine Arbeitsgemeinschaft genehmigt. Ich betone nochmals, dass das Ganze auf absolut geheimer Basis läuft. Wird dies nicht eingehalten, sehe ich mich gezwungen, unser Vorhaben abzubrechen. Haben Sie mich da verstanden?"
Er sah jeden seiner Schüler so streng wie möglich an und alle nickten.
"Sir, dürfte ich fragen, warum Sie auf dieser Geheimhatung beharren?", erhob Lily die Stimme.
Der junge Sirius runzelte die Stirn, als seinem Professor augenscheinlich keine Antwort auf der Zunge lag. Denn er starrte Lily einfach mit einem leicht entsetzten Gesichtsausdruck an. Dann schlich sich Belustigung in seinen Blick.
"Miss Evans, diese Frage hätte ich von Ihnen nicht erwartet. Sie wissen doch, welche Leute teilweise in Hogwarts zugange sind. Sie werden von mir alle möglichen Tricks und Kniffe lernen, den Gegner während eines Kampfes zu verwirren und abzulenken. Ich werde Ihnen mächtige, sehr mächtige Zauber beibringen, bei denen ich selbst nicht möchte, dass ich von diesen getroffen werde. Außerdem wäre es wohl von ziemlich großem Nachteil, würden Ihre Gegner genau wissen, welche Schildzauber Sie verwenden können, denn dann würden diese nicht mehr lange standhalten."
Lilys Augen weiteten sich. Das hatte sie tatsächlich nicht bedacht.
"Sie haben recht, Professor. Entschuldigen Sie die Frage."
"Da ist keine Entschuldigung nötig, Lily. Macht euch keine Sorgen, es wird alles gut werden. Wir sehen uns morgen Abend nach dem Abendessen im siebten Stock vor Barnabas dem Bekloppten. Und jetzt Abmarsch, sonst kommt ihr zu spät zu Verwandlung", grinste der ältere Sirius und öffnete seinen Schülern die Tür.
Er hatte weder bemerkt, dass er unbewusst ins 'Du' gewechselt war, noch, dass sein Umgangston plötzlich sehr viel freundschaftlicher gewesen war. Aber sein jüngeres Ich hatte davon sehr wohl Notiz genommen und speicherte sich dies gedanklich ab.
Am späten Nachmittag nach dem Quidditch-Training saßen er und James gemeinsam im Gemeinschaftsraum. "Krone, ich habe beschlossen, Professor Star schon heute Abend einen Besuch abzustatten. Unter deinem Tarnumhang natürlich, versteht sich", erklärte Sirius seinem besten Freund. Dieser sah ihn zweifelnd an.
"Tatze, ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Ich habe ihn heute in der Stunde und auch sonst, wenn ich ihn oder seine Kinder gesehen habe, beobachtet, aber mir ist nichts aufgefallen. Außer, dass er es bemerkt hat und zurückgestarrt hat. Der ist nicht dumm und wird dich mit Sicherheit bemerken", äußerte der Brillenträger seine Bedenken, an denen Lily nicht ganz unschuldig war.
"Ja und?" Trotzig verschränkte Sirius seine Arme. "Dann erwischt er mich halt. Vielleicht bekomme ich dann Antworten."
James seufzte. "Ist gut, ich kann dich ja sowieso nicht davon abbringen. Nimm' dir den Umhang und meinetwegen auch die Karte mit. Aber du musst es vermutlich alleine machen. Lily und ich sind heute Abend zum Rundgang eingeteilt und Moony wollte mit Wurmschwanz noch die Hausaufgaben erledigen. Fragen kannst du sie aber bestimmt, sie sind in der Bibliothek", gab sich James schließlich geschlagen. Der Black schüttelte den Kopf.
"Ich mach's alleine. Dann bin ich auch schneller und wir passen eh nicht mehr so bequem zu mehreren unter deinen Umhang."
So schlich Sirius also nach dem Abendessen, verborgen unter James' Tarnumhang, durch die Korridore des Schlosses. Auf der Karte der Rumtreiber versicherte er sich, dass sein Professor sich auch wirklich in seinen Räumen befand und atmete erleichtert auf, als er ihn dort entdeckte.
Nach wenigen Minuten war er an seinem Ziel angekommen und öffnete die Tür behutsam und so leise wie möglich. Anschließend schloss er sie, nachdem er durch den Spalt geschlüpft war, hinter sich. Aufmerksam sah er sich im Wohnzimmer seines Lehrers um, in dem er ja schon einmal gewesen war. Für seinen Geschmack sah die Einrichtung sehr gemütlich und familiär aus. Gedanklich beschloss Sirius, sich später auch so ein Sofa zuzulegen. Vorsichtig schlich er weiter, als plötzlich ein Schrei aus der Richtung kam, in die er gerade laufen wollte. "SIRIUS ORION BLACK!", rief eine Stimme und der verborgene Schüler schreckte zusammen. Unglücklicherweise stieß er dabei eine Vase, die auf einem Schrank gestanden hatte, um. Laut scheppernd fiel sie zu Boden. Bei dem Versuch, sie aufzufangen, hatter er sich zu allem Übel auch noch den Tarnumhang vom Kof gezogen und starrte nun, das Herz bis zum Halse klopfend, auf die hölzerne Tür vor ihm, die sich schwungvoll öffnete.
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