Kapitel 14
"Marlene, ich glaube, du hast etwas vergessen", rief Sirius am Montagvormittag die junge Hexe zurück.
"Geht schon einmal vor", sagte diese an ihre Freunde gerichtet und drehte sich um, um zurück in den Raum zu gehen.
"Was habe ich denn vergessen, Sir?", fragte sie höflich. Sirius schluckte.
"Gar nichts. Aber ich muss etwas sehr wichtiges mit dir besprechen. Macht es dir etwas aus, mit mir in mein Büro zu kommen?"
Marlene schüttelte mit dem Kopf, sodass ihre blonden Haare, die sie heute zu einem Zopf gebunden hatte, hin und her schwangen.
Sirius machte eine einladende Handbewegung in Richtung seines Büros und gemeinsam betraten sie dieses. Nachdem sie sich gesetzt hatte und Sirius noch immer kein Wort verloren hatte, blickte Marlene fragend zu ihrem Professor auf.
"Wir müssen leider noch kurz auf Henry und Rose warten, da sie ein entscheidender Teil des Gespräches sind."
"Professor, ich verstehe nicht ganz..."
"Das kannst du auch gar nicht, Marlene. Mach dir keine Sorgen, du hast nichts falsch gemacht. Aber dieses Gespräch ist für deine Zukunft unumgehbar."
Verwirrt nickte Marlene, als auch schon Harry und Hermine das Büro betraten und sich setzten.
"So, nun, da wir alle da sind, erstmal vorweg: ich werde euch selbstverständlich eine Befreiung für alle Stunden, die ihr verpasst, schreiben", begann Sirius und die Jugendlichen nickten.
Noch einmal atmete der Black tief durch und versuchte, sein wie wild galoppierendes Herz etwas zu beruhigen. Es klopfte so laut, dass er fürchtete, die anderen könnten es hören.
Mit einem Blick zu Harry und Hermine, die ihm aufmunternd zulächelten, sammelte er ein letztes Mal Kraft, ehe er sich Marlene zuwandte.
"Der Grund, dass wir mit dir reden möchten, ist nicht ganz einfach zu verstehen. Deswegen bitte ich dich, uns erst ausreden zu lassen und dir alles anzuhören."
Mit bangem Blick nickte die Hexe und Sirius nahm mit einer Zauberstabbewegung alle Illusionszauber von sich, Harry und Hermine.
Zischend zog Marlene die Luft ein. Ihre zitternden Hände knetete sie in ihrem Schoß. Doch sie blieb schwerenherzens still, sie hatte es schließlich versprochen.
"Ich weiß, das schockt dich jetzt. Aber es gibt eine Erklärung für all das. Ja, ich bin Sirius Black. Und die beiden sind Harry Potter und Hermine Granger. Wir drei kommen aus dem Jahr 1994. Du bist die zweite Person, die das erfährt. Außer dir weiß es nur mein jüngeres Selbst. Aber ihm habe ich nichts über die Zukunft erzählt. Bei dir hingegen ist das notwendig."
"Warum?" Nun konnte Marlene nicht mehr an sich halten. Ob sie die Zeitreise-Geschichte glauben sollte, wusste sie selbst nicht so recht. Aber sie wollte in jedem Fall den Grund für dieses Gespräch kennen.
Professor Star - oder nun Sirius - seufzte.
"Das ist, wie schon erwähnt, nicht ganz einfach. Kurz gesagt: du wirst sterben. Ende Juli 1981."
Zitternd atmete Marlene ein und aus.
Das hatte gesessen.
Sirius tat es leid, sie so ins kalte Wasser geworfen zu haben, doch er wusste, es war nötig gewesen.
"Du wirst das nach diesem Gespräch wieder vergessen, keine Sorge."
Erleichtert nickte die Blonde. Sie hätte sich nicht vorstellen können, mit diesem Wissen zu leben.
Sirius fuhr fort.
"Es ist mir - uns - wichtig, dich zu schützen. Es gibt einen Zauber, der durch den Patronus Menschen vor dem Todesfluch schützt. Da du in meiner Vergangenheit in unseren Zusatzstunden diesen Zauber für Humbug hieltest, wurdest du mit diesem nicht geschützt. Zumindest nicht in unserem Beisein. Und das ist der entscheidende Punkt. Hermine hat folgenden Plan ausgetüftelt: einer der beiden schützt dich mit seinem Patronus und wir erwecken dich wieder zum Leben, wenn wir in unsere Zeit zurückgekehrt sind. Nach diesem Gespräch verändern wir dein Gedächtnis so, dass du den Zauber als unsinnig erachtest."
Abwartend und ängstlich vor ihrer Reaktion sah Sirius die zukünftige Freundin seines jüngeren Selbst an.
Nach ein paar Minuten Stille durchbrach Marlene diese.
"Das ist gerade ziemlich viel auf einmal. Erstmal würde mich interessieren, wieso ihr so interessiert daran seid, mich zu retten. Dann möchte ich wissen, wie dieser Zauber funktioniert und warum mich Harry oder Hermine damit belegen müssen."
Letztere entschied nun, sich mit einzumischen.
"Damit der Zauber wirkt, muss die schützende Person einen gestaltlichen Patronus erzeugen. Dieser wird von seinem Besitzer und der zu schützenden Person berührt, während der Zauberspruch aufgesagt wird. Wenn die geschützte Person nun durch den Todesfluch stirbt, kann sie mit Hilfe des Patronus, durch den sie geschützt ist, wieder zum Leben erweckt werden. Bis das geschieht, befindet sie sich in einem tiefen Schlaf, ähnlich dem, der durch den Trank der lebenden Toten erzeugt wird. Du musst durch Harrys oder meinen Patronus geschützt werden, weil wir nicht wissen, was passiert, wenn es dieser Sirius tut, da er ja schon ein Teil dieser Zeit ist. Die anderen Schüler können dich nicht schützen, denn dann würde sich Sirius ja daran erinnern."
Verstehend nickte Marlene.
"Ich möchte dir nun noch deine erste Frage beantworten", erklärte Sirius und sah in die blauen Augen, die er die letzten Jahre so sehr vermisst hatte.
"In meiner Vergangenheit warst du meine Freundin. Wir waren ungefähr drei Jahre zusammen und du warst schwanger. Dann wurdest du getötet. Ich war unendlich verzweifelt. Du musst wissen, du warst das Beste, was mit hätte passieren können. Ich vermisse dich noch immer. Merlin, klingt das komisch. Also ich vermisse nicht dich, sondern die Marlene meiner Vergangenheit, die mit mir zusammen war. Du weißt, was ich meine, oder?"
Verlegen fuhr sich Sirius mit der Hand über den Nacken. Marlene nickte.
"Es klingt merkwürdig, aber ich verstehe es."
"Gut. Aber das ist nicht der einzige Grund. Du warst nicht nur meine Freundin, sondern auch Harrys Patin. Harry ist der Sohn von Lily und James, die ebenfalls sterben werden. Drei Monate nach dir."
Erneut atmete Marlene tief durch.
"Aber... das kann doch nicht sein. Ich meine, ihr könntet sonst wer sein. Ja, natürlich passt euer Aussehen zu eurer Geschichte, aber das heißt ja nichts. Und dass wir sterben werden, ist doch nicht gesetzt, oder? Kann man das nicht von vornherein ändern? Warum wollt ihr das zulassen? Ich weiß schon, sonst gibt es ein Paradoxon, aber... ich möchte doch nicht sterben. Oder wissen, dass meine beste Freundin und ihr Freund sterben. Und überhaupt, wie konntest du überleben, Harry, wenn deine Eltern gestorben sind?"
Sie hatte nur einen Bruchteil dessen, was in ihrem Kopf vor sich ging, ausgesprochen. Und doch fühlte sie sich um einiges leichter.
Ein leichtes Lächeln lag auf Sirius' Lippen, als er Marlene zuhörte und beobachtete. So kannte er sie. Immer schon hatte sie alles auf den Punkt gebracht und ihre Fragen direkt gestellt. Eine Eigenschaft, die er sehr geliebt hatte. Doch nun musste er die passenden Antworten finden.
"Marlene, wir haben nicht viel, um unsere Geschichte zu beweisen. Aber wenn wir in den Raum der Wünsche gehen, könnten wir dir im Denkarium einige Erinnerungen zeigen", schlug er vor und die drei Jugendlichen willigten ein.
Also veränderte Sirius sein Aussehen und das seiner Mit-Zeitreisenden wieder, sie verließen das Büro und machten sich auf den Weg in den siebten Stock, wo Sirius sich, dreimal vor der Wand hin und her laufend, einen Raum wünschte, um ihre Geschichte zu beweisen.
Als sie ihn betraten, fanden sie einen gemütlichen Raum, ähnlich dem Gryffindor-Gemeinschaftsraum, mit einem Denkarium in der Mitte vor.
Schnell sprachen sich die drei Zeitreisenden ab, welche Erinnerungen sie Marlene zeigen würden und ließen die Gewählten schließlich als silberne Fäden in die flache Schale fallen, nachdem Sirius Harry und Hermine erklärt hatte, wie das funktionierte.
Anschließend versanken die vier buchstäblich in den Erinnerungen.
Als erstes sahen sie einige Ausschnitte aus Sirius' und Marlenes gemeinsamem Leben. Darauf folgte Harrys Erinnerung an seine erste Flugstunde und seinen daraus resultierenden Eintritt ins Quidditchteam, um zu beweisen, dass sie wirklich aus der Zukunft kamen. Hermine schloss schließlich mit ihrer Erinnerung an Sirius' Befreiung und der damit verbundenen Zeitreise ab.
Als sie wieder aufgetaucht waren, ließ sich die blonde Hexe geschockt auf eines der Sofas fallen.
"Ich glaube euch. Muss ich ja. Es geht auch gar nicht anders. Aber das ist verrückt. Sowas kann auch nur einem Sirius Black passieren", sagte sie und bei ihren letzten Worten grinste sie verhalten, was von den drei anderen erwidert wurde.
"Aber Harry, wie hast du überlebt? Warum sind Lily und James gestorben?"
Erneut stellte sie diese Frage und Harry seufzte.
"Voldemort drang 1981 in unser Haus ein. Er ermordete meinen Vater, während meine Mutter versuchte, sich mit mir in meinem Kinderzimmer zu verschanzen. Doch Voldemort ließ sich davon nicht aufhalten und forderte Mum auf, beiseite zu gehen, um mich töten zu können. Sie blieb jedoch vor mir stehen und beschützte mich. Somit wurde auch sie ermordet. Dabei wirkte sie einen uralten Liebeszauber auf mich, weil sie freiwillig für mich gestorben ist. Voldemort versuchte, mich zu töten, doch der Fluch prallte aufgrund dieses Schutzes auf ihn selbst zurück und er verschwand."
Ein Moment der Stille entstand, bevor Marlene langsam nickte.
"Ihr seid verrückt. Aber ich glaub's euch. Harry, wenn ich deine Patin bin, möchtest du mich dann schützen?"
Der Angesprochene nickte glücklich und schwang seinen Zauberstab. "Expecto patronum", murmelte er und der große silberne Hirsch erschien. Harry legte eine Hand auf dessen Körper und Marlene tat es ihm gleich.
Dann sprach Harry diese bedeutsamen Worte, die er sich zuvor extra gut eingeprägt hatte: "Te mea fortuna a occisione maledictionis protegit."
Der Hirsch leuchtete für einige Sekunden sehr hell auf und verblasste anschließend langsam. Marlene war nun geschützt.
Nachdem Harrys Patronus wieder verschwunden war, fiel Marlene ihm dankbar um den Hals.
Etwas überrascht und überfordert tätschelte Harry ihr den Rücken.
"Ich habe zu danken. Wenn wir zurück in unserer Zeit sind, habe ich endlich meine Patin wieder", sagte er mit einem breiten Grinsen, das so ansteckend war, dass alle im Raum es erwiderten.
"Jetzt kommen wir zum unschönen Teil", seufzte Sirius kurze Zeit später, nachdem auch Marlenes letzte Fragen beantwortet waren.
Die Hexe presste ihre Lippen aufeinander.
"Ich muss es vergessen, ich weiß. Aber es ist sehr schade, denn dann seid ihr wieder nur Professor Star, Henry und Rose. Harry, du bist ein großartiger Junge und ich als deine Patin bin stolz auf dich", sagte sie, bevor sie sich Sirius zuwandte.
"Es wird schnell und schmerzfrei funktionieren", sagte dieser ermutigend und Marlene nickte. Dann schloss sie ihre Augen und der Erwachsene begann.
Als Marlene keine fünf Minuten später den Raum der Wünsche verließ, wusste sie nichts von einer Zeitreise oder einem Schutz vor dem Todesfluch. Doch würde ihr jemand von einem solchen erzählen, würde sie es als völligen Unsinn abstempeln.
Und als Lily sie fragte, wofür sie so lange gebraucht hatte, erwiderte sie: "Professor Star hat sich mit mir noch über meine berufliche Zukunft unterhalten. Er meinte, ich würde eine gute Aurorin abgeben, da ich sehr gut in Verteidigung sei. Bei euch meinte er, dass er schon weiß, dass ihr Auroren werden wollt, weshalb dieses Gespräch mit dir, James und Sirius nicht notwendig sei. Und Remus hat wohl auch schonmal verlauten lassen, dass er kein Auror werden möchte."
Mit dieser Antwort gab Lily sich zufrieden und so kam es, dass es im gesamten Schloss nur drei Personen gab, die über Marlenes Schutz Bescheid wussten.
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