
~1~
POV Mino:
Ich starrte das Bild meiner Eltern an. Links meine Mutter, rechts mein Vater. Es war von ihrer Hochzeit, als ich wenige Monate alt war. Ich blickte meiner Mutter in die Augen, danach meinem Vater und anschließend meiner eigenen Mini-Version, im Arm meiner Mutter. Je länger ich das Bild ansah, desto mehr funkelten und brannten meine Augen, bis ich die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte. Immer wenn ich Fotos mit meinen Eltern sah, wurde mir klar, wie viel sie mir bedeuteten, wie viel sie mir gegeben hatten. Und wie wenig ich ihnen das gezeigt hatte. Doch jetzt war es zu spät.
Flashback:
Ich saß in der hinteren Reihe im Auto, vor mir mein Vater, rechts neben ihm meine Mutter. Ich blickte auf mein Handy und sah kurz auf. Von links bemerkte ich ein Auto heranfahren. Obwohl wir auf der Autobahn waren. Ein Geisterfahrer fuhr auf der linken Spur. Mein Vater beantwortete gerade eine SMS und war so abgelenkt. Ich warnte ihn, dich da war es schon zu spät. Das Auto fuhr in unseres rein, genau da, wo mein Vater saß. Er wurde so hart getroffen, dass er direkt starb. Der Wagen wurde anschließend noch gegen einen Baum geschleudert, dadurch wurde meine Mutter getroffen. Ihre Verletzungen waren so stark, dass auch sie am Abend im Krankenhaus starb. Und ich war der einzige, der überlebte.
Ich saß mit tränenüberströmten Gesicht auf der Couch im Wohnzimmer, wie eigentlich jedes Mal, als ich an den Tag zurückdachte. Ich sah durchs Fenster hinaus. Es war schon dunkel, ich hörte eine Eule rufen.
Je länger ich auf dem Sofa saß, desto nachdenklicher wurde ich. Ich dachte, was wohl wäre, einfach Zuhause zu verlassen und woanders zu leben. Meine Pflegemutter Marion hätte damit sicherlich kein Problem gehabt, da sie immer Verständnis für das hatte, was ich wollte, obwohl ich sie nicht täglich sah. Das lag, daran, dass sie bei ihrer Schwester lebte.
Doch schon nach wenigen Sekunden verwarf ich den Gedanken wieder. Warum sollte ich freiwillig als Obdachloser leben? In diesem Moment warf mich ein Klingeln an der Tür aus meinen Gedanken. Ich wunderte mich, wer das um diese Uhrzeit sein könnte. Ich raffte mich auf und ging an die Wohnungstür, um nachzusehen.
Ein etwas dicklicher Mann mit dunkelbraunen Haaren, Schnurrbart und grimmiger Miene stand vor der Tür.
„Wo sind deine Eltern?", fragte er mit schneller, unfreundlich klingender Stimme.
„Die... sind nicht hier", antwortete ich schüchtern, vollkommen überfordert mit der Situation.
„So? Sind die einkaufen?", lachte der Mann. Allerdings war es kein freundliches, sondern ein fieses, schadenfrohes Lachen.
„Nein. Sie sind tot." Meine Augen tränten schon wieder leicht, in dem Moment, in dem ich das sagte.
„Und wer ist dann Marion Werter?", erkundigte sich der Mann ohne Mitleid haben zu scheinen.
„Nie gehört", log ich.
„Aber die wohnt hier!"
„Ich... ich kenne keine Marion Werter." Ich fühlte mich absolut nicht wohl beim lügen, aber in dem Fall musste ich es tun.
„Auf jeden Fall wurde der Kredit von diesem Haus nicht abbezahlt."
„Wie denn auch? Ich kann den ja nicht alleine abbezahlen."
„Eigentlich dürftest du hier gar nicht alleine wohnen. Aber das hat sich eh bald erledigt."
„Wie meinen Sie das?", fragte ich überrascht.
„Die Bank möchte dieses Haus zurück, da es ihr zusteht."
„Aber das können sie doch nicht machen! Was passiert dann mit mir?" In diesem Moment konnte ich mich nicht mehr zurückhalten, die Tränen schossen aus meinen Augen.
„Die Welt ist brutal, das wirst du noch lernen." In diesem Moment hatte ich das Gefühl, dass er doch ein wenig Mitleid hatte, doch bei seinem nächsten Satz wurde mir klar, dass er kein bisschen davon hatte: „Bis nächste Woche Dienstag ist alles geräumt, was du nicht der Bank überlassen möchtest."
„Aber... das können Sie doch nicht...", stotterte ich, während der Mann, ohne sich zu verabschieden, in sein Auto stieg.
Weinend schlug ich die Wohnungstür zu und lief die Treppe hoch in mein Zimmer. Ich konnte es nicht glauben. Als wäre nicht alles schon schlimm genug, war jetzt alles vorbei. Was könnte ich jetzt tun? Es war absolut aussichtslos. Ich hatte nichts mehr. Absolut nichts. Das einzige, was mir meine Eltern überlassen hatten, war das Haus. Den Rest hatte alles meine Großmutter bekommen. Davon überwies sie mir jeden Monat etwas, damit ich mir die notwendigen Dinge kaufen konnte. Bei ihr leben konnte ich nicht, da sie im Altenheim lebte und unter verschiedenen Krankheiten und Behinderungen litt.
Als ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte, kam mir meine Idee von vor dem Gespräch wieder in den Sinn. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir bewusst, dass das die einzige Option war. Ich musste in den nächsten sieben Tagen alles einpacken, was ich mitnehmen wollte und den Rest probieren, auf dem Dorfflohmarkt, der glücklicherweise am Samstag in der selben Woche war, loszuwerden, um mir noch ein wenig Geld zu verdienen.
Ein paar Minuten später ging ich ins Bett, doch ich konnte nicht einschlafen. Ich dachte über viel zu vieles nach. War das wirklich die einzige Option? Es würde ein riesiges Abenteuer werden, aber es gab auch enorme Risiken. Was wäre, wenn ich einmal nicht aufpasste? Ist es überhaupt Möglich, alleine, mit dreizehn Jahren, ohne irgendwelche Erfahrungen auf der Straße zu überleben? Zudem noch mit meinem geringen Selbstvertrauen, meiner Angst und meiner Unaufmerksamkeit?
Meine Gedanken wären vermutlich ewig so weitergegangen, bis mir auffiel, dass ich noch den Schulranzen für den nächsten Tag packen musste. Als ich das erledigt hatte, legte ich mich wieder hin, jedoch lag ich noch fast die ganze Nacht wach.
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Ja, das war es mit dem ersten Kapitel von dieser Geschichte. Ich bin sehr gespannt, wie ihr es fandet, schreibt das sehr gerne in die Kommentare.
Ich habe dieses Kapitel gerade auch übrigens zum zweiten Mal geschrieben, da Bugpad mir um die 800 Wörter gelöscht hat.
Dann bis zum nächsten Mal
LG Leanut
~22.10.2023
917 Wörter (Geschichte)
977 Wörter (Insgesamt)
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