𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟑𝟑
𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟑𝟑
ℑ𝔫𝔫𝔢𝔯𝔥𝔞𝔩𝔟 𝔡𝔢𝔯 𝔉𝔢𝔰𝔱𝔲𝔫𝔤𝔢𝔫 𝔳𝔬𝔫 𝔄𝔰𝔨𝔞𝔟𝔞𝔫
ℳ𝒶𝓇𝓎𝒶𝓃𝒶 & 𝒮𝒾𝓇𝒾𝓊𝓈
Licht - Dunkel - Licht - Dunkel. An - Aus - An - Aus.
Sirius saß steif da. Frühstück war soeben durch die Zellentüren geschoben worden, doch er hatte der Blechschale mit dem Brot keinerlei Beachtung geschenkt. Sein Blick galt Maryana... Und Maryanas Blick galt dem Nichts. Und Merlin, das machte ihm Angst. So sehr, dass er heute Nacht nicht ein Auge zugetan hatte. Er hatte die ganze Zeit zu ihr gesprochen, hatte gehofft, sie könnte ihren Blick doch noch heben und ihn ansehen. Ihn verstehen, ihm zuhören. Doch das tat sie nicht und das zerfraß ihn. Sie war fort und sie entglitt ihm weiter. Seine Maryana. Sie war immer wie ein Engel für ihn gewesen, so rein, so voller Güte. Doch genau die Dinge, die Sirius immer am meisten an seiner Verlobten geschätzt hatte, schienen nun ihren Untergang zu bedeuten. Denn damit war Maryana schwach, verletzbar und ungemein zerbrechlich und zart. Er senkte den Kopf, als ihm Tränen in die Augen traten. Amandriel war nicht gekommen. Er hatte sein Wort gebrochen, er hatte sie im Stich gelassen. Er hatte Maryana im Stich gelassen, obwohl er es Sirius versprochen hatte. Was war nur geschehen? Warum war er nicht aufgetaucht? Nun schien Maryana verloren... Die Dementoren würden weiterhin kommen, die Hauselfen würden sie weiterhin wie den letzten Dreck behandeln - und all das würde ihr den letzten Rest geben. Und Sirius konnte nichts tun. Nur zusehen. Und nicht einmal den Kopf wegdrehen, um den Blick abzuwenden. Dazu war er einfach nicht fähig.
Ihr ersticktes Keuchen ließ Sirius zusammenfahren. ,,Warum... Warum kann ich nichts sehen", stieß sie hervor, ihre Fingernägel glitten über ihre Wangen, verzweifelt tastete sie blind über ihr Gesicht. ,,Warum kann ich nichts sehen...", wimmerte sie. Sirius war klar, dass sie immer noch nicht da war. Sie war immer noch in sich selbst gefangen. Und doch schloss er seine Finger um die Gitterstäbe und lehnte sich soweit vor, wie nur ging. ,,Du kannst es, Maryana, du musst es nur zulassen", meinte er verzweifelt. Sie hatte Angst, zu sehen. Es war eine Schockerblindung... Und Sirius wusste nicht, was er tun sollte. Was er tun konnte, um ihr zu helfen. Er war ihr so nahe, doch ihre Zellen trennten sie. Natürlich hörte Maryana ihn nicht. ,,Ich kann nichts sehen! Alles ist so dunkel!" Sie begann zu weinen. ,,Warum ist alles so dunkel... Sirius, wo bist du?" Schluchzend wiegte sie sich selbst auf dem kalten, harten Boden hin und her und Sirius wurde vor Verzweiflung und Liebe ganz schlecht. ,,Ich bin doch hier, mein Herz...", murmelte er schwach, doch vergebens. Es kam nicht bei ihr an... Sie weinte und weinte. Und das Herz des Animagus brach und brach. ,,Es ist so dunkel. Es darf nicht mehr so dunkel sein. Bitte", weinte sie weiter und Sirius drückte keuchend die Stirn gegen die kalten Eisenstäbe. Es war einfach nur eine einzige Qual... Er wollte das nicht mehr sehen müssen, er wollte das nicht mehr hören müssen. Er wollte, dass sie ihn ansah, ihm zuhörte. Dass alles wieder gut war. Wenn er zuvor jemals Sorge um sie gehabt hatte, dann war sie nichts im Gegensatz zu der Angst, die er nun um sie hatte.
,,WARUM BIN ICH BLIND?!" Ihr Schrei durchfuhr die Stille, ließ ihn zusammenzucken. Unsanft stieß er sich die Stirn an den Gitterstäben und rieb sich mit einem leisen Stöhnen den leicht dröhnenden Schädel, ehe er in die Zelle gegenüber sah. Sie begann zu kratzen. Verzweifelt zog sie ihre Fingernägel, die zwar noch gepflegt aussahen, aber dennoch ziemlich lang geworden waren, über die Haut ihrer Wangen, hinterließ tiefrote Striemen, die mit jedem Kratzen blutiger und tiefer wurden. Sirius fasste nackte Panik. Sie begann sich die Augen auszukratzen... Wie ein Wilder begann er, an den Gitterstäben zu rütteln und um Hilfe zu schreien. Er brüllte, hustete und keuchte nur noch, als die Tür am Korridorende dann endlich aufschwang. ,,Sie... Sie kratzt sich die Augen aus!", stieß er hervor und der Zauberer, der in den Gang getreten war, drehte den Kopf und wurde blass. ,,Elf, komm her!", rief er dann und ein Hauself hastete herbei. ,,Leg sie in Fesseln. Sonst haben wir hier ein Blutbad - und das willst du nicht putzen müssen, glaub mir", meinte er und Sirius packte blanker Zorn. Das war also seine Sorge? Das Blutbad? Er umfasste knurrend die Gitterstäbe fester, während der Elf nun die Zellentüren von Maryana aufschloss. Mit einem Fingerschnipsen lagen ihre Handgelenke in Ketten - und hingen schlaff zu Boden. ,,Warum bin ich blind...", hauchte sie bloß, während Blut über ihre Wangen rann, sie wenigstens nicht an ihren Augen angelangt war. Der Hauself musste grinsen. ,,Na Püppchen, werden wir wahnsinnig?", fragte er feixend - und Maryana begann wie am Spieß zu schreien. ,,Nein, nein!", rief sie schluchzend aus und der Hauself schmiss lachend die Gittertür wieder hinter sich zu. ,,Oh ja, das werden wir wohl", flötete er und verschloss die Tür mit Nachdruck. Sirius rüttelte gereizt an seinen Gitterstäben. Diese Umstände sollten verboten sein... Das hier war immer noch ein Gefängnis, das unter der offiziellen Führung des Ministeriums stand! Doch... Wie sollte das hier schon an die Öffentlichkeit gelang? Kaum einer verließ Askaban jemals noch einmal, war er erstmal hier.
Die Korridortür flog wieder zu. Sirius atmete tief durch. ,,Maryana, meine Liebe... Bitte", flüsterte er leise und würde sie so gerne berühren. ,,Warum bist du nicht bei mir, Tatze?", wimmerte sie und er biss sich so fest auf die Unterlippe, dass er Blut schmecken konnte. Er war doch hier! Hier, bei ihr! Wäre das hier ein normales Gefängnis, dann würden sie jetzt Heiler zu ihr schicken, Zauberer, die ihr halfen. Doch Askaban war kein gewöhnliches Gefängnis, Askaban existierte nur, um sie zu brechen. Sirius sah zur Seite, als die Tür dann wieder aufgestoßen wurde. ,,Ich habe eine erfreuliche Nachricht für dich, Püppchen! Ab heute darfst du arbeiten!" Es war ein anderer Hauself, doch er gab ihr denselben Namen. Und dieser Name schien blanke Angst in ihr auszulösen, denn sie schrie wieder, als er fiel. Langsam verstand Sirius dieses Muster... Der Zauberer, der ihr das angetan hatte, er musste sie so genannt haben. Und der erste Zauberer, der das tun würde... Merlin, wenn Sirius in diesem Augenblick nicht in Ketten liegen würde, dann würde er ihn mit bloßen Händen töten! Seine Maryana. Sein wunderschöner, zarter Engel. Vollkommen zerstört. Der Hauself schloss ihre Zellentür wieder auf. ,,Was ist mit mir?", rief Sirius ihm zu und der Elf drehte der Kopf. ,,Dich soll ich nicht holen", gab er bloß zynisch zurück und Sirius wurde übel. Merlin, er wollte nicht, dass dieser Elf Maryana mitnahm... ,,Also, Kleine, beweg dich!", fuhr er dann die junge Hexe an. Doch Maryana rührte sich nicht. ,,Sie hört dich nicht", meinte Sirius nun und der Elf fluchte. ,,Sei still!"
Er stieß die Rothaarige mit dem Fuß an. ,,Los, steh auf!", murrte er und zerrte an ihren Haaren. Maryana fiel wie eine Puppe nach hinten und blieb reglos liegen. Gereizt und gleichermaßen nervös sah der Elf sie an. Er würde sicherlich Ärger bekommen, wenn er die geforderte Insassin nicht zu ihrer Arbeit brachte. Einen kurzen Moment verspürte Sirius beinahe schon Schadenfreude, doch die wich sehr schnell Angst, als er die Wut des Hauselfen sah. ,,Gut, wenn du nicht hören willst...", murmelte er und tapste aus der Zelle. Er ließ die Tür einfach offen. Ihm war klar, dass Maryana sich nicht rühren würde. Mit einem hochgewachsenen Zauberer kam er dann wieder zurück. ,,Sie tut nicht, wie ich ihr befohlen habe", murmelte er unterwürfig und der schmierige Kerl neben ihm grinste. ,,Armes, kleines Püppchen...", säuselte er und schob sich in ihre Zelle. In Sirius begannen alle Alarmsirenen zu schrillen. Das war er! Hundertprozentig! Seine Haltung, seine Mimik, der widerliche Kosename... Seine Stimme ließ Maryana vollkommen ausrasten. Sie schrie, sie weinte, sie stieß zischende Laute aus, während sie soweit in ihrer Zelle zurück rutschte, bis ihr Körper dumpf an der Wand ankam. Dennoch versuchte sie weiter zu rücken - und schlug sich damit immer wieder den Hinterkopf gegen das kalte, scharfe Gestein. Blanker Zorn überfiel den Animagus. ,,DU BIST ES GEWESEN! DU HAST IHR DAS ANGETAN!", brüllte er ungehalten und der Zauberer drehte den Kopf. Er grinste wissend. ,,Und du bist?" Er musterte ihn. Voller Wut riss Sirius an seinen Gitterstäben. Seine Haut war schon heiß und brannte, weil sie so gewaltsam über das Eisen rieb. ,,DU BIST SCHULD AN IHREM ZUSTAND! ICH BRINGE DICH UM! ICH WERDE DICH UMBRINGEN!", tobte er weiter.
,,Oh, ich glaube hier hat jemand für heute seine Lektion noch nicht gelernt..." Lachend schob der Zauberer sich weiter in Maryanas Zelle. ,,RÜHR SIE NICHT AN! DU RÜHRST SIE NICHT AN - ODER ICH WERDE DICH BIS AN DEIN LEBENSENDE JAGEN!" Sirius schrie. Er konnte kaum damit aufhören. Er war zornig. So wütend. Und das alles wuchs nur noch weiter, alles in ihm kochte, als dieser Zauberer nach Maryanas Schenkeln griff. ,,Na Püppchen, erkennst du mich wieder?", flüsterte er - und Maryana schrie bitterlich. Sirius glaubte wirklich, dass es jetzt so weit war. Dass er jetzt den Verstand verlor. Dass er ihn sich vor Wut, Schmerz und absoluter Hilf- und Nutzlosigkeit aus dem Leib brüllen würde. Doch dann riss ein gezielter Schockzauber das Arschloch von den Füßen, dass sich an Maryana zu vergehen versuchte. Sirius drehte den Kopf - und hielt den Atem an. Alastor Moody. Natürlich wusste Sirius, dass der Auror gelegentlich Verhaftungen nach Askaban abwickelte - doch er hatte das Ordensmitglied noch nie im Inneren des Gefängnisses gesehen. ,,Ich kann mich nicht daran erinnern, dass das hier in deinen Aufgaben steht, Averill", meinte er finster, sein Glasauge zuckte unruhig. ,,Du, schaff ihn hier weg!", wandte er sich knurrend an den Hauselfen, der hastig nickte - und Averill, welcher sich den Kopf angeschlagen zu haben schien und ohnmächtig war - mit einem Fingerschnipsen aus der Zelle schweben ließ. Sirius sah Alastor misstrauisch an. ,,Moody, was suchst du hier?", fragte er scharf und Alastor sah ihn gar nicht an, sondern betrat Maryanas Zelle. ,,Was haben Sie nur aus dir gemacht, Stone?", murmelte er, setzte sie wieder auf und zog einen Trank aus seinem Mantel.
,,Was ist das?", fragte Sirius und drückte die Stirn an die Gitter. ,,Ein Trank, der ihren Verstand aufklären wird. Er wird sie beruhigen und ihr Schlaf schenken. Ich ordne an, dass die Dementoren auf diesem Trakt in den nächsten Tagen nichts zu suchen haben", murrte er und sah zu Sirius rüber. ,,Selbst das Ministerium weiß nicht von allen Dingen, die hier vor sich gehen, Black", fügte er finster hinzu. Sirius schwieg. Das Ministerium war zu nichts zu gebrauchen. Wieso genau hatte er nochmal Auror werden wollen? Scheinbar, um eine Veränderung in dieses fehlerhafte System zu führen. ,,Wieso bist du hier?", fragte er wieder und Alastor trat aus Maryanas Zelle. ,,Vertrete Coldwater. Ist ermordet worden", murmelte er und Sirius fuhr zusammen. Amandriel Coldwater war ermordet worden?! ,,Von wem?", stieß er hervor und Alastor sah ihn scharf an. ,,Das geht dich nichts an!", raunte er und musterte ihn. ,,Bist du nicht in der Lage, Stone zu beschützen, Black?!", zischte er weiter und Sirius zog gereizt die Augenbrauen zusammen. ,,Wie denn?!", gab er fluchend zurück. ,,Ich sitze selbst in einer Zelle und das hier ist Askaban, schon vergessen?" Alastor verdrehte das körpereigene Auge. ,,Früher war mehr von dir zu erwarten gewesen, Black. Da haben dich solche Dinge noch nicht aufgehalten." Der erfolgreiche Auror wollte sich schon abwenden, da schaffte Sirius es, einen Zipfel seines Mantels zu ergreifen. ,,Wovon redest du, Moody? Was könnte ich tun? Und ich würde alles tun..."
Im Hause der Blacks
,,Iss, Remus. Du musst wieder zu Kräften kommen", meinte Sirrah gerade, während sie Remus mit allerhand Dingen aus dem Kühlschrank überhäufte. Kuchen, aufgewärmtem Eintopf, sogar Nudelsalat. Und Remus wusste kaum, was er davon eigentlich zuerst anrühren sollte. Etwas überfordert saß er auf dem Sofa und sah Sirrah dabei zu, wie sie schon wieder eine Schüssel anschleppte. Erdbeeren. ,,Sirrah, ich bin vielleicht ziemlich groß, aber mein Magen ist kein Loch", meinte er stirnrunzelnd und sie winkte ab. ,,Du brauchst das", bestimmte sie entschieden und Remus musste schmunzeln. Er wusste genau, wieso er Sirrah Sylvane so mochte. Auch wenn er das natürlich niemals vor ihr zugeben würde. ,,Wenn du das sagst, wird es stimmen", meinte er und Sirrah nickte entschieden. Sie war vorhin oben gewesen, weil Asterion wach geworden war - und in seiner Pampers und einem Bademantel saß der Kleine nun neben Remus auf dem Sofa, was herzerwärmend niedlich aussah. Bettelnd streckte er seine kleinen Finger nach den Erdbeeren aus, die ihn neugierig zu machen schienen, als Remus nach einer griff und hinein biss. Er musste schmunzeln. ,,Mein Lieber, ich glaube, die sind noch nichts für dich", meinte er amüsiert und Asterion sah ihn aus großen Augen an. Diese großen, sturmgrauen Kinderaugen, die ihn nahezu gerade anflehten... Um eine Erdbeere. Remus sah zum Türrahmen, doch Sirrah war in der Küche. Er seufzte. ,,Okay, okay. Aber du wirst das nicht Tante Sirrah verraten", murmelte er nachgebend und griff wieder nach der Schüssel.
Sirrah Sylvane hatte gerade in der Küche gestanden und die Tür hinter sich geschlossen, um Wasser zu kochen - und Asterion mit dem schrillen Pfeifen des Wasserkochers nicht wieder so zu erschrecken, denn das letzte Mal hatte er dann furchtbar zu weinen begonnen- und Remus weiteren Kamillentee aufzusetzen, als ein Windhauch sie aufsehen ließ. Ein Patronus war durch das offene Küchenfenster zu ihr gelangt. Es war ein bläulich schimmernder Falke, den Sirrah sofort als den von Amandriel erkannte. Sie legte fragend die Stirn in Falten. Was war geschehen? Machte er einen Rückzieher? Sie drehte sich langsam um, betrachtete das durchsichtig schimmernde Gefieder des edlen Vogels vor ihr, der ihr nun seine Nachricht überbrachte. In dieser Nachricht erklärte Amandriels Stimme Sirrah, weshalb er Jeremiah Temple wirklich ermordet hatte... Und Sirrah wurde immer blasser. Es war für sie gewesen. Für den Orden des Phönix und die Sicherheit seiner Mitglieder. Für ihre Sicherheit... Ihre Knie wurden weich, Tränen traten ihr in die Augen. Amandriel Coldwater liebte sie - und mit diesen drei schicksalshaften Worten endete diese Botschaft auch. Doch dann passierte etwas, das Sirrah in die Knie riss. Dass ihr den Boden unter den Füßen entzog, dass sie innerlich zerbrechen ließ. Der Patronus verflüchtigte sich nach seiner letzten Aufgabe zu Staub... Und das ließ Hoffnung in ihr zerspringen wie Porzellan, das zu Boden gefallen war. Sie sackte auf dem Küchenboden zusammen. Sie wusste, was das bedeutete, sie hatte so etwas im Krieg schon gesehen. Amandriel Coldwater war tot. Er war fort. Und mit ihm waren nicht nur jegliche Beweise für Maryanas Unschuld verschwunden... Sondern auch der Mann, der Sirrah gerade eben noch seine große Liebe gestanden hatte.
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