𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟏𝟗
𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑒𝑙: 𝟏𝟗
ℑ𝔫𝔫𝔢𝔯𝔥𝔞𝔩𝔟 𝔡𝔢𝔯 𝔉𝔢𝔰𝔱𝔲𝔫𝔤𝔢𝔫 𝔳𝔬𝔫 𝔞𝔰𝔨𝔞𝔟𝔞𝔫
Er hatte aufgehört, nachzudenken. Zumindest redete er sich das ein. Die Elfen hatten ihnen schon einige Tage nicht mehr für neue Arbeit holen lassen und die gähnend leere Zelle gegenüber half ihm nicht gerade dabei, nicht mit seinen Gedanken alleine zu sein. Sie schrien ihn beinahe schon an, wie sollte er sie da ignorieren? Schwach und zusammengesunken saß er in seiner Zelle und drückte müde seinen Hinterkopf an die Wand, während er an die Decke starrte, es so dunkel war, dass er sie kaum ausmachen konnte. Er fühlte sich, als sei er in einem tiefschwarzen Loch gefangen und bekam kaum noch Luft. Es war wie ertrinken - die Wasseroberfläche schloss sich finster über seinem Kopf zusammen und verzweifelt versuchte er, zurück an die Oberfläche zu schwimmen. Doch er sah nicht einmal mehr einen Funken Licht durch das seichte Gewässer seiner eigenen Dunkelheit schimmern. Sirius Black begann in seinem Verstand zu ertrinken. Er begann ein Schatten seiner selbst zu werden. Er war ein Ertrinkender und jede Rettung kam zu spät. Abend um Abend kreisten die Dementoren um das Hochsicherheitsgefängnis für Zauberer - oder streiften durch die Gänge, um dessen Insassen in Angst- und Schrecken zu versetzen und jeden positiven Überrest an Gefühlen zu verschlingen, welcher in den Gefangenen noch vorhanden war. Auch Sirius spürte kaum noch etwas, das sich nicht nach Schmerz, Kälte oder ewiger Einsamkeit anfühlte. Zweifel, Vorwürfe, schier eine Woge Selbsthass kamen hinzu. All das lastete auf seiner Brust. Zischend atmete er ein, schüttelte leicht den Kopf. Nicht nachdenken... Er musste wirklich aufhören, zu denken. Allein sein Kopf schien in einen Selbstzerstörungs-Mechanismus geschaltet zu haben. Und Sirius wusste nicht, wie er diesen stoppen konnte.
Er sah diesmal nicht zur Tür des Korridors, als sie knarrend aufgedrückt wurde. Er wusste, was jetzt kam. Entweder die Hauselfen, die aus Langeweile das gesamte Gefängnis tyrannisierten - oder die Dementoren, die ihren Hunger stillten. Nichts von beidem sah besonders rosig für ihn aus, also schloss er die Augen. Am besten brachte er diese Nacht so schnell wie möglich hinter sich. Und das gelang ihm am leichtesten, wenn er sich einfach in Morpheus Arme begab und schlief. Albträume plagten ihn dann meist und das Gesicht seiner geliebten Maryana konnte er sich nur noch verschwommen ins Gedächtnis rufen. Sie entglitt ihm... Oder war sie es sogar schon? Sirius sah zu den Kerben in der Mauer. Er hatte aufgehört, die Tage zu zählen. Er wusste nicht mehr, wie lange er eigentlich schon hier war. Doch er wusste, dass es eine ganze Weile sein musste. Wie ging es seiner Verlobten? War ihr Sohn schon auf der Welt? Wie viel Zeit war vergangen? Würde er jemals wieder hier raus kommen? Gereizt biss er die Zähne so fest zusammen, dass sein Kiefer einen Moment lang unschön knirschte. Er tat es schon wieder. Er dachte. Konnte er sich nicht einfach an dem geballten Nichts festhalten, das wie ein Vakuum in seiner Seele saß und immer größer wurde, immer mehr Teile seiner Person einnahm? Leise Schritte waren zu hören und Sirius seufzte, als seine Zellentür aufgeschlossen wurde. Er öffnete die Augen, in Erwartung einen Elfen zu sehen... Doch anstelle dessen stand ein Zauberer vor ihm. Sirius hob die Augenbrauen. ,,Wessen Leiche soll ich diesmal entsorgen?", fragte er tonlos. Er konnte sich seinen trockenen Sarkasmus nicht mehr verkneifen. Und mittlerweile waren ihm die Strafen dafür vollkommen egal, beinahe begrüßte er sie schon. Hauptsache, er konnte etwas empfinden...
Sein Gegenüber zog die Augenbrauen zusammen. ,,Was? Nein, keine Leiche." Der Dunkelhaarige zog sich die nachtblaue Kapuze vom Kopf und trat weiter in seine Zelle. Sirius verkrampfte sich. Nähe ließ ihm übel werden. Nähe bedeutete Schmerzen. Folter. Konnte er sie auch in dieser Nacht ertragen? War sie ihm auch jetzt willkommen? Er schluckte schwer. Der Mann zog etwas aus seiner Manteltasche. ,,Ich bin hier, um dir etwas zu geben", meinte er und Sirius rutschte von ihm fort. ,,Nein, diesmal nicht. Bitte nicht, nicht schon wieder", brachte er heiser hervor. Er erinnerte sich noch genau an den Moment, in dem der Wahnsinn gekommen war - und er sich den Hinterkopf in derselben Nacht an seiner eigenen Zellenwand blutig geschlagen hatte. Um sich für seine eigene Dummheit zu bestrafen. Der erste Mensch seit langem, mit dem er gesprochen hatte, zu dem er ehrlich gewesen war und er war verraten worden. Wie hatte er nur so naiv sein können? Der Mann seufzte. Er sah sich nervös um. Wieder jemand, der Sirius etwas heimlich gab. Und dieses Mal wollte der Animagus es nicht. ,,Nimm es wieder mit. Sie nehmen es mir sowieso weg", flüsterte er und vergrub das fahle Gesicht zwischen seinen aufgerissenen Fingern. Der Mann schüttelte den Kopf. ,,Kann ich nicht. Sirrah Sylvane hat mir einen Bannzauber auf den Hals gehetzt. Ich kann Askaban erst verlassen, wenn ich dir die Kapsel ausgehändigt habe", entgegnete er verbissen und ging in die Hocke. Eine Etage unter ihm schrie jemand. Die Dementoren waren nicht mehr weit weg - und das machte sein fremdes Gegenüber sichtlich nervös. ,,Sylvane?", brachte Sirius heiser hervor. Hatte Mary sich Hilfe gesucht? Hatte sie ihre alte Freundin alarmiert? War etwas passiert? ,,Nimm die Kapsel und brich sie in der Mitte durch. Es befindet sich eine Nachricht darin, die sich in wenigen Sekunden auflösen wird." Der Fremde griff grob nach dem Handgelenk des Animagus und legte ihm die Kapsel in die Handfläche.
Fließend erhob er sich dann wieder. Sirius sah ihn schnell seine Zelle verschließen und mit dem Schatten verschmelzen. Kurz darauf schloss sich die Tür. Das Herz in seiner Brust hämmerte wild vor Panik und Sorge - und er hatte kaum geglaubt, dass er zu so viel Emotion noch in der Lage wäre. Er musste die Kapsel öffnen. Wenn Maryana und seinem Sohn etwas zugestoßen war, würde Sirius so lange brüllen, bis die Dementoren kamen und sich seine Seele holten. Er würde sterben wollen, war sein einziger Sinn zu atmen nicht mehr am Leben. Nackte Angst ließ Gänsehaut über seine Unterarme wandern und er sah sich um. Doch bis auf die Insassen am Ende des Korridors war er alleine. Er brach die Kapsel. Bläulich schimmernder Nebel umhüllte ihn, dann sah er sie. Maryana. Sein Herz begann so sehr zu rasen, dass Sirius ins Keuchen kam. Es ging ihr gut... Sie war wohlauf. Er betrachtete sie. Ihr hübsches, großes Gesicht mit den vollen Lippen und den großen Augen. Er betrachtete ihr Lächeln, auch wenn es nicht ihre Augen erreichte, es war so sagenhaft schön, dass Sirius sich den Handballen auf die Lippen presste, damit er nicht in Tränen ausbrach. Seine geliebte Maryana... Wie sehr sehnte er sich in ihre zarten, wärmenden Arme. Wie sehr verzehrte er sich nach ihrer Offenheit, nach ihrem herzlichen Wesen. Nach ihrem Lachen und ihrer zarten Stimme. Rot umspielten ihre Locken ihre Gesichtskonturen und Sirius sah an ihr hinab. Sie trug nur Unterwäsche und seinen schwarzen Pelzmantel... Er schnappte nach Luft. Ihr Babybauch war so groß und rund, dass er flehend die Hände nach dem Bild ausstreckte, das langsam wieder verblasste. Er wollte bei ihnen sein, bei Maryana, bei Asterion. Bei seiner Familie.
Langsam ließ er die Hände sinken und betrachtete mit tränenden Augen, wie das Bildnis sich langsam verflüchtige, blasser und unscheinbarer wurde, ehe es zu flackern begann und sich dann in Rauch verwandelte, der in feuchtkalten Steinboden rann. Er schloss die Augen. Er wollte diesen Anblick noch nicht aufgeben, rief sich das Bild ins Gedächtnis. Die Kapselhülle, die nun eigentlich keinen Wert mehr besaß, hob er vom Boden auf und trat mit zitternden Knien an seine Pritsche. Er verbarg sie zwischen dem rauen Leinenstoff und dem Holz, ehe er sich langsam niederließ und das Gesicht in den Händen vergrub. Sein Herz rebellierte nur so vor Sehnsucht und Liebe... Zwei Gefühle, die er so lange nicht mehr verspürt hatte und die ihm Tränen in die Augen trieben, als er diese schloss und sich langsam zurücksinken ließ. So viel Last schien von seinem geschundenen Körper abgefallen zu sein, dass Sirius es schaffte, sogar friedlich einzuschlafen. Er träumte von seiner Liebe... Davon nachhause zurückzukehren. Hatte er ein Glück, dass die Dementoren in dieser Nacht besonders beschäftigt wurden... Und ihm dieses kleine Licht im Dunkel nicht nahmen.
𝙼𝚊𝚛𝚢𝚊𝚗𝚊
,,Und? Sind Sie schon aufgeregt? Bald wird es so sein!" Professor Allington lächelte mich an, während ich mir den dünnen Pullover wieder überzog. Die Zeit flog nur so dahin. Der siebte Monat war eingetreten und Sirrah hatte mich zu einer weiteren Kontrolluntersuchung ins St. Mungos bekleidet. ,,Natürlich ist sie das!", rief meine beste Freundin nun aus und legte stolz grinsend den Arm um mich. ,,Das sind wir alle!" Ich lächelte schwach. Ja... Das waren wirklich alle. Molly schrieb mir beinahe jeden Tag und erkundigte sich nach unserem Wohlergehen. Remus und Sirrah verfrachteten mich aufs Sofa, stopften mich mit Essen voll und bewegten mich zu Spaziergängen. Es war März, bald würde es wärmer werden und der Frühling kommen. Der Winter ging vorüber. Ein ganzer Winter ohne Sirius. Nacht um Nacht fühlte ich mich alleine - und Asterion gab mir mit seinem Treten immer wieder aufs Neue zu verstehen, dass ich es nicht war. Nicht völlig. Ich hatte immer noch ihn - und er war ein Teil des Mannes, nachdem ich mich so sehr sehnte. Ein Teil, der aus unserer Liebe entstanden war. Asterion war das Wertvollste, was ich besaß. ,,Ich kann kaum erwarten, zum ersten Mal in seine Augen zu sehen", hauchte ich, während Sirrah mir vorsorglich in meinen Cardigan half und Professor Allington mir lächelnd mein Ultraschallbild überreichte. ,,Ich bin mir ganz sicher, der Knirps wird ein Prachtexemplar", meinte sie und Sirrah nickte sofort. ,,Oh ja, und was für eins! Das schönste Baby aller Zeiten!", schwärmte sie und ich strich sanft über die weißen Ränder des Bildes. ,,Danke...", flüsterte ich und erhob mich langsam. Professor Allington nickte uns zu. ,,Wenn was sein sollte, ich bin immer erreichbar!", meinte sie und Sirrah legte ihre Hand auf meinen ständig schmerzenden Rücken.
,,Haben Sie vielen Dank, Professor!", rief sie noch, ehe sie mir die Tür aufhielt. Ich schob mich an ihr vorbei. ,,Möchtest du noch in die Winkelgasse? Du wolltest doch nach Tee schauen", meinte sie und ich nickte schwach. ,,Ja, stimmt... Die Sonne scheint, sicher ist ein bisschen frische Luft gut für uns", hauchte ich und sie zwinkerte mir zu. ,,Ganz sicher!" Wir verließen das Ministerium und ich genoss die wärmenden Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Wir hatten beinahe fünfzehn Grad, das Wetter war herrlich und jeder Besucher der Winkelgasse strahlte übers ganze Gesicht. Es war merkwürdig... Der Tod der Potters war in weite Vergangenheit gerückt und obwohl noch alle Welt über den berüchtigten Harry Potter sprach, schienen die Leute abzuschließen. Den dunklen Lord zu vergessen. Auch wenn irgendwas in mir verzweifelt ausrufen wollte, dass das ein Fehler war. Ich konnte einfach nicht glauben, dass er einfach weg sein sollte. Geschwächt, aber niemals besiegt. Wäre Sirius hier, würde er mir recht geben. Da war ich mir sicher. Außerdem waren wieder Todesser auf der Bildfläche erschienen, die nach ihrem Meister zu suchen schienen - darunter auch die beiden Lestrange-Brüder, die ich noch aus Schulzeiten kannte. Erst gestern waren ihre Namen wieder im Tagespropheten erschienen... Noch immer wurden muggelstämmige Zauberer tyrannisiert. In meinen Augen wurde eindeutig ein Exempel statuiert. Doch das Ministerium schien die Furcht und Zeit des fürchterlichen Krieges verdrängen und durch lange Reden und Vorträge über unsere Sicherheit und den Frieden vertuschen zu wollen. - Erfolgreich, offenbar. Der Tagesprophet wurde für Lügen und Panikmache bezichtigt und einige Verfasser der Artikel zur Rechenschaft gezogen. Das System war völlig verkrampft.
,,Du denkst doch nicht schon wieder über die Artikel nach, oder?", riss Sirrah mich aus dem Gedanken, während wir durch die Winkelgasse schlenderten. Ich blinzelte. ,,Was? Quatsch", log ich nuschelnd, eine Hand schützend auf meinem Bauch. Wenigstens wurde ich nicht mehr so verhetzt angestarrt... Auch wenn die Leute immer noch redeten. Auch wenn ich immer noch die Verlobte des gefürchteten Massenmörders Sirius Black war - und sein Kind in mir trug, das all diese Tratschweiber sicher in ihren Teerunden als Balg bezeichneten. ,,Wie wäre es, wenn du zur Abwechslung mal an etwas Schönes denkst? Zum Beispiel an unschmelzbares Schokoladeneis?", seufzte Sirrah und ich lächelte schwach. ,,Zitroneneis würde mir besser gefallen", gab ich zurück und sie lachte. ,,Letzte Woche wars noch Schokolade... Ihr beide könnt euch aber wirklich nicht entscheiden", meinte sie amüsiert, als sie die Tür zu dem kleinen Tee- und Kramladen aufdrückte. ,,Tja, wir brauchen Vielfalt", entgegnete ich, dann sah ich sie. Sie stand nur mit dem Rücken zu mir und doch erkannte ich Narcissa Malfoy sofort. Meine Alarmglocken begannen augenblicklich zu schrillen. Todesser... Verdammter Todesser! Wie konnte sie hier rumspazieren, während ihre Familie Schuld an so vielen Morden trug? So viele meiner Freunde... James und Lily... Sirius, der in Askaban saß. Wären Voldemort und seine Plagen nicht gewesen, dann wäre die Welt noch in Ordnung! Hass schlug wie eine Welle über mir zusammen und ließ mich die Hände zu Fäusten ballen. Sirrah schaltete sofort und legte ihre Hände auf meine Schultern.
,,Okaaay, wir gehen doch wieder!", meinte sie und drückte mich rückwärts zurück in die Gasse. Ich schnaubte. ,,Oh nein! Ich werde mit ihr reden!", fauchte ich und bestimmt schüttelte sie den Kopf, zog mit Nachdruck die Tür hinter sich zu. ,,Auf keinen Fall. Ich bin mir sicher, in Mister Mulpeppers Apotheke finden wir deinen Tee auch." Ernst sah sie mich an und wütend starrte ich durchs Schaufenster. ,,Sie sind schuld, Sirrah! An einfach allem! Sie haben alles zerstört mit ihrem falschen Bild und ihren verschissenen Werten von reinem Blut!" Der Zorn ließ das Blut in meinen Ohren rauschen und mir ganz schwindelig werden. Sirrah drückte mich langsam weiter von dem Laden weg. ,,Nicht aufregen, Maryana, das sollst du nicht. Schon vergessen?", ermahnte sie mich streng und ich schnaubte. ,,Nicht aufregen? Wie soll ich mich jetzt nicht- Ah, verdammt!" Zischend brach ich ab und sank leicht in mir zusammen. Meine Hand glitt zu meinem ziehenden Unterleib und Sirrah seufzte. ,,Siehst du, ich hab dich gewarnt", murrte sie und stützte mich zu Fortescues Eissalon, welcher wieder Tische und Stühle vor seiner Tür aufgestellt hatte. Langsam drückte sie mich auf einen davon. ,,Und jetzt atmest du ganz ruhig und denkst an Zitroneneis, okay?" Ich pustete die Wangen auf, um mich zu beruhigen. Sie hatte ja recht, ich durfte mich nicht aufregen. Professor Allington hatte mir erst heute morgen noch gesagt, dass ich mich jeder Form von Stress entziehen - und jeder Belastung aus dem Weg gehen sollte. Immer noch schien sie nicht zu wissen, dass mein Mann niemand geringeres als Sirius Black war und in Askaban einsaß. Stress und Belastung waren da kaum zu vermeiden.
,,Nein Kirsche, nicht Zitrone", murrte ich und Belustigung huschte über ihr Gesicht. ,,Stimmt, entschuldige, du hattest ja Kirsche gesagt. Warte hier, okay? Nicht bewegen. Und nicht umsehen!" Mahnend sah sie mich an und ich nickte augenrollend. Stimmungsschwankungen waren bisher eigentlich selten gewesen, doch langsam schienen sie öfter vorzukommen. Ich entwickelte mich nicht selten zu einer biestigen Zicke - doch Sirrah und Remus nahmen es glücklicherweise mit Humor. Ich schloss die Augen. Es brachte mir nichts, wenn ich mitten in der Winkelgasse über Narcissa Malfoy herfiel. Ihr Mann hatte entschieden, Lucius hatte entschieden. Sicher war sie nicht freiwillig Teil dieses Krieges gewesen. Und sicher hatte sie diesen glatt gepolten Mistkerl auch nicht aus eigenen Stücken zum Ehemann genommen. Die Welt war nicht fair. Ganz besonders nicht, wenn man eine reinblütige Frau war. Umso mehr ich mir das eingestand, desto mehr verpuffte meine Wut und damit auch der Schmerz, der sich stechend in meinem Bauch gemeldet und mich vor weiterer Ausfälligkeit gewarnt hatte. Gerade noch so... Wäre Sirrah nicht gewesen... Ich rieb mir den Nacken und sah auf, als ich Schritte hörte. Mit einem Eisbecher gesellte meine Freundin sich wieder zu mir. ,,Hier, Kirscheis", meinte sie zufrieden und ich nahm mit gerümpfter Nase den Becher entgegen. ,,Ich wollte doch Schokolade...", nuschelte ich und sie hob die Augenbrauen, ließ sich neben mich fallen. ,,Dann hab ich mich wohl verhört. Schmeckt sicher auch." Sie zuckte schief grinsend mit den Schultern und nickend griff ich nach dem kleinen Löffel.
,,Haben wir uns wieder beruhigt?", fragte sie mich, während ich das köstliche Eis genoss. Ich nickte. ,,Ich glaube schon", gab ich zurück und sie atmete erleichtert auf. ,,Gut. Remus ist in den besänftigenden Dingen besser, als ich. Ich wäre sicher auch wütend geworden..." Sie lehnte sich zurück und ich nickte leicht. ,,Vermutlich." Remus war wahrlich weniger temperamentvoll, um einiges geduldiger und einfühlsamer - und damit bildeten meine beiden Freunde ein perfektes Team, um mir in meiner Schwangerschaft beizustehen. Sirrah stellte sich mir mutig in jeder Diskussion entgegen - und Remus trocknete meine Tränen, wenn es mir darauf zu viel wurde. Doch keiner von beiden konnte auch nur im entferntesten Sirius ersetzen, dessen fehlende Anwesenheit ein tiefes Loch in meine Brust grub - immer und immer tiefer. Ich hatte panische Angst vor dem schwarzen Schlund, der dann irgendwann bloß noch übrig sein würde. Ich musste einfach hoffen, dass ich meinen geliebten Sirius aus Askaban befreit hatte, bevor es soweit war. Und ich war mir sicher, dass Asterion, war er erstmal auf der Welt, einen großen Teil des Lochs in meiner Brust füllen konnte. Mein Sohn war das Einzige, was mir wirklich Hoffnung schenkte. Für ihn würde ich stark sein. Ich würde ihm eine gute Mutter sein - und ich würde genug Kraft besitzen, seinen Vater aus den Fängen der Dementoren zu retten. Sirrah unterbrach mich schmunzelnd. ,,Und? Schmeckt das Kirscheis?", fragte sie gelassen und ich sah zu ihr, nahm den Löffel langsam aus meinem Mund und nickte dann. ,,Schmeckt fantastisch. Aber Zitrone wäre mir am liebsten gewesen..."
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