
chapter.15
-Seungmin-
Ich war kaum durch die Tür, als ich meine Tasche achtlos in die Ecke warf und mich auf das Sofa sinken ließ. Mein Kopf lehnte schwer gegen die Lehne, während ich die Augen schloss und tief durchatmete. Doch selbst das schaffte es nicht, das Chaos in mir zu ordnen. Das Gespräch mit Changbin hallte immer noch in meinem Kopf wider, jede Silbe, jede Emotion. Es hatte mich durcheinander gebracht. Nein, es hatte mich völlig aus der Bahn geworfen.
Dass ich laut gesagt hatte, dass ich ihn mochte – wenn auch nur indirekt – war ein Moment, den ich nicht rückgängig machen konnte. Es machte mich wahnsinnig, wie viel Macht er über meine Gedanken hatte, ohne dass er es auch nur bemerkte. Ich hatte auch Angst, denn in meiner Vergangenheit waren es genau diese Art von Menschen, die mich zu dem machten, was ich nun bin.
Changbin war... anders. Seine Direktheit, seine Entschlossenheit – es brachte mich aus dem Konzept. Und doch... mochte ich ihn. Vielleicht war das das Problem. Er verkörperte alles was ich verachtete, aber dennoch waren wir uns so ähnlich, dass es beinah gruselig war.
Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare, als ob das die Verwirrung in meinem Kopf beseitigen könnte. Stattdessen fühlte ich mich nur noch erschöpfter. Es war einfacher, Abstand zu halten, ihn zu ignorieren. Bevor er und ich uns näher kommen konnten. Meine Vergangenheit hatte mir bewiesen, dass ich mich von solchen Menschen fernhalten sollte. Denn am Ende ließen sie einen fallen und traten auf einen ein, als wäre man nichts wert. Aber verdammt, er machte es mir so schwer.
Ein Klopfen an meiner Tür riss mich aus meinen Gedanken. Jeongin steckte seinen Kopf herein, seine typische Mischung aus Neugier und Besorgnis im Blick. „Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht alles in dich reinfressen sollst.", tadelte er mich. „Jeongin... ich habe jetzt echt keinen Nerv." Ich wollte gerade protestieren, doch er ließ sich einfach auf den Sessel mir gegenüber fallen, als ob er plante, eine Weile zu bleiben.
„Hör mal, Seungmin", begann er, „du kannst vor Changbin weglaufen, aber du kannst nicht ewig vor uns allen weglaufen. Wir fahren dieses Wochenende nach Jeju, und du kommst mit." Ich schnaubte, aber eigentlich wollte ich wirklich gerne mitkommen, denn ich mochte die anderen. Die Jungs waren toll und lustig und eine tolle Abwechslung, aber das Changbin mit kommen würde, hielt mich zurück. „Warum sollte ich?", fragte ich also.
„Weil du das brauchst. Und weil ich weiß, dass du dich sonst in deiner Wohnung vergräbst und weiter in deinem eigenen Kopf versinkst." Jeongin lächelte, aber es war ein Lächeln, das keinen Widerspruch duldete. „Außerdem wäre es ohne dich nicht dasselbe. Und ich denke, dass ich Jeju mit Hyunjin ohne dich nicht aushalte.", gestand er nun und plötzlich war seine Fröhlichkeit, wie weg geweht. Ich hasste es ihn so zu sehen.
Ich seufzte schwer, überlegte kurz und gab dann widerwillig nach. „Okay, ich komme mit. Aber erwarte nicht, dass ich..." „Dass du dich mit Changbin auseinandersetzt? Keine Sorge, das wird sich von selbst ergeben." Jeongins Grinsen war jetzt wieder breit und frech. So mochte ich ihn fiel lieber, als betrübt und unglücklich. „Du kannst ihm ja nicht ewig aus dem Weg gehen.", hing er noch ran und ich sah ihn aus schmalen Augen an. Er hatte natürlich Recht, aber das wollte ich nicht zugeben. Stattdessen verdrehte ich die Augen, um ihm nicht die Genugtuung zu geben, dass er gewonnen hatte.
„Und was machen wir jetzt?", fragte mich Jeongin und ich sah ihn an. „Wir könnten was zu essen holen und dabei was schauen?" Jeongin schlug begeistert in seine Hände und sah mich strahlend an. Ich schnappte mir sofort meine Jacke und nickte Jeongin zu. „Okay, ich hole was zu essen. Was willst du?" „Überrasch mich! Aber nimm genug für zwei, ich sterbe vor Hunger!" Jeongin grinste breit und ließ sich diesmal auf meinem Sofa nieder, während ich die Tür hinter mir schloss.
Draußen war es bereits dunkel, die kühle Nachtluft eine willkommene Ablenkung von meinem übervollen Kopf. Ich schlenderte die Straße entlang zu dem kleinen Imbiss an der Ecke, der immer bis spät in die Nacht geöffnet hatte. Während ich wartete, bis die Bestellung fertig war, wanderten meine Gedanken unweigerlich zurück zu Changbin. Jeongin hatte Recht – ich konnte ihm nicht ewig aus dem Weg gehen. Aber warum fühlte sich allein der Gedanke daran wie ein Knoten in meiner Brust an?
Mit den dampfenden Papiertüten in der Hand machte ich mich auf den Rückweg. Der Geruch von frittiertem Hähnchen und gebratenem Reis stieg mir in die Nase, und ich spürte plötzlich, wie hungrig ich war. Als ich gerade in meine Straße einbog, hörte ich eine vertraute Stimme.
„Seungmin."
Mein Herz setzte kurz aus, und ich blieb stehen. Changbin stand vor dem Eingang zu unserem Wohnblock, die Arme verschränkt, ein entschlossener Ausdruck auf seinem Gesicht. Ich schluckte schwer und überlegte einen Moment, einfach weiterzugehen, als hätte ich ihn nicht bemerkt. Aber das würde nichts bringen – wir lebten nun mal im selben Gebäude, und Jeongin hatte Recht: Ich konnte ihm nicht für immer ausweichen.
„Was willst du?", fragte ich, ohne ihn anzusehen, während ich an ihm vorbeigehen wollte. Doch er stellte sich mir in den Weg, seine Stimme leiser, fast sanfter als sonst. „Können wir reden?" Innerlich seufzte ich laut. „Ich glaube nicht, dass wir irgendwas zu besprechen haben."
„Seungmin, bitte." Sein Ton ließ mich innehalten. Es war keine Forderung, sondern eine Bitte. Langsam hob ich den Blick und sah ihn an. Er wirkte ernst, aber nicht wütend – eher frustriert. „Du machst es echt schwer, dich zu ignorieren, weißt du das?", platzte ich schließlich heraus, bereute meine Ehrlichkeit wieder. „Vielleicht, weil du es nicht tun solltest." Changbins Worte trafen mich unerwartet, und ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte.
„Warum kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?", fragte ich wieder einmal, aber meine Stimme klang nicht mehr so scharf wie zuvor. „Weil ich es nicht will. Und weil ich nicht verstehe, warum du so bist, Seungmin. Was habe ich dir getan, dass du mich so behandelst?"
Ich biss mir auf die Lippe und wandte den Blick ab. Er hatte nichts falsch gemacht – das war das Problem. Alles, was er tat, war einfach nur da zu sein. Und genau das war manchmal zu viel für mich. Er war eine ständige Erinnerung an meine Vergangenheit. An Menschen, die mir einst wichtig erschienen, denen ich vertraute – nur um dann ihr wahres Gesicht schneller zu sehen, als ich es jemals erwartet hätte.
Es war, als ob er eine Tür zu Erinnerungen öffnete, die ich längst abgeschlossen hatte. An die ständige Suche nach Freundschaften, die ich fand, nur um sie wieder zu verlieren, weil das Leben mich an einen neuen Ort führte. Neue Städte, fremde Umgebungen – ein Kreislauf des Kommens und Gehens, den ich irgendwann akzeptieren musste.
Mit der Zeit lernte ich, dass nichts von Dauer war. Menschen gingen, Momente verblassten, und die Welt drehte sich weiter, egal wie sehr ich mich dagegen stemmte. Es war einfacher, niemanden wirklich nah an mich heranzulassen, als wieder durch diese Enttäuschung zu gehen. Aber Changbin... Er machte es schwer, diese Mauer aufrechtzuerhalten. Und das machte mir mehr Angst, als ich jemals zugeben würde.
Ich merkte erst jetzt, dass ich noch immer schwieg und ihn einfach nur angesehen hatte. „Ich... ich weiß es selbst nicht.", kam es leise von mir. Es fühlte sich seltsam an, das zuzugeben, und dennoch war es nicht die vollkommende Wahrheit gewesen. Er würde es nicht verstehen. Und ich wusste auch nicht, ob ich wollte, dass er mich verstand.
Changbin seufzte und sah mich ernst an. „Ich will nur, dass du weißt, dass ich nicht dein Feind bin. Wir können das klären, okay? Aber nicht jetzt, wenn du nicht willst." Ich nickte widerwillig, mehr, um das Gespräch zu beenden, als aus echter Überzeugung. Doch als ich an ihm vorbeiging, hielt er mich noch einmal zurück. Sein Blick stechend und drängend auf mir.
„Fährst du nach Jeju?" Ich zögerte, bevor ich schließlich leise antwortete: „Ja." Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht, bevor er mich losließ. „Gut. Dann sehen wir uns dort."
Ohne ein weiteres Wort ging ich weiter und ließ ihn zurück. Als ich meine Wohnung erreichte und Jeongin mit einem triumphierenden Grinsen auf dem Sofa vorfand, schüttelte ich nur den Kopf.
„Keine Worte, Jeongin. Iss einfach dein verdammtes Essen." Doch selbst während wir aßen, ließ mich Changbin nicht los.
-𝐭𝐨 𝐛𝐞 𝐜𝐨𝐧𝐭𝐢𝐧𝐮𝐞𝐝-
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