
chapter. 13
-Seungmin-
Seit dem Abend im Studio waren nun schon zwei Tage vergangen, und das waren zwei erfolgreiche Tage gewesen, in denen ich Changbin aus dem Weg gehen konnte.
Dass er mich so gesehen hatte, mochte ich nicht, und ich hatte das Gefühl, dass es ihm eine gewisse Macht über mich gab, und das mochte ich noch weniger.
„Seung?", holte mich Jeongin aus meinen Gedanken, als er mir den Kaffee rüberschob, den er mir mitgebracht hatte. Ich sah auf, und Jeongin schenkte mir ein sanftes Lächeln. „Was ist los mit dir?", fragte er und schien mich wie ein offenes Buch lesen zu können. „Nichts.", versuchte ich, ehrlich zu klingen, aber es funktionierte bei ihm nicht. „Changbin meinte, dass ich dir sagen soll, dass du die Nachricht auf deinem Becher nicht ignorieren sollst."
Augenblicklich sah ich zu dem Becher. „Also hat er heute Schicht?" „Es ist Montag, also ja. Du wirst mir nicht sagen, was passiert ist, oder?" Ich schüttelte den Kopf, während Jeongin sich neben mich setzte und von seinem Kaffee trank. „Okay, aber dann verspreche mir wenigstens, dass du weißt, dass du immer zu mir kommen kannst, wenn etwas ist." Nun war ich derjenige, der leicht lächeln musste. „Ich verspreche es, dass ich es weiß." Jeongin wirkte jetzt erleichtert und zufrieden, weshalb er mich in Ruhe ließ.
Da ich mich unbeachtet fühlte von Jeongin, las ich die Nachricht auf dem Becher von Changbin. Das Erste, was mir auffiel, war, dass seine Handschrift viel ordentlicher war, als ich angenommen hatte. Sie kam meiner nahe. „Ich vermisse meinen täglichen 'Tom und Jerry'-Moment, also rede wieder mit mir und hol du den Kaffee morgen. P.S. Ich arbeite diese Woche jeden Tag im Café."
Dass ich lächelte, fiel mir gar nicht richtig auf, erst als mich Jeongin damit aufzog. „Was steht auf dem Becher, dass du so dumm grinst?" „Ich grinse überhaupt nicht dumm.", verteidigte ich mich halbherzig. Jeongin zog eine Braue hoch und lehnte sich zu mir hinüber, pikste in meine Wange. Aber wir wurden unterbrochen. „Was macht ihr beiden?", ertönte auch schon Hyunjins Stimme, die tiefer und bedrohlicher klang als sonst. Der Blick, den er mir schenkte, sprach Bände, und ich wusste, dass er mich gerade etwas weniger leiden konnte.
Jeongin allerdings schien Hyunjins Stimmung überhaupt nicht wahrzunehmen. „Oh, hey, Hyung. Nichts, wir wollten gerade lernen." Hyunjin nickte und beobachtete Jeongins Haar genau. „Sah nicht nach lernen aus." Nun blieb Jeongin still, und der Ausdruck, der nun auf Jeongins Gesicht erschien, hatte ich bisher nicht gesehen. Er war wütend, obwohl das auch nicht richtig passte. Er wirkte verärgert. Seine sowieso schmalen Augen verengten sich noch etwas mehr.
Hyunjin schien das allerdings nicht so richtig mitzubekommen oder gekonnt zu ignorieren. „Beim Lernen ist man normalerweise still und ruhig und lacht nicht miteinander." Innerlich schlug ich mir auf die Stirn, wie konnte man nur so idiotisch sein. Jeongin sah Hyunjin einfach weiterhin verärgert an, bis er einfach seine Sachen nahm und ging. Er hatte wahrscheinlich keine Lust mehr auf die Art von Hyunjin.
Ich sah Hyunjin an, welcher Jeongin hinterherschaute. „Wir sind wirklich nur Freunde.", fing ich an. Und Hyunjin sah mich sofort an. Er musterte mich regelrecht, und dabei hatte ich das Gefühl, dass ich förmlich seine Gedanken lesen konnte. „Ach, seid ihr das?" Ich schnaubte und hatte nun einmalig die Nase voll von seiner Eifersucht. „Es ist deine Sache, was du denkst oder glaubst. Aber wir sind wirklich nur Freunde." Ich hätte gerne mehr gesagt, aber das Recht hatte ich nicht dazu, also blieb ich still und ging ebenfalls.
„Hier bist du also.", sagte ich erleichtert, als ich Jeongin endlich auf dem Campus fand. Er saß auf einer Bank unter Bäumen und schien die Natur zu genießen. Er sah zu mir auf und sah jetzt nicht mehr so fröhlich aus wie vorhin, sondern bedrückt und gequält.
Ich setzte mich zu ihm und genoss ebenfalls die Stille. „Tut mir leid, dass ich einfach so gegangen bin.", kam es nach einer Weile leise von ihm. „Es muss dir nichts leidtun. Aber willst du vielleicht darüber reden?" Er schüttelte erschöpft den Kopf und seufzte schwer. „Ich bin es langsam nur echt leid... Er ist bei jedem und allem eifersüchtig, aber sagt ständig, dass wir nur Freunde sind und wir nicht zusammen sein können." Seine Stimme wurde zittrig, und seine Verletzlichkeit war deutlich herauszuhören. Es tat mir weh, Jeongin so sehen zu müssen.
„Wenn es dir nicht gut tut, solltest du vielleicht Abstand zwischen euch bringen." Darauf lachte er beinahe ironisch. „Das kann ich nicht, Min. Er ist mir so wichtig, auch wenn er mich immer wieder verletzt." Besorgt musterte ich meinen Freund. So kannte ich ihn gar nicht. „Aber manchmal muss man sich selbst beschützen." Er sagte nichts mehr, nickte nur, und damit wusste ich, dass er nicht mehr darüber reden wollte.
Wir saßen beide eine Weile nur da und waren jeder für sich in Gedanken. „Magst du Changbin jetzt mehr?", fragte er plötzlich. Verwundert sah ich ihn an. Ich wollte eigentlich direkt „Nein" sagen, aber ich war mir nicht mehr sicher. „Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, ob ich ihn mag oder nicht." Jeongin nickte verständnisvoll. „Binnie ist aber wirklich einer der besten Menschen, die ich kenne. Also solltest du dir nicht so viele Sorgen machen." Darauf sagte ich nichts, sondern genoss die Stille zwischen uns wieder.
Ich konnte das mit Changbin und mir nicht einordnen, und ich glaubte, dass ich das bisher auch nicht musste. Ich meine, was sollte schon dabei sein? Wir kannten uns nicht einmal. Zumindest nicht richtig. Und dennoch war da ein Gefühl, das ich nicht so richtig beschreiben konnte. War es neugierig oder doch nur Verachtung für ihn? Normalerweise wusste ich immer, was ich fühle und wie ich es einordnen musste oder wie ich damit umgehen sollte. Aber bei Changbin war da nur Chaos und pure Verwirrung, was mir Kopfschmerzen bereitete. Ich hasste Chaos und Unklarheiten in meinem Leben, und das schloss meine Gefühle mit ein.
„Die Jungs fragen, ob wir alle zusammen ins Café kommen wollen?" Also hieß das, Changbin bei der Arbeit zu sehen. „Sind alle dabei?", fragte ich unsicher. Jeongin musterte mich. „Ja, und Changbin muss arbeiten, also kann er dich nicht nerven." „Glaub mir, das schafft der trotzdem.", sagte ich mit einem Schnauben, was Jeongin zum Kichern brachte. „Aber ja, wir können uns gerne trotzdem treffen. Mit Changbin komme ich schon irgendwie zurecht." Hoffte ich zumindest.
Keine Stunde später betraten wir das Café. Mir gefiel es wirklich hier. Die Atmosphäre war sanft und ruhig. Es hatte auch etwas Gemütliches, und außerdem duftete es hier nach Vanille und Zimt. Ich sah mich um, und mein Blick traf sich mit dem von Changbin. Er wollte etwas sagen, aber er tat es doch nicht, als ich mich zu Chan und Jisung setzte.
„Hey.", grüßte ich sie, und Jeongin tat es mir gleich. Sie schenkten uns ein freundliches Lächeln. „Hey, ihr zwei. Wie geht's euch?" „Ach, alles wie immer.", sagte Jeongin. „Mir geht's auch gut. Und euch?", fragte ich die beiden. Sie antworteten gleichzeitig: „Alles wie immer, also gut." Wir nickten. „Habt ihr schon was bestellt?" „Ja, Binnie macht es gerade fertig. Wollt ihr nicht auch was bestellen?" Jeongin sah mich nun an, und ich ahnte etwas Schlimmes. „Seungmin, kannst du mir einen Cappuccino mitbringen?"
Ich warf ihm einen bösen Blick zu. Manchmal hasste ich seine freche Art. Ich wollte ihn gegen seinen Arm boxen, was aber von Hyunjin unterbunden wurde, welcher meine Faust abfing. Wir sahen beide gleichzeitig zu ihm auf, und Hyunjin sah mich an. „Wir wollen doch keine Gewalt anwenden, oder?" „Er wollte mich doch nicht richtig boxen.", versuchte mich Jeongin zu verteidigen. Hyunjins Blick galt nun dem Jüngsten. „Trotzdem. Dir sollte keiner weh tun." Nun blieben alle still, und die beiden sahen sich nur an, und ich sah meinen besten Freund an.
Sein Ausdruck im Gesicht hatte denselben wie heute früh. Ärger und ein Hauch von Verwirrung und Verachtung schwankten mit. Hyunjin allerdings schien es schon wieder nicht zu verstehen, sonst hätte er das eben nicht gesagt und getan.
Hyunjin setzte sich hin, während Jeongin sich erhob und mir zuflüsterte: „Ich hol uns Kaffee." Ich nickte und sah wieder Hyunjin an, welcher wieder einmal Jeongin nachsah. Warum machte er es sich so kompliziert? Und was war das zwischen den beiden?
Chan und Jisung versuchten, die Stimmung wieder zu lockern, indem sie sich über ihren Tag in der Uni unterhielten. „Habt ihr neue Musik gemacht?", fragte Jeongin, als er sich wieder zu uns setzte und gekonnt Hyunjin ignorierte. „Ja, schon. Aber Changbin ist mit einem anderen Projekt beschäftigt." Sofort fühlte ich mich angesprochen und sah zu Changbin, welcher unsere Kaffees fertig machte. Ich beobachtete ihn, und man erkannte schon deutlich, dass er ins Gym ging. Mit seinem Arm konnte er wahrscheinlich schon Walnüsse knacken.
Allerdings sah ich einen Moment zu lang zu ihm, denn er blickte mich nun auch an. Augenblicklich unterbrach ich den Augenkontakt und widmete mich wieder dem Gespräch der anderen, die mittlerweile über ihren Wochenendausflug sprachen. Sie schienen nach Jeju fahren zu wollen. „Das Haus hat Minho schon gebucht, und am Freitag können wir ab 14 Uhr ins Haus." „Okay, das ist gut. Einkaufen gehen wir dann wohl dort am besten, oder?", fragte Chan, und Jeongin und Hyunjin nickten. „Wäre wohl am logischsten.", murmelte Chan zu sich selbst, und ich blieb weiterhin ruhig, bis mich Jeongin ansah. „Sag mal, willst du nicht mitkommen? Dann kannst du alle auch besser kennenlernen!" Er klang so begeistert, dass ich wohl kaum nein sagen konnte. „Du willst mitkommen?", kam es plötzlich neben mir.
Changbin sah mich neugierig an, und nebenbei stellte er unsere Kaffees ab. Er unterbrach nicht einmal unseren Augenkontakt. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte, also blieb ich vorerst still. „Natürlich kommt Minnie mit! Das wird super!", sprach mein bester Freund, und ich liebte ihn zwar, aber in diesem Moment etwas weniger. Denn ich wusste nicht, ob ich ein ganzes Wochenende mit Changbin aushalten würde. Was heißt aushalten? Besser trifft es überleben. Was nicht einmal viel mit Changbin zu tun hatte. Vielmehr damit, dass ich ihn aus dem Weg gehen wollte, da er beim letzten Mal meine Albträume miterlebt hatte. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, mochte ich Changbin. Er war ein netter Mensch und bodenständig, auch wenn er laut war und mich in den Wahnsinn brachte. Ich hatte das Gefühl, dass er mir zu nah kam, obwohl wir uns noch nicht einmal richtig kannten, und ich schätze, das machte mir Angst. Wir waren praktisch noch fremde, aber fremd fühlte es sich nicht an. Nein, das traf es nicht.
-𝐭𝐨 𝐛𝐞 𝐜𝐨𝐧𝐭𝐢𝐧𝐮𝐞𝐝 -
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