
chapter.10
-Changbin-
Ich saß seit fünf Stunden im Studio und arbeitete an meinen und Seungmins Song. Seungmins Stimme klang in meinen Ohren perfekt, beinahe hypnotisch. Immer wieder war ich schon beinah überwältigt von seiner Stimme, und doch fehlte mir irgendetwas. Es lag nicht an ihm – sein Part war großartig. Nein, das Problem war meins. Mein eigener Part fühlte sich unvollständig an, und ich konnte nicht greifen, was genau es war. Es war frustrierend. Es schien aussichtslos.
"Wie lange bist du jetzt schon hier, Seo?", fragte mich Minho, welcher einfach plötzlich aufgetaucht war mit Jisung und sich lässig an meinen Schreibtisch lehnte. "Fünf oder sechs Stunden, keine Ahnung", murmelte ich erschöpft, während ich mir über das Gesicht rieb. "Verrückt. Ihr seid alle verrückt", schimpfte Minho wie gewohnt, bevor er einen nachdenklicheren Ton anschlug. "Was blockiert dich denn?", kam es nun ruhiger von ihm.
"Es ist der Song von mir und Seungmin. Ich komme mit meinem Part einfach nicht weiter", gestand ich, fast schon gequält Minho hob eine Augenbraue, musterte mich dabei. „Dann triff dich mit Seungmin. Vielleicht hilft das, die letzten Puzzleteile zu finden."
„Mich mit ihm treffen?", fragte ich skeptisch. Nervosität kroch in mir hoch, und ich sah Minho überrascht an. "Ruf ihn an," sagte er mit einem auffordernden Blick, was mich überrumpelte und schob mir mein Handy hin. "Ihn anrufen?" Minho verdrehte seine Augen. „Ja, Changbin, anrufen. Wir leben im 21. Jahrhundert. Das Konzept sollte dir bekannt sein." Ich warf ihm einen giftigen Blick zu. „Sehr witzig." Doch sein bohrender Blick ließ mir keine Wahl. Widerwillig wählte ich Seungmins Nummer, und mit jedem Klingeln wurde ich nervöser. Schließlich nahm er ab.
Es klingelte ein paar Sekunden. Während des Läutens, spürte ich, dass ich immer Nervöser wurde und ich hätte nicht erwartet, dass er tatsächlich meinen Anruf annehmen würde. „Changbin?" Seine Stimme klang leise, unsicher – und ja, definitiv überrascht. Ich fuhr nervös mit meiner Hand über meinen Oberschenkel, bis ich mich räusperte. „Hey... ähm, hättest du Zeit, dich mit mir zu treffen?"
Für einen Moment herrschte Stille, und ich befürchtete, er würde ablehnen. Doch dann kam seine Antwort: „Ja... aber du musst zur Bibliothek kommen." Ich war so überrascht, dass ich kurz still blieb. „Okay, bis gleich", stammelte ich, immer noch ein wenig überrascht, und legte auf.
Ich starrte überrascht auf mein Telefon, fast so, als hätte es gerade etwas Unfassbares vollbracht. "War das gerade dein erstes Telefonat mit einem echten Menschen?" Minhos Stimme triefte vor Ernsthaftigkeit, doch der freche Unterton war nicht zu überhören. Ich warf ihm einen ungläubigen Blick zu. „Du kannst dir deine Sprüche sparen, Min", mischte sich Jisung ein, mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen. „Als wir uns kennengelernt haben, warst du nervöser als Changbin jetzt." Minho drehte sich empört zu ihm um. „Das stimmt überhaupt nicht!" Seine Stimme überschlug sich fast vor Entrüstung, aber wir wussten alle, dass Jisung recht hatte. Ich konnte mir ein triumphierendes Grinsen nicht verkneifen, was Minho nur noch mehr ärgerte.
Nachdem das Geplänkel verstummt war, ließ ich meinen Blick wieder auf mein Telefon fallen. Seungmin hatte tatsächlich „Ja" gesagt. Das Wort hallte in meinem Kopf wider, als könnte ich es noch immer hören. „So überrascht?" Minho hob eine Augenbraue und musterte mich.
„Ja", gab ich ehrlich zu und rieb mir nachdenklich über den Nacken. „Er kann mich eigentlich nicht ausstehen. Also wundert es mich.", beantwortete ich ehrlich Minhos Frage. „Vielleicht hat er ja angefangen, dich zu mögen", schlug Minho vor, als wäre das die naheliegendste Erklärung der Welt.
Ich schnaubte und schüttelte den Kopf. „Das halte ich für eher unwahrscheinlich", murmelte ich und seufzte leise. Vielleicht hatte er einfach Mitleid mit mir gehabt – oder meine Verzweiflung herausgehört.
Ich stand nun vor der Bibliothek und fragte mich, was ich hier machte. Aber vielleicht hatte Minho recht und ich musste mich ablenken. Ich ging hinein und folgte der Anweisung in Seungmins Nachricht. Er meinte, er säße am Fenster, also suchte ich die Fensterplätze ab, als ich ihn dann auch fand.
Er war vertieft in einem Buch. Seine braunen Haare fielen ihm ins Gesicht, und der graue Hoodie, den er trug, ließ ihn fast noch jünger wirken und dennoch sah er einem Welpen ähnlich. Als ich mich ihm gegenüber setzte, sah er auf und unsere Blicke trafen sich.
„Hey", begrüßte ich ihn. Er sah mich nun richtig an. Und wieder einmal musterte ich ihn viel zu genau. Er mich aber auch. „Hey", erwiderte er knapp und sah mich abwartend an. „Warum wolltest du mich treffen?"
Die Frage traf mich unerwartet, und ich suchte nach einer Antwort, denn einen richtigen Grund gab es nicht. „Einfach so?" Er zog eine Augenbraue hoch, sein Ausdruck amüsiert. „War das eine Frage?" , fragte er verwirrt und gleichzeitig etwas belustigt, wegen meiner Unbeholfenheit. Ich nickte nur, während ich versuchte, locker zu wirken. „Was machen wir jetzt?" fragte ich schließlich, um das Gespräch von meiner Unsicherheit wegzulenken, und klappte dabei provokativ sein Buch zu.
Er schoss mir einen bösen Blick zu. „Du kannst mir beim Lernen zusehen.", sagte er ernst und klappte sein Buch wieder auf, was ich dann wieder zu klappte. Nun sah er mich wieder richtig an. „Das ist Langweilig", erwiderte ich und klappte sein Buch erneut zu, als er es wieder öffnete. Er seufzte genervt, sein Blick bohrte sich in mich.
"Also was machen wir?", fragte ich ihn erneut. "Du kannst mir beim Lernen zu sehen "Ich weiß nicht, was machst du denn sonst so in deiner Freizeit?" Dass er mich das fragen würde, hätte ich wieder mal nicht erwartet. "Ich gehe ins Gym." "Auf gar keinen Fall. Ohne mich, Seo." Okay, also Sport mochte er nicht. Ich grinste, denn es überraschte mich überhaupt nicht.
"Was grinst du jetzt?" Ich kreuzte meine Arme vor der Brust, lehnte mich im Stuhl zurück. "Nichts. Es ist nur- Es überrascht mich nicht, dass du kein Sport magst." Ich sah ihm an, dass er zurück schießen wollte, aber es fiel ihm nichts gescheites ein. Was mich noch etwas breiter grinsen ließ. "Hör auf damit, Seo." Ich hob meine Hände in die Luft und gab mich unschuldig. "Also was machen wir jetzt?", fragte ich ihn erneut, denn noch immer hatten wir keine Antwort. „Was machst du sonst so in deiner Freizeit?" fragte ich neugierig. „Lesen. Und lernen. Aber ich wette, das überrascht dich nicht.", sagte er. „Nicht wirklich", grinste ich wieder.
„Was grinst du so blöd, Seo?" „Nichts, es passt einfach zu dir." Es amüsierte mich, dass er so antwortete. Er wollte kontern, aber ihm fiel nichts ein. Stattdessen griff er wieder nach seinem Buch, nur um es direkt in die Hände zu nehmen und demonstrativ aufzuschlagen. Ich lehnte mich zurück, verschränkte die Arme und beobachtete ihn.
Seine schmalen Lippen, passten gut zu seinen kleinen Nussförmigen schmalen Augen, die ihn wie einen unbeholfenen Welpen aussehen ließen. Das ganze Bild an sich, was er abgab, wirkte süß und dennoch verlockte es mich ihn zu ärgern. "Hör auf mich anzustarren, Seo.", murmelte er und ich sah eine kleine röte auf seinen Wangen, aber da ich mich ertappt fühlte, räusperte ich mich. "Also ist dir etwas eingefallen?", fragte ich neugierig. "Ich will einfach nur weiter lernen.", sagte er schmollend und ließ mich lachen. "Dann lerne weiter und ich sehe dir einfach zu." Nun sah er mich unsicher an.
Dieser unsichere Ausdruck in seinen Augen, ließ mich inne halten. "D-du willst mir einfach zu sehen?" Ich zuckte mit meinen Schultern, lehnte mich nun nach vorne und kam ihm etwas näher. Dabei sahen seine Augen etwas größer aus und das braun darin etwas schimmernder. "Ich schätze, das werde ich einfach machen." Er sah mir direkt in die Augen, was mich trocken Schlucken ließ. "Okay.", brummte er und wand sich von mir ab.
Seungmin widmete sich seinem Buch und ich legte meinen Arm auf den Tisch, legte meinen Kopf dann ab und sah ihm zu. Während er las, fiel mir auf, wie konzentriert er war. Seine Augen folgten den Zeilen, seine Lippen bewegten sich hin und wieder, als würde er leise mitlesen. Es war faszinierend zu sehen, wie er in seiner eigenen Welt versank. Er beachtete niemanden, nicht einmal mich. Seine Augen verfolgten die Buchstaben auf der Seite und folgten diesen spannend. So gebannt sah ich wahrscheinlich aus, wenn ich Musik machte. Bücher schienen also Seungmins Leidenschaft zu sein. Nichts, was mich überraschte, aber dennoch beeindruckte.
Seite für Seite blätterte er um und las, dass alles schneller, als ich jemals geschafft hätte. Seine Haselnuss braunen Haare fielen ihm wieder ins Gesicht und das Licht des Fensters, schien ihm zu stören, weshalb ich automatisch meine Hand hob und ihm Schatten spendete. Selbst bei dieser Geste sah er nicht auf, verfolgte noch immer die Worte in seinem Buch. Nebenbei schrieb er sich fleißig Notizen auf und spielte ab und zu mit dem Kuli in seiner Hand.
Ich beobachtete ihn und dachte gleichzeitig an das fehlende Stück in unserem Song nach. Vielleicht fehlte noch mehr Gesang von ihm. Plötzlich hatte ich eine Idee. Ich glaube, das war es. "Wir müssen los.", sagte ich aufgeregt und klappte sein Buch zu. Überrascht sah er auf. „Wohin?" Ich packte seine Sachen. „Ins Studio. Ich weiß jetzt, was unserem Song fehlt." Er hielt inne und musterte mich. Sein Blick veränderte sich und bekam einen ganz anderen Ausdruck. "Ist, dass, der Grund, warum du mich sehen wolltest?"
Ich zögerte, unsicher, wie ich antworten sollte. „Ja... warum sonst?", fragte ich verwundert, wusste aber im selben Moment auch schon, was er dachte. Er ballte seine Hände zu Fäusten und schnaubte. Seine Augen verengten sich, und ich konnte sehen, wie sich Ärger in seinem Gesicht ausbreitete. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. „Seungmin-„ „Vergiss es, Changbin." Er packte hastig seine Sachen. „Ich gehe." Als er weg lief, lief ich ihm sofort hinterher.
„Seungmin, warte!" rief ich und lief ihm nach. Ich packte ihn am Handgelenk und zwang ihn, stehen zu bleiben. „Was?" fragte er kalt und genervt. Sein Blick genauso kalt, wie seine Stimme. Ich seufzte. „Es ist nicht, wie du denkst", begann ich und suchte nach den richtigen Worten. „Und wie dann, Changbin?" Sein Blick blieb starr auf mich gerichtet, und ich wusste, dass dies der Moment war, in dem ich ehrlich sein musste.
-𝐭𝐨 𝐛𝐞 𝐜𝐨𝐧𝐭𝐢𝐧𝐮𝐞𝐝-
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