
𝐕𝐈𝐈
„Alter, was hast du denn gemacht?", war das Erste, was Luc von seinem besten Freund zu hören bekam, als er am Montagmorgen durch die Eingangstür gehumpelt kam. Der Arzt hatte sein Fußgelenk, inklusive des Knöchels, mit einem dicken Verband eingewickelt, der hauptsächlich zum Schutz der Verletzung diente. Nach mehrfachem Desinfizieren – also einer Qual brennender Schmerzen – war endlich der ganze Schmutz aus seiner Wunde heraus gewesen und der Arzt hatte Entwarnung gegeben. Dennoch hatte er sich mehrmals bei Aurelie bedankt, dass sie ihn zur Praxis geschleppt hatte. Von seinem Unfall und ihrer großartigen Überredungskunst hatte sie ihm während der Behandlung nämlich erzählt.
Luc hatte nicht damit gerechnet, dass sein Sturz am Sonntagnachmittag so viel Aufmerksamkeit erregen würde, allerdings hatte er dabei vergessen, wie viele Jugendliche an seiner Schule total auf den neusten Klatsch und Tratsch abfuhren. „Hab mich mit dem Skateboard hingepackt", antwortete Luc knapp, dennoch wahrheitsgemäß. „Wann ist das denn passiert? Und warum weiß ich nichts davon?", hakte Ethan echauffiert nach. „Naja, es ist gestern Nachmittag erst passiert und danach saß ich mit Aurelie den ganzen Abend im Wartezimmer des Arztes. Ich bin erst gegen 20 Uhr nachhause gekommen und dann praktisch gleich ins Bett gegangen.", erklärte Luc seinem besten Freund.
Genervt stöhnte Ethan. „Irgendwann wirst du echt noch umkommen, so unvorsichtig wie du immer bist. Und warum war überhaupt die Laurent mit dir beim Arzt?", erkundigte er sich, „Versteht sie nicht, dass du kein Kindergartenkind mehr bist, was bemuttert werden muss?" Jetzt war es an Luc ein angestrengtes Grunzen hervorzubringen. „Hör auf über sie zu reden, als ob sie mir Schlechtes getan hätte! Ohne sie wäre ich erstens nicht zum Arzt gegangen, um die Verletzung durchchecken zu lassen und zweitens nicht mal die paar Schritte zur Bushaltestelle gekommen.", schnitt Luc seinem besten Freund aufgebracht das Wort ab.
Moment, hatte er gerade Aurelie verteidigt? „Hast du gerade ernsthaft die Ziege Laurent verteidigt?", sprach Ethan genau den Gedanken, den Luc gerade gehabt hatte. Nur sah er Aurelie nicht als Zicke, sondern als – Ja, als was sah er sie eigentlich?
„Hey!", nahm Luc da plötzlich eine Stimme wahr. Da sie von hinterwärts kam, drehte er sich einmal herum und erblickte Bénédict, wie er gerade aus Richtung der Kunsträume kam. Bénédict war ebenfalls ein guter Kumpel von Ethan und ihm, nur verbrachten sie nicht so viel Zeit zusammen, da er sich in den Pausen oft bei seinen Freunden aus dem Rugbyteam aufhielt. „Na, was geht?", begrüßte Ethan den Neuankömmling mit einem Handschlag. Luc tat es ihm nach, bevor Bénédict schließlich antwortete: „Nicht viel, bei euch?" „Auch nichts, abgesehen von Lucs Fuß ist in den letzten Tagen nicht viel Spannendes passiert.", erwiderte Ethan, was Bénés Blick auf seinen Fuß lenkte.
„Alter, was hast du denn gemacht?", fragte der Blonde ungläubig. „Naja, ich hab nicht aufgepasst und mich mit meinem Skateboard mitten auf der Halfpipe gemault. Sieht aber schlimmer aus, als es eigentlich war.", informierte Luc seinen Freund. „Du musst wissen Béné, danach hat Aurelie Laurent aus unserem Kunstgeschichtekurs ihn zum Arzt gebracht", ergänzte Ethan noch das Detail, was er vor Béné lieber nicht zur Sprache gebracht hätte. Er gehörte nämlich genauso zu den Klatschtanten der Schule wie Ethan.
„Die heiße Blondine mit der lesbischen besten Freundin?", erkundigte sich der Dunkelhaarige bei Lucs bestem Freund. „Sie heißt Aurelie und mag zwar heiß sein, aber ihre einzige Charaktereigenschaft ist nicht, dass sie eine lesbische beste Freundin hat, die übrigens Claire heißt und genauso nett ist, wie Aurelie!", beendete Luc seine Ansprache in einem scharfen Ton, während er etwas feststellte:
Er hatte es schon wieder getan – er hatte Aurelie schon wieder verteidigt und sie als heiß bezeichnet. Er hatte keine Ahnung, warum. Bis jetzt hatte Luc noch nicht einmal gewusst, dass er Aurelie so sehr mochte, dass sie es wert war, verteidigt zu werden. Was ihm aber noch komischer vorkam: Er hatte kein Problem damit sie zu verteidigen, im Gegenteil, er tat es sogar gerne, es fühlte sich einfach richtig an.
„Schon gut, Bro, ich schnapp sie dir schon nicht weg", entgegnete Béné grinsend, während er, unterdessen er Luc zuzwinkerte. In Lucs Magengegend breitete sich ein warmes Gefühl aus, bei dem Gedanken, Aurelie für sich zu haben – es kam unerwartet, aber es kam.
„Außerdem bin ich wegen etwas ganz Anderem gekommen", meinte Bénédict plötzlich. Aufmerksam schauten Ethan und Luc zu ihrem gemeinsamen Freund, auf die Erleuchtung wartend. „Ich will euch zu unserer ersten Poolparty einladen", ließ er die Bombe platzten, „Adéles und meine Eltern sind am Wochenende ausgeflogen und wir veranstalten die erste Poolparty dieses Jahres", fuhr Béné fort. „Es wird eine gigantische Feier, ihr solltet unbedingt kommen. Sie findet am Samstagabend ab neunzehn Uhr bei uns zuhause statt. Ihr wisst ja, wo wir wohnen.", motivierte Bénédict uns.
„Klar kommen wir", stimmte Ethan auch schon zu, ohne, dass Luc auch nur eine Sekunde darüber nachdenken konnte. Freundschaftlich legte er einen Arm um seine Schultern, bevor er ihn auch schon in Richtung des Naturwissenschaftstraktes dirigierte, weil in weniger als zehn Minuten die Doppelstunde Physik mit Monsieur Carpentier begann.
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„Ist das dein Ernst?", fragte Claire ungläubig, nachdem Aurelie ihr die Ereignisse des letzten Nachmittags geschildert hatte. „Ja, was hättest du denn gemacht, wenn jemand direkt vor deiner Nase Bekanntschaft mit dem Boden gemacht hätte?", hakte Aurelie verteidigend. Sie verstand nicht, was daran so schlimm war, dass sie Luc auf die Beine- und schließlich zum Arzt geholfen hat. „Erstens ist Luc nicht jemand, sondern der Mädchenschwarm schlecht hin, wenn man von mir mal absieht, und zweitens hätte ich ihn sicher nicht bis zur Parkbank geschleppt und ihm beim Verarzten dann ein paar Streicheleinheiten verpasst.", meinte Claire, mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen. „Ich habe ihn weder zur Bank getragen noch ihm Streicheleinheiten verpasst.", stellte Aurelie verzweifelt klar, währenddessen sie ihr Gewicht nervös von einem Fuß zum anderen verlagerte. „Lili, du kannst nicht abstreiten, dass Luc nicht mindestens süß findest, so rot wie du eben geworden bist." Jetzt hatte sich Claires schmales Schmunzeln in ein breites Grinsen verwandelt, das ihr bis zu den Ohren reichte.
Aurelies Wangen verfärbten sich bei ihren nur noch röter, als sie eh schon waren, wenn das überhaupt möglich war. „Es ist okay, er ist wirklich attraktiv und das sage ich dir als stolze Lesbe.", schmunzelte Claire. „Wer ist wirklich attraktiv?", nahm Aurelie plötzlich eine weibliche Stimme hinter sich wahr. Nachdem sie sich zu der Quelle des Geräusches umgedreht hatte, erkannte sie, dass es sich um Adéles Stimme handelte. Adéle war eine gute Freundin von Claire und somit praktisch auch von ihr. Sie waren schon zusammen in den Kindergarten gegangen, kannten sich also schon ewig.
„Oh, hi Adéle! Aurelie hat gerade nur erzählt, wie attraktiv sie Luc findet.", log Claire grienend. „Gar nicht wahr! Hör auf solche Sachen über mich zu verbreiten, Claire! Ich hab so etwas nie gesagt.", beschwerte sich Aurelie bei ihrer besten Freundin. „Lili, du musst dich nicht rechtfertigen, dafür, dass du Luc Fornier heiß findest. Ich glaube jedes Mädel an dieser Schule sieht das so.", lächelte Adéle. Aurelie hatte keine Ahnung, warum alle dachten, sie würde Luc attraktiv finden. Obwohl, tat sie das nicht sogar? Luc war gutaussehend, so viel war klar. Und wenn sie so darüber nachdachte, er hatte schon Boyfriend-Material...Stopp! Was denkst du denn schon wieder? Verstört beendete Aurelie den Monolog ihres Gehirns, bevor sie noch ernsthaft darüber nachdenken konnte, was ihr Unterbewusstsein da gerade von sich gegeben hatte.
„Ich bin nicht gekommen, um mit euch Luc Forniers Aussehen zu bewerten", beruhigte Adéle Aurelie. Sie hatte nämlich nicht besonders Lust sich weiter Gedanken über den Jungen mit den wuscheligen, blonden Haaren zu machen. „Eigentlich bin ich gekommen, um euch zu Bénés und meiner allerersten Party dieses Jahr einzuladen!", verkündete Adéle voller Stolz. „Sie findet am Samstag ab 19 Uhr bei uns zu Hause am Pool statt! Bringt unbedingt Schwimmsachen mit. Unsere Eltern sind am Wochenende nicht da, wir können es also so richtig krachen lassen!", freute sich Bénédicts Schwester weiter.
„Also wir werden auf jeden Fall kommen!", sagte Claire zu, bevor Aurelie auch nur eine Sekunde überlegt hatte. Das hatte sie schon immer von Claire unterschieden. Claire traf oft impulsive, unüberlegte Entscheidungen, die entweder gut oder schlecht ausgingen. Aurelie traf gut überlegte, besonnene Entscheidungen, die ebenfalls gut oder schlecht ausgingen. Was besser war, konnte sie also nicht sagen...
„Großartig, dann sehen wir uns am Samstagabend! Ich freue mich auf euch!", verabschiedete sich Adéle, bevor sie sich umdrehte und in ihrem Klassenraum, der an den Korridor, indem sie standen angrenzte, verschwand.
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Juhu, ich habe es endlich mal geschafft, zwischen den Kapiteln hier nicht zwei Wochen vergehen zu lassen, sondern es innerhalb von drei Tagen geschafft! Auch wenn mein Laptop mir einen riesen Schrecken eingejagt hat, weil er das Dokument mit dem Kapitel im falschen Ordner gespeichert hatte, und ich dachte, dass das Kapitel weg wäre, hab ich es zuende gebracht! Ich hoffe es hat euch gefallen! Lasst doch bitte einen Vote und ein paar Kommentare da! 💌
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