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Jeongin PoV.
Wieder einmal wache ich von einem Albtraum auf. War klar, dass das heute sein muss. Heute ist der Todestag meiner Mutter. Wir haben sie damals in Seoul begraben, da sie immer mal in Seoul sein wollte. Also hat mein Vater ihr den Wunsch erfüllt. Ich gehe heute auch nicht in die Schule. Seungmin erzählte ich gestern, dass ich einen wichtigen Termin hätte. Zu zusagen habe ich das auch. Und Hyunjin sagte ich überhaupt nichts.
Dieser Tag im Jahr ist am schwersten für mich. Dieser ist der schlimmste von allen, denn ich bin schuld. Hätte ich nicht in diesem Auto mitgesessen, wäre das alles nicht passiert. Wir wären immer noch eine glückliche Familie. Ich hätte das Leben von uns nicht zerstört. Aber leider, kann man die Vergangenheit nicht ändern. Ich sehe mich im Spiegel an, aber wende meinen Blick ab, denn ich kann mein Spiegelbild nicht ertragen. Ich kralle mich am Waschbecken fest. Meine Gedanken im Kopf werden lauter, als würde sie jemand laut vor mir aussprechen. Ich spüre, wie mein ganzer Körper wieder anfängt zu zittern. Angst überkommt mich. Ich schlucke es wieder hinunter und halte auch meine Tränen zurück. Ich muss erst zum Friedhof und danach darf ich mich hier verkriechen und muss mit niemanden reden. Genau das, will ich heute.
Ich setze mich in den Bus und stecke meine Kopfhörer rein. Heute muss ich ausnahmsweise in die entgegengesetzte Richtung fahren. Als ich den Song wechseln will, sehe ich auf mein Display und erkenne, dass Hyunjin mir geschrieben hat. Es sind extrem viele Nachrichten. Er schreibt, dass er sich Sorgen um mich macht und er wissen will, was los ist. Ich mag es, wie er sich immer um mich Sorgt und versucht für mich da zu sein. Meine Gedanken gehen wieder zu der Nacht als Hyunjin bei mir blieb. Als seine Lippen meine berührten, gestand ich mir ein, dass ich ihn mag. Sehr sogar. Ihn zu küssen hat sich so verdammt gut angefühlt. Seine Hände an meiner Haut, hat mir eine extreme Gänsehaut verpasst. Ich kann es nicht mehr leugnen, ich habe mich in ihn verliebt. Aber das ändert nichts. Ich muss ihn dennoch auf Abstand halten. Ich antworte auf seine Nachrichten nicht. Meine Haltestelle kommt und ich verlasse den Bus. Ich laufe zu dem Friedhof und bin wenige Minuten dort.
Vor dem Eingang des Friedhofes, richte ich meinen Anzug und die Blumen, die ich für sie gekauft habe. Ich nehme einen letzten großen Atemzug, bevor ich das Grundstück betrete. Langsam wie möglich laufe ich zu ihrem Grab. Als ich an ihren Grabstein stehen bleibe, kniee ich mich hin und lege die Blumen an ihr Grab. Ich stelle mich wieder hin und fange an zu reden. Das tue ich immer, wenn ich sie besuche. Ich erzähle ihr was in dem letzten Jahr alles passiert ist. Auch wenn ich sie viel besuchen gehe.
Jedes Mal, wenn ich bei ihr bin, werden Schuldgefühle stärker. Es zerfrisst mich innerlich. Ich wünschte, dass jetzt Hyunjin bei mir wäre, aber das geht nicht, dann würde ich ihn alles erzählen müssen und dafür bin ich nicht bereit. Dann würde er nie wieder mit mir zu tun haben wollen, denn er würde merken, was für ein schrecklicher Mensch ich bin. Aber am wichtigsten, dann würde er alles von mir wissen und dann gibt es kein Zurück mehr. "Mama, was soll ich nur tun?" ,seufzte ich vor mich hin, als ich plötzlich den Boden spüre. Ich blicke auf und sehe meinen Vater. Ich schlucke schwer. "Jeongin, verschwinde von hier! Du hast hier nichts verloren!" Seine Stimme jagt mir Angst ein. Ich richte mich auf und klopfe mir den Dreck von meinen Sachen. Ich sehe ihn an und im nächsten Moment, spüre ich seine Hand fest auf meiner Wange aufkommen. Mit Tränen in den Augen sehe ich ihn an. "All das passierte wegen dir! Der Deal war, dass du dich nie wieder bei meiner Familie blicken lässt, wenn ich dir einen Wohnort schenke! Deine Mutter gehört zu meiner Familie, und nicht zu deiner! Du hast sie umgebracht! Du bringst nur Unglück! Du zerstörst leben, wenn du ihnen sich auch nur näherst, also was fällt dir ein, hier aufzutauchen?!" Seine Worte treffen mich tief. Ich sehe ihn mit Tränen in den Augen an. Und das schlimmste ist, ich weiß, dass er recht hat. Schlagartig wird mir klar, dass die letzten Wochen ein großer Fehler waren. Und der schlimmste Fehler war Hyunjin. Ich habe ihn viel zu sehr in mein kaputtes Leben gelassen. Ich werde ihn nur Unglück bringen. Ich drehe mich um und nehme nichts mehr wahr. Ich will nur in mein Bett und an nichts denken. Ich will dieses Leid nicht mehr tragen müssen. Ich wische mir die Tränen weg. Nur noch bis nach Hause, wiederhole ich in Gedanken.
Als ich Zuhause ankomme, ziehe ich mich nur schnell um und lege mich in mein Bett. Mein Kopf hat so viele Gedanken und wieder fangen diese vielen Stimmen an zu reden. Sie hören nicht auf, egal wie sehr ich es will. Endlich kann ich die Tränen fließen lassen. Der Unfall mit meiner Mutter spielt sich immer und immer wieder vor meinem Auge ab. Es ist die Hölle. Ich habe die Kontrolle über meinen Körper verloren. Ich kann nicht aufhören zu weinen und zu zittern. Zusammengekauert sitze ich auf meinem Bett und frage mich, ob das jemals alles ein Ende haben wird. Werde ich immer so Leiden und einsam sein? Plötzlich höre ich es klingeln und klopfen. Ich gehe nicht an die Tür.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit schon vergangen ist, aber ich kann einfach nicht aufhören zu weinen. Meine Schuldgefühle werden immer schlimmer. Ich habe alles zerstört. Das Leben meiner Mutter, dass meines Vaters, meins, Hyunjins Leben werde ich auch noch zerstören. Plötzlich höre ich wieder ein Klopfen und Klingeln. Ich stehe auf und bleibe kurz vor der Tür stehen. "Jeongin, bitte mach auf. Ich weiß, dass du da bist." ,höre ich seine Stimme und alleine seine Stimme beruhigt mich, aber ich bin fest entschlossen ihn wegstoßen zu müssen. Ich muss das zwischen mir und ihm beenden. Wenn ich es jetzt nicht mache, schaffe ich es nie. Ich öffne die Tür. Ich kann ihn nicht anblicken, weshalb ich mich abwende und einfach in mein Schafzimmer gehe. Hyunjin folgt mir und setzt sich gegenüber von mir. Er kommt mir näher. "Hey Jeongin, was ist los? Ich will dir helfen." Hyunjin setzt sich noch näher an mich heran. Ich schüttle nur meinen Kopf. Ich werde ihn gleich verletzten. Ich muss ihn aus meinen Leben verbannen, bevor es zu spät für ihn ist. "Bitte geh." ,überwinde ich mich doch zusagen. Aber anstatt das er geht, kommt er mir noch näher. "Ich werde nicht gehen." Es freut mich, dass er mich nicht verlassen will, aber um seinetwillen muss ich ihn gehen lassen. "Ich habe gesagt, du sollst gehen, Hyunjin!" Ich muss verletzend sein. Ich muss meine Stimme erheben. Ich merke seinen frustrierenden und besorgten Blick auf mir. "Warum soll ich gehen? Ich will bei dir sein. Ich will dir helfen." Seine Worte bewegen mich. Aber ich muss es jetzt machen. Ich sehe ihn ernst an. Ich blicke ihn emotionslos an. "Geh bevor es zu spät ist. Geh, einfach bitte. Ich brauche deine Hilfe nicht!" Meine Stimme ist mehr als eindeutig. Es hat mich viel Kraft gekostet mit ihn so zureden. Ich bemerke, wie er langsam wütend wird. Es herrscht einige Zeit lang stille zwischen uns. "Okay, mach was du willst!" Damit verlässt er Wut entbrannt mein Haus. Ich lasse die Tränen wieder freien Lauf. Ich habe es geschafft. Ich konnte ihn zum Gehen bringen. Aber warum fragt sich ein Teil in mir, ob es das wirklich richtige war?
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