💎 𝒕 𝒉 𝒊 𝒓 𝒕 𝒚 - 𝒐 𝒏 𝒆
𝐒𝐞𝐮𝐧𝐠𝐦𝐢𝐧
Ich hatte es gewusst. Ich hatte gewusst, dass diese Stimmen Hyunjin zu Dingen drängen würden, die er nicht tun wollte. Allein, dass er nach meinem kleinen Unfall nicht in die Schule gekommen war und nicht auf mich reagiert hatte, obwohl mir nichts Schlimmes passiert war, hatte mir unglaubliche Sorgen bereitet und mir so viel Angst bereitet. Ich hatte nicht länger warten können und war so schnell ich konnte hierher gekommen, um nachzuschauen, wie es ihm ging. Und es ging ihm absolut grässlich.
In seinen vertränten Augen konnte ich den Schmerz und die Schuldgefühle lesen, aber auch, dass er das eigentlich nicht wollte. Er wollte sich nicht weh tun, er wollte sich nicht verletzen, jedoch wurde er von seinen Stimmen dazu gezwungen und war dem völlig unterlegen. Er brauchte jemanden, der ihn beschützte und sich um ihn kümmerte, er musste verstehen, dass alles okay war. Nichts von alledem war seine Schuld. Nichts.
"Nein! Ich habe das verdient!", rief Hyunjin auf meine Worte hin mit seiner gebrochenen, weinerlichen Stimme. Mein Herz brach entzwei, als ich ihn so zerstört sah und ich schluckte einmal schwer, zögerte aber nicht länger und ging auf ihn zu, um ihm die Klinge abzunehmen. Der Ältere ahnte, was ich vorhatte und drückte mich weg, ließ nicht zu, dass ich die Klinge erreichte und machte mich damit verdammt wütend. Scheiße, man, er sollte gefälligst vorsichtig sein!
"Hyunjin, verdammt, leg diese scheiß Klinge weg!", rief ich mit Nachdruck und versuchte sie weiterhin zu erreichen. Daraufhin wurde ich jedoch nur energischer weggeschubst und stolperte überrascht zurück, hatte nicht mit so viel Kraft seinerseits gerechnet. Mit großen Augen schaute ich zu ihm, sah solch einen Selbsthass in seinen Augen glitzern, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte und biss mir leicht auf die Lippe. Wieso tat es mir so sehr weh, ihn so zu sehen? Wieso versetzte es meinem Herzen einen Stich, zu wissen, dass es ihm so schlecht ging? Und wieso wollte ich diesen Ausdruck von Hass in seinen Augen in Liebe umwandeln?
Was sollte das alles? Ich konnte damit doch nichts anfangen.
"Nein, Seungmin! Verschwinde einfach, verschwinde aus meinem Leben! Es wäre besser so, es wäre besser für dich, verstehst du das denn nicht? Es ist meine Schuld, dass es dir schlecht geht, dass du überhaupt verletzt wurdest! Es ist meine Schuld, dass deine Freunde andere gefunden haben und sich nicht mehr wirklich um dich kümmern. Es ist meine Schuld, dass du nicht mehr unsichtbar in der Schule bist, wie du es eigentlich sein wolltest, sondern wegen dem Verband und wegen mir von allen beobachtest wirst und sie auch über dich reden. Es ist alles meine Schuld, nur wegen mir ist dein Leben zerstört! Ich hätte niemals versuchen sollen, mich mit dir anzufreunden, obwohl du mich eh nicht magst, ich habe alles falsch gemacht und es wäre so viel besser gewesen, wenn wir nie Freunde geworden wären!", schrie er mich förmlich an und brachte damit mein Herz zum Brechen, obgleich ich wusste, dass das nicht Hyunjin war, der da mit mir sprach.
Wären das wirklich die Gedanken von Hyunjin, ohne jeglichen Einfluss, dann hätte er mit mehr Unsicherheit und Angst gesprochen, hätte mehr gestottert und seine Stimme hätte mehr gezittert. Doch gerade klang sie einfach nur gebrochen, gebrochen, zerbrochen und voller Selbsthass. Schuldgefühle klangen beinahe nicht mehr durch, er sprach aus, was ihm die Stimmen in seinem Kopf sagten. Das war keine Wahl, es war Zwang und Kontrolle, der er wehrlos ausgesetzt war. Und so oft ich auch behauptet hatte, dass ich ihn nicht leiden konnte, wohl oder übel musste ich gestehen, dass er mir wichtig geworden war, da ich ihn nicht so leiden sehen wollte.
Nein, ich konnte es nicht.
"Hyunjin, was redest du da? Das stimmt doch überhaupt ni-", versuchte ich ihm zu widersprechen, benutzte absichtlich eine feste, strenge Stimme, doch er unterbrach mich einfach mit einer abweisenden Handbewegung, setzte die Klinge erneut an und schluchzte einmal herzzerreißend auf. Er biss sich fest auf die Lippe und schüttelte stark seinen Kopf, als wenn er zu hoffen schien, so die Stimmen loszuwerden.
"Nein! Ich habe es verdient, ich muss auch leiden. Ich muss, damit es gerecht ist und damit du mich weniger hasst", meinte er schluchzend. Wieder zitterte seine Stimme, er schien jeden Moment zusammenzubrechen und selbst sein Körper begann zu beben. Und mir reichte es. Ich konnte ihn so nicht weiter ansehen, ich konnte ihn nicht weiter leiden sehen. Es war genug. Genug Lügen und genug schlechtes.
Zu groß war meine Angst, dass er sich wirklich weh tat.
Aus diesem Grund ging ich mit schnellen Schritten auf ihn zu, nahm sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn einfach. Ich wusste nicht, wieso ich das tat, ich wusste nicht, was mich dazu verleitet hatte, aber ich wollte es gerade einfach tun. Ich wollte seine Lippen schmecken, auch wenn nicht für lange Dauer, da ich den Kuss nur wenige Sekunden lang hielt. Jedoch genügte es. Es genügte, dass Hyunjin erstarrte, sein Schluchzen verebte und er die Klinge zu Boden fallen ließ, die ich mit meinem Fuß sogleich wegschob, bevor ich mich vorsichtig wieder löste und seinen Blick suchte.
"Hör auf, Lügen zu erzählen, Hyunjin... denn nichts von alldem, was du gesagt hast, entspricht der Wahrheit."
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