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𝗞𝗔𝗣𝗜𝗧𝗘𝗟 𝟲 - 𝗣𝗘𝗥𝗙𝗘𝗞𝗧𝗜𝗢𝗡 𝗢𝗩𝗘𝗥𝗟𝗢𝗔𝗗

Unsere Eltern legen sehr viel Wert auf Äußerlichkeiten. Ganz besonders wichtig ist ihnen unser Ansehen in der Gesellschaft. Denn die Familie Williams kann sich keinen schlechten Ruf erlauben und daran arbeiten meine Eltern sehr hart. Wenn sie sich nur ebenso stark für das Innere ihrer Familie interessieren würden wie für das Äußere.

Schon als ich klein war, mussten Mom und Dad den ganzen Tag arbeiten. Dad war in der Firma und Mom war im Home Office. Olivia ist zwar nur ein Jahr älter als ich, konnte sich aber besser damit abfinden, dass unsere Eltern immer weniger Zeit für uns hatten. Je älter wir wurden, desto mehr Verantwortung mussten wir übernehmen und wurden auch mal den Tag über alleine gelassen. Als ich schließlich in die Middle School kam, wechselte Mom wieder vom Home Office ins richtige Büro ihrer Firma und war somit mehr abwesend als anwesend. Olivia machte das nicht viel aus, aber ich kam damit zuerst nicht klar. Als ich nach Hause kam, war das Haus leer und kalt, weil sie meistens länger Schule hatte als ich, da sie sich in irgendwelche AGs einschrieben hatte. Mich interessierte sowas nicht, weil ich mich erstmal mit all den Veränderungen anfinden musste und ich von allem überwältigt war.
Irgendwann kam ich nicht mehr mit dem Schulstoff hinterher und zum ersten Mal seit längerem, fokussierten sich meine Eltern wieder auf mich, weil sie mir versuchten zu helfen, um bessere Noten zu bekommen. Meine Noten wurden wieder besser und ich fand mich schließlich doch zurecht, doch Mathe bereitete mir immer noch ein Problem. Irgendwann kam dann Musterschüler und enger Familienfreund Xander Mattews ins Spiel. Und dann, naja. Dann war irgendwas passiert und unsere Nachhilfe lief nicht mehr so wie sie eigentlich laufen sollte.

Und weil es meinen Eltern wichtig war, wie wir äußerlich erschienen, mussten wir uns für unser obligatorisches Sonntagessen fein anziehen. Was für ein Schwachsinn. Wir wohnten zusammen und es war ein stink normales Familienessen. Wen kümmerte es also, was wir trugen? Es war ja nicht so, dass irgendjemand darüber Bericht erstattete. So angesehen waren wir dann doch nicht. Aber Mom und Dad bestanden darauf, also zogen Olivia und ich uns unsere besten Klamotten an. So wie andere Leute bestimmte Kirchenkleidung hatten, hatten wir Mittagessenkleidung.

Olivia trug heute ein schönes weißes Kleid mit einer dünnen Strickjacke. Ihre hellbraunen Haare waren geglättet und fielen ihr über die Schultern. Natürlich hatte sie sich für etwas Weißes entschieden. Denn genau sowas liebte Dad besonders. Weiß stand für Reinheit und eine weiße Weste war ihr mehr als wichtig. Olivia schien vielleicht unbeschrieben zu sein, aber ich nicht. Deshalb entschied ich mich für einen grauen dünnen Pulli und eine schwarze Jeans. Eigentlich kein besonderes Outfit, aber es war Sonntag, verdammt. Ich verstellte mich nicht mehr, um ihnen zu gefallen. Aus dem Alter war ich raus; sie sollten endlich mal damit klarkommen, dass ich so war wie ich war.

Dad trug einen dunkelgrauen Anzug und Mom eine helle Bluse. Sie hatte ihre Haare hochgesteckt. Eigentlich konnte ich mich kaum daran erinnern, wie die beiden ohne diese formelle Kleidung aussahen. Ich glaubte sogar, sie würden so auch ins Bett gehen.

Mom beäugte mich und ich konnte einen flüchtigen Ausdruck der Enttäuschung wahrnehmen, bevor sie sich an Olivia wandte. Irgendwie war mir schon immer klar, dass ich das schwarze Schaf der Familie war. Ich war nicht unbedingt etwas, das man ein einfaches Kind nannte und ich war auch keine Musterschülerin wie Olivia. Manchmal fragte ich mich, ob sie mich im Krankenhaus damals nach meiner Geburt vertauscht hatten. Zwar hatte ich Dads Augen und Moms Nase und Mund, trotzdem war ich ihnen kaum ähnlich.

„Einen guten Appetit. Lasst euch das gute Steak schmecken", sagte Mom und wir begannen zu essen. Es gab Steak mit Brot, Kartoffeln und Champignons. Etwas, das es bei anderen Familien nur an besonderen Tagen gab, außer bei uns. Okay, eigentlich waren unser Sonntagmittagessen etwas Besonderes und wurde daher wie ein Weihnachtstag behandelt, nur ohne die Geschenke.

Mom und Dad fragten uns, wie unsere Woche lief und ob es irgendwelche Neuigkeiten gab. Mit Vergnügen ließ ich Olivia den Vortritt. Nur ab und zu antwortete ich einsilbig auf Fragen, bis Dad sich mir zuwandte. „Cassandra, stimmt es, dass du in zwei Wochen eine Matheklausur schreibst?"

Scheiße. Kurz hielt ich inne, ehe ich mit meiner Gabel ein Stück der Kartoffel aufspießte. Woher wusste er das? Ich hatte es ihm nicht grundlos vorenthalten, doch er schien es irgendwie herausbekommen zu haben. Wahrscheinlich hatte Xander ihm das gesteckt.
„Ja", antwortete ich und steckte mir das Stück Kartoffel in den Mund.

„Wieso hast du uns das nicht erzählt? Hoffentlich kann Xander etwas Zeit freimachen um dir einige Extrastunden Nachhilfe zu geben." Dads Stimme hatte einen tadelnden Unterton angenommen. Mir wurde schlecht. Genau das hatte ich vermeiden wollen. Ich wollte nicht noch mehr Zeit mit Xander verbringen als ich musste. Die Klausur würde ich auch so irgendwie hinkriegen. Hauptsache, ich fiel nicht durch. Den Rest würde ich mit meiner mündlichen Note schon irgendwie rausholen. Wenn es sein musste, würde ich auch ein Referat machen. Egal was, Hauptsache keine Extrastunden.

„Es geht hier um deine Zukunft, Cassandra", fing nun auch Mom an. Cassandra. Kein Mensch nannte mich so. Nicht einmal meine Lehrer. Aber meine Eltern hielten nichts von Spitznamen. „Ich weiß, Mom."

„Ich schlage vor, nach dem Essen rufst du Xander an und fragst, ob er nächste Woche Zeit hat", schlug Dad vor. Ich erstarrte und schluckte, bevor ich meinen Blick hob und ihm in die Augen sah.

„Ist das denn unbedingt nötig? Ich bin schon viel besser geworden und verstehe unser Thema schon echt gut", versuchte ich es. Ich wusste, dass es vergeblich war, aber ich wollte nicht aufgeben, ohne es versucht zuhaben.

„Uns wäre es lieber, wenn du auf Nummer sicher gehst und mit Xander lernst. Er kann dir das so toll erklären und außerdem macht ihr das jetzt schon eine ganze Weile und ich bemerke, wie gut dir seine Hilfe tut", sagte er mit einem milden Lächeln. Klar, dass meine Noten sich verbesserten, bemerkten sie. Aber all die anderen Dinge übersahen sie.

„Wir möchten doch nur, dass du auf ein gutes College kommst und ein glückliches Leben hast." Ich wünschte, sie würden verstehen, dass man auch glücklich sein kann, wenn man nicht 24/7 arbeitete. Doch statt ihnen meine Meinung zu sagen, nickte ich nur wie ein Hündchen und rief Xander nach dem Essen an. Es war eine Überwindung für mich, seine Nummer auf meinem Handy aufzurufen und schließlich auf den grünen Hörer zu drücken. Nach einer kurzen Zeit des Klingelns ging er ran. „Hey Cassie. Was gibt's?", fragte er und in seiner Stimmlage konnte ich ein Grinsen erkennen. Ein Schauer überkam mich, doch ich ignorierte ihn.

„Ich... ähm, ich schreibe in zwei Wochen eine Klausur und ich dachte, also wir dachten, es wäre vielleicht gut, wenn wir Extrastunden machen würden. Nur wenn du Zeit dazu hast. Wenn nicht ist das auch nicht schlimm, dann..."

„Cassie", er unterbrach mich. „Das ist kein Problem. Sag mir einfach wann und wie oft und ich werde da sein. Ich helfe dir gern, das weißt du doch."

Ich schloss meine Augen. Er klang wie ein guter Freund, der um seine Freundin besorgt war, aber ich wusste, dass seine Worte mehr aussagten als nur das. Ich schluckte und fragte ihn nach den Zeiten, die Mom mir vorhin vorgeschlagen hatte. Natürlich hatte Xander an allen Tagen Zeit.

Ein Tag Nachhilfe mit ihm in der Woche war mir schon genug, aber jetzt sollte es drei Mal die Woche stattfinden, zusätzlich zu unserem normalen Termin am Samstag.

Als ich schließlich auflegte, war das Gewicht auf meinen Schultern so schwer, dass ich auf den Boden sank und bis zum Abend nicht mehr die Kraft hatte, aufzustehen.

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