
𝗞𝗔𝗣𝗜𝗧𝗘𝗟 𝟮𝟭 - 𝗠𝗘𝗜𝗡𝗘 𝗪𝗔𝗛𝗥𝗛𝗘𝗜𝗧
Wutentbrannt schlug Auden mit einer Faust auf mein Bett und fluchte. „Fuck!" Er stand auf und fuhr sich aufgebracht durch die Haare, während er in meinem Zimmer auf und ab lief. „Verdammte scheiße, Cassie!", sagte er immer wieder. Ich saß immer noch auf meinem Bett und schaute ihn an, während ich mir mit meinem Jackenärmel über die Augen rieb.
„Scheiße, du musst ihn anzeigen!" Auden setzte sich wieder neben mich und sah mich eindringlich an.
„Nein, das geht nicht!"
Auden musterte mich entsetzt. „Wie meinst du das? Dieser Typ", das Wort spuckte er förmlich aus, „hat dich belästigt, Cassie."
Unwillkürlich zuckte ich zusammen. Audens Miene wurde weicher. „Tut mir leid, wenn ich so aufgebracht bin, aber es kann doch nicht sein, dass du sowas über dich ergehen lässt!"
„Niemand würde mir glauben, Auden. Selbst meine Familie glaubt ihm mehr als mir. Er hat so einen guten Ruf, da..."
„Was juckt mich sein scheiß Ruf? Dieser verdammte Idiot belästigt meine Freundin!" Er stand wieder auf und damit wurde seine Stimme auch immer lauter.
„Nicht so laut", erinnerte ich ihn und stand nun ebenfalls auf. „Vielleicht interpretiere ich das alles auch falsch."
Auden schnaubte. „Das glaubst du doch wohl nicht im Ernst! Sowas kann man nur verstehen, wie es gemeint ist. Wie heißt der Typ nochmal? Xander, richtig? Sag mir, wo er wohnt und ich erledige das." Er bewegte sich bereits auf die Tür zu, doch ich versperrte ihm den Weg. „Was? Oh Gott, nein! Ich kriege das schon hin, okay? Ich muss... ich muss nur den richtigen Zeitpunkt abwarten." Wem machte ich hier eigentlich was vor? Ich würde es doch nie jemandem sagen. Ich wusste nicht einmal wie oder was ich überhaupt sagen sollte.
„Sorry, wenn ich das jetzt so sage, aber was ist falsch mit dir? Verdammt, am liebsten würde ich ihn verprügeln, bis er seine Hand nicht mehr spüren kann. Mindestens", sagte er in einem drohenden Ton. In seinen Augen blitze Wut auf.
Ich zitterte. „Ich wusste, dass ich es dir nicht hätte sagen sollen", sagte ich leise und setze mich wieder aufs Bett.
Auden atmete laut aus und setzte sich wieder neben mich. „Cassie...", fing er an, doch ich unterbrach ihn. „Ich habe es dir gesagt, weil du nicht lockergelassen hast und ich dachte, dir vertrauen zu können." Ich sah ihn an und er erwiderte meinen Blick mit ernster Miene.
„Das kannst du auch, aber... Gott." Wieder fuhr er sich durch die Haare. „Wir können ihn doch nicht weiter so rumlaufen lassen."
„Ich habe keine Beweise."
„Keine Beweise?" Ungläubig schüttelte er den Kopf. „Du hattest gestern einen Zusammenbruch, weil ich deinen Arm berührt habe."
Beschämt wandte ich meinen Blick ab.
„Tut mir leid. Ich wollte dich nicht daran erinnern, aber es kann doch nicht sein, dass du Angst vor der Nähe anderer Menschen hast, weil er seine Grenzen nicht kennt!" Auden redete sich immer mehr in Rage. Wenn ich ihn jetzt nicht beruhigte, wüsste ich nicht, was er tun würde. Mittlerweile wusste ich, dass, wenn Auden etwas empfand, er dieses Gefühl sehr stark spürte und ihm Ausdruck verleihen musste.
„Es ist aber nicht mehr so. Er ist nicht mehr so", murmelte ich so überzeugt ich konnte und wollte mich am liebsten bei diesen Worten übergeben. Ich log ihm ins Gesicht. Ich log für Xander. Sofort fühlte ich mich wieder hilflos und klein.
Skeptisch betrachtete Auden mein Gesicht. „Du willst mich doch verarschen. Glaub mir, Cassie, von mir aus wandere ich auch ins Gefängnis wenn es sein muss, Hauptsache dieses Arschloch verschwindet und wagt es nicht mehr, in deine Nähe zu kommen." Seine Stimme war voller Hass.
Ich schluckte. „Nein, ich meine es ernst." Ich richtete mich auf und sprach lauter. „Ich habe ihm gesagt, dass er es lassen soll und seitdem ist er mir nicht mehr zu nah gekommen. Er hat gesagt, dass er meine", ich atmete zitternd aus, „Signale falsch verstanden hat und hat sich entschuldigt." Nachdem ich meine Lüge erzählt hatte, war ich von mir selbst überrascht, wie leicht sie mir über die Lippen kam und wie schnell ich sie mir ausgedacht hatte. In Wirklichkeit war diese Lüge ein Wunsch, von dem ich hoffte, dass er wahr wäre.
„Ich bin auch ein Typ und habe noch nie die Signale eines Mädchens so falsch gedeutet." Natürlich glaubte er mir nicht. Obwohl ich so überzeugend wie ich nur sein konnte auftrat, prallte alles an ihm ab.
„Aber jeder ist anders."
Auden Augen verengten sich. „Aber solche Leute sind immer gleich und ändern sich nie."
Seufzend senkte ich meinen Blick. Ich wusste nicht mehr, was ich sonst noch sagen konnte, damit er das Thema endlich fallen ließ.
„Ich würde das ja wirklich alles gerne vergessen, aber jetzt ist es zu spät", sagte er nun ruhiger. „Wenn ich diesem Arschloch irgendwann über den Weg laufe, wird er sein blaues Wunder erleben." Audens Stimme klang drohend. Ein kalter Schauer durchfuhr mich und ich konnte nicht leugnen, dass er mit Xander kurzen Prozess machen würde. Ich hatte ihm zwar alles über seine Annäherungsversuche erzählt und wie er zu meiner Familie steht, aber ich verschwieg ihm, dass er mir Nachhilfe gab und er ihm somit schon einmal begegnet war. Ich wollte Xander und alles was mit ihm zutun hatte einfach nur vergessen, doch jetzt, da Auden Bescheid wusste, würde er nicht mehr locker lassen.
„Ich verstehe dich, okay? Aber du musst auch mich verstehen. Ich möchte keine ungewollte Aufmerksamkeit damit", flehte ich und hoffte wirklich, dass er es verstand.
Auden sah mich eine Weile an und atmete schließlich laut aus. „Du möchtest wirklich nicht, dass ich etwas unternehme, oder?"
Ich atmete erleichtert auf. „Nein. Es ist meine Sache und ich wollte nur, dass du es weißt."
Widerwillig nickte er und presste die Lippen aufeinander. „Okay. Ich halte mich zurück. Aber wenn er dich noch einmal auf irgendeine Art belästigt oder..."
„Dann sage ich es jemandem", sagte ich schnell, wofür ich einen argwöhnischen Blick von Auden bekam.
„Na gut." Er war nicht ganz überzeugt, aber er verstand, dass es nicht mehr bringen würde, auf mich weiter einzureden, also beließ er es dabei und stand auf. „Ich muss dann auch langsam los." Ich stand ebenfalls auf und ging voran. Langsam und lautlos öffnete ich meine Zimmertür und schaute, ob Olivia vielleicht auf dem Flur war, doch ich konnte noch immer eine Stimme aus ihrem Zimmer hören, die über irgendeinen Krieg berichtete. Gut, sie war noch immer beschäftigt. Mit einer Handbewegung bedeutete ich Auden mir zu folgen. Leise liefen wir die Treppe zur Haustür runter. Ich öffnete sie und wir traten heraus. Auden ging vor und ich hielt die Türklinke in der Hand, sodass die Tür nicht zufiel. Mit einem unergründlichen Blick musterte Auden mich einen Moment und ich fürchtete mich vor dem, was er jetzt sagen würde. Er öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder. Anscheinend hatte er es sich anders überlegt.
„Danke", sagte ich stattdessen leise und lächelte leicht. Widerwillig erwiderte es. „Immer wieder gern, Cassie, das weißt du."
„Ja." In meinem Magen breitete sich eine Schwere aus und ich hatte plötzlich das Gefühl, die Last meiner Lüge würde sich um meine Kehle schnüren.
„Bis dann. Melde dich, wenn etwas ist", verabschiedete Auden sich und ging zu seinem Auto. Bevor er sich reinsetzte sah er noch einmal zu mir. Ich winkte ihm zu und er setzte sich rein und fuhr davon. Erst als er endgültig weg war, atmete ich erleichtert auf und trat wieder ins Haus. Ich lehnte mich mit dem Rücken an die Tür und schloss die Augen. Was hatte ich da nur getan?
„War jemand an der Tür?"
Erschrocken schlug ich die Augen auf und starrte dem verwirrten Blick meiner Schwester entgegen. „Äh... nein. Ich dachte, es hätte geklingelt, aber da habe ich mich wohl nur verhört."
Misstrauisch musterte sie mich, als wäre sie in meinem Gesicht auf der Suche nach einer Lüge. Doch ich sah sie nur mit einem unschuldigen Blick an. „Aha", erwiderte sie unbeeindruckt. „Vielleicht solltest du mal zum Ohrenarzt, wenn du ein Klingeln im Ohr hast."
„Vielleicht."
Ohne noch ein weiteres Wort zu sagen ging sie wieder nach oben. Manchmal hatte ich bei Olivia wirklich das Gefühl, als hätte man sie als eine Art Spion auf mich gehetzt. Irgendwie schien sie immer etwas mitzukriegen, aber nie genug, um etwas zu verstehen.
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