
𝗞𝗔𝗣𝗜𝗧𝗘𝗟 𝟭𝟮 - 𝗛𝗢𝗠𝗘 𝗦𝗪𝗘𝗘𝗧 𝗛𝗢𝗠𝗘
„Cassandra Williams! Wo um alles in der Welt hast du gesteckt?", fragte meine Mom, als ich die Haustür aufschloss und meine Tasche abstellte. Meine Eltern und Olivia standen im Flur und betrachteten mich. Olivia schien erleichtert, mich wiederzusehen, doch sie hielt sich zurück. Mom und Dads Gesichtsausdrücke zeigten alles andere als Erleichterung. Sie waren wütend. Die feine Kleidung passte nicht zu ihren bösen Blicken.
„Hallo Familie", sagte ich unbeeindruckt.
„Wo warst du das ganze Wochenende über?", fragte Dad sichtlich bemüht, ruhig zu bleiben. Ich musste ein Grinsen unterdrücken. Noch nie hatte ich Dad wütend erlebt. Enttäuscht schon mehrere Male, aber er behielt immer seine diplomatische Maske auf und diese begann nun zum ersten Mal zu bröckeln.
„Unterwegs."
Stille breitete sich aus. Mom und Dad blickten sich erst gegenseitig an und dann wieder mich. Meine Schwester schaute gespannt zu meinen Eltern. „Lass uns doch im Wohnzimmer weiterreden." Ich glaubte sogar, dass Mom die ganze Sache am liebsten vergessen hätte. Sie hasste Konflikte nämlich mehr als alles andere.
Provozierend blickte ich zwischen den beiden hin und her, bis mein Vater mich ermahnte und ich schließlich nachgab. Ich folgte meinen Eltern und Olivia ins Wohnzimmer und setzte mich auf das hellgraue Sofa. Olivia setzte sich auf einen Sessel etwas abseits und sah zu. Anscheinend war sie zu neugierig, um in ihr Zimmer zu gehen. Meine Eltern blieben vor mir stehen und schauten auf mich herab.
Ich sah zu ihnen hinauf und verengte die Augen. Als sie sich nicht mehr bewegten, stand ich ebenfalls auf. „Setz dich", forderte Dad mich auf, doch das tat ich nicht. „Ich setze mich erst, wenn ihr euch auch hinsetzt. Ich will nicht, dass ihr auf mich herabschaut." Ungläubig rissen alle ihre Augen auf. Olivias Kinnlade fiel sogar ein wenig hinunter.
Mom sah verunsichert zu Dad. Dieser atmete kontrolliert ein und ich wusste, dass er kurz davor stand, die Beherrschung zu verlieren. Gut, sollte er doch. Ich würde nur zu gerne einmal sehen, wie er aus der Rolle des perfekten Geschäftsführers fällt und sich wie ein Mensch verhält. Schließlich gaben beide nach und setzten sich auf das Zweiersofa direkt neben mir.
„Dann erzähl uns doch mal, Cassandra, warum fährt unsere minderjährige Tochter das ganze Wochenende über weg, ohne uns überhaupt Bescheid zu geben? Mit wem warst du überhaupt unterwegs?", fragte Dad.
Als ob es euch interessiert hätte. Wäre ich vor unserem beschissenen Mittagessen wieder da gewesen, hättet ihr es doch sowieso nicht gemerkt. Doch das sagte ich nicht. Stattdessen schnaubte ich.
„Rede bitte mit uns", beteiligte sich nun auch Mom an dem Gespräch. Ihr Blick war viel weicher als der meines Dads.
„Ich war in San Francisco." Mir entging der fragende Blick meiner Schwester im Hintergrund nicht.
„Und mit wem warst du dort?"
„Mit einem Freund", antwortete ich und konnte den provozierenden Unterton in meiner Stimme nicht unterdrücken.
„Mit welchem Freund denn?", fragte Dad. Die Tatsache, dass ich ganzes Wochenende mit einem Jungen in einer fremden Stadt verbracht hatte, schien ihm nicht zu gefallen. Natürlich nicht.
„Kennst du nicht." Er kannte die Leute, mit denen ich irgendwie in Kontakt hatte nicht. Er kannte nur Xander.
„Wieso warst du überhaupt in San Francisco?" Nun war es Mom, die eine Frage stellte.
„Ein bisschen Urlaub und so", erwiderte ich schulterzuckend.
„Ein bisschen Urlaub und so? Cassandra, was fällt dir ein, einfach so abzuhauen?!" Dads Stimme wurde lauter und ich zuckte unwillkürlich zusammen. „Du kannst doch nicht einfach mit irgendeinem wildfremden Jungen nach San Francisco fahren? Du bist 17! Du stehst noch unter unserer Aufsicht! Was sollen denn die Leute denken?" Da war es wieder. Worüber sollte er sich auch sonst Sorgen machen? „Das ist mir scheiß egal! Verdammt, hör doch endlich mal auf damit, mich Cassandra zu nennen! Ich hasse diesen Namen! Ist euch eigentlich noch nicht aufgefallen, dass er überhaupt nicht zu mir passt?", schreie ich sie nun an, sodass auch Olivia überrascht zusammenzuckte.
„Zügel dich, junge Dame", ermahnte Dad mich gefährlich ruhig.
„Ich soll mich zügeln?!" Ich stand auf. „Gott, das doch alles lächerlich." Wütend stampfte ich in Richtung Treppe, doch ich hielt im Türrahmen noch einmal inne und drehte mich um. „Vielleicht solltet ihr euch mal weniger um das kümmern, was sich draußen abspielt und mehr auf das im inneren achten."
Fassungslos ließ ich meine Familie sitzen und lief nach oben in mein Zimmer.
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