28. Kapitel
Alex' Sicht:
Sie verlässt mein Zimmer, zieht die Türe hinter sich zu und mich beschleicht das ungute Gefühl, dass dies ein Abschied gewesen ist. Dass ich sie heute das letzte mal gesehen habe. Sie das letzte mal geküsst habe. Nora hat sich entschieden. Gegen mich und für Rebecca. Damit muss ich leben, muss es akzeptieren, doch ich kann sie nicht ziehen lassen. Dafür hat sich dieser lebensfrohe, sarkastische Energiebündel viel zu sehr in mein Herz geschlichen. Ehe ich sie endgültig verliere, sie vor ihren Problemen davon laufen lasse, erwache ich aus meiner Starre und reiße meine Zimmertür auf.
Hastig renne ich durch den Flur, nehme mehrere Stufen auf einmal und pralle heftig mit meinem Bruder zusammen. Erschrocken sehen wir einander an und anhand meines Blickes scheint er mich wortlos zu verstehen. ,,Sie ist fort", schlussfolgert er seufzend, zieht eine seiner Augenbrauen in die Höhe. Mit trockener Kehle nicke ich, kann kaum schlucken. ,,Dann holen wir sie wieder zurück", meint er bestimmt, packt mich nicht gerade sanft am Arm und zieht mich mit sich nach draußen. Dort hat es bereits wieder angefangen zu regnen und ich kneife meine Augen zusammen, um besser sehen zu können.
Noah und ich laufen hastig durch den Vorgarten, während ich nervös und aufgeregt zugleich meinen Autoschlüssel aus der Hosentasche fische. Der Regen prasselt unaufhaltsam auf uns herab, ebenso wie die Zeit, die immer schneller zu vergehen scheint. Nora und mich Stückchenweise immer weiter auseinander treibt. Mein Bruder lässt sich auf dem Fahrersitz nieder, schubst mich fordernd auf den Beifahrersitz. Er ist der Meinung, dass ich in diesem Zustand eine Gefahr für den Verkehr sei. Ich widerspreche nicht, lasse mich neben Noah nieder.
,,Sie wird nicht weit gekommen sein, der einzige Weg aus diesem Kaff führt die Hauptstraße entlang. Wir sollten sie noch einholen. Ich will nachher, bei einem Bier auf der Terrasse wissen was zwischen euch vorgefallen ist. So schlecht kannst du ja vorhin nicht gewesen sein, dass sie dir davon läuft", schmunzelt er mich aufmunternd von der Seite an, was meine Wangen glühend heiß rot verfärben lässt. Er hat uns gehört. Ich gehe auf seinen Schalk nicht ein, denn ich bin im Moment nicht in der Verfassung.
,,Ich...Sie hat vorhin ein Gespräch zwischen Rebecca und mir mitbekommen. Sie macht sich um sie Sorgen und weiß nun von Rebeccas Alkoholproblem. Nun fühlt sie sich verpflichtet für sie da zu sein. Ebenso wie ich mich für Rebecca verpflichtet fühle. Wir beide sind wie gefangen. Es scheint als sei uns das Glück nicht gegönnt. Vielleicht ist dass die Strafe für unsere Lügen", seufze ich, fahre mir mit zittrigen Fingern durch die Haare.
Mein Bruder schweigt, atmet dann laut stöhnend auf und beginnt zu sprechen: ,,Vielleicht sollte es so kommen...Rebecca ist nicht für dich bestimmt. Stell sie mir doch mal vor, eventuell kommt sie dann über deinen Adoniskörper hinweg", gluckst er, was mich nur die Augen verdrehen lässt. ,,Das war ein Scherz", will er mich besänftigen, doch das gerät für mich in den Hintergrund, da ich sie endlich auf der Straße erblicke.
Kontinuierlich rennt sie die Straße entlang, hat ordentlich Ausdauer. Wo hatte sie die in meinem Fitnesskurs? ,,Halt an!", rufe ich laut aus, erschrecke Noah so sehr, dass er eine Vollbremsung einlegt. Sobald der Wagen zum Stehen kommt, reiße ich meine Tür auf, renne durch den Regen auf sie zu. Natürlich hat sie mich bereits mitbekommen und beschleunigt ihren Schritt. ,,Nora! Bleib stehen!", brülle ich, versuche das Rauschen des Regens zu übertönen. Wie erwartet bleibt sie nicht stehen, was mich wütend macht und mich schneller sprinten lässt.
Ich habe sie beinahe eingeholt, bekomme ihren Arm zu fassen, ziehe sie zu mir zurück und komme ins Stolpern. Der Länge nach fliegen wir dem Asphalt entgegen, kommen hart auf diesem auf. Um ihren Fall abzuschirmen drehe ich uns herum, sodass sie auf meiner Brust aufkommt. Sobald wir auf dem Boden aufgekommen sind, drehe ich sie herum und beuge mich über sie, damit sie mir nicht entkommt. Ich kessle sie ein, stütze ächzent meine Arme neben ihr ab, habe mir die Ellenbogen aufgeschürft. Vor Schmerz verziehe ich das Gesicht, atme zischend ein, doch als ich in ihr weinerliches Gesicht sehe, ist das vergessen.
,,Du hast versprochen wieder zu kommen", flüstere ich keuchend, kann meinen Vorwurf nicht unterdrücken.
Meine Enttäuschung kann ich nicht verbergen und sie wendet beschämt den Blick ab. ,,Alex, ich konnte nicht. Du leidest, Beccy leidet und ich auch...ich kann das nicht. Ok? Ich kann es einfach nicht. "
,,Aber mich vögeln konntest du?", werfe ich ihr wütend vor, denn ich bin verletzt.
,,Weil ich du mir eben nicht egal bist...Du weißt, dass du mir mehr bedeutest!", schreit sie mich keifend an und sieht mir direkt in die Augen. Ich weiß sie lügt mich nicht an, weiß, dass sie ebenso fühlt wie ich. Und dennoch bin ich sauer. Wütend. Verletzt. Enttäuscht.
,,Wenn das so ist, wieso wolltest du dann abhauen? Was denkst du denn wie weit du gekommen wärst?"
,,Ich wäre schon irgendwie nach Hause gekommen", meint sie beleidigt und zieht eine Schippe. Das sieht so niedlich aus, so süß, dass ich nicht anders kann, als auf ihre Lippen zu starren. Auch sie bemerkt es und erneut knistert es zwischen uns. Erneut flammt dieses leidenschaftliche Verlangen zwischen uns auf.
,,Komm zurück...bitte", flehe ich sie an.
,,Und dann? Teilen wir uns ein Bett? Begehen den nächsten Fehler? Belügen Rebecca weiterhin? Alex...so will ich dich nicht haben...Ich will ehrlich mit dir zusammen sein...will neben dir aufwachen können, dich öffentlich, ohne jegliche Angst erwischt zu werden küssen und berühren können. Aber all das geht nicht und das weißt du!", weint sie, was in mir etwas zerbrechen lässt.
Ich wische ihr wortlos die Tränen aus dem Augenwinkel, küsse ihr zaghaft auf die Stirn, was sie scharf die Luft einziehen lässt und sage dann: ,,Wenn du mir jetzt sagst, dass du mich willst und mich liebst, dann werde ich nach diesem Wochenende endlich mit Rebecca Schluss machen."
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