47 || 𝙙𝙖𝙮𝙙𝙧𝙚𝙖𝙢𝙞𝙣 ☽
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Taehyung PoV
„Ohne dir jetzt Vorwürfe machen zu wollen... aber wieso hast du mir nie gesagt, dass ich einen Sohn habe? Oder dass du wusstest, wo Louisa ist?"
Meine Stimme klang heiser und rau, fast, als würde ich sie selbst kaum wiedererkennen. Die Stille im Raum war beinahe erdrückend, nur das rhythmische Piepen der Maschinen erinnerte daran, dass Louisa noch hier war. Noch bei uns.
Jungkook hob langsam den Kopf. Sein Blick war schwer, fast schuldbewusst, als er mir endlich antwortete.
„Ich hatte Angst vor deiner Reaktion... Und Louisa hatte sie auch."
Seine Worte waren leise, aber sie trafen mich wie ein Schlag. Mein Kiefer spannte sich an, und ich richtete meinen Blick wieder auf Louisa. Sie lag so reglos da, blass und viel zu zerbrechlich in dem großen Krankenhausbett.
Nach einem Moment des Schweigens nickte ich langsam.
„Das ist verständlich... wirklich. Aber weißt du, ich werde versuchen, mich zu ändern." Meine Stimme brach leicht, als ich die Worte aussprach. Es war kein Versprechen, das leicht über die Lippen ging – es war ein Schwur, der aus den Tiefen meines Herzens kam. „Ich will ein besserer Mensch werden."
Jungkook musterte mich, und ein kleines Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. Es war keine Belustigung, sondern Erleichterung – vielleicht auch Hoffnung.
„Das freut mich", sagte er leise. „Jinho verdient es, einen Vater zu haben, der ihm Werte beibringt. Jemanden, zu dem er aufschauen kann."
Ich ließ meinen Blick nicht von Louisa ab. Ihre geschlossenen Augen, die Ruhe, die fast unwirklich erschien... Es war zu viel.
„Glaub mir, dazu braucht er mich nicht. Dafür hat er schon Louisa."
Ein bitteres Lächeln huschte über meine Lippen. „Sie hat immer alles für ihn getan. Sie war immer genug – mehr als genug."
Ein schwerer Seufzer entwich meinen Lippen, und Jungkook, der meine innere Zerrissenheit wohl spürte, erhob sich langsam von seinem Stuhl. Er legte mir kurz eine Hand auf die Schulter.
„Ich lass euch beide allein."
Das war alles, was er sagte, bevor er den Raum verließ und die Tür leise hinter sich schloss.
Die Worte des Arztes klangen in meinem Kopf wider. Es gab eine fünfzigprozentige Wahrscheinlichkeit, dass Louisa uns hören konnte. Es war nicht viel. Aber es war genug, um mir einen Funken Hoffnung zu geben.
Langsam lehnte ich mich näher zu ihr. Ich konnte ihren Atem sehen, wie er sanft ihren Brustkorb hob und senkte. Es war ein Beweis, dass sie noch da war.
„Weißt du... ich bin nicht sauer auf dich, dass du es mir nie gesagt hast", begann ich mit leiser Stimme. Ich wusste nicht, ob sie mich hörte, aber ich redete weiter. „Im Gegenteil... Du hast alles richtig gemacht. Du hast das getan, was das Beste für Jinho war. Du hast immer an ihn gedacht – und das bewundere ich an dir."
Ich hielt inne, sah hinunter zu ihrer Hand, die leblos auf der Bettdecke lag. Vorsichtig nahm ich sie in meine. Ihre Haut war kühl, aber weich – immer noch genauso, wie ich sie in Erinnerung hatte.
„Du bist eine unglaubliche Mutter, Louisa", flüsterte ich. „Jinho redet ständig von dir. Wie sehr er dich vermisst. Er braucht dich. Und... ich brauche dich auch."
Meine Stimme brach, und ich schluckte hart, um die wachsenden Emotionen in meinem Inneren zu bändigen. Es fühlte sich an, als würde etwas in meiner Brust zerspringen.
„Ich kann mir nicht vorstellen, wie schwer das alles für dich war. Die Geburt... all die Verantwortung. Und du warst die ganze Zeit allein. Ich war nicht da, um dir zu helfen, und das tut mir so leid."
Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, und ich spürte, wie meine Kehle sich zuschnürte. Dennoch zwang ich mich, weiterzusprechen.
„Ich verspreche dir, dass ich alles ändern werde, Louisa. Ich werde besser sein. Ich will nicht mehr das kaltherzige Arschloch sein, das ich früher war. Ich will jemand sein, auf den du stolz sein kannst. Jemand, der dir Sicherheit gibt und dir zeigt, dass du nicht mehr allein bist. Bitte... gib mir diese Chance."
Meine Finger umschlossen ihre Hand ein wenig fester, und ein leises Zittern durchlief meinen Körper.
„Bitte, wach auf", flüsterte ich. „Ich brauche dich. Jinho braucht dich. Wir beide können nicht ohne dich."
Die Tränen, die ich so verzweifelt zurückgehalten hatte, brachen aus mir hervor. Sie liefen über meine Wangen und fielen auf ihre Decke, als ich meinen Kopf auf ihren Bauch sinken ließ.
„Unsere Geschichte darf nicht hier enden, Louisa. Sie hat doch gerade erst angefangen. Bitte wach auf. Lass uns neu anfangen – du, ich und Jinho. Eine Familie."
Ich presste meine Stirn gegen ihren Körper, schloss die Augen und ließ die Verzweiflung aus mir herausfließen.
Und dann...
Ihre Hand ergriff meine.
Es war nur ein leichter Druck, kaum spürbar, als hätte sie kaum die Kraft dafür – aber sie hielt mich. Sie hielt mich fest.
Ich starrte auf unsere Hände, als würde mein Verstand versuchen, das Unmögliche zu begreifen. Mein Atem stockte, und mein Herz begann unkontrolliert zu hämmern.
„L-Louisa? Kannst du mich hören?"
Meine Stimme bebte vor Aufregung, während ich langsam meinen Kopf hob, um ihr Gesicht zu sehen.
Und dann geschah es erneut. Ihre Finger bewegten sich, diesmal mit mehr Kraft. Sie drückte meine Hand etwas fester – nicht viel, aber genug, um mir zu zeigen, dass sie mich hörte. Dass sie mich spürte.
Mein Mund öffnete sich, doch für einen Moment konnte ich keinen Laut hervorbringen. Das Zittern in meinem ganzen Körper wurde stärker, als die Realität mich mit voller Wucht traf: Sie war da. Sie kämpfte.
„Louisa!" Ein ersticktes Schluchzen entwich mir, doch bevor ich weiterreden konnte, sprang ich abrupt auf, mein Stuhl kippte lautstark nach hinten.
„Okay, ich bin sofort wieder da!" stieß ich hastig hervor, meine Worte überschlugen sich fast. „Ich hole einen Arzt! Bleib bei mir, Louisa, ich komme sofort zurück!"
Mit klopfendem Herzen und zitternden Beinen stürzte ich zur Tür, riss sie auf und rief laut in den Flur:
„Ein Arzt! Ich brauche sofort einen Arzt!"
Hoffnung und Panik tobten in mir wie ein Sturm, während ich einen Moment zurückblickte. Sie war wach. Vielleicht nicht vollständig, aber sie war da – und ich würde alles tun, um sicherzustellen, dass sie es blieb.
•••
„Ich bin doch nicht blöd! Sie hat definitiv meine Hand gedrückt, als ich sie gefragt habe, ob sie mich hören kann!"
Meine Stimme war angespannt, beinahe verzweifelt, während ich versuchte, dem Arzt klarzumachen, was gerade passiert war.
Doch er schüttelte nur den Kopf, eine kühle Professionalität in seinen Bewegungen.
„Ihr Zustand ist exakt derselbe wie vor einem Tag. Es hat sich nichts verändert."
Er zuckte mit den Schultern, als wäre das alles nur eine Einbildung meiner übermüdeten Fantasie. Ich fuhr mir frustriert mit beiden Händen durch die Haare, mein Herz pochte unregelmäßig vor Wut und Ungeduld.
„Ich weiß, was ich gespürt habe", entgegnete ich scharf, meine Stimme bebte vor Nachdruck. „Ich habe es mir nicht eingebildet. Sie hat meine Hand gedrückt."
Der Arzt seufzte schwer, als hätte er diese Diskussion schon viel zu oft geführt. Langsam legte er mir eine Hand auf die Schulter, ein tröstender Versuch, der bei mir nichts bewirkte außer einem weiteren Anstieg meines Pulses.
„Mr. Kim...", begann er mit einem geduldigen, aber distanzierten Ton. „Keiner hier macht Ihnen Vorwürfe, dass Sie sich wünschen, dass Mrs. Jeon so schnell wie möglich aufwacht. Das wollen wir alle. Aber es ist wichtig, dass Sie verstehen: Ihr Zustand hat sich nicht verändert."
Es fühlte sich an, als würde er mich indirekt für verrückt erklären. Als wäre ich nur ein verzweifelter Mann, der in seiner Hoffnung Dinge spürte, die nicht da waren. Aber ich wusste, was ich erlebt hatte. Ich wusste es.
„Ich würde Ihnen jetzt einfach empfehlen, nach Hause zu gehen und sich auszuruhen", fuhr er fort. „Sie stehen unter unglaublichem Stress, und das kann manchmal zu Missverständnissen führen."
Missverständnisse? Mein Kiefer spannte sich an, und ich musste alle Kraft aufbringen, um nicht die Fassung zu verlieren.
„Ich muss sowieso meinen Sohn von der Schule abholen", brachte ich schließlich hervor. Meine Worte klangen kühler, als ich beabsichtigt hatte, aber ich hatte keine Energie mehr, freundlich zu bleiben.
Der Arzt lächelte sanft, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass seine Worte mir Trost spenden könnten.
„Sehen Sie? Ein bisschen frische Luft wird Ihnen guttun."
Ich nickte knapp, nur um die Unterhaltung zu beenden.
„Danke für nichts, Doktor", murmelte ich leise, kaum hörbar, und wandte mich ab.
Mit schnellen Schritten verließ ich den Raum, meine Gedanken ein Chaos aus Frust, Zweifel und sturer Überzeugung.
Ich weiß, was ich gespürt habe.
Ihre Hand hatte meine gedrückt, so sicher wie der Schmerz in meiner Brust.
•••
Zwanzig Minuten. Zwanzig verdammte Minuten saß ich hier in diesem Auto. Mein Blick war starr auf die Schultür gerichtet, meine Hände verkrampft um das Lenkrad. Schüler um Schüler war hinausgekommen, lachend, frei, unbeschwert – aber von Jinho keine Spur.
Ein ungutes Gefühl kroch in meine Brust. Mein Sohn war nicht der Typ, der herumtrödelte. Und doch war er nicht hier.
Ich atmete schwer aus, öffnete die Tür und stieg aus dem Wagen. Meine Schritte waren hastig, mein Kopf dröhnte von Fragen: Ist etwas passiert? Hat er Ärger? Warum kommt er nicht raus?
Doch ich musste nicht lange suchen. Gerade als ich die Treppen hochlaufen wollte, sah ich es.
Die Szene vor mir ließ alles um mich herum verschwimmen. Mein Herz setzte für einen Moment aus. Jinho stand dort, wie erstarrt. Eine fremde Frau hielt ihn fest, ihre Hand um seinen kleinen Arm geschlungen – fest, viel zu fest. Ihr Gesicht war kalt und streng, während sie auf ihn einredete. Er sah aus, als würde er jeden Moment in Tränen ausbrechen, aber er wehrte sich nicht.
Das Bild vor mir reichte aus, um den letzten Rest meiner Geduld zu sprengen. In meinem Kopf explodierten Alarmglocken. Mein Körper handelte, bevor ich überhaupt wusste, was ich tat.
Mit schnellen, entschlossenen Schritten war ich bei ihnen.
„Hey!" Meine Stimme war laut, scharf wie eine Klinge. Die Frau zuckte zusammen und drehte sich langsam um, aber ich ließ ihr keine Zeit zu reagieren.
Ich packte ihre Hand und riss sie von Jinho weg, als hätte sie ihn verbrannt. Dann stellte ich mich schützend vor ihn, mein Körper angespannt wie eine Feder.
„Was. Zum. Teufel. Tun. Sie. Da?" Meine Worte kamen tief und gefährlich.
Die Frau funkelte mich an, doch ich konnte die Unsicherheit in ihren Augen sehen. „Das geht Sie überhaupt nichts an! Das ist eine Sache zwischen mir und diesem Bengel hier!" zischte sie.
„Bengel?" Mein Blick wurde kalt, meine Stimme vibrierte vor Wut. „Hören Sie gut zu, und hören Sie genau hin: Jinho ist mein Sohn. Und Sie haben verdammt nochmal keine Rechte, ihn anzufassen. Niemals."
Sie hob eine Augenbraue, verschränkte die Arme und sagte mit einer Mischung aus Arroganz und Trotz: „Ihr Sohn ist eine absolute Katastrophe. Wissen Sie das überhaupt? Kein Benehmen, keine Manieren – er ist eine Schande für diese Schule."
Ich biss die Zähne so fest zusammen, dass mein Kiefer schmerzte.
„Eine Schande?" wiederholte ich langsam, während sich meine Hände zu Fäusten ballten. „Hören Sie mir genau zu. Es ist mir scheißegal, wer Sie glauben zu sein. Elternbeirat, Lehrerin, Direktorin – das spielt keine Rolle. Was Sie gerade getan haben, war nicht nur falsch, sondern illegal. Verstehen Sie mich?"
Sie hob das Kinn, offensichtlich bemüht, ihre Fassung zu wahren. „Ich bin die Elternbeiratsvorsitzende und habe jedes Recht, mich einzumischen, wenn ein Kind so ein Problemfall ist wie—"
„Halten Sie die Klappe!" Meine Stimme war jetzt lauter, ungeduldiger. Jinho zuckte hinter mir zusammen, und ich schloss kurz die Augen, um mich zu sammeln. Aber der Zorn ließ sich nicht mehr bremsen.
„Ich sage Ihnen das jetzt ein letztes Mal", fuhr ich mit kalter Entschlossenheit fort. „Fassen Sie meinen Sohn noch einmal an – nur einmal – und ich werde persönlich dafür sorgen, dass Sie nie wieder ein Kind auch nur ansehen dürfen. Haben wir uns verstanden?"
Sie wich einen Schritt zurück, doch sie versuchte immer noch, ihre Position zu verteidigen. „Ich mache nur meinen Job!"
Ich spürte, wie ein kaltes Lächeln auf meine Lippen kroch. „Ihr Job? Ihr Job ist es nicht, Kinder zu schikanieren. Ihr Job ist es nicht, meinen Sohn zu belästigen. Wenn Sie ein Problem haben, kommen Sie zu mir. Aber fassen Sie ihn. Nie. Wieder. An."
Sie öffnete den Mund, wollte noch etwas sagen, doch ich ließ sie nicht.
„Oh, und übrigens", fügte ich leise hinzu, während ich Jinho sanft auf den Arm hob. „Ihr perfekter Sohn rennt gerade auf die Straße. Vielleicht kümmern Sie sich mal um Ihr Kind, anstatt meines zu belästigen."
Sie wirbelte herum, ihr Gesicht blass, als sie sah, dass ihr Sohn tatsächlich hinter einem Vogel herrannte – mitten auf die Straße zu.
„Theodor! Hör sofort auf! Komm zurück!" kreischte sie, bevor sie losrannte.
Die Stille, die folgte, war fast erdrückend.
Jinho hielt sich fest an mir, sein Gesicht tief in meinem Nacken verborgen. Nach ein paar Sekunden murmelte er leise: „Ist sie weg?"
Ich atmete tief ein, meine Hand strich beruhigend über seinen Rücken. „Ja, sie ist weg. Und sie wird dich nicht wieder belästigen, das verspreche ich dir."
Er hob den Kopf, seine großen Augen suchten meinen Blick. „Aber sie ist immer gemein zu mir. Sie glaubt Theodor alles, was er sagt, und er lügt. Immer."
Mein Herz zog sich zusammen. „Hat sie dich schon oft angefasst, Jinho?" fragte ich leise, aber mein Ton ließ keinen Zweifel daran, dass ich jedes Wort ernst meinte.
Jinho nickte. „Ja... aber ich hab nichts gemacht, TaeTae! Ich schwöre!"
Ich drückte ihn fester an mich. „Ich weiß, Jinho. Ich weiß. Und das wird nie wieder passieren. Niemand wird dir jemals wieder wehtun. Das verspreche ich dir."
Seine kleinen Arme schlangen sich fester um meinen Hals, und ich spürte, wie er zum ersten Mal seit Stunden entspannte.
„Ich vertraue dir, TaeTae", flüsterte er.
Ich schloss die Augen, ein dunkler Schwur in meinem Inneren. Niemand – und ich meine niemand – würde es je wieder wagen, meinen Sohn anzufassen.
•••
Der nächste Tag war angebrochen, und heute würde ich meine Worte in Taten umsetzen. Jinho zu beschützen war keine Option – es war eine Selbstverständlichkeit. Niemand, und ich meine niemand, mobbt meinen Sohn und kommt damit ungeschoren davon.
Ich saß im Auto, meine Augen wie Laser auf die Schultür gerichtet. Jinho saß neben mir, verwirrt, aber ruhig. Seine kleinen Hände hielten nervös an seinem Rucksack fest.
„TaeTae? Warum warten wir hier?" fragte er leise.
Ich wandte mich zu ihm um, meine Stimme fest. „Warte einen Moment, Kleiner. Ich werde dir zeigen, wie man sich gegen Menschen wehrt, die zu weit gehen. Vertrau mir, okay?"
Seine großen Augen suchten meinen Blick, und er nickte zögernd. „Okay..."
Es dauerte nicht lange, da sah ich ihn – das Ziel meiner Mission. Der Junge, Teodor, kam aus der Schule, schnaubend vor Selbstzufriedenheit, während er an einer Schokoladentafel kaute. Allein der Anblick ließ meinen Puls steigen.
„Okay, komm mit," sagte ich zu Jinho und stieg aus dem Auto. Er folgte mir, seine Schritte leise, aber sein Blick klebte an mir.
Ich erreichte Teodor in wenigen großen Schritten und legte eine Hand auf seine Schulter. Nicht grob, aber fest genug, dass er wusste, dass ich es ernst meinte.
„Hey, kleines Walross. Ich glaube, wir beide haben etwas zu besprechen."
Der Junge drehte sich zu mir um, sein Gesicht eine Mischung aus Überraschung und Trotz. „Lassen Sie mich los! Sonst—"
„Sonst was?" Ich ließ meine Stimme sinken, tief und gefährlich. „Rufst du nach deiner Mommy?"
Ich machte eine spöttische Schmollbewegung mit meinen Lippen, bevor mein Gesicht wieder ernst wurde. Mein Blick bohrte sich in ihn.
„Ich habe gehört, dass du Lügen über meinen Sohn verbreitest. Denkst du, das macht dich cool? Fühlst du dich danach besser, weil du weißt, dass Jinho zehnmal klüger, netter und beliebter ist als du? Ist das dein Weg, dich besonderer zu fühlen?"
Teodor starrte mich mit offenem Mund an, offenbar nicht in der Lage, eine Antwort zu finden.
„Ich rede mit dir!" Meine Stimme wurde lauter, und der Junge zuckte zusammen.
„Ich... ich wollte nicht—"
„Wolltest du nicht?" Ich beugte mich ein wenig zu ihm hinunter, damit meine Worte direkt in seine kleine, feige Welt eindrangen. „Hör mir gut zu, Kleiner. Du bist ein Loser. Eine Lachnummer. Und niemand interessiert sich für jemanden, der so armselig ist, dass er andere runterziehen muss, nur um sich besser zu fühlen. Aber rate mal was? Das Spiel ist aus. Das hier hört heute auf."
Er versuchte, etwas zu sagen, doch ich schnitt ihm sofort das Wort ab.
„Noch ein Wort, noch eine Lüge, noch eine einzige verdammte Geschichte über meinen Sohn – und ich verspreche dir, das nächste Mal wird es nicht so glimpflich für dich ausgehen. Hab ich mich klar ausgedrückt?"
Sein Gesicht war blass geworden, seine Lippen bebten. „Ja, Sir."
„Gut. Aber du bist noch nicht fertig." Ich richtete mich auf und zeigte auf Jinho, der ein paar Schritte hinter mir stand und die ganze Szene beobachtete. „Hast du nicht etwas zu sagen?"
Teodor blinzelte verwirrt.
„Ein Tipp: Es beginnt mit ‚E' und endet mit ‚G'."
Langsam dämmerte es ihm. Er sah zu Jinho, dann wieder zu mir, bevor er murmelte: „Entschuldigung."
„Lauter!" knurrte ich.
Er holte tief Luft. „Entschuldigung, Jinho. Ich werde nie wieder Lügen über dich erzählen."
Jinho sah mich an, als wollte er fragen, ob er ihm glauben sollte. Ich nickte ihm zu, und nach ein paar Sekunden lächelte er. „Okay. Wenn du es ernst meinst, nehme ich deine Entschuldigung an. Meine Mama sagt immer, man sollte vergeben, wenn jemand ehrlich ist."
Teodor nickte hastig. „Ich meine es ehrlich! Wirklich!"
Ich schnaubte leise. „Gut. Und damit du es nicht vergisst, Teodor, weißt du jetzt, was passiert, wenn du wieder Mist baust. Klar?"
„Ja, Sir!"
Ich schubste ihn leicht in Richtung der Schule. „Verschwinde jetzt. Und hör auf, so viele Süßigkeiten zu essen. Dein Gehirn besteht wahrscheinlich schon aus Schokolade."
„Meine Mom sagt, das ist gut fürs Gehirn!" murmelte er beleidigt.
Ich grinste kalt. „Dann bin ich mir sicher, deins ist längst weggeschmolzen. Ab mit dir."
Als Teodor eilig davonlief, spürte ich plötzlich, wie Jinho seine kleinen Arme fest um mein Bein schlang. Sein Gesicht war halb verborgen, aber ich konnte sein breites Lächeln deutlich spüren.
„Dankeee, TaeTae! Du hast dein Versprechen gehalten und mir geholfen. Du bist genauso wie Mama!" rief er voller Freude.
Ich lächelte sanft. Natürlich hatte ich mein Wort gehalten. Niemand legt Hand an meinen Sohn oder versucht, ihn klein zu machen – und wenn doch, wird er mich kennenlernen.
„Natürlich hab ich das, Kleiner," sagte ich und kniete mich zu ihm hinunter, sodass unsere Gesichter auf gleicher Höhe waren. Meine Hände legten sich beruhigend auf seine Schultern, meine Augen suchten seinen Blick.
„Aber hör mir gut zu, Jinho." Meine Stimme wurde weich, aber ernst. „Wenn der oder irgendjemand anders dich nochmal ärgert oder dir wehtut, sag es mir sofort. Keine Angst, keine Scham, verstanden? Ich werde mich darum kümmern. Immer."
Jinho sah mich mit großen, bewundernden Augen an, bevor er energisch nickte. „Mach ich, TaeTae! Ich verspreche es!"
„Gut," sagte ich zufrieden und zog ihn kurz in eine feste Umarmung. Ich spürte, wie sein kleiner Kopf sich auf meine Schulter legte, und für einen Moment fühlte ich eine Wärme.
Als ich mich von ihm löste, nahm ich seine kleinen Hände in meine und drückte sie sanft. „Jetzt geh und hab Spaß in der Schule, okay? Und denk dran: Du bist stärker, als du denkst."
Jinho nickte wieder, sein Lächeln strahlend und voller Zuversicht. „Ich weiß! Danke, TaeTae."
Bevor er ging, wuschelte ich ihm noch einmal durch sein zerzaustes Haar. „Los jetzt, kleiner Held."
Ich beobachtete, wie er ins Schulgebäude lief, mit mehr Selbstbewusstsein in seinen Schritten als je zuvor. Mein Herz schlug ruhiger, aber ich wusste: Das war nur der Anfang. Niemand würde meinem Sohn je wieder schaden – nicht, solange ich hier war.
•••
„Ich hab jetzt eine neue Freundin gefunden. Sie heißt Josy," erzählte Jinho, während er sich an mich kuschelte. Seine kleinen Arme lagen locker auf meiner Brust, und sein Kopf ruhte auf meiner Schulter.
Ich lächelte bei seiner unschuldigen Freude. „Das ist schön, Jinho. Wenn deine Mama wieder gesund ist, darf Josy sicher mal zum Spielen zu uns kommen. Was meinst du?"
„Mhm, das wäre toll," murmelte er, doch dann wurde er plötzlich still. Sein Atem war gleichmäßig, aber ich spürte, dass etwas in ihm arbeitete. Schließlich hob er den Kopf und sah mich mit diesen großen, ehrlichen Augen an.
„TaeTae, darf ich dich was fragen?"
Ich konnte nicht anders, als zu lächeln. Seine Stimme war so zart, so voller Vertrauen. „Natürlich, Kleiner. Was möchtest du wissen?"
Doch was er als Nächstes sagte, ließ mein Herz kurz aussetzen.
„Kannst du mein Papa sein?"
Für einen Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Die Frage kam so plötzlich und traf mich tief. Ich spürte, wie meine Kehle eng wurde.
„Jinho," begann ich zögerlich und strich ihm beruhigend über den Rücken. „Das ist... ein bisschen kompliziert. Wir sollten warten, bis deine Mama wieder bei uns ist. Dann können wir darüber sprechen."
Doch seine Stirn legte sich in Falten, und seine Unterlippe begann zu zittern.
„Aber ich hatte noch nie einen Papa!" brach es aus ihm heraus, seine Stimme bebend. „Jeder hat einen Papa. Nur ich nicht..."
Tränen füllten seine Augen, und sein Blick flehte mich stumm um eine Antwort an, die ich ihm nicht so einfach geben konnte.
„Jinho," sagte ich leise und wischte vorsichtig die ersten Tränen von seinen Wangen. „Du hast Mama, und sie liebt dich mehr als alles auf der Welt. Und ich bin auch immer hier bei dir. Du bist nie allein."
Doch er schüttelte den Kopf. „Ich hab Mama ganz dolle lieb. Aber... ich wünsch mir auch so sehr einen Papa. So jemanden wie dich, TaeTae. Du bist so toll! Warum kannst du und Mama nicht einfach heiraten?"
Ich konnte nicht anders, als bei seinen unschuldigen Worten leise zu lachen, obwohl ich fühlte, wie mein Herz schwer wurde.
„So einfach ist das nicht, Jinho," erklärte ich sanft und strich ihm durch sein weiches Haar. „Manchmal sind die Dinge ein bisschen... kompliziert."
„Wieso?" fragte er trotzig und sah mich mit einem ernsten Gesichtsausdruck an, den ich bei ihm selten sah. „Ihr würdet so gut zusammenpassen. Du passt zu uns!"
„Das glaube ich dir, Kleiner," antwortete ich mit einem sanften Lächeln. „Aber manche Sachen brauchen Zeit, und ich verspreche dir, dass du es irgendwann verstehen wirst."
Er seufzte, seine kleinen Schultern sanken leicht, doch dann schmiegte er sich wieder eng an mich.
„Ich hoffe es, aber... wenn dann will ich nur dich als meinen Papa. Sonst niemanden."
Seine Worte trafen mich wie ein Schlag. Ich spürte, wie meine Kehle erneut eng wurde, und dieses Mal konnte ich die Wärme in meinen Augen nicht ignorieren. Meine Hand strich weiterhin sanft über seinen Rücken, während er die Augen schloss und langsam zur Ruhe kam.
„Du bist der Beste, TaeTae," murmelte er schläfrig, bevor er endgültig einschlief.
Doch er konnte nicht sehen, wie mir leise Tränen über die Wangen liefen.
„Jinho," flüsterte ich, meine Stimme gebrochen. „Ich bin doch schon dein Papa. Ich war immer dein Papa, auch wenn ich es zu spät begriffen habe. Und ich verspreche dir, dass ich nie wieder wegsehe, nie wieder zu spät komme. Du und Mama, ihr seid alles für mich."
Ich drückte ihn sanft an mich und legte meinen Kopf leicht gegen seinen.
Er will nur mich als seinen Papa. Und ich würde alles tun, um ihm genau das zu sein – nicht nur jetzt, sondern für immer.
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