
⠀⠀𝟑𝟎⠀𝐃𝐢𝐞 𝐁𝐞𝐠𝐥𝐞𝐢𝐜𝐡𝐮𝐧𝐠 𝐞𝐢𝐧𝐞𝐫 𝐒𝐜𝐡𝐮𝐥𝐝
ᴰᶤᵉ ᴮᵉᵍˡᵉᶤᶜʰᵘⁿᵍ ᵉᶤⁿᵉʳ ˢᶜʰᵘˡᵈ
ᵉᵛᵉʳʸ ᵖᵃʳᵗ ᵒᶠ ʸᵒᵘ
ᵗʰᵃᵗ ᶜᵃᵐᵉ ᶠʳᵒᵐ ᵃ ᵈᵉᵃᵈ ˢᵗᵃʳ
ᶤˢ ᵃˡᶤᵛᵉ ᵃᵍᵃᶤⁿ
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Es war 3 Minuten vor elf, als Sirius, James und ich am 1. September 1976 durch die Absperrung zwischen Gleis 9 und 10 am Bahnhof King's Cross stolperten. Der Bahnsteig war leerer als normalerweise, denn die meisten Schüler hatten bereits im Zug Platz genommen. Wir eilten zur vordersten Zugtür und drängten uns hinein. Keine Sekunde zu früh, wie sich herausstellte, als das laute Pfeifen die Abfahrt einleitete. Innerlich bedankte ich mich bei den öffentlichen Verkehrsmitteln Londons für die Verspätung, da ich auf diese Weise einem eventuellen Zusammentreffen mit meinen Eltern am Gleis entkommen war. Trotzdem war es nicht gerade angenehm gewesen, das letzte Stück des Weges im Sprint zurücklegen zu müssen.
„Bei Merlins Unterhose, sie sind es wirklich!", schrie James auf, als er Remus und Peter in einem Abteil ganz vorne entdeckte und eintrat.
„Ich bin mir nicht sicher, ob sie das sind", warf Sirius ein. „So selten, wie sie mir geschrieben haben, könnte es gut sein, dass ich meine Freunde Remus und Peter gar nicht mehr erkenne."
„Es ist süß von euch, dass ihr nicht zugeben wollt, wie sehr ihr mich vermisst habt", grinste Remus und schloss seine besten Freunde in eine feste Umarmung, dicht gefolgt von Peter.
Da ich immer noch mitten im Gang herumstand, verabschiedete ich mich von den wiedervereinten Rumtreibern und machte mich auf die Suche nach meinen Freunden.
Ich fand Joshi in einem Abteil zusammen mit Alanya und Cecilia. Als er mich sah, sprang er auf und lief mir entgegen. Noch bevor ich das Abteil betreten konnte, war er mir schon um den Hals gefallen und drückte mich fest an sich.
„Ich hab dich vermisst", flüsterte ich an seiner Brust.
„Ich dich auch", murmelte er und zog mich mitsamt meinem Koffer und Bellonas Käfig herein. Erst da fiel mir auf, wer in dem Abteil auf der anderen Seite des Ganges saß: Evan, Severus und Regulus. Letzterer starrte auf die Stelle, an der Joshi und ich einen Augenblick zuvor gestanden hatten. Sein Blick strahlte Trauer aus, die sich in meinem Herzen spiegelte, doch als er merkte, dass ich ihn beobachtete, wandte er sich ab und seine Mine wurde ausdruckslos. Es versetzte mir einen Stich, ihn so zu sehen und ich nahm mir fest vor, das in den kommenden Wochen zu ändern. Ich hatte ihn damals weggestoßen, aber ich würde es nicht aushalten, ihn für immer zu verlieren.
„Ihr werdet nicht glauben was passiert ist", stieß Alanya begeistert aus, während Joshi meinen Koffer in die Gepäckablage hievte und ich die Abteiltür schloss.
„Spuck's aus."
„Cece weiß es schon, aber ihr zwei noch nicht." Sie besah meinen besten Freund und mich mit einem vielverheißenden Blick. „Walden, mein Bruder, hat ja letztes Jahr die Schule abgeschlossen. Seine UTZs waren gut, auch wenn das für den Dunklen Lord wohl kaum eine Rolle gespielt hat, als er ihn als Todesser ausgewählt hat. Ist das nicht krass? Er lud meinen Vater und meinen Bruder zu einem geheimen Initiationstreffen ein und hat alles besiegelt. Das ist so eine Ehre, findet ihr nicht auch?"
„Oh okay", antwortete ich stumpf, da mich diese Nachricht überrumpelt hatte. Ich hätte bei Alanyas Aufgeregtheit eine Geschichte über einen neuen Verehrer oder vielleicht auch über eine Hochzeit ihn ihrer Familie erwartet, aber nicht sowas.
Einen knapp 18-Jährigen zum Todesser zu machen, erschien mir sehr radikal. War das nicht etwas, das Erwachsene übernehmen sollten? Schließlich riskierte man im Dienst des Dunklen Lords sein Leben, oder nicht?
„Ich hätte mir schon bisschen mehr Enthusiasmus erwartet", gestand sie und Joshi ergriff das Wort: „Wenn es das ist, was dein Bruder in seiner Zukunft erreichen möchte, dann freue ich mich für ihn, dass er seinem Ziel so nahe ist." Damit schien Alanya zufrieden zu sein und begann von anderen mehr oder weniger spannenden Erlebnissen in ihrem Sommer zu erzählen.
„Wie geht es dir eigentlich?", fragte mich Joshi irgendwann. Ich sah zu meinen Zimmergenossinnen, die zwar in ein Gespräch über irgendein Ballkleid vertieft waren, aber trotzdem jedes Wort hörten, das wir sprachen. Beide waren meine Freunde, doch ich hatte noch keine Lust, ihnen von meinem Drama zu erzählen.
„Wir sollten bisschen rausgehen", bestimmte ich deshalb und ging mit Joshi zu dem kleinen Balkon am Ende des Zuges. Ich hatte ihm per Post alles über meine Flucht erzählt, also sagte ich schließlich: „Ganz gut, denke ich. Ich habe weder meinen Bruder noch meine Eltern seitdem gesehen, aber ich wüsste echt nicht, wie es jetzt noch schlimmer werden sollte."
„Warum hast du nie etwas gesagt?", hakte er nach und ich erzählte ihm von den Drohungen, sowie deren physischen Untermalungen seitens meines Vaters. Ich erzählte ihm von den Wutausbrüchen, von Kylans Nichtstun, von dem Fluch, der auf mir lag und den Tagen und Nächten, die ich ohne Essen in meinem Zimmer verbracht hatte. Ich erzählte ihm alles.
Als ich geendet hatte, war seine gebräunte Haut blass geworden und er schloss mich erneut fest in seine Arme. Mir war gar nicht klar gewesen, wie sehr ich diese Geste der Zuwendung gebraucht hatte, bis eine einsame Träne von meiner Wange rollte.
„Wegen deiner Fähigkeit haben wir nie etwas gemerkt... Kannst du mir das zeigen?", murmelte Joshi. Ich nickte und trat einen Schritt von ihm zurück, bevor ich die kleinen Verbesserungen an meinem Aussehen wie mit Wasser herunterspülte.
Meine grauschwarzen Haare waren zurückgekehrt und meine Knochen traten ebenfalls wieder stärker hervor, wenn auch bei Weitem nicht mehr so schlimm wie noch vor einigen Wochen. „Ich konnte alle Verletzungen verschwinden lassen. Zumindest oberflächlich. Unter der neuen Haut lagen die Blutergüsse versteckt."
Wir standen noch einige Zeit am Geländer, redeten und schauten zu, wie der Hogwartsexpress England hinter sich ließ. Irgendwann ging Joshi zurück ins Abteil und ich zog die kleine Tabakschachtel heraus, die sich stets in meine Jackentasche schummelte. Automatisch zog ich ein Zigarettenpapier heraus, häufte aber noch keinen Tabak darauf. Brauchte ich das überhaupt noch? Allein die Vorstellung des heißen Rauchs in meinen Lungen weckte Erinnerungen an Tage, die ich lieber vergessen würde. Aber den Geruch... Ihn hatte ich lieben gelernt.
„Evie?", unterbrach Sirius' fragende Stimme meinen Gedankenstrom. Aufgeschreckt drehte ich mich zur Tür um, in deren Rahmen besagter Black stand. Ein Bild zog vor meinem inneren Auge vorbei: Vor genau einem Jah. Genau die gleiche Situation. Es war seitdem so viel passiert...
Sirius schien dasselbe Déjà-vu zu durchleben, denn er malte diesen betörenden Ausdruck voll Hochmut und Charme auf sein Gesicht, den er so perfektioniert hatte. Dieser Ausdruck war eine Waffe, um seinem Gegenüber weiche Knie zu verpassen. Der Gryffindor war sich dessen nur zu gut bewusst und ich verfluchte mich selbst, dass er bei mir ebenfalls Wirkung zeigte.
„Hey Süße, bist du neu? An jemanden mit deinem Aussehen würde ich mich erinnern", zitierte er sein ein Jahr jüngeres Selbst.
„Hat so ein Spruch schon jemals funktioniert, Black?", erwiderte ich und gab mein Bestes, Sirius' vor lässiger Anzüglichkeit triefenden Tonfall nachzuahmen.
„Oft genug", sagte er ohne jegliche Anwandlung von Selbstgefälligkeit oder Abweisung in seiner Stimme, sodass sich die Szene, in der wir uns befanden, plötzlich auf fast ironische Weise vom letzten Jahr unterschied.
Als Sirius sich neben mir an das Geländer lehnte, wurde mir klar, dass wir – obwohl wir den halben Sommer unter einem Dach gelebt hatten – nie Zeit zu zweit verbracht hatten. James war immer da gewesen. Er war für mich ein Puffer gewesen, der mich unbewusst von seinem besten Freund abgeschirmt und damit verhindert hatte, dass ich mich komplett verlor. Aber jetzt und hier war er nicht da. Es waren nur Sirius und ich und ich hatte auf einmal vergessen, wie ich mich normalerweise verhielt.
„Jetzt doch wieder schwarz?", brach Sirius die kurze Stille.
„Hm?", fragte ich verwirrt.
„Deine Haare." Er streckte den Arm nach mir aus und ließ eine Strähne meines grauschwarzen Haares durch seine Finger gleiten.
„Bei Merlin, nein!", rief ich, als mir wieder einfiel, dass ich Joshi vorhin meine Fähigkeit demonstriert hatte. Ich wollte schon die Augen schließen, um meinen Körper erneut anzupassen, als sich Sirius' Hand auf meine legte und mir damit jegliches Quäntchen an Konzentrationsfähigkeit stahl.
„Erinnerst du dich noch an den Gefallen, den du mir schuldest? In den Weihnachtsferien... Wegen deines Zauberstabs?" Klar erinnerte ich mich daran. Ich hatte wochenlang damit gerechnet, dass sich der Rumtreiber irgendeine peinliche Aufgabe für mich ausdenken würde, oder mich seine Hausaufgaben machen ließ oder sowas. Aber was wollte er jetzt damit?
Auf mein zögerliches Nicken sagte er: „Ich will ihn jetzt einlösen. Versprich mir, dass du dein Aussehen nie wieder wegen einer anderen Person verändern wirst. Du musst nicht unverwundbar wirken und erst recht musst du deinen Vater nicht mehr schützen. Ändere deine Haarfarbe, wenn es das ist, was dir gefällt, aber zeige deinen Körper so wie er ist. Das bist du, versteck' dich verdammt nochmal nicht."
„Dafür willst du deinen Gefallen verschwenden? Nur damit ich wie ein Skelett durch die Schule wandere?", fragte ich ihn spöttisch, während ich meine Haare bereits wieder einfärbte. Es war ein kläglicher Versuch, herunterzuspielen, wie tief mich seine Worte getroffen hatten.
„Für mich ist es keine Verschwendung. Und du siehst auch überhaupt nicht aus wie ein Skelett. Es geht nur darum..." Sirius geriet ins Stocken und schlang sich geistesabwesend eine dünne Strähne meines offenen Haares um die Finger.
Wir standen nur ein oder zwei Fuß weit voneinander entfernt. Ich müsste meinen Arm kaum anheben, um ihn ebenfalls zu berühren.
Mein Atem ging flach, als er mit dem Fingerknöchel aus Versehen meine Wange streifte. Dann ließ er die Strähne fallen, als hätte er plötzlich gemerkt, was er da tat.
„Früher ist es mir nie aufgefallen", sprach Sirius weiter, „aber seitdem ich weiß, wie du wirklich bist, erscheint mir dein verändertes Aussehen irgendwie... künstlich. Wie eine Verkleidung - Eine Maske."
„Genau deswegen mache ich das ja", versuchte ich mich zu erklären.
„Ich weiß. Aber das hast du überhaupt nicht nötig, verdammt! Niemand zwingt dich mehr dazu, dich an ein Ideal anzupassen. Für mich bist du genau so, wie du hier stehst, am schönsten."
Hitze stieg in mir auf. Die Schmetterlinge in meinem Bauch flatterten um die Wette, als das Gesagte in meinen Gedanken nachhallte. „Du findest mich also schön?", hakte ich grinsend nach und ärgerte mich im nächsten Augenblick sofort darüber.
Wieso musste ich jeder Situation, die mir zu naheging, mit Sarkasmus und Kälte begegnen?
Sirius musterte mich mit einem so intensiven Blick, dass ich Angst hatte, unter ihm zusammenzubrechen. Ich fixierte mich auf ihn, auf seine ganze Präsenz. Die Lok, die Fahrtgeräusche, der Wind – alles rückte in den Hintergrund. Ich nahm seinen Duft nach Rauch und Holz wahr und spürte förmlich, wie seine Augen von meinen Beinen über meinen Bauch, meine Brust und mein Gesicht hinweg wanderten, bis sie die meinen trafen. Im Grau seiner Iriden wütete ein Unwetter, das ein Spiegelbild zu dem Gefühlsturm darstellte, der in mir brodelte.
Im nächsten Moment geschah alles ganz schnell.
„Und wie ich das tue", raunte Sirius. Sein Blick huschte zu meinem Mund, während er einen Schritt auf mich zu machte und die Distanz zwischen uns überwand. Er schlang seine Arme um meine Taille und legte seine Lippen auf meine.
Ich brauchte einen Wimpernschlag, um mich aus meiner Starre zu lösen, bevor ich meine Hände an seinen Nacken schmiegte und ihn näher zu mir heranzog.
Der Kuss löste einen Knoten tief in meinem Inneren, der sich der sich während der vergangenen Monate in den Schatten meiner düsteren Gedanken immer mehr verhärtet hatte. Sirius' Wärme erfüllte mich und gegenseitig schirmten wir uns von allem anderen ab.
Während er meinen Mund mit seinen Lippen liebkoste, konnte ich jeden einzelnen seiner Finger an meinem Rücken wahrnehmen, spürte seinen sanften Atem über meine Wangen streichen, realisierte wie sich sein ganzer Körper gegen mich drückte.
Es gab nur uns beide.
Als wir uns voneinander lösten war es, als würde der Junge all die Hitze mit sich ziehen und ich fühlte mich auf einmal leer und kalt, obwohl meine Haut noch glühte.
„Du bist ja ganz rot geworden", grinste Sirius. Von seiner vormaligen Grübelei war kein Funken mehr übrig.
„Dafür sind deine Haare ganz schön zerzaust, da solltest du dringend was machen lassen", erwiderte ich. Es kostete mich all meine Anstrengung, diesen normalen, scherzhaften Ton anzuschlagen.
„Hier draußen ist es so windig, da würde eh nichts helfen", erklärte er und wie zur Bestätigung folgte der Hogwartsexpress den Schienen in eine Kurve, was uns dem Fahrtwind ungeschützt aussetzte.
„Was jetzt?", fragte ich zögernd.
„Ich weiß es nicht", antwortete Sirius und klang dabei so, als wäre das Thema hiermit für ihn beendet.
Also murmelte ich etwas darüber, dass ich sowieso schon viel zu lange hier draußen gewesen sei, drehte mich um und ging allein zurück zu meinem Abteil.
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ᵒʳᶤᵍᶤᶰᵃˡ ᶠᵃᵐᶤˡʸ ᵈᶤˢᵃᵖᵖᵒᶤᶰᵗᵐᵉᶰᵗ
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