𝐓𝐡𝐞𝐫𝐞 𝐰𝐚𝐬 𝐧𝐨 𝐨𝐭𝐡𝐞𝐫 𝐰𝐚𝐲
Wir sind jetzt im Endspiel...
Es war vollbracht worden. Die Hälfte allen Lebens ausgelöscht mit einem einzigen Fingerschnippen.
Und nun waren wir hier.
Ich blickte mich um.
So viele verwirrte Gesichter.
Ich war wohl allen eine Erklärung schuldig. Doch bevor es dazu kommen konnte, hatte mich schon der Spinnenjunge erspäht und rannte atemlos auf mich zu.
"Was ist da gerade passiert, Mister - Verzeihung, Doctor Strange, Sir? Wo sind wir hier? Und all die anderen, was ist mit ihnen? Werde ich Mr. Stark jemals wiedersehen? Haben wir gewonnen, Sir? Ich bin tot, oder? Oh mein Gott, das kann doch nicht sein, oder? Ich meine, ich saß sozusagen gerade noch im Schulbus und dann bin ich von Mr. Stark zum Avenger gemacht worden und ich war im Weltraum und jetzt bin ich hier und ich fühl mich wirklich nicht gut, das ist alles zu überwältigend. Einfach abgefahren. Naja, nicht die Tatsache, dass ich tot bin - das bin ich doch, oder nicht? Ich habe es mit meinem Spinnensinn - okay, ich klinge jetzt vermutlich nach 'nem absoluten Freak, Sir, aber so von Avenger zu Avenger, Sie sind das ja sicher gewohnt, Leuten mit seltsamen Fähigkeiten zu begegnen - naja jedenfalls hab ich gespürt, dass ich sterbe und wollte mich dagegen wehren, aber es ist einfach so passiert. Das war so 'wooosh' und weg war ich! Tante May wird mich umbringen - naja, falls das überhaupt noch möglich ist... Was geht hier eigentlich vor sich? Oh man, ich glaub ich hyperventiliere - Sir?"
Der Junge stoppte mitten in seinem Redefluss als er meinen abwesenden, undurchdringlichen Blick bemerkte.
"Wir sind jetzt im Endspiel."
Ich hielt es im Moment nicht für nötig, mehr zu sagen.
"Sir? Ich verstehe nicht ... Was für eine Art von Endspiel?"
Ich war es nicht gewöhnt, dass man Dinge in Frage stellte, die ich verlautbarte, doch der Kleine tat mir leid.
"Das Endspiel gegen Thanos."
"Sie haben das Ende gesehen, oder?"
Der Junge wirkte nervös.
"14 000 605 Mal."
"... und?"
"Es gab keinen anderen Weg."
Auch ohne mein multiples Bewusstsein wäre mir klar gewesen, dass diesen Kampf nicht alle überleben konnten. Helden brachten immer Opfer. Und dennoch wünschte ich, es würde anders verlaufen können.
"Ich bin nicht sicher, ob ich Ihre Aussage gut oder schlecht finden soll, Sir", riss mich der Junge aus meinen Gedanken.
"Es wird alles so kommen, wie es kommen muss."
Wenn du wüsstest, Junge.
Ich war versucht, ihm als Trost zumindest zu sagen, dass wir gewinnen würden. Doch damit alles so kam, wie es kommen musste, durfte ich unter keinen Umständen irgendjemanden hier beeinflussen. Es könnte alles zunichte machen.
Der Tod ist das, was dem Leben Bedeutung gibt.
War es nicht möglich, seinem Leben auf andere Weise Bedeutung zu geben?
Warum waren so große Opfer nötig, um diese unperfekte Menschheit zu retten, die sich eines Tages selbst vernichten würde, wenn sie nicht gerade einer Bedrohung aus dem All unterlag? Verdiente es diese überhaupt, gerettet zu werden?
Als ich auf die Schar von gefallenen Helden um mich herum blickte, erkannte ich jedoch, dass sie alle sich freiwillig dazu entschieden hatten, diesen Kampf zu kämpfen, für all jene, die sich nicht selbst verteidigen konnten. Sie hätten den einfachen, bequemen Weg wählen können. Sie hätten sich in ihren Häusern verkriechen, ein normales Leben führen und ihre Begabungen und Fähigkeiten verdrängen können.
Doch sie hatten alles gegeben und nun waren sie hier.
Was, wenn es ein Fehler gewesen war, Thanos den Zeitstein zu überlassen?
Was, wenn ich mich geirrt hatte?
Was, wenn ich der Grund für Thanos' endgültigen Sieg war?
Was, wenn es einen Weg gegeben hätte, all dieses Leid, diese Verluste zu verhindern?
Doch ich kannte die Antwort selbst. Ich hatte das Endspiel 14 000 605 Male gesehen.
Ich irrte mich nie.
Und es hatte einfach keinen anderen Weg gegeben.
Voller Schmerz sah ich in den orangefarbenen Himmel. Was war ich für ein Mensch, dass ich Anthony Stark gerettet hatte, nur, damit er sich später für alle opfern konnte?
Ich verachtete mich selbst.
Doch es gab keinen anderen Weg.
Niemand wusste dies besser als ich.
Es tut mir so leid, Tony. Ich wünschte, es würde einen anderen Weg geben, irgendeine Lösung, bei der wir niemanden verlieren müssten. Ich habe deine Tochter in der Zukunft gesehen. Ich wünschte, es gäbe einen Weg, dass du sie aufwachsen siehst. Ich weiß, dass du bereit sein wirst, wenn dein Augenblick gekommen ist, doch ich wünschte, dass du es nicht sein müsstest. Wenn das Schicksal doch nur einmal einem Helden ein glückliches Ende zugestehen würde!
"Sir? Ist alles in Ordnung?", unterbrach Peter meine Gedanken.
"Ja... ja... Es ist nur..."
"Schuldgefühle?"
Erstaunt sah ich in die braunen Augen des Jungen, aus denen trotz seines Alters so viel Weisheit sprach.
"Wissen Sie, Sie sind nicht der einzige.
Mit großer Macht kommt auch große Verantwortung und so. Sich schuldig zu fühlen ist wohl das Kreuz von uns Superhelden. Aber ... naja, falls mein Urteil irgendetwas bedeutet - ich bin schließlich nur ein High-School-Schüler und Sie, Sir, sind einer der abgefahrensten -"
Verlegen und zugleich beinahe ehrfürchtig sah er zu mir auf. Mein Herz schmolz dahin. Ich wusste nicht, womit ich diese Bewunderung verdient haben sollte.
Warm erwiderte ich: "Du bist viel mehr als du glaubst, Kleiner. Und dein Urteil zu hören wäre mir sehr viel wert."
Peter strahlte von einem Ohr zum anderen bei meinen Worten.
"Ich glaube Sie schlagen sich gut, Sir. Wenn irgendjemand fähig ist, diese Verantwortung zu tragen, dann Sie. Ich verstehe zwar immer noch nicht, was genau hier abgeht, aber ich werde Ihnen folgen, wohin Sie uns auch führen. Mit Ihnen werden wir dieses Endspiel bestimmt gewinnen."
Gerührt sah ich den Jungen an. Ich fand keine Worte, also strich ich ihm kurz über sein Haar und wandte mich dann ab.
Während ich mich von ihm entfernte, um die Runde zu machen, hörte ich noch, wie er Peter Quill in eine angeregte Diskussion verwickelte.
"Mr. Star-Lord, kommt Ihnen das alles nicht auch wie in diesem ziemlich alten Film vor...?"
Wem auch immer ich auf meinem Rundgang begegnete, es war mir nicht möglich, die Person an sich zu sehen. In jedem Gesicht sah ich dessen Schicksal. Ich hatte die Zukunft gesehen und diese hatte sich unauslöschlich in meinen Kopf eingebrannt. Es war wie ein Fluch. Ich wurde von meinem Wissen verfolgt, heimgesucht.
Und jedes Schicksal, welches ich scheinbar besiegelt hatte, vergrößerte das Gewicht der Schuld, das auf meinen Schultern lastete.
Ich war verantwortlich, für was auch immer mit ihnen geschehen würde.
Zumindest fühlte es sich so an.
Doch tief in mir wusste ich:
Es hatte keinen anderen Weg gegeben.
Das einzige, was mir jetzt noch verblieb, war, dafür zu sorgen, dass alles so geschah, wie es geschehen musste.
Ich musste die Avengers vorbereiten auf den großen Moment, wenn wir mit unserer geballten Kraft und Stärke in die finale Schlacht ziehen würden.
Große Verantwortung ruhte auf mir.
Wenn auch nur ein winziges Detail schiefging, würde es unseren Untergang bedeuten.
Wir hatten diese eine Chance.
Eine Möglichkeit aus vierzehn Millionen.
Ich durfte nicht versagen.
Doch wenn wir gewinnen wollten, gab es hier noch eine Menge zu tun. Es galt jetzt, jeden Moment zu nutzen bis unsere Zeit gekommen war.
Mein Blick schweifte über die Gefallenen.
Wir waren sicher nicht schlecht aufgestellt.
Vor allem aber würden wir bereit sein.
Dies war der einzige Weg. Und ich schwor mir, dass es die Opfer wert sein würde.
Anthony, Natalia, all ihr tapferen Helden, wir werden euch 14 000 605 Mal unsere tiefste Ehrerbietung schulden, wenn dies alles vorbei ist.
Ich suchte meinen sehr guten Freund in der Menge.
"Wong? Zeig mir, was wir zu bieten haben."
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