𝐂𝐡𝐚𝐩𝐭𝐞𝐫 𝟑
Mein Blick liegt auf dem Buch, welches aufgeschlagen auf dem Boden liegt. Auch ohne zu wissen, wer es war, wusste ich, dass Valerie hier oben gewesen ist. Ich fahre mir durch das Gesicht und fluche vor mich her. Wer weiß was sie alles mitgehört hat. Nichts war für ihre Ohren bestimmt. Rein gar nichts. Es war nicht einmal so, dass ich ihr das Leben schwer mache. Ich lasse sie kostenlos bei mir wohnen, gebe ihr so gut wie jeden Freiraum, den ich ihr bieten kann. Und dennoch verstößt dieses dumme Mädchen gegen das einzige, was ich ihr verboten habe.
Gehe nicht in den ersten Stock.
Hatte sie einen Drang, sich umzubringen? Unwahrscheinlich war es mit Sicherheit nicht, nachdem was Alexander ihr angetan hat. Beides Dummköpfe. Anders konnte ich es einfach nicht beschreiben. Es war nicht so, dass ich ohnehin schon genug am Hals habe. Angefangen mit der Suche nach einem neuen Finanzberater. Mein Alter wurde schließlich von der Frau getötet, die sicherlich in ihrem Zimmer vor Angst zittert. Sollte sie auch. Valerie soll sehen, dass ich nicht viel von Verstößen halte.
»Und was war es?« fragt Felix, welcher neben mir aus der Tür getreten ist. Sein Blick gleitet zu dem Buch auf dem Boden und er sieht mich an. »War es deine neues Spielzeug?«
»Sie ist kein Spielzeug.« erwidere ich schärfer als beabsichtigt.
»Sicher. Die Frau ist genauso wie die anderen Huren, die du gerne einlädst. Wobei. Ist eine von denen jemals eine Mörderin gewesen? Oder ist das ein neuer Fetisch von dir? Freilaufende Gesetzesbrecherinnen zu ficken?«
In mir brennt eine Sicherung durch. Meine Faust trifft das Gesicht meines besten Freundes.
»Wehe du sagst das nochmal.« Ich knurre gefährlich leise und atme schwer. Felix hält sich seine linke Gesichtshälfte. Mein Schlag war nicht wirklich sanft gewesen.
»Alter, was ist dein scheiß Problem? Seit wann bist du so eine Pussy geworden?« Flucht der Brünette und verzieht das Gesicht. »Dich hat ja noch nie sowas aus der Fassung gebracht.«
»Halt deine Fresse du Arsch.« grummle ich zurück und balle meine Hand zu einer Faust. Ein leichtes Ziehen macht sich in dieser breit. Verdammte Gesichtsmuskeln. Warum waren diese auch immer so hart?
»An deiner Stelle würde ich das unter Kontrolle bekommen, Mann. Ich fahre nach Hause. Melde dich, wenn du wieder heruntergekommen bist.« sagt Felix und geht die Treppe herunter. Ich bleibe vor meinem Büro stehen, bis ich das Schließen der Haustür höre. Erst dann atme ich durch, bevor ich selber in das Erdgeschoss gehe. Zielsicher führen mich meine Schritte in die Küche und ich hole aus einem Schrank ein Glas, sowie eine Flasche Bourbon raus.
Die goldene Flüssigkeit füllt mein Glas und ich stelle die Flasche weg, als ich zufrieden mit der Menge bin. In drei Schlucken kippe ich schon den Alkohol herunter und knalle das Glas zurück auf die Arbeitsplatte. Erst dann Krempel ich die Ärmel meines Hemdes hoch und gehe zum Zimmer in dem Valerie untergebracht ist.
Durch meine Venen sprüht meine Wut und ich wusste genauestens, dass ich mich zügeln muss um keine Dummheiten zu machen. Diese Frau war einfach zu naiv, als das sie merken muss was für einen Schaden sie doch angerichtet hat.
Alexander hatte ihr nie gesagt, was er wirklich macht. Natürlich hatte er neben seiner eigentlichen Arbeit bei mir, auch seine eigenen Geschäfte geführt. Dennoch war er ein primärer Mitarbeiter und Funktionär meiner Mafia.
Los siete Pecados, sowie meine Brüder und ich uns nannten war mit Abstand die gefürchteteste Gang in Amerika.
Wir beherrschen ganz Amerika.
Wir sind es, die im Hintergrund die Fäden ziehen und sagen wo es lang geht. Niemand hat eine Chance gegen uns.
Meine Brüder und ich haben uns langsam wie Parasiten eingenistet, unsere Krankheit verteilt bis wir nicht mehr zu vernichten waren. Wir waren die Sünden der Menschheit, verkörpern exakt das was von der Bibel im Christentum verteufelt wird.
Natürlich blieb das nicht lange unbekannt und schon bald hatten wir eine nette Anzahl an Feinden gemacht, die nur darauf warten unser Reich stürzen zu können. Denn sie alle waren ebenso Machthungrig wie es ein Mitglied der Los siete Pecados ist. Und genau so unberechenbar wie ein es eine Todsünde ist.
Meine Faust hämmert gegen das weiße Holz der Tür. Ich lausche in die Stille meiner Wohnung herein. Ganz leise nehme ich war, wie sich in dem Zimmer hinter der Tür etwas bewegt. Leise, vorsichtig aber für mich deutlich hörbar. Valerie wagt es doch tatsächlich sich vor mir zu verstecken.
Navies Mädchen, denke ich mir erneut. Das gute an dem ganzen ist jedoch, dass sie weiß wo ihr Platz ist. Vor Angst zitternd auf dem Boden. Schließlich sollte sie dies auch.
»Ich weiß das du da drinnen bist Valerie. Du kannst dich nicht vor mir verstecken.« rufe ich der geschlossenen Tür zu.
»Wir beide wissen, dass du was verbotenes getan hast. Dein Verstand und dein Körper verraten es dir. Entweder machst du es uns nun beiden leicht und kommet heraus oder...-« ich stoppe in meiner Drohung. Ein gefährliches kaltes Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus. »Wir spielen etwas Katz und Maus.«
***
»Lass mich los! Lass mich verdammt nochmal los du Arschloch.« Valerie versucht sich verzweifelt aus meinem starken Griff zu wenden, indem sie wie ein wirrer Strudel um sich tritt und schlägt. Ich lache kalt auf und verfestige meinen Griff um ihre zierlichen Arme.
»Ich habe dich gewarnt. Du hast dich gegen die leichte Tour entschieden und daher machen wir es nun auf meine Art.« antworte ich der Frau in meinen Armen. Nachdem ich in ihr Zimmer gekommen bin, hatte Valerie sich hinter dem Bett versteckt und mich mit allem beworfen, das in ihrer Reichweite war. Kissen, sogar Schuhe und auch eine kleine Lampe -woher sie auch immer diese hatte-. Als ihr näher gekommen bin, hat die junge Frau versucht, über das Bett in den Flur zu flüchten. Jedoch hatte sie die Rechnung nicht mit meinen schnellen Reflexen gehabt.
Ich hatte sie an den Fußgelenken gepackt und zu mir hergezogen. Und nun ziehe ich sie erneut mit in mein Büro, was sich jedoch nicht so einfach herausgestellt hat wie ich gedacht habe.
Valerie beginnt in einer Tour zu fluchen, die ich von ihrem Auftreten nicht ansatzweise erwartet hätte. Dennoch amüsiert es mich sehr. Ob sie sich manchmal auch so verbal gegen Alexander gewehrt hat? Wahrscheinlich nicht. Ihre Flucht- und Beschützerinstinkte sind sicher durch Alexander geschädigt und gar zerstört worden. Sie wurde zu sehr von ihm gebrochen. Das wusste ich ohne, dass mir mein Finanzberater es mir selber sagen musste.
Ich habe es immer gesehen. An seinen Verletzungen, an den Handgelenken oder an seiner Stimmung. Oder auch an den Kratzern, welche Valerie erfolgreich zwischendurch an seinem Körper hinterlassen hat, als sie sich versucht hat zu wehren.
»Du mieser...-«
»Bastard, Hurensoh, was Valerie. Was bin ich? Denkst du, ich habe sowas nicht schon längst gehört. Sowas ist nichts neues für mich. Vor allem aus dem Mund einer Frau.« erwidere ich gelangweilt. In der Tat war es nichts Neues für mich. Vor allem wenn ich die Frauen nach ihren nächtlichen Besuch hochkant aus meiner Wohnung schmeiße. Beleidigen war da definitiv an der Tagesordnung.
Wir erreichen die Treppen und ich schließe meine Arme um ihre Körpermitte. Weiter windet sich Valerie in meinen Armen und auch Ihre Beleidigungen beginnen sich zu wiederholen. Allmählich frage ich mich, ob sie in ihrem Kopf eine hängende Schallplatte hat, die sich immer und immer wiederholt. Müde scheint sie jedenfalls nicht zu werden. Es scheint, als würde sie mit jeder Wiederholung noch wütender werden.
Ich stöhne genervt auf und trage die Brünette die Stufen nach oben. Ich höre ein Schluchzen und schaue auf Valerie herab. Ich hatte nicht mitbekommen, dass sie angefangen hat zu weinen. Leise schluchzt sie vor sich hin, während sie immer noch versucht, mich mit Beleidigungen zu bekämpfen. Sie war also nicht nur naiv, sondern auch noch empfindlich.
Grauenhaft. Einfach nur grauenhaft.
Ich versuche mich nicht davon beeinflussen zu lassen. Stattdessen überwinde ich die letzten Treppenstufen und gehe geradezu auf mein Büro zu. Mit meinen Ellenbogen versuche ich die Tür zu öffnen, was sich als keine schwierige Aufgabe herausstellt. Valerie hatte sich irgendwann zwischen meinem bemerken ihrer Tränen und den letzten Metern zum Büro in einen weinenden Fluss verwandelt. Zum Glück musste ich nicht meine Kraft gegen ihre nutzlosen Verteidigungen verschwenden.
Ich setze Valerie auf einen der Stühle vor meinem Schreibtisch ab, bevor ich diesen umrunde und mich ihr gegenüber hinsetze. Beiläufig räume ich die herum liegenden Dokumente zusammen. Valerie musste nicht unbedingt wissen, worum sich meine Geschäfte drehen.
»So, da wir es nun in mein Büro geschafft haben, können wir reden.« sage ich zu meiner Gegenüber und lehne mich in meinem schwarzen Ledersessel zurück. Valerie sieht auf dem dunklen Walnussholzstuhl wie ein Schluck Wasser in der Kurve aus. Armes Ding. Bei meinen Worten kauert sie sich noch mehr zusammen und schaut durch ihren dunklen Wimpern zu mir hoch. Zwischendurch wandern ihre Augen durch mein Büro und mustern dieses argwöhnisch.
Zugegeben, es war nicht wirklich besonders, es war in meinen Augen normal. Hinter meinem Schreibtisch war eine Fensterfront, die einen wunderschönen Ausblick auf New York liefert, wenn ich meine schwarzen Gardinen offen habe. Links neben meinem Schreibtisch an der grauen Wand hängt eine Pinnwand, die aktuell leer ist und somit den einzigen Kontrast zu den weißen Schränken im Raum gibt.
»Was hast du alles gehört?« falle ich direkt mit der Tür ins Haus und bohre meine braunen Augen in ihre blassblauen. Fast schon hatte ich das Gefühl, ihr direkt in die Seele zu schauen. Sie ist wie ein offenes Buch, das man lesen kann, wann man es immer möchte. Ich sehe, wie sie schluckt.
»Nichts?« sagt sie leise und kauert sich noch mehr zusammen. Ich seufze und verschränke meine Arme vor der Brust.
»Valerie. Du weißt, dass ich nicht spaße, wenn ich sage, dass ich es auf eine harte Tour mache. Und du willst sicher nicht meine harte Tour erleben.« erwidere ich gefährlich leise. Auch wenn ich weiß wer sie ist und was sie durchgemacht hat, würde ich nicht davor zurückschrecken, sie zu foltern. Denn da war sie dann doch wie jeder andere Mensch für mich. Jemand Unbedeutendes.
Ich hätte es nicht gedacht, aber Valerie machte sich noch kleiner, als sie es ohnehin schon war. Fast glaube ich, dass sie noch aus dem Stuhl fallen wird, so nah sitzt sie mittlerweile am Rand.
»Ich habe wirklich nichts Bedeutendes gehört. Ehrlich. Selbst wenn ich etwas mit diesen Informationen etwas anstellen könnte, wüsste ich nicht einmal, was für einen Zusammenhang diese haben.« beteuert die Brünette weiter. Ich hebe eine Augenbraue und symbolisiere ihr sehr deutlich, dass ich ihren Lippen keinen Glauben schenke. Valeries Ausdruck wird von panisch zu verzweifelt. Ich bringe sie alleine schon mit meiner Art und Weise an ihre Grenzen. Immerhin war sie es, die gerade versucht ihren Arsch aus dieser Situation zu retten. Mich juckt es recht wenig, ob sie nun gänzlich verzweifelt oder ob sie einfach einknickt und alles macht, was ich sage. Wobei ich es lieber hätte, würde sie einfach gestehen, was sie gehört hat, damit ich ihr nicht jede noch so kleine Sache aus der Nase herausziehen muss.
»Ich schwöre es dir. Ezra, bitte. Ich habe nichts gehört, was mich weiterbringen könnte.« redet Valerie verzweifelt weiter. » vor allem was sollte ich machen? Zur Polizei gehen wäre mit Abstand das schlechteste was ich machen könnte, außer ich will selbst auf dem Todesstuhl enden.«
Das Lachen, das meine Lippen verlässt, ist trockener als die Sahara es ist. Und dennoch hat die Brünette mir gegenüber recht. Wollte sie direkt sterben, dann sollte sie sofort zur Polizei gehen. Aber anscheinend war sie doch nicht so naiv, wie ich es vorher angenommen habe. Immerhin scheint es mir, als wüsste sie sehr gut, was sie erwartet, wenn sie sich an die Polizei wenden würde.
Dass man bisher keine Tatwaffe gefunden hatte, wussten wir beide. Ich hatte es Valerie persönlich gesagt. Mehr wusste die junge Frau jedoch nicht. Das sollte sie auch nicht. Ansonsten würde es mir sehr viel schwerer fallen, sie zu kontrollieren.
Und wo bleibt dann der Spaß ihr vorzuenthalten, dass die Polizei den Fall schon längst weggesperrt hat. Nicht nur zu letzt, weil ich dafür verantwortlich war. Ich brauchte keine herumschnüffelnden Hosenscheißer die Fragen stellen und in Sachen geraten, die sie nicht sollten.
»Valerie. Mich interessiert es recht gering, was du alles machen oder nicht machen kannst. Mir geht es hier nur um Fakten. Was hast du gehört? Oder muss ich andere Methoden anwenden, um diese Erinnerungen aus die herauszubekommen? Es ist mir persönlich auch scheiß egal, wie unwichtig du es findest. Sag es mir. Jetzt.« Aufgrund meines Tonfalls mache ich ihr mehr als klar, dass meine Geduld ihr Ende nimmt. Wäre sie nicht sie, dann hätte ich sicher schon angefangen, ihren kleinen Körper zu massakrieren. Valerie schlingt ihre Arme um den Oberkörper und wendet ihren Blick von mir ab. Ihre Körpersprache verrät mir, wie sie mit sich hadert. In ihrem Kopf rattern sicherlich tausende Zahnräder, während sie ihre nicht wirklich vorhandenen Optionen durchgeht.
»Es war nicht viel. Nur dass irgendjemand Wichtiges gestorben ist. Jemand, der wichtig für dein Geschäft war. Und dass man sie immer noch sucht und noch nicht gefunden hat. Also die Mörderin. Und dann noch etwas, von nur einer einzigen Option, die ihr habt.« gesteht Valerie schließlich und ihr Körper spannt sich augenblicklich an. Fast so, als würde er erwarten, dass als Belohnung etwas noch schlimmeres passiert.
Ich löse meine Arme von meinem Oberkörper und lehne mich nach vorne. Mit den Unterarmen stütze ich mich an meinem Schreibtisch ab. Ich mustere die Frau vor mir. Ihre Atmung geht schnell, ihre Fingerknöchel sind weiß so fest umgreift sie ihre Arme. Sie hat sich zusammengekauert und weicht meinen Blick aus.
»Geht doch. War es so wirklich so schwer?« Frage ich sie und lege meinen Kopf etwas schief. Ihr Blick fällt wieder auf mich und sie reißt ihre blassblauen Augen auf. Ihr Mund öffnet sich kurz, ehe ihre Lippen erneut aufeinander treffen. Zaghaft schüttelt sie ihren Kopf.
»Worte Valerie. Ich brauche Worte.«
»Nein. Nein war es nicht.«
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