
„Träumst du immer noch?"
Die Hexe hatte den Wasserfall erreicht. Um sie herum lag nun nicht überall mehr Schnee, es waren ganz deutlich grüne Flächen zu sehen. Jetzt war Edmund ganz froh, dass er seinen Mantel bei den Biebern gelassen hatte, denn es wurde stetig wärmer. Das Kleid der Hexe war jetzt nicht mehr strahlend blau und grau sondern nur noch grau und es hing schlaff herunter. Ihre Krone war nur noch halb so groß wie sonst. Es schien, als würde ihre Kleidung ihre Macht repräsentieren. Zusammen mit Edmund und dem Zwerg schaute sie hinunter auf die tobenden Fluten des Wassers. Die Hexe war wütend. Ihr Zauber wurde schwächer und jetzt waren ihr die Pevensies durch den Leim gegangen. Ihre Wut verstärkte sich, als der Zwerg neben ihr sagte:„Ziemlich warm heute", und seinen Mantel auszog. Sie starrte ihn wütend an. Da ließ er seinen Mantel an. „Ich werd Mal nach dem Schlitten sehen", meinte er, um der Hexe zu entkommen. Edmund grinste schadenfroh. „Meine Königin", sagte eine Stimme von hinten. Edmund drehte sich erschrocken um und auch die Hexe sah den Sprecher an. Das Wolfsrudel war da und der eine hielt den Fuchs im Maul. Dass er seinen Geschwistern aus der Patsche geholfen hatte, wusste Edmund natürlich nicht, aber er hatte trotzdem Mitleid.
„Wir haben den Verräter gefunden!", fuhr der Wolf fort. „Er hat eure Feinde vor uns versteckt!" Maugrim, der den Fuchs gehalten hatte, ließ ihn fallen. Der Fuchs jaulte vor Schmerzen. Edmund realisierte, dass dieser Fuchs seinen Geschwistern geholfen haben musste. „Ah, nett, dass du vorbeischaust", sagte die Hexe mit künstlich freundlicher Stimme und schritt auf den Fuchs zu. „Du hast meinen Wölfen gestern sehr geholfen! Vielleicht kannst du mir jetzt helfen." Der Fuchs senkte seinen Kopf und sagte:„Es tut mir leid, eure Majestät!" Die Hexe fauchte:„Vergeude meine Zeit nicht mit Schmeicheleien!" Der Fuchs hob den Kopf und beäugte die Hexe. „Ich will ja nicht unhöflich sein, aber ich habe eigentlich nicht mit euch geredet!" Die Hexe zog eine Augenbraue hinauf. Dann schaute sie zu Edmund,der sich unwohl in seiner Haut fühlte. Er wusste ja nichts über die Prophezeiung über Cair Paravel und die vier Könige. Die Hexe wurde noch wütender und hielt ihren Zauberstab auf den Fuchs. „Wo wollten die Menschen hin?", fauchte sie. Der Fuchs wich einen kleinen Schritt nach hinten. Als die Hexe darauf ausholte, um den Fuchs zu versteinern, ging Edmund dazwischen. „Halt!", schrie er. „Bitte nicht! Der Bieber hat etwas von einem steinernen Tisch erzählt! Aslan soll dort eine Armee haben!"
„Eine Armee?", fragte die Hexe kalt. Der Fuchs schaute Edmund traurig und enttäuscht an.
Auch Edmund fühlte sich schlecht. Das hatte er doch gar nicht gewollt! „Ich danke dir, Edmund", sagte die Hexe monoton. „Ich finde es schön, dass diese Kreatur sieht, was Ehrlichkeit ist", sie holte blitzartig mit ihrem Stab aus, „bevor sie stirbt!" Und statt dem Fuchs stand nun eine steinerne Statue des Fuchses auf dem Boden. „Nein!", schrie Edmund. Für einen kurzen Moment starrte die Hexe Edmund an. Dann holte sie mit der rechten Hand aus und schlug ihn. Dann fasste sie Edmund am Kinn. „Überleg dir, auf welcher Seite du stehst. Auf meiner", sie drehte seinen Kopf zum Fuchs, „oder auf ihrer." Edmund war kurz davor, zu weinen. Die Hexe ließ sein Kinn los, aber er konnte den Blick nicht von dem versteinerten Fuchs abwenden. „Macht euch auf den Weg!", sagte die Hexe zu den Wölfen. „Wenn mein Freund Aslan einen Krieg will", sie versteinerte ohne hinzusehen einen Schmetterling, der in das grüne Gras fiel, „dann soll er auch einen Krieg haben!"
Die restlichen Pevensies schauten immer noch staunend auf den Kirschbaum. Lucy lächelte über das ganze Gesicht. Susan schaute erstaunt nach oben und auch Peters Gesicht zierte ein Ausdruck der Verwunderung. Die Bieber waren beinahe verzaubert und Mirijam hielt in ihrer Hand die Kette, die sie im Laternendickicht geholt hatte, dicht an ihrem Herzen. „Lasst uns weiter gehen!", riss Susan sich schließlich los. „Die Wölfe sollen uns nicht nochmal einholen!" Auch die anderen rissen sich von dem Anblick los. Susan hatte Recht. „Sollten wir die Mäntel vielleicht ablegen? Ich meine, es wird sowieso wärmer und sie sind komplett durchweicht!", sagte Peter. Mirijam nickte. „Ich glaube nicht, dass der Professor diese Mäntel vermissen wird", sagte sie. „Also können wir sie hier lassen, damit wir sie nicht mit uns herumschleppen müssen!" Susan nickte. Alle zogen ihre Mäntel aus, und hängten sie über Äste. Sehr viel von dem Schnee war jetzt schon geschmolzen. Sie liefen fröhlich durch den jetzt grünen Wald. „Wie bist du eigentlich auf die andere Seite gekommen?", fragte Susan Mirijam. Peter spitzte die Ohren. Das wollte er auch hören. „Das...hat was mit den Dingen zu tun, die ich nicht verstehe", sagte Mirijam entschuldigend und schaute auf die Tasche, die sie vom Weihnachtsmann bekommen hatte. „Die gehört auch dazu, nicht wahr?", fragte Susan seufzend. Mirijam schaute unsicher auf. Als sie Susans Lächeln sah, hob sie eine Augenbraue. „Wenn du nicht darüber reden willst, dann sag es doch einfach, aber rede nicht in weisen Sprüchen um den Brei herum!" Mirijam lächelte. „Danke", sagte sie leise. „Wir sind doch Freunde. Da ist sowas normal!", sagte Susan. „Ja, Freunde", sagte Mirijam leise und lächelte.
Als Peter einmal zurückschaute, merkte er, dass Mirijam stehen geblieben war und an einem großen Baum hinaufschaute. „Was ist los? Ist es wegen der Nachtwache?", fragte er sie. „Was?", fragte Mirijam. „Na was wohl?", sagte Peter. „Du bleibst einfach stehen!" Mirijam zuckte mit ihren Schultern. „Nein, eigentlich ist es nicht wegen der Nachtwache", gab sie dann zu. „Was dann?", fragte Peter. „Selbst Lucy hält noch mit. Und ich glaube, du hast mehr Kondition als sie." Mirijam zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ich glaube, ich habe mehr Kondition als du!" „Um was wetten wir?", fragte Peter grinsend. „Wenn ich gewinne... Musst du auf den Baum da klettern und mir diese Nuss holen!" Mirijam zeigte auf den Baum, der neben ihr stand. „Wo ist da bitte eine Nuss?", fragte Peter verwirrt. „Das wirst du dann sehen!", meinte Mirijam fröhlich. „Siehst du den Brombeerbusch da hinten? Ich würde sagen, da rennen wir hin und wieder zurück!" „Willst du nicht wissen, was ich bekomme?", fragte Peter. „Träumst du immer noch?", fragte Mirijam. Die anderen waren inzwischen stehen geblieben und sahen ihnen grinsend zu. „Susan?", rief Mirijam. „Auf die Plätze!", rief Susan. „Fertig!" „Los!", schrien Susan und Lucy gemeinsam. Peter und Mirijam sprinteten gleichzeitig los. Schon nach den ersten Metern führte Mirijam. Ein siegessicheres Lächeln zierte ihr Gesicht. Sie kam als erstes bei dem Brombeerbusch an, drehte um, rannte an Peter vorbei und klatschte als erste bei Susan ab. Als Peter nach ein paar Sekunden komplett außer Atem auch ankam, waren Mirijam, Susan und Lucy schon in Gelächter ausgebrochen. „Jetzt darf der Herr auch noch auf den Baum klettern und mir diese Nuss holen!", meinte Mirijam fröhlich. Peter verdrehte die Augen und begann an dem Baum hinaufzuklettern, was sich als schwieriger herausstellte, als es war. Unter ihm kicherten die Mädchen. „Halt!", rief Mirijam. „Da, links neben deinem Ohr!"
Peter drehte seinen Kopf nach links. Da war keine Nuss... „Nach unten! Nein, nach oben! Kannst du deine Augen nicht benutzen?" Peter war bestimmt schon zwei Minuten oben, als er die Nuss endlich entdeckte. Er pflückte sie, kletterte hinunter und übergab sie Mirijam mit einer übertriebenen Verbeugung. Susan und Lucy lachten, und auch Mirijam grinste. „Vielen Dank!", sagte sie und öffnete ihre Tasche. Schnell, sodass keiner hineinschauen konnte, warf sie die Nuss hinein. Dann gingen sie weiter. Peter keuchte immer noch. Mirijam schien es allerdings immer besser zu gehen. Auf einmal kamen sie aus dem Wald. Vor ihnen lag eine grüne Wiese. Ein wenig weiter rechts lief sie zu einem kleinen Hügel an, der dann einfach aufhörte und ins Land hineinragte. Links fiel das Gelände leicht ab. Sie gingen auch nach links und als sie um die Ecke bogen, sahen sie vor sich ein riesiges Zeltlager. Die Zelte waren rot und gelb. Zwischen den Zelten schien emsiges Treiben zu herrschen. Mirijam lächelte froh. Sie hatten Aslans Lager erreicht!
Peter schaute beeindruckt auf die vielen Zelte. Noch bevor sie überhaupt weit kommen konnten, bließ ein Zentaur, der auf einem der Hügel vor dem Lager stand, in sein Horn. Er hatte die Pevensies, die Bieber und Mirijam gesehen und kündigte ihre Ankunft an. Das erinnerte Mirijam sehr an ihr altes Leben. Gleich würde sie Aslan sehen... Sie wurde sehr nervös. Was, wenn er meinte, dass sie sich schlecht verhalten hatte? Lucy lief nun als letztes und bekam als einzige mit, wie ein Baumgeist, eine Dryade, ihnen freundlich zulächelte und winkte. Lucy war erst unsicher, dann winkte sie aber lächelnd zurück. Dann betraten sie das Camp.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro