𝟎 𝟕 𝟏
»Jimin? Was willst du eigentlich an deinem Geburtstag machen?«
Verwundert sah der Schwarzhaarige zu Jeongguk hoch, der ihn fragend ansah und die Decke über den entblößten Oberkörper des Älteren zog. Behutsam kreisten seine Finger über Jimins kühle Schultern, ehe sie sich in seinem trocknen Haar verfingen. Jimin rieb sich nachdenklich über das müde Gesicht.
Was wollte er tun? Ihm schwebte nichts Erdenkliches oder Bestimmtes vor. Vielleicht feiern gehen? Ach, das würden sie sowieso, so wie Jimin seine Freunde einschätzte. Ein Ausflug war bei diesem mürrischen Herbstwetter auch nicht so prickelnd.
»Hm... Ich hätte irgendwie Lust auf einen Besuch in der Therme...«, murmelte Jimin und presste sein Gesicht wieder an Jeongguks warme Brust, spürte den gleichmäßigen Herzschlag unter der weichen Haut pumpen.
»Therme?«, wiederholte Jeongguk.
»Ist das nicht ein bisschen langweilig?«
Schmollend zog Jimin eine Schnute und richtete sich im bequemen Bett auf.
»Du musst ja nicht mit«, murmelte er und sah den Jüngeren an.
»Nein, so war das gar nicht gemeint!«, versicherte der Rothaarige sofort und setzte sich ebenfalls auf, versank aber wieder im weichen Kissen.
»Wie war es dann gemeint?«, hinterfragte Jimin herausfordernd und legte die Stirn in Falten, während er ungeduldig mit den Fingern auf der Bettdecke tippelte.
»Hm... Es geht um dein Geschenk.«
Irritiert zog Jimin die Augenbrauen zusammen. Er hatte doch erst in groben zwei Wochen Geburtstag, also warum stresste Jeongguk jetzt schon rum? Er verstand den Zusammenhang nicht.
»Ich versteh' nicht...«, flüsterte er verwirrt und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen das Kinn, während sich Jeongguk durch das rote Haar fuhr.
»Musst du nicht... Noch nicht«, meinte der Jüngere trocken und kuschelte sich seufzend an Jimins Oberkörper.
Der jedoch schob Jeongguk von sich und stieg aus dem warmen Bett.
»Ich hasse es, dass du am Wochenende arbeiten musst...«, knurrte Jeongguk hinter Jimin bissig, was den Älteren die Augen verdrehen ließ.
»Ich muss. Ich hab' nämlich keine Lust, dass du dich wieder mit Junghyun fetzt«, meinte Jimin ungerührt, schritt zum Kleiderkasten und kramte sich ein paar Sachen zusammen, die er sich unmittelbar danach auch schon anzog.
Ein kurzer Blick aus dem Fenster verriet ihm, dass das Wetter mal wieder regnerisch und kalt war, weshalb er sich auch noch eine dickere Jacke überzog.
»Wir haben doch gar nicht wegen dir gestritten«, raunte Jeongguk.
»Ja, ist klar.«
»Naja, vielleicht... aber es haben noch andere Faktoren eine Rolle gespielt.«
Jimin hörte ihm eigentlich nur halbherzig zu und verließ schon das Zimmer der beiden, um sich die Schuhe anzuziehen. Jeongguk folgte ihm natürlich und lehnte wie ein beleidigtes Kleinkind im Türrahmen.
»Musst du arbeiten gehen?«
»Ja, muss ich«, zischte Jimin etwas giftig, schulterte seine Sporttasche und schritt auf seinen Partner zu.
Schnell drückte Jimin ihm einen knappen Kuss auf die rechte Wange und verabschiedete sich.
Draußen kroch die Kälte schon in seine Glieder, entfachte eine Gänsehaut am Körper. Seine bereits zitternden Beine trugen den Schwarzhaarigen zur nächstgelegenen Bushaltestelle, bei der er sich hinstellte. Er widmete den anderen Leuten keinen Blick und starrte einfach auf sein Handy. Ihm ging Jeongguks Verhalten nicht mehr wirklich aus dem Kopf.
Warum wirkte er so gestresst? Als ob ein Tag in der Therme so schlimm wäre. Hätte man zu dieser Zeit noch richtig schwimmen gehen können, hätte sich Jimin sowieso für das Meer entschieden, aber da das Leben nun mal kein Wunschkonzert war, reichte die Therme doch vollkommen aus. Außerdem war er sich sicher, dass seine Freunde und insbesondere Mahiro von der Idee begeistert wären.
─────
Müde und schlaff schleppte sich Jimin wieder zur Auffahrt des Wohnblocks, umhüllt von Dunkelheit. Der heutige Tag war verdammt anstrengend. Er durfte Jennie bei der Arbeit helfen, die sich mit dem ganzen Papierkram einer aufkommenden Adoption beschäftigte. Die ganzen Telefonate mit Sozialbetreuern, die Papierstapel – das war alles nichts für Jimin.
Er bevorzugte bei Weitem die Arbeit mit den Kindern selbst. Vom Kochen und Spielen, bis hin zu Aktivitäten und Putzaufträgen. Es war einfach seines. Seufzend glitt er sich durch das Haar, als ihm wieder einfiel, dass seine Prüfungen nahezu vor der Tür standen. Wie sollte er das alles unter einen Hut bringen? Ach, ihm würde schon irgendwas einfallen. Die Betonung lag hier sehr auf irgendwas.
Stöhnend schleppte er sich die Treppen rauf und entriegelte die Wohnungstür. Überrascht stellte er fest, dass ein weiteres Schuhpaar im Eingangsbereich stand. Leise wollte er sich schon in das Wohnzimmer schleichen, stoppte aber vor der Tür, als er zwei Männerstimmen nuscheln hörte. Jimin brauchte nicht einmal eine Sekunde, um Jeongguks Gesprächspartner zu identifizieren.
»Wie lange willst du diese Lüge noch aufrechterhalten? Junghyun ist auch der Meinung, dass du es sagen solltest.«
Verwirrt verengten sich Jimins Augen und neugierig presste er sein Ohr an die schmale, hölzerne Tür.
»Es ist keine Lüge mehr!«, schnauzte Jeongguk herrisch zurück, sodass sogar Jimin etwas zusammenzuckte.
»Dann sag es ihm. Er wird es schon irgendwie verstehen.«
»Bist du verrückt?! Er wird mich umbringen! Außerdem bist du auch schuld. Wir sitzen beide in der Scheiße.«
Jimin hatte genug gehört, drückte die Türklinge runter und stand nun im Türrahmen des Wohnzimmers. Sofort legten sich die zwei Augenpaare auf seine Statur und analysierten ihn.
Die zwei Männer ließen sich von ihrer Konversation nichts anmerken.
»Ah, du bist wieder zurück«, schnurrte Jeongguk honigweich, wirkte wie vollkommen ausgewechselt.
Breit grinsend ging er auf den Älteren zu und küsste ihm zärtlich auf die kalte Stirn, kraulte sein Genick. Jimin ließ es etwas widerwillig über sich ergehen und tat einfach so, als hätte er nie irgendetwas gehört.
Er würde die Zwei aber definitiv noch einmal darauf ansprechen, das stand fest. Doch nicht jetzt. Noch nicht.
»Wie war die Arbeit?«, fragte Taehyung, der noch immer breitbeinig auf der Couch saß und ein klein wenig angespannt wirkte.
»Anstrengend. Wie geht es Mahiro?«, fragte Jimin nun, ließ seine Sporttasche von der rechten Schulter gleiten und stellte sie direkt neben der Tür ab.
»Naja«, meinte der Grauhaarige und massierte seine Schläfen.
»Willst du was trinken?«, unterbrach Jeongguk die Zwei, dessen Frage Jimin gewidmet war.
»Ja, einen Kakao. Danke.«
Nickend verschwand Jeongguk in der Küche und bereitete das Getränk zu. Jimin setzte sich in der Zwischenzeit neben Taehyung, hielt aber einen gewissen Abstand zu ihm und fragte, was mit seiner Partnerin los war.
»Unsere Eltern stressen rum.«
»Warum?«
»Wegen den Namen«, knurrte Taehyung und biss sich auf die Lippe.
Etwas interessiert stützte Jimin sein Kinn auf der rechten Hand ab und lauschte den Worten des Jüngeren.
»Meine Mutter will, dass wir ihnen koreanische Namen geben und ihre Eltern wollen japanische«, seufzte Taehyung genervt.
»Ihr bekommt doch Zwillinge, nicht?«, begann Jimin und spitzte die Lippen.
Er murmelte ein knappes
»Danke« an Jeongguk gerichtet und nahm die Tasse entgegen.
»Ja«, murrte Taehyung und beobachtete Jimin beim Trinken.
Pure Anspannung zierte sein schmales Gesicht.
»Dann gib einem Kind einen japanischen Namen und dem anderen einen koreanischen«, sagte der Schwarzhaarige schulterzuckend und stellte die Tasse am Wohnzimmertisch ab.
»Ja... Dann sind alle zufrieden... Warum bin ich nicht selbst draufgekommen? Danke, Jimin!«
Euphorisch nahm Taehyung seinen Freund in die Arme, der sich bei der Berührung unwohl versteifte.
Was wohl die Lüge war, die sie verheimlichten?
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