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A M A Y A
Gerade band ich mir meine braunen Haare zu einem strengen und hohen Zopf zusammen, als plötzlich jemand in die Umkleide stolperte.
Verdutzt ließ ich mein Kopf hinter die Schränke wandern, als ich plötzlich Nadine -eine Krankenschwester- erblickte, die sofort erleichtert war, als sie mich erblickte.
»Dr. Fernández!«.
Sie musste hierher gesprintet sein, da sie ihre Atmung gerade versuchte in den Griff zu kriegen.
»Es gibt einen Notfall auf der Notaufnahme, wir brauchen sie. Sofort!«, sagte sie, während sie hektisch auf die Tür zulief, um mir diese aufzuhalten.
Ich nahm mir schnell mein Kittel in die Hand und sprintete an ihr vorbei, während ich versuchte, mir mein Kittel im Laufen anzuziehen.
Wir liefen quer durch das Krankenhaus und als wir mit dem Aufzug im Erdgeschoss ankamen, stieß ich unabsichtlich gegen ein paar Leute, denen ich noch eine Entschuldigung zu rief.
Als ich die Notaufnahme betrat, drückte mir Julia -eine weitere Krankenschwester- mein Namensschild in die Hand, welches ich an meinem Kittel anschloss, während ich auf die versammelte Menschenmenge -um einen der Betten - zulief.
Gott.
Vor mir lag ein blutüberströmtes Mädchen.
»Dr. Fernández!«
Ich wurde von mehreren Seiten angetippt und konnte mich gar nicht mehr bewegen, da ich in einer sogenannten Starre versetzt wurde.
Die Flashbacks überwältigten mich mit einem Mal.
So klein.
So jung.
So zerbrechlich.
Als sich zwei starke Hände an meine Schultern legten und diese rüttelnden, erwachte ich aus meinen Gedanken.
»Amaya, bitte konzentriere dich. Wir brauchen dich hier!«.
Sam drückte noch einmal zu, ehe er sich der Patienten zuwandte.
Ich ging einmal um das Krankenbett und stellte mich auf die andere Seite.
»Könnten alle bitte einen Schritt zur Seite treten?«, bat ich die hier anwesenden Leute.
»Nadine, mein Stethoskop bitte.«, ich streckte meine Hand aus, ehe ich spürte, wie sie es mir in die Hand drückte.
Ich tastete langsam mit meinen Fingern den Brustbereich der Patientin ab und achtete darauf, die große Scherbe inmitten ihres Körpers zu umgehen.
Die Krankenschwestern waren im Hintergrund damit beschäftigt, die Patientin an das Patientenüberwachungssystem anzuschließen, da ihr Zustand sehr kritisch aussah und wir ihre Werte - so schnell wie möglich - sehen mussten.
Ich steckte mir die Ohroliven des Stethoskops in die Ohren, und legte das Bruststück auf ihre sich schwer senkende Brust.
Sobald ich durch das Bruststück ihren Herzschlag hörte, wurde ich noch panischer.
Ihr Herz schlug sehr langsam und dabei auch noch in unregelmäßigen Schlägen.
Schnell legte ich mir das Stethoskop um den Nacken und griff in meine Taschen, woraufhin ich meine Pupillenleuchte herausfischte und diese mit meinem Finger anklickte.
Ich zog die Augenlider der noch unbekannten Patientin nach oben und leuchtete mit dem Licht in ihre Augen.
Kurze Zeit später schreckte ich hoch und bekam somit die Aufmerksamkeit der besorgten Eltern.
»Hat ihre Tochter in letzter Zeit eine Sehschwäche angedeutet?«, fragte ich, während ich nochmal mit der Leuchte ihre Augen beäugte.
»J-ja. Ja hat sie. Wir haben auch einen Termin beim Optiker vereinbart gehabt.«
»Und?«, fragte Sam an mich gewandt, während ich meine Leuchte in meine Taschen zurücksinken ließ.
»Ich hab soeben mit der optischen Kohärenztomografie die abgestorbenen Zellen der lichtempfindlichen Schicht im Inneren des Auges bemerkt«, sagte ich, während ich mir ihre Fingerspitzen genauer ansah, um zu bemerken, dass diese eine leicht bläuliche Farbe angenommen haben, während Sam ihren Puls misst und die anderen Assistenzärzte nur blöd herumstanden.
»Schwacher Puls«, murmelte er, woraufhin ich ihre Hand gleichzeitig hochhob, um ihn auf ihre bläulichen Fingerspitzen aufmerksam zu machen.
Kurz schauten wir uns an, ehe beide unserer Blicke zu ihren Füßen glitt, die durch eine silberne Rettungsdecke verdeckt wurden.
Gleichzeitig griffen wir zu der Decke, um sie aufzudecken und da - wie erwartet - ihre bläulichen Zehen zu erkennen.
Gleichzeitig ertönte ein Piepen, woraufhin ich auf den Monitor blickte, der wohl endlich angeschlossen wurde.
Als ich jedoch die Werte sah, drehte ich mich sofort zu den Assistenzärzten und den Krankenschwestern um.
»Bereiten Sie sofort ein Operationssaal vor.«
Ich hörte das aufgebrachte Atmen der Mutter und bemerkte kurz darauf, wie die anderen sofort hektisch losrannten, da sie wohl aufgrund meines Gesichtsausdrucks, den Ernst der Lage erkannten.
Ich lief auf die Eltern zu, die gerade mitansehen mussten, wie ihr Kind weggebracht wurde.
Die Frau weinte in den Armen des Mannes und ich sah auch in seinen Augen angesammelte Tränen.
Ich strich der aufgebrachten Frau beruhigend über den Arm.
»Wir müssen ihre Tochter sehr dringend operieren. Sie haben ihren Zustand selbst mitansehen müssen und ich denke, sie wissen, wozu so ein großer Blutverlust führen kann.«
»Aber was hat Milena denn jetzt?«, schniefte nun auch der Mann.
Milena.
»Das kann ich Ihnen leider noch nicht genauer sagen, da ich es selbst nicht weiß.
Nach der OP werden wir genauere Untersuchungen für eine offizielle Diagnose machen«, versuchte ich sie irgendwie zu beruhigen.
»Sie müssten jetzt bitte Ihre Einverständnisse geben und die Formulare ausfüllen«, sagte ich und zeigte zu Nadine, die vor dem Computer sitzt und irgendwas hektisch eintippt.
»Ja ... Okay«, sie wischte sich ihre Tränen weg und lief mit ihrem Mann auf Nadine zu, die Ihnen die Formulare überreichte.
Ich drehte mich zügig um und lief aus der Notaufnahme raus.
»Durchblutungsstörungen, niedriger Puls und schwacher Herzschlag. Denkst du, da steckt etwas Lebensgefährliches hinter?«, fragte Sam, während er mir nebenher lief.
»Ich weiß es nicht, aber es scheint mir eine Herzkrankheit zu sein.«
Sofort schellte sein schockierter Blick zu mir.
»In diesem Alter ...«, nuschelte er vor sich hin, während ich ihm innerlich zu stimmte.
»Sam, sorg bitte dafür, dass ein Anästhesist umgehend in den Notfall Operationssaal 6. erscheint«, gab ich ihm zu verstehen und machte mich somit daran, nach unten zu gelangen.
Im Untergeschoss lief ich zu den Umkleidekabinen, um mir dort die OP Kleidung anzuziehen.
Nachdem das erledigt war, legte ich meine Sachen in mein Schließfach mit der Aufschrift 'Dr. Amaya Fernández'.
Und ich bin stolz, endlich diesen Titel zu tragen.
Kurz lächelte ich noch verträumt, ehe ich mich in den Waschraum hinein bewegte, wo ich den Anästhesisten meines Vertrauens antraf.
»Hallo Dr. Johnson«, begrüßte ich ihn freundlich, während ich mir eine Kopfbedeckung von der Schwester umbinden ließ.
»Oh, hallo, Dr. Fernández. Wie sieht's mit der Patienten aus? Dr. Davis meinte, es sei ein 9-jähriges Mädchen?«, fragte er, während er sich schnellstmöglich seine Hände sterilisierte und mich dabei abwartend anblickte, wobei ich frustriert meinen Kopf schüttelte.
»Ja, leider ist das so. Ein kleines Kind«, murrte ich und sprach die letzten Worte eher nur für mich aus.
»Durchblutungsstörungen, niedriger Puls und schwacher Herzschlag. Ich weiß nicht genau, was es ist, aber harmlos wird es nicht sein.«
Auch ich wusch mir schnell die Hände, um diese zu sterilisieren und danach schnellstmöglich in den OP zu kommen, und ein Leben zu retten.
Schnell wank' ich zwei Krankenschwestern zu uns, damit sie uns jeweils einen Mundschutz aufsetzen. Während wir in den OP liefen, hielten wir unsere Arme hoch, damit wir nichts berühren, dass die Sterilisierung aufheben kann.
Hoffentlich verläuft alles gut.
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