Als endlich alle am Tisch saßen, versuchte Jeongin, ganz ruhig zu bleiben. Unsicher spielte er unter dem Tisch mit seinen Fingern und beobachtete Chans Mutter dabei, wie sie das Essen auf den Tisch stellte. Es roch unglaublich gut und sah verlockend lecker aus. Sein Magen gab ein leises und hungriges Knurren von sich, jedoch bekam das zum Glück niemand mit. Als er eine Hand auf seinem Bein spürte, zuckte Jeongin leicht zusammen und hob seinen Kopf, blickte dabei in das strahlende Gesicht des Älteren, der ihn aufmunternd ansah. Ein zierliches Lächeln lag auf seinen Lippen und schüchtern erwiderte der Rosahaarige das, wandte sich dann aber wieder den Erwachsenen zu und musterte für einen Moment die beiden jüngeren Geschwister.

Lucas und Hannah.

Sie blieben ebenso schüchtern und hatten ihren Blick auf ihre Teller gerichtet, während sie wohl ebenso darauf warteten, endlich etwas essen zu können. Leicht musste Jeongin deshalb lächeln, denn er konnte nur zu gut verstehen, wie es sich anfühlte, ungeduldig auf sein Essen zu warten. Für ihn selbst war es nicht leicht, zumal er den Druck verspürte, für die Eltern perfekt zu sein. Denn obwohl Chan bereits volljährig war, könnten sie den Kontakt der beiden dennoch verbieten und einfach die Polizei anrufen, damit Jeongin wieder nach Südkorea gebracht wurde. Der Abend heute musste perfekt verlaufen, damit er das verhindern konnte. Er wollte nämlich nicht mehr zurück, sondern für immer bei Chan bleiben. Das war der einzige Wunsch, den er gerade sehnlichst hegte.

Er musste sich einfach anstrengen, perfekt zu sein.

,,Also, Chan...", fing Jack irgendwann an und eröffnete somit das Essen. Sofort griffen Hannah und Lucas nach den verschiedenen Leckereien; einmal nach den Kartoffeln und dann nach dem frischen Salat. Unsicher musterte Jeongin das, jedoch wusste er nicht ganz, ob er bereits etwas nehmen durfte oder nicht. Die Entscheidung nahm ihn schließlich Chan ab, indem der Ältere den Auflauf zu sich schob und ein paar große Löffel auf Jeongins Teller legte. Daraufhin folgten die Kartoffeln und auch etwas Salat, was den Jüngeren zum Lächeln brachte. ,,Du weißt, wir stehen immer auf deiner Seite... Aber glaubst du, das alles ist eine gute Idee?", fuhr sein Vater fort und legte anschließend den Kopf schief. Sofort biss sich der Rosahaarige auf die Lippen und hatte genau das erwartet.

Sie würde ihn zurückschicken. Sie mochten ihn nicht.

,,Es ist die beste Idee, die ich jemals hatte", erwiderte Chan mit fester Stimme und blickte seine beiden Eltern vollkommen entschlossen an. ,,Ihr habt seinen Zustand nicht gesehen, deshalb ist es normal, dass ihr so denkt. Aber seine Eltern..." Kurz blickte er versichernd zu dem Jüngeren, der nur leicht nickte und dann anfing, etwas zu essen. ,,Seine Eltern haben ihn misshandelt. Er durfte nicht raus, außer zur Schule. Er war dünn, viel zu dünn, als dass es noch gesund sein konnte. Jetzt hat er endlich ein gesundes Gewicht, aber unter seinen Eltern hatte er mehr als nur gelitten. Hier geht es ihm gut. Ich kümmere mich sehr gut um ihn, okay? Ich werde diese Entscheidung niemals bereuen, denn Jeongin macht mich auch mehr als nur glücklich."

Und damit fing er ebenso an, endlich zu essen.

Lächelnd hatte Jeongin seinen Blick etwas gesenkt und spürte dabei, wie seine Wangen immer mehr rot wurden, da er niemals damit gerechnet hätte, dass Chan ihn so verteidigen würde. Viel eher hatte er gedacht, dass er alles selbst tun müsste, dass er reden und erklären sollte. Doch wie es jetzt gekommen war, war deutlich besser gewesen. Schüchtern drückte er die Hand des Älteren, die noch immer auf seinem Oberschenkel lag und als Antwort wurde er leicht gestreichelt. Immer mehr merkte er, wie sehr er Chan eigentlich in sein Herz geschlossen hatte. Vielleicht auch viel mehr. Vermutlich... Hatte er sich in den Australier verliebt, ohne es zu bemerken. Doch darüber konnte er nicht nachdenken, sondern hob direkt seinen Kopf, als er Chans Mutter reden hören konnte.

,,Na dann... Dann heißen wir Jeongin wohl in seiner neuen Familie willkommen."