Kapitel 63
Die Weihnachtsferien hätten dieses Jahr nicht schneller vergehen können. Und um ehrlich zu sein, war ich sogar ziemlich froh darüber. Nicht, dass ich Weihnachten nicht mochte, es war vielmehr das Rätsel, welches ich versuchte zu entschlüsseln.
Seitdem ich das Gespräch zwischen Draco und Snape mitgehört hatte, ließ mich der Gedanke nicht mehr in Ruhe, dass Draco etwas zu verbergen hatte, von dem nur Snape etwas zu wissen schien.
Ich verbrachte so viel Zeit in meinem Zimmer und stellte dabei die wildesten Theorien auf, dass Mum sich ernsthafte Sorgen um mich machte und fragte, ob Draco sich wieder nicht bei mir gemeldet hat und ob sie persönlich zu den Malfoys gehen soll um ihrem Sohn einzuschärfen, dass er keine Spielchen mit mir spielen soll.
Den Gedanken, dass meine Mutter sich eigenständig auf den Weg zum Malfoy Manor machte, um Draco am Kragen packte, fand ich schon ziemlich lustig. Zumal Draco mir dieses Jahr tatsächlich geschrieben hat. Und das nicht nur einmal. Alle drei Tage bekam ich einen Brief von ihm, an dem jedes Mal ein kleines Geschenk hing.
Mal war es eine magische Rose, die nie verblühte oder meine Lieblingspralinen. Doch mein Weihnachtsgeschenk war immer noch das beste von alldem. Dieses Mal handelte es sich nämlich nicht um ein Diamantenverziertes Armband, sondern um eine Kette.
Allerdings war dies nicht einfach irgendeine beliebige Kette. Sie bestand aus einem seiner Ringe. Es war der Ring, den er bei unserem ersten Date trug und den ich bestaunt habe, da er so schön edel aussah. Jedoch hatte Draco die Gravur magisch verändert, sodass auf dem silbernen Metall nun unsere beiden Initialen standen, die durch Rosenranken miteinander verbunden waren.
Dazu kam zudem eine Karte mit den Worten. ,,Eines Tages wird vielleicht der Tag kommen, an dem du meinen Ring nicht nur als Kette tragen musst, Prinzessin."
Ich bin daraufhin wie ein Kleinkind aufgesprungen und habe gleich einen Brief an Daphne geschrieben. Diese kam allerdings auf die Idee einen Heuler neu zu nutzen, sodass ich mir ganze zehn Minuten anhören durfte, wie perfekt Draco war und dies ein Zeichen war, dass unsere Beziehung für immer halten wird.
Meine Mutter war in dem Moment zum Glück im Ministerium beschäftigt, ansonsten hätte der Heuler sie bestimmt zu Tode erschreckt. Nicht zu vergessen die peinlichen Fragen, die sie mir stellen würde, von denen ich zu Beginn der Ferien halbwegs verschont wurde.
Doch trotz Dracos liebevoller Geste, musste ich immer wieder darüber nachdenken, ob Draco vielleicht nicht so glücklich und erfüllt war, wie er es in seinen Briefen hat klingen lassen.
Und dieser Gedanke machte mir Angst, weshalb ich nun froh war wieder in Hogwarts zu sein, um der Sache auf den Grund zu gehen. Vielleicht hatte ich Draco noch nicht genug verdeutlicht, dass er mit mir über alles reden konnte was ihn belastete.
Für die Sechstklässler wurde ein Apparierkurs organisiert, in dem wir im Laufe der nächsten Monate üben würden, um unsere Prüfung im Apparieren abzulegen.
So betraten wir an diesem Vormittag die große Halle, in der die Tische nun alle verschwunden waren. Stattdessen hatten sich vier Gruppen hinter ihren jeweiligen Hauslehrern versammelt, um ein Durcheinander zu vermeiden.
In der Mitte stand auf einem kleinen Podest ein Ministeriumszauberer, der vermutlich unser Apparierlehrer sein wird.
,,Was denkt ihr, wie es ist zu apparieren?", fragte Daphne, die schon ganz aufgeregt war, sowie wahrscheinlich die Hälfte von allen hier Anwesenden.
,,Bestimmt lustig. Ich habe mir schon immer vorgestellt wie es ist innerhalb weniger Sekunden von einem Ort zum anderen zu kommen.", erwiderte Blaise und rieb sich freudig die Hände.
,,Naja, außer du machst das Ganze so schnell, dass du dabei zersplinterst. Ich weiß ja nicht, inwiefern das dann noch Spaß macht.", kam es von Theodore.
,,Jetzt sei doch nicht so ein Pessimist, Nott. Stell dir vor, was wir dann alles anstellen können! Feuerwhiskey im Drei Besen wann immer wir wollen! Bestimmt kommt Pucey so immer an die ganzen Sachen heran, er kann schließlich schon apparieren.", sagte Blaise und bevor ich erwidern konnte, dass man in Hogwarts und auf den Ländereien nicht einfach apparieren konnte, wurde ich von Draco angetippt.
,,Hey, ich gehe kurz zu Crabbe und Goyle, in Ordnung?", sagte er und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel, ehe er zu Crabbe und Goyle ging.
Zwar mussten sowohl Crabbe als auch Goyle die fünfte Klasse wiederholen, da sie ihre ZAGs nicht bestanden hatten, allerdings durften sie trotzdem am Apparierkurs teilnehmen da beide schon sechzehn Jahre alt waren und noch vor Beginn des nächstes Schuljahres siebzehn werden würden.
,,Guten Morgen", begann der Ministeriumszauberer, als alle sich in der Großen Halle eingefunden haben. ,,Mein Name ist Wilkie Twycross und ich werde für die nächsten zwölf Wochen Ihr ministerieller Apparierlehrer sein. Ich hoffe, dass ich Sie innerhalb dieser Zeit auf Ihre Apparierprüfung vorbereiten kann und dann werden Sie gut gerüstet sein, um die Prüfung abzulegen."
,,Heißt das, dass wir die nächsten zwölf Wochen jeden Samstag herkommen müssen und nicht frei haben?", fragte Blaise entsetzt, allerdings so laut, dass Snape ihm einen warnenenden Blick zuwarf.
,,Keine Sorge, Sie werden Ihr Wochenende dennoch haben. Es handelt sich hierbei lediglich um eine Stunde.", beantwortete Twycross Blaises Frage, woraufhin Daphne kichern musste, angesichts der peinlich berührten Miene von Blaise.
,,Wie Sie vielleicht wissen, ist es normalerweise unmöglich, innerhalb von Hogwarts zu apparieren oder zu disapparieren. Der Schulleiter hat diesen Bann für eine Stunde ausschließlich in der Großen Halle aufgehoben, damit Sie üben können. Darf ich darauf hinweisen, dass Sie nicht aus den Mauern dieser Halle herausapparieren können und dass es unklug wäre, dies zu versuchen."
Nun, das wird wohl nichts mit Blaises Ausflügen nach Hogsmeade, um es sich dort gut gehen zu lassen.
,,Ich möchte Sie nun alle bitten, sich so hinzustellen dass Sie vor sich etwa zwei Meter Platz haben.", wies der Apparierlehrer uns hin, was für großes Gedränge und Geschubse sorgte, da jeder möglichst weit vorne stehen wollte.
Die Hauslehrer versuchten so gut es ging die Schüler ihres Hauses unter Kontrolle zu haben, damit diese sich micht stritten. Man könnte meinen, wir würden uns erneut beim Flugunterricht in der ersten Klasse befinden.
Damals stritten sich schließlich alle um die besten Besen und ich erinnerte mich noch zu gut an den Moment, als Crabbe auf Goyles Besen trat, woraufhin dieser gegen Crabbes Nase prallte und er mit einer blutenden Nase in den Krankenflügel durfte.
Jetzt schienen die beiden sich allerdings nicht zu streiten, zumindest was den Platz anging. Stattdessen waren die beiden in eine hitzige Unterhaltung mit Draco verwickelt, welcher ziemlich genervt dreinblickte.
Was wohl der Grund für diese Streiterei war?
Doch bevor ich weiter darüber nachdenken oder gar zu den dreien hingehen konnte, riefen die vier Hauslehrer lauthals ,,Ruhe!", woraufhin alle augenblicklich verstummten.
,,Danke", sagte Twycross, der sichtlich überfordert wirkte. ,,Nun, dann lasst uns beginnen." Im nächsten Moment schwang er seinen Zauberstab und im Handumdrehen stand vor jedem Schüler ein Reifen.
,,Beim Apparieren muss man sich vor allem die Goldene Dreierregel einprägen.", begann Twycross zu erklären. ,,Ziel, Wille, Bedacht! Schritt eins: Fixieren Sie Ihre Gedanken fest auf das gewünschte Ziel. In diesem Fall das Innere Ihres Reifen. Bitte konzentrieren Sie sich jetzt nur auf dieses Ziel."
Angestrengt schaute ich den Reifen vor mir an und wusste, wie albern wir von außen aussehen mussten. Doch das war zweitrangig, denn alles woran ich nun denken durfte war der Reifen.
Dies stellte sich als nicht besonders leicht heraus, da meine Gedanken gerade ganz woanders waren. Draco, Draco, Draco, hieß es in meinem Kopf. Warum hatte er Streit mit Crabbe und Goyle? Was hatte er zu verbergen?
,,Schritt zwei", fuhr Twycross fort, obwohl ich immer noch beim ersten Schritt hängen geblieben war, ,,fokussieren Sie Ihren Willen darauf, den Raum, den Sie sich vorstellen, einzunehmen! Lassen Sie Ihren Wunsch, sich dort hinzubegeben, von Ihrem Kopf in jede Zelle Ihres Körpers strömen."
Mein Blick glitt hinüber zu Daphne, die vor Anstregung schon ein ganz rotes Gesicht hatte, als hätte sie gerade Quidditch gespielt und wäre nun ganz aus der Puste. Ich versuchte mir mein Grinsen zu verkneifen und konzentrierte mich stattdessen auf meinen Willen.
,,Schritt drei", kam nun der letzte Schritt, bevor es richtig losging, ,,aber erst wenn ich den Befehl gebe – drehen Sie sich auf der Stelle und erspüren Sie Ihren Weg hinein ins Nichts, bewegen Sie sich mit Bedacht!"
Nervös starrte ich meinen Reifen an und versuchte mich an die Goldene Dreierregel zu halten. Als Twycross schließlich laut ,,Drei!" rief, begann ich mich so schnell ich konnte um mich selbst zu drehen, bis mir ganz schwindelig wurde, sodass ich nicht in meinem Reifen landete, sondern rücklings daneben auf dem Boden.
Bei den anderen schien es nicht viel besser zu laufen. Daphne landete auf Blaise Schoß, was ich äußerst amüsant fand und Theodore hat es geschafft auf seinen Reifen zu fallen. Wie es Draco erging konnte ich nicht sehen, da meine Sicht durch die Menge an Schülern vor mir versperrt wurde.
,,Das lief ja schon mal super für den Anfang.", sagte Theodore schmunzelnd und reichte mir die Hand, um aufzustehen.
,,Immerhin hast du es ansatzweise in die Nähe deines Reifens geschafft.", erwiderte ich und griff dankend nach seiner Hand.
,,Macht nichts, macht nichts.", sagte Twycross, der nichts anderes erwartet zu haben schien. ,,Legen Sie Ihre Reifen bitte wieder richtig hin und begeben Sie sich an Ihre Ausgangsposition zurück."
Auch mein nächster Versuch verlief nicht besser als der andere. Allerdings hatte ich es dieses Mal geschafft nicht aus dem Gleichgewicht zu geraten. Beim dritten Mal hatte ich sogar kurz das Gefühl verspürt, welches ich immer beim Seit-an-Seit-Apparieren mit Mum hatte.
Plötzlich ertönte ein schmerzerfüllter Schrei, der von der Hufflepuff-Schülerin Susan Bones kam. Sie hatte es geschafft in ihrem Reifen zu landen, nur dass ihr anderes Bein nicht mitgekommen war und sich immer noch an ihrer Ausgangsposition befand.
Die Hauslehrer eilten zu Susan und einen lauten Knall später war Susan wieder in ihrem Originalzustand.
,,Das Zersplintern, das heißt, die Abtrennung beliebiger Körperteile.", sagte Twycross und deutete auf Susan. ,,Es tritt auf, wenn der Geist nicht ausreichend gewillt ist. Sie müssen sich fortwährend auf Ihr Ziel konzentrieren und sich ohne Hast, aber mit Bedacht bewegen. Schauen Sie!"
Wilkie Twycross trat nach vorne und drehte sich um sich selbst, wobei er allerdings wesentlich eleganter aussah als wir, und tauchte am anderen Ende der großen Halle wieder auf.
,,Denken Sie stets an die Goldene Dreierregel und versuchen Sie es erneut!"
Doch auch in der nächsten Stunde hatte es niemand in seinen Reifen geschafft, was für eine entmutigende Stimmung in der Großen Halle sorgte.
,,Also wenn wir es jetzt nicht einmal in diesen dämlichen Reifen schaffen, wie sollen wir dann bitte von Ort zu Ort apparieren?", fragte Daphne, nachdem sie immer noch nicht in ihrem Reifen geschafft hat.
,,Ich glaube da ist es vielleicht sogar einfacher, weil der Wille stärker ist. Oder hast du jetzt so großes Interesse daran später in einen Reifen zu apparieren?", erwiderte ich.
,,Nun, für den Anfang war das schon ganz gut. Ich habe nicht erwartet, dass einer von Ihnen es gleich beim ersten Mal schaffen wird.", sagte Twycross zum Abschied. ,,Bis nächsten Samstag dann, und vergessen Sie nicht: Ziel. Wille. Bedacht."
Den restlichen Nachmittag über verbrachte ich damit im Gemeinschaftsraum zusammen mit Daphne unsere Hausaufgaben zu erledigen, die wir über die Ferien ziemlich vernachlässigt haben.
Blaise wollte mit Theodore ein paar Runden um das Quidditchfeld drehen, während Draco etwas mit Crabbe und Goyle unternahm. Seit wann die drei wieder so viel Zeit miteinander verbrachten war mir auch ein Rätsel, allerdings durfte ich hierbei nicht vergessen, dass Draco sich schon in der ersten Klasse gut mit den beiden verstanden hat.
,,Am Abend kannst du dann in mein Zimmer und wir machen uns eine schöne Zeit allein.", hatte er mir versprochen, weshalb ich es ihm nicht übel genommen habe, dass wir nach den Ferien noch gar nicht wirklich Zeit miteinander verbracht haben.
,,Warum geben die Lehrer uns eigentlich so viele Hausaufgaben?", fragte Daphne und fuchtelte so mit den Händen herum, dass ihr Tintenfass auf den Boden fiel und zerbrach.
,,Reparo", sagte ich und zielte mit meinem Zauberstab auf das Fass, welches sich gleich wieder zusammensetzte. ,,Ich finde die Lehrer hätten uns dieses Jahr ruhig verschonen können. Immerhin müssen wir nächsten Jahr schon Tag und Nacht für unsere UTZ-Prüfungen lernen.", stimmte ich ihr zu.
Dass nächstes Jahr unser letztes Jahr in Hogwarts war, erschien immer noch völlig surreal. Niemals konnten sechs Jahre Schule so schnell vorbeigegangen sein.
,,Weißt du was? Ich habe keine Lust mehr! Du hast recht, nächstes Jahr müssen wir sowieso viel mehr lernen und außerdem sind unsere Noten in allen Fächern ganz gut, weshalb wir jetzt doch rein theoretisch etwas anderes tun können als Hausaufgaben.", sagte Daphne und packte ihre Sachen zusammen.
,,Wir könnten Schach spielen. Meintest du nicht schon immer, dass du es besser können willst, um gegen Blaise zu gewinnen?", fragte ich sie und verstaute nun ebenfalls meine Sachen.
,,Genau! Deswegen sollten wir uns jetzt ein Schachbrett beschaffen und du zeigst mir ein paar nützliche Züge, die dir helfen gegen Draco zu gewinnen.", ging sie begeistert auf den Vorschlag ein.
Genau genommen habe ich gegen Draco bis jetzt tatsächlich nur zweimal gewonnen. Einmal, weil er nicht so hart gespielt hat und das andere Mal, weil ich mich letztendlich an seine Strategien gewöhnt habe.
Also schoben wir unsere Hausaufgaben beiseite und holten stattdessen eines der Schachbretter, die hier im Gemeinschaftsraum bereitgestellt wurden, auch wenn von einigen ungefähr nur noch die Hälfte der Figuren übrig war.
Somit verbrachten wir schließlich die ganze Zeit damit Schach zu spielen, was ziemlich Spaß machte und uns einige Male zum lachen brachte, auch wenn Schach eigentlich als ein ruhiges und konzentriertes Spiel gedacht war.
***
Am Abend machte ich mich auf den Weg in Dracos Zimmer, nachdem ich Blaise gefragt habe ob dieser dort war. Daraufhin hatte Blaise mir grinsend versichert, dass Draco bereits auf mich wartete. Blaises Gedanken schafften es auch irgendwie immer in die völlig falsche Richtung abzudriften.
Ich klopfte an Dracos Zimmertür und als ich ein leises Lachen vernahm, trat ich schließlich ein und sah Draco mit angelehntem Oberkörper auf seinem Bett liegen. Vielleicht sollte ich erwähnen, dass er ein Hemd trug und Blaise mal wieder seiner Fantasie freien Lauf gelassen hat.
Mein Blick viel auf Draco, der irgendwie müde aussah, was zwar in letzter Zeit keine Seltenheit war, heute aber viel deutlicher hervorstach.
,,Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht anklopfen musst wenn du vorbeikommst.", sagte er lächelnd und streckte seinen Arm aus, was ich als ein Zeichen deutete um zu ihm zu kommen. Also nahm ich neben ihm Platz, während er einen Arm um mich legte.
,,Ich weiß ja nie, was mich drinnen erwarten könnte.", erwiderte ich. ,,Wie waren deine Ferien eigentlich? Und dieses Mal genügen die Antworten aus deinen Briefen nicht."
,,Viel gibt es da eigentlich gar nicht zu erzählen. Es war das erste Weihnachtsfest ohne meinen Vater und du kannst dir vorstellen, wie es meiner Mutter damit ging.", begann Draco.
,,Konntet ihr nicht mit Blaises oder Theodores Familie zusammenfeiern? Ihr kennt euch doch schon so lange.", fragte ich.
Am liebsten hätte ich Draco und seiner Mutter angeboten mit uns Weihnachten zu feiern, allerdings wusste ich nicht inwiefern sich unsere Mütter zusammen verstehen würden, nachdem was zwischen ihren Ehemännern passiert ist.
,,Blaise kam ab und zu vorbei, weil seine Mutter zu Hause damit beschäftigt war ihr Vermögen für irgendwelche überteuerten Soirées auszugeben, auf denen sie mit etwas Glück einen neuen Verehrer finden würde. Und Theodore kam auch einige Male mit seiner Mutter vorbei, doch meine Mutter wollte ihre Dienste nicht länger in Anspruch nehmen. Du weißt ja, wir Malfoys sind unfassbar stolz um zuzugeben wenn wir Hilfe brauchen.", fuhr Draco fort.
Mit dem Stolz eines Malfoys bin ich auch schon des Öfteren in Kontakt gekommen. Vielleicht war dies jetzt mein Moment um etwas mehr über Dracos Geheimnis zu erfahren.
,,Und wie geht es dir damit?", fragte ich mitfühlend in der Hoffnung, dass Draco die Wahrheit sagen wird.
,,Nun ja, ich lebe noch also würde ich sagen, dass es mir ausgesprochen gut geht.", erwiderte Draco, woraufhin ich die Augenbrauen hochzog.
,,Du weißt, dass ich das nicht meine. Wie geht es dir wirklich, Draco? Du kannst mit mir darüber reden.", sagte ich und strich über seine Hand.
Ein Seufzer entwich ihm und ehe er fortfuhr griff er sanft nach meiner Hand.
,,All das ist kompliziert, aber auch nicht wirklich der Rede wert. Das Leben ist nunmal nicht fair und solange ich dennoch Zeit für die Menschen habe, die ich liebe, geht es mir auch gut. Es werden irgendwann wieder bessere Zeiten kommen."
,,Ich liebe dich, Draco.", sagte ich beinahe schon flüsternd. ,,Du kannst mir vertrauen."
,,Du bist viel zu gut für diese Welt, Rosalie; viel zu gut für mich.", erwiderte er und küsste mich.
Es war ein inniger Kuss, der sich wie ein Bann anfühlte, aus dem es kein Entkommen gab. Ich erhob mich ein Stück aus unserer Position, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben und griff dabei automatisch nach Dracos linkem Arm. Plötzlich unterbrach dieser den Kuss und zog seinen Arm zurück, als hätte er sich an etwas heißem verbrannt.
,,Was ist los?", fragte ich verwirrt und sah ihn mit gerunzelter Stirn an. War ich zu weit gegangen? Vielleicht wollte Draco noch gar nicht so weit gehen und ich hatte ihn überfordert. Oder hatte ich seinen Arm irgendwie verletzt, als ich nach diesem gegriffen habe?
,,Nichts, alles gut, machen wir weiter.", antwortete Draco schnell und zupfte am Ärmel seines Hemds.
,,Ist was mit deinem Arm? Habe ich dir wehgetan?", fuhr ich unbeirrt fort und griff nach seinem linken Arm.
,,Nein!", sagte Draco entsetzt und zog seinen Arm weg. Doch zu spät, ich hatte bereits den Ansatz von etwas schwarzem gesehen und dies sah keineswegs normal aus.
,,Draco, bitte ich will dir doch nur helfen.", versuchte ich ihn zu beruhigen und als er für einen Moment inne hielt packte ich seinen Arm und schob den Ärmel hoch.
Das was ich dort sah ließ mich erstarren und für einen Moment vergaß ich wie man atmet.
Es war ein schwarzer Totenkopfschädel, aus dessen Mund eine Schlange kam.
Das dunkle Mal.
Draco war einer von ihnen. Draco, der Junge den ich liebte, war ein Todesser. Er war einer von Voldemorts Anhängern.
Jetzt ergab plötzlich alles Sinn. Dracos ständige Abwesenheit, seine müde und erschöpfte Miene, seine Abneigung gegenüber Berührungen an seinem linken Arm. Er war einer von ihnen und unterlag dem größten schwarzen Magier dieser Zeit.
,,W-Warum?", fragte ich mit bebender Stimme. ,,Warum hast du das getan, Draco?"
,,Weil ich keine Wahl hatte.", antwortete er und machte sich noch nicht einmal die Mühe das dunkle Mal wieder zu bedecken. Warum auch? Jetzt war es sowieso schon zu spät es noch zu verstecken.
Weil er keine Wahl hatte? Man entscheidet sich doch nicht einfach so ein Todesser zu werden. Wozu all das Gerede über seinen bösen kaltherzigen Vater, der alles für Voldemorts Anerkennung tun wollte? Draco war genau wie sein Vater und Harry hatte die ganze Zeit über recht gehabt. Ich war nur zu naiv und verliebt gewesen, um sein wahres Gesicht zu sehen.
,,Man hat immer eine Wahl.", sagte ich und versuchte so kalt wie möglich zu klingen, doch meine Stimme versagte kläglich.
,,Rosalie, bitte. Ich kann das erklären.", kam es flehend von Draco und er streckte eine Hand nach mir aus, doch ich schlug sie weg.
,,Fass mich nicht an!", schrie ich mit Tränen in den Augen. ,,Ich will dich nicht mehr sehen!"
Und ohne ihn noch eines weiteren Blickes zu würdigen stürmte ich aus seinem Zimmer.
Ich musste weg. Nur weg von ihm. Den Jungen, dem ich mein Herz geöffnet habe und der nun auf die dunkle Seite übergegangen war.
Draco ist ein Todesser.
Ein Todesser, ein Mörder. Und ich war so leichtsinnig, um immer wieder auf seine erbärmlichen Lügen reinzufallen.
Der Verrat fühlte sich noch schlimmer an als alles andere. Seine Liebe war wie Gift, dass einen von innen nach außen zerstörte. Und ich hatte mich darauf eingelassen, hatte immer mehr Gift in mein Herz gelassen.
Bis dieses in unzählige Teile zerbrach.
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