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Am nächsten Morgen werde ich wie immer von Emanda geweckt. Weil heute die Coachings anstehen, teilen wir uns auf. Enobaria und Brutus machen mit Cato sein Image für das Interview und Emanda schleppt mich mit, um Haltung, gehen auf hohen Schuhen und auf Knopfdruck Lächeln zu üben.
Ich bin mir ja einiges an Luxus gewöhnt, aber so hohe High Heels haben auch wir nicht. Nach einer Weile tun mir die Füsse weh und es ist ziemlich schwer, so zu laufen, dass sich das Kleid das mir Emanda gegeben hat, nicht um die Schuhe wickelt und ich umfliege.
Noch dazu kommt das gerade Sitzen und perfekt Lächeln.
Nach diesem Morgen fühle ich mich völlig ausgelaugt. Daher bin ich äusserst froh als wir schliesslich wechseln und ich zu Brutus und Enobaria kann.
Brutus stellt mir ein paar Fragen und ziemlich schnell steht mein Image fest. Ironisch und provozierend. Endlich einmal etwas Einfaches.
Beim Abendessen reden alle nur von den morgigen Interviews. Während Brutus uns einmal mehr eintrichtert, das wir damit Sponsoren holen müssen, redet Enobaria nur davon, das wir grossartig aussehen werden.
Doch am nächsten Morgen sind es nicht mehr meine Mentoren und Betreuerin die mich wecken, sondern mein Vorbereitungsteam das über mich gebeugt ist. Dieser Tag gehört allein Harry und dem Vorbereitungsteam.
Sie frisieren, schminken, pflegen und bemalen meine Fingernägel bis zum Abend hin. Ganz am Ende kleiden sie mich ein.
Als ich mich im Spiegel anschaue, staune ich über mich selbst. Ich bin einfach ... schön.
Meine Haare hat er teils hochgesteckt und teils offen gelassen. Dazu das orangefarbene, trägerlose Kleid mit Spitze. Geschminkt wurde ich nicht stark, nur hie und da ein bisschen etwas um die richtigen Stellen zu betonen. Meine Fingernägel haben sie mit aufwendigen Müsterchen lackiert. Auf das kleinste Detail wurde geachtet.
Draussen ist es schon dunkel als wir Tribute der Reihe des Distriktes nach, im Gänsemarsch auf die Bühne marschieren. Alle nehmen auf ihren zugewiesenen Stühlen Platz, etwas hinterhalb der zwei Stühle in der Mitte der Bühne.
Caesar Flickerman begrüsst alle fröhlich und vergnügt. Die Zuschauer in der Menge jubeln ihm zu.
Jetzt wird Glimmer aufgerufen. Sie ist so falsch. Ich schüttle kaum wahrnehmbar den Kopf. Wie kann ein Mensch nur so zickig und arrogant sein?
Herausfordernd blicke ich zu Cato. Er verfolgt Glimmers Interview mit wenig Interesse mit. Immer einmal wieder runzelt er die Stirn.
Innerlich freue ich mich über diese Reaktion. Cato ärgert sich über Glimmer. Naja, aber bei diesem Interview würde ich mich auch ärgern, wenn ich an Catos Stelle wäre.
Die Glocke ertönt und Marvel wird aufgerufen. Er ist der witzige Junge von nebenan, der es kaum erwarten kann, in die Arena zu kommen.
Sein Interview neigt sich dem Ende zu, als ich plötzlich merke, wie sehr ich schwitze. Mein Herz rast furchtbar schnell und das Gefühl in meinem Bauch, lässt sich kaum deuten. Das muss wohl dass sein, was man Lampenfieber nennt. Ich versuche mich zu beruhigen und wische meine schwitzigen Hände am Kleid ab. Zum Glück ist es wasseraufsaugend.
»Und nun, begrüssen sie eine weitere Freiwillige! Hier ist sie, das Mädchen aus Distrikt 2: Clove!«, höre ich Caesar Flickerman.
Unter tosendem Applaus stehe ich auf, und gehe zu Caesar. Das Lampenfieber begleitet mich bis zu dem Punkt, als ich vor den Zuschauer stehe. Dann ist es plötzlich weg und ich fühle mich pudelwohl.
»Also Clove, wie ich gehört habe bist du eine Meisterin mit den Messern?«, beginnt Caesar als wir uns gesetzt haben. Ich grinse breit. Was für ein Glück, ich hatte gehofft, dass er mir diese Frage stellt.
» Ja. Ich könnte dich von den hintersten Rängen aus töten«, antworte ich.
Er wendet sich mit gespielten Entsetzen dem Publikum zu. »Habt ihr das gehört?«, fragt er.
Die Zuschauer pfeifen und applaudieren zustimmend.
»Gut Clove. Freust du dich denn auf die Spiele?«, fragt er weiter.
Mist. Genau auf eben diese Frage, hatte ich nicht gehofft. Ich öffne den Mund, um im letzten Moment die Kurve zu kriegen und zu sagen: »Es gibt die eine Seite die es kaum erwarten kann, in die Arena zu gelangen und es gibt die andere Seite, die sich auch ein bisschen fürchtet.«
Daraufhin jubelt mir das Publikum zu. Anscheinend hat ihnen meine Antwort gefallen. Allerdings weiß ich nicht, wie sehr Brutus diese Antwort gefallen hat. Er ist es schliesslich, der den starken Karriero in mir sehen will.
Caesar fragt mich noch über meine Familie und mein Zuhause aus, dann erklingt auch schon die Glocke und ich stolziere zurück, zu meinem Stuhl.
Catos Blick ist auf mich gerichtet, als ich mich setze und im Vergleich zu Glimmers Interview, runzelt er nicht die Stirn.
Die meisten weiteren Interviews rauschen an mir vorbei. Wie in Trance starre ich zu Caesar Flickerman. Ich kann es kaum glauben. All diese Menschen hier, sie zeigen mir wieder, weshalb ich hier sitze.
Um die anderen zu töten. Ich werde sie auch töten, dass habe ich mir geschworen. Morgen in der Arena, muss ich die Maske wieder aufsetzen. Sonst sind die Sponsoren schneller weg, als ich denken kann. Und Lewis habe ich ebenfalls versprochen, wieder nach Hause zu kommen. Dieses Versprechen, möchte ich nicht brechen.
Erst als sie das kleine Mädchen aus Distrikt 11 beklatschen, fange ich mich wieder und richte meine ganze Aufmerksamkeit auf die kleine Rue, die wie eine Elfe von der Bühne tapst. Ob ich sie töten könnte, weiß ich nicht. Allein ihr kindliches Gesicht, lässt etwas in mir weich werden. Sie bringt Erinnerungen an Lewis hoch.
Thresh ist ziemlich mürrisch drauf. Er antwortet mit ja, nein oder gar nicht.
Auf Katniss bin ich besonders gespannt die nach Thresh dran ist. Sie erzählt etwas von einem Lammeintopf mit Backpflaumen, worauf das Publikum herzhaft lacht. Ah ja, wie witzig.
Jetzt dreht sie sich in ihrem Kleid und es fängt Flammen. Irgendwie sieht es echt hübsch aus, aber ich glaube nicht, dass ich mich so drehen würde. Damit macht sie sich keine Freunde bei den anderen Tributen. Zumindest nicht unter den weiblichen.
Sie erzählt noch etwas über ihre Schwester, für die sie sich freiwillig gemeldet hat und dann ist ihre Zeit auch schon um.
Naja, so krass die Show gestohlen, hat sie eigentlich niemandem. Ich würde sagen, Glimmer hat auf jeden Fall mehr Blicke auf sich gezogen.
Nun ist der Junge aus ihrem Distrikt dran. Er ist er Letzte. Danach sind alle durch.
Ich erfahre, dass er Peeta heisst und Bäckerssohn ist. Das erklärt seine Statur und seine kräftigen Arme.
Ich muss schon sagen, er macht sein Interviewe nicht schlecht.
Ganz am Ende fragt Caesar ihn, ob er eine Freundin habe. Er meint darauf, dass er in ein Mädchen aus seinem Distrikt verliebt sei. Caesar ermutigt ihn und sagt, er solle die Spiele gewinnen. Dann muss sie ihn einfach nehmen. Peetas Antwort darauf, ist unerwartet: »Ich glaube, das wird nicht hinhauen. Gewinnen ... das funktioniert nicht in meinem Fall.«
»Wieso nicht?«
»Weil ... weil ... Wir sind zusammen hier.«
Ich weiß nicht recht, aber irgendwie hatte ich fast erwartet, dass er so etwas in der Art sagen würde. Katniss und er waren immer zusammen. Beim Training, beim Mittagessen. Eigentlich waren sie immer gemeinsam unterwegs, wenn ich sie gesehen habe.
Aber eins muss ich Peeta lassen. Mit dieser Aktion hat er sich gleich drei Dinge gleichzeitig beschaffen: Sponsoren. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer und er hat es hingebracht, Katniss interessant zu machen. Schlau der Bäckerssohn. Wirklich clever hat er das angestellt.
Ich kann sie förmlich vor mir sehen. Ich höre Claudius Templesmiths Stimme die verkündet: »Hier sind sie, die Sieger der 74. Hungerspiele. Das tragische Liebespaar aus Distrikt 12. Katniss und Peeta!«
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