~ 24 ~
»Lass uns jagen gehen«, schlägt Cato abenteuerlustig vor, nachdem die Hymne verklungen ist.
Ich nicke und wir greifen zu unsere Waffen.
Mit ihm alleine zu jagen, ist ein völlig anderes Gefühl. Ein viel besseres Gefühl. Ich fühle mich viel sicherer, alleine mit ihm. Mit Glimmer oder Marvel musste ich immer Angst haben, demnächst ein Messer oder einen Speer im Rücken zu haben. Bei Cato habe ich diese Angst nicht. Im Gegenteil, ich fühle mich sogar ziemlich sicher.
»Denkst du, jemand läuft uns ganz zufällig über den Weg?«, fragt Cato.
Ich kichere. »Nein, ich denke nicht. Aber wir können ja mal rufen.«
»Na dann könnten wir ja auch gleich eine Fanfare schmettern und die Fahne schwenken«, meint Cato.
»Denkst du Enobaria und Brutus könnten uns eine Fahne und eine Posaune in die Arena schicken?«, witzle ich weiter.
»Ich denke nicht, dass sie das tun würden«, sagt Cato und lacht auf.
»Nein, denke ich auch nicht«, pflichte ich ihm kichernd bei.
»Warte mal, da hinten, siehst du den Schatten?«, sagt er und stoppt abrupt. Mit einer Hand, zeigt er in die Dunkelheit. Ich verenge die Augen zu Schlitzen, um besser erkennen zu können.
Tatsächlich, bewegt sich dort etwas.
»Komm«, sage ich und ziehe Cato näher zum Schatten.
Ich glaube nicht, dass dies ein Tier ist.
»Das ist das Fuchsmädchen«, flüstere ich als wir näher kommen. Die rote Haarmähne würde ich überall erkennen. Allerdings scheint sie uns bemerkt zu haben, denn sie blickt uns geschockt an und rennt los.
Ich hole ein Messer unter meiner Jacke hervor und schleudere es. In der Dunkelheit kann ich nicht genau erkennen, ob ich getroffen habe. Aber ein schmerzerfülltes Ächzen ertönt, dann ein plumpsen.
»Ich glaube, wir haben sie«, sagt Cato und geht los. Das Fuchsmädchen ist ziemlich weit gekommen. Wir stoppen dort, wo wir sie vermuten.
»Wo ist sie?«, fragt Cato und sieht sich um.
»Keine Ahnung«, sage ich und lasse meinen Blick über die dunkle Landschaft gleiten.
»Bist du dir sicher, dass du sie wirklich getroffen hast?«, meint Cato.
Mein Blick wandert dem Waldteil entlang und bleibt schliesslich an etwas glänzendem hängen. Ich gehe darauf zu und knie daneben nieder. Es ist das Messer, dass ich geschossen habe. Blutverschmiert und achtlos zu Boden geworfen, als ob sich jemand bemüht hätte, es so schnell wie möglich aus seinem Körper zu ziehen und von hier weg zu kommen.
»Doch ich habe sie getroffen, und sie muss hier gewesen sein. Hier sieh mal.« Ich halte Cato das Messer unter die Nase. Er nimmt es in die Hand. Ich betrachte den Baum vor mir etwas genauer. Er wäre bestimmt perfekt zum raufklettern. Raufklettern. Raufklettern!
Ich blicke hoch ins Geäst und erblicke eine dunkle Gestalt, gut getarnt, oben in der Baumkrone.
»Da oben!«, rufe ich und deute Fuchsmädchen. Cato holt ein Stück Holz aus seinem Rucksack und Streichhölzer. Er entzündet die Fackel und leuchtet hoch. Fuchsmädchen blickt uns ängstlich entgegen.
»Willst du nicht runter kommen?«, fragt Cato provokativ und grinst das Fuchsmädchen böse an.
»Nein, lieber nicht. Ist deutlich angenehmer hier oben«, antworte Fuchsmädchen frech.
»Werd bloss nicht vorlaut, Fuchsmädchen«, warnt Cato bösartig.
»Was wenn schon?«, fragt sie.
»Holen wir sie runter«, sage ich.
»Weil das ja bei Katniss so gut geklappt hat?«, fragt Cato sarkastisch.
Ich verdrehe die Augen und versuche mich am Baum hochzuziehen. Doch allein die Fackel spendet nicht genug Licht, um den Baum hochzuklettern. Zu dem spüre ich, wie die Äste unter mir gefährlich zu knacken beginnen, als ich ein paar Meter vom Boden bin. Plötzlich bricht der Ast unter mir und ich krache zu Boden. Schnell rapple ich mich wieder auf.
»Hast du dich verletzt?«, fragt Cato.
»Nein. Geht schon«, antworte ich.
Ich nehme das Messer in die Hand, mit der ich sie bereits verletzt habe und ziele. Doch Cato schüttelt den Kopf. »Die ist etwa zwanzig Meter vom Boden entfernt. Am Ende schenkst du ihr nur eine Waffe.«
Damit muss ich ihm recht geben. Fuchsmädchen ist wirklich viel zu weit oben.
»Was machen wir jetzt?«, frage ich mit zusammengebissenen Zähnen. Zum zweiten Mal, bringt es jemanden fertig, uns zu blamieren. Zum zweiten Mal, scheitern wir daran, jemanden zu töten, weil sie auf einen Baum geklettert ist. Wie das nervt.
»Gehen wir. Du weißt wie das beim letzte Mal geendet ist. Ich will nicht von noch einem Jägerwespennest aufwachen«, sagt Cato und kehrt um. Das sieht ihm gar nicht ähnlich. Wieso hat er solche Angst, nochmal unter einem Baum zu übernachten und auf Fuchsmädchen zu warten. Hat er etwa Angst? Fürchtet er sich, dass wir sterben könnten?
»Glück gehabt Fuchsmädchen. Aber das nächste Mal kriegen wir dich«, zische ich hoch, zu diesem Mädchen, dass uns erneut entwischt ist und folge Cato durchs Unterholz.
»Cato warte!«, rufe ich. Er bleibt stehen und ich hole ihn wieder ein. »Wieso wolltest du da nicht übernachten? Wir hätten sie doch gehabt?«, frage ich verwirrt.
Cato scheint einen Moment zu zögern. Dann sagt er: »Ich wollte nicht riskieren, dass dir etwas passieren könnte. Die Jägerwespen hätten wir alle fast nicht überlebt. Und als du weg warst, dachte ich, du wärst tot. Dieses Gefühl möchte ich nie mehr haben. Es war furchtbar. Deshalb will ich das Risiko nicht eingehen, dich zu verlieren. Für mich wäre es das schlimmste, dich jetzt zu verlieren. Eben haben wir erfahren, dass wir beide gewinnen können. Clove verdammt, ich liebe dich.« Der letzte Satz ist so leise gesprochen, dass nur ich es hören kann. Ich sehe mich kurz um, aber es sind keine Kameras zu erkennen.
»Cato«, flüstere ich fassungslos. Das hätte ich niemals erwartet. Cato liebt mich, und ich ihn.
Ganz langsam, kommen sich unsere Gesichter näher. Meine Lippen, legen sich auf die seinen.
In meinem Bauch bricht ein Schwarm Schmetterlinge aus. Gerade gibt es nur noch Cato und mich. Alles andere ist nebensächlich.
Seine Hand fährt langsam meinen Rücken entlang.
Ein leises Plumpsen, lässt uns auseinander gleiten.
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