~ 23 ~
Am nächsten Morgen bin ich nicht die Erste, die wach wird. Als ich mich aufsetze, sehe ich Cato. Er ist immer noch in genau derselben Position, wie gestern Abend.
»Bist du schon lange wach?«, frage ich ihn.
»Ein Weilchen«, sagt er, als ob es das normalste auf der Welt wäre. »Wusstest du, dass du viel weichere Gesichtszüge hast, wenn du schläfst?«
Ich lächle. »Nein, das wusste ich nicht.«
Wir stehen auf und machen uns ein Frühstück. Es ist ziemlich karg. Brot und etwas Trockenobst. Langsam aber sicher, gehen uns die Vorräte aus.
»Uns gehen die Vorräte aus«, spricht Cato genau das aus, was ich dachte.
»Kannst du jagen?«, frage ich ihn hoffnungsvoll.
»Nicht, dass ich es gelernt hätte, aber wir können es versuchen«, sagt er.
Ungläubig sehe ich ihn an. Er zuckt nur mit den Schultern. »Kann ja nicht allzu schwer sein.«
Ich stehe auf. »Ich gehe mal runter zum See und mache mich etwas frisch«, kündige ich an. Cato nickt nur und ich gehe runter zum See. Im Wasser wasche ich mich gründlich. Ich spüle allen Dreck, der letzten Tage von meinem Körper runter. Als ich fertig bin, lege ich meine Socken und die Jacke in die Sonne zum trocknen. Anschliessend setze mich mit der nassen Kleidung am Leib, ans Ufer des Sees.
Irgendwann kommt Cato dazu und genehmigt sich auch ein Bad. Danach legt er sich zu mir.
»Denkst du, Katniss wird uns suchen?«, frage ich.
»Kann schon sein. Schliesslich hat sie ihre Waffe. Allerdings denke ich, dass sie erst noch Rues Tod verarbeiten muss. Wenn ich so zurückdenke, wie du auf Marinas Tod reagiert hast ...«
Stimmt. Ich bin abgehauen und mehrere Tage im Wald verschwunden, sodass die anderen dachten, ich wäre tot.
»Da hast du bestimmt recht«, sage ich seufzend. Marina. Bestimmt müsste sie grinsen, wenn sie Cato und mich sehen könnte. Aber vielleicht kann sie das ja auch? Vielleicht ist sie irgendwo da oben, im Himmel und wacht über mich. Vielleicht bekommt sie alles mit. Jeder Satz. Jedes Wort.
»Siehst du Clove? So geht das, gut gemacht!«, würde sie bestimmt sagen.
Mir steigen Tränen in die Augen. Eifrig wische ich sie aus meinem Gesicht. Cato soll mich jetzt nicht weinen sehen.
»He, sieh mal dort!«, sagt er plötzlich und springt auf. »Wie es aussieht, will uns da schon wieder jemand in den Wald locken.«
Ich stehe auf und sehe in die Richtung, in die Cato zeigt. Tatsächlich erhebt sich eine dicke Rauchfahne gegen den Himmel.
»Da fallen wir nicht noch einmal herein.« Kopfschüttelnd suche ich meine Klamotten zusammen, die unterdessen getrocknet sind und streife sie über. Nur die Jacke behalte ich mir vor. Es ist ohnehin viel zu heiß.
»Wir bräuchten etwas gegen ihre Pfeile. Mit denen, kann sie uns leicht töten«, stellt Cato fest.
»Du meinst, so etwas wie eine Ganzkörperpanzerung?«, frage ich und runzle die Stirn.
»Ja, etwas, dass uns vor ihren Pfeilen schützt«, meint er.
»Die Sponsoren werden sich sowas nie leisten können. Da müssten sich viel zu viele zusammenfinden«, verwerfe ich die Idee
»Stimmt«, grummelt Cato und zieht seine getrockneten Socken an.
Plötzlich hören wir eine Fanfare. Seltsam, wieso sollte jetzt eine Fanfare ertönen? Ich wechsle einen verwirrten Blick mit Cato.
Die Fanfare ertönt immer, wenn es eine Durchsage gibt. Das könnte ein Festessen oder anderes sein. Vielleicht sind die Spiele zu fad und sie wollen es aufpeppen, in dem sie ein Festmahl veranstalten.
Claudius Templesmiths Stimme dröhnt auf und herab. Er gratuliert uns sechs Übriggebliebenen. Allerdings kündet er kein Festessen an, sondern etwas sehr seltsames. Die Spielregeln wurden geändert. Sie besagen nun, das zwei Tribute aus demselben Distrikt gewinnen können, sollten sie die letzten Überlebenden sein. Claudius macht eine kurze Pause und wiederholt die Änderung noch einmal.
Langsam erfasse ich, was das bedeutet. Zwei Tribute können dieses Jahr gewinnen, sind sie aus demselben Distrikt. Beide dürfen überleben. Ich drehe meinen Kopf zu Cato, der das gleiche im Sinn hat. In seinen Augen funkelt es.
»Clove«, flüstert er glücklich.
»Cato«, sage ich leise.
Wir fallen einander in die Arme. Ich kann es kaum glauben, wir könnten beide zurückkehren, nach Distrikt 2. Wir könnten es schaffen. Ich könnte ihn haben, für immer. Wir müssen nur die letzten beiden Überlebenden sein.
»Cato wir können gewinnen!«, sage ich überglücklich.
»Wir können und werden auch«, meint er.
»Ich kann meine Freude kaum in Worte fassen«, sage ich etwas lauter.
Tatsächlich bin ich immer noch am realisieren. Es geht wirklich. Ich glaube es kaum.
»Im Zweierteam werden wir auch die anderen besiegen. Wen haben wir schliesslich noch zu fürchten?«, stellt Cato erfreut fest.
Stimmt. Wen haben wir noch zu fürchten? Fuchsmädchen? Ihr Distriktpartner ist tot, schon beim Gemetzel durch mein Messer gestorben. Sie wird nichts tun können. Und sollten wir sie finden, wird sie sich sicherlich nicht wirklich wehren können. Thresh? Er ist auch allein. Zu zweit werden wir ihn sicherlich problemlos bezwingen können. Zuletzt sind da noch Katniss und Peeta. Sie sind ausser uns die einzigen, die die neue Regel feiern werden. Allerdings muss Katniss, Peeta höchstwahrscheinlich erst einmal finden, was auch etwas dauern könnte.
»Was machen wir heute Nacht? Fuchsmädchen suchen?«, frage ich und wir lösen uns aus der Umarmung.
»Wir können ja ...«, doch sein Satz wird von einem leisen Plumpsen unterbrochen. Wir wirbeln herum und tatsächlich liegt ein silberner Fallschirm, unmittelbar hinter uns.
Ich eile zu ihm und öffne das Sponsorengeschenk. Darin befinden sich jede Menge Brötchen, Früchte und sogar ein kleines Küchlein. Den dazugehörige Zettel lese ich laut vor: »Macht euch ein ordentliches Essen, ihr habt es verdient. Bis bald, eure Mentoren.«
Cato eilt sofort herbei und untersucht das Essen. »Damit können wir uns an drei Abenden ein ordentliches Essen zubereiten«, sagt er verblüfft.
Wir schlagen uns den Bauch voll, mit dem frischen Brot und den Früchten. Den Kuchen wollen wir aufbewahren. Trotzdem bleibt noch eine ganze Menge übrig und wir teilen es gleichmässig auf die zwei Rucksäcke auf.
Die Hymne ertönt. Doch keine Toten heute. Ich bin ja gespannt, wie lange die Spielemacher noch warten werden, bis sie die nächste Katastrophe auf uns hetzen.
Aber eigentlich kann es mir egal sein. Ich habe Cato und gemeinsam werden wir diese Arena verlassen.
Ganz bestimmt.
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