~ 15 ~
Eine riesige Feuerwand kommt auf uns zugerollt. Ich sehe Marvel und Glimmer, die Seelenruhig schlafen. Das macht mich wütend. Das Prinzip vom Wache halten ist,
genau so etwas zu verhindern.
Ich springe auf und schreie den ganzen Waldteil zusammen. Wie von Taranteln gestochen, springen die anderen auf und blicken mich erschrocken an. Ich deute hektisch auf die Feuerwand, die immer näher kommt. Dann renne ich los, Marina dicht hinter mir. Eigentlich ist mir allein Marina wichtig. Und vielleicht auch Cato. Aber die anderen können ruhig verbrennen. Vor allem Marvel und Glimmer, die uns erst in diese Lage gebracht haben. Ich schaue kurz zurück und sehe Cato, Marvel, Glimmer und ganz hinten Peeta.
Die Feuerwand rollt ungehindert auf uns zu und plötzlich höre ich ein lautes Zischen. Ein Feuerball, rast auf uns zu. Mit einem Schrei fahren wir auseinander. Aus Panik rennt jeder irgendwohin. Schliesslich ist nur noch Marina neben mir. Wo die anderen sind, weiß ich nicht.
Wir werden Tal abwärts gehetzt. Hektisch suche ich mir einen Weg durch das ganze Feuer und den Qualm. Irgendwann muss es aufhören, da bin ich mir sicher. Das war auch in früheren Hungerspielen so. Meistens ist irgendwann Schluss mit dem Feuer.
Ein weiteres Zischen kündigt den nächsten Feuerball an und ich schaffe es, rechtzeitig nach rechts zu springen. Marina hat da weniger Glück, sie schafft es nicht ganz und wird an der Schulter geschleift. Mit einem Schrei reisst sie die brennende Jacke von sich und tretet drauf herum, bis das Feuer erlischt.
»Marina! Duck dich!«, schreie ich wie von Sinnen, als der nächste Ball kommt.
Direkt auf sie zu.
Keine Sekunde zu spät, kniet sie nieder und der Ball knallt gegen den nächsten Baum. So schnell ich kann, eile ich Marina zu Hilfe.
»Los komm, ich glaube wir haben es bald geschafft!«, spreche ich ihr Mut zu.
Sie beisst die Zähne zusammen und rennt weiter. Ich kann die klaffende Wunde an ihrer Schulter sehen. Genau dort, wo der Feuerball sie getroffen hat. Es riecht verbrannt und mir ist speiübel. Marinas Gesicht nach, geht es ihr ähnlich.
Wir schaffen es hinter einen Steinvorsprung und halten kurz inne.
»Haben wir es geschafft?«, fragt sie schmerzerfüllt.
»Gleich! Komm schon, du schaffst das!«, flehe ich schon fast. Marina darf jetzt nicht sterben.
Sie fasst Mut und wir rennen wieder los. Etwa fünfzig Meter weiter sind wir dem Feuer endlich entkommen.
»Wir haben es geschafft«, sage ich glücklich und umarme Marina. Diese scheint nicht mehr ganz bei Sinnen und torkelt leicht in der Gegend herum. »Setz dich. Wir schauen deine Wunde an«, sage ich.
Sie setzt sich hin und ich krame in meinem Rucksack nach etwas brauchbarem. Schliesslich finde ich einen kleinen Medizinkasten. Vielleicht ist hier etwas brauchbares drin. Allerdings finde ich nur Mullbinden, Fiebertabletten und Medikamente. Das nützt mir nicht sonderlich viel.
Ich wende mich Marina zu, die ausdruckslos ins Nirgendwo starrt.
Es tut mir furchtbar leid, sie so zu sehen. Irgendwas muss ich doch tun können. Ich durchforste mein Gehirn nach etwas, das ich einmal gelernt habe und helfen könnte. Urplötzlich hallt die Stimme eines alten Trainers aus der Akademie in meinem Kopf wieder, der uns erklärte, wie wir die Schmerzen am besten bekämpfen konnten. Auch Verbrennungen kamen da vor.
Kaltes Wasser. Es lindert den schlimmsten Schmerz. Natürlich wäre eine Salbe oder ähnliches besser, aber mit Wasser kann man auch vieles ausrichten.
»Ich habe keine Medizin gefunden, aber lass uns etwas Wasser drüber giessen, das hilft bestimmt«, sage ich so sanft wie möglich.
Marina versucht zu Lächeln, aber es sieht einer schmerzerfüllten Grimasse ähnlicher.
»Bist du sicher? Ich weiß nicht wie viel wir noch haben. Und wenn wir die anderen nicht finden, brauchen wir es«, meint sie.
Davon lasse ich mich nicht beirren und versuche ihr vorsichtig Wasser auf die wunde Stelle an der Schulter zu giessen.
»Dann suchen wir uns eben welches. Kann ja nicht so schwer sein«, sage ich schulterzuckend.
»Von mir aus«, sagt Marina müde und lässt nun zu, dass ich ihr das Wasser auf die Schulter gebe. Sie umklammert ihre verkohlte Jacke, doch trotzdem entfährt ihr ein leises seufzen als ich das Wasser drüber kippe.
Zum Schluss verbinde ich ihr die Schulter mit einer sauberen Mullbinde aus dem Medizinkasten.
»Du kannst die Jacke wieder anziehen«, sage ich als die Wunde versorgt ist.
Sie nickt und legt vorsichtig ihre Jacke an.
»Wollen wir die anderen suchen gehen?«, fragt sie schliesslich.
»Wenn du magst. Aber lass uns erst noch etwas essen und trinken«, schlage ich vor.
Marina nickt und wir trinken aus der noch nicht geleerten Flasche. Danach isst jeder einen Kräcker und etwas Trockenobst aus den Rucksäcken.
Langsam brechen wir auf.
»Denkst du die anderen haben sich gefunden?«, fragt Marina als wir eine Weile gelaufen sind.
»Kaum«, antworte ich, »Schliesslich sind alle in eine andere Richtung gerannt. Vielleicht haben sich zwei gefunden oder drei. Aber das die wieder alle zusammengefunden habe, denke ich nicht.«
»Wüsstest du die Richtung in der das Füllhorn liegt?«, meint Marina.
»Nein, tut mir Leid. Aber wahrscheinlich müssten wir irgendwo da entlang«, sage ich und deute in die grobe Richtung, in der ich das Füllhorn vermute.
Schweigend gehen wir planlos weiter. Ich hoffe, dass Cato das Feuer überlebt hat. Aber wie es aussieht, ist niemand gestorben. Auf jeden Fall, ist die Kanone noch nicht abgefeuert worden.
Gegen späten Nachmittag bleiben Marina und ich schliesslich stehen.
»Ich hab da so die vage Vermutung, dass wir im Kreis gehen«, meint Marina und blickt sich zweifelnd um.
»Die habe ich auch«, pflichte ich ihr bei. Hier sieht aber auch alles gleich aus.
Marinas Augen beginnen zu leuchten, als ob sie etwas Wunderschönes gesehen hätte. Sie geht ein paar Schritte und kniet nieder. Dann zupft sie irgendetwas vom Boden und kommt zu mir.
»Hier schau mal. Eine Lilie, meine Lieblingsblume. In Distrikt 4 steht sie für Glück und Hoffnung«, sagt sie verträumt.
»Hübsch«, sage ich. Es ist tatsächlich eine sehr schöne Blume. Anscheinend ist es für Marina eine Erinnerung an ihren Distrikt.
Plötzlich hören wir lautes Fussgetrampel.
Marina zieht mich hinter einen grossen Stein.
»Warum verstecken wir uns?«, frage ich sie verwirrt.
»Erstmal die Lage peilen, dann können wir immer noch angreifen«, antwortet sie knapp.
Als die Schritte näher kommen, höre ich auch Stimmen.
»Wo sind die eigentlich?«
»Vielleicht haben sie es nicht geschafft?«
»Nein. Nein, dass kann nicht sein. Wir haben keine Kanone gehört!« Die Stimme ordne ich Cato zu. Und wenn ich mich nicht ganz irre, hat er einen besorgten Unterton in der Stimme.
»Vielleicht sind sie ja zum Füllhorn zurück gegangen.«
»Lasst und doch dort nachschauen gehen.«
»Denkt ihr? Ich weiß ja nicht.«
Da sind sie. Unsere Verbündeten.
Fast synchron treten Marina und ich hinter dem Stein hervor.
»Wir sind hier!«, rufe ich.
Cato, Peeta, Glimmer und Marvel wirbeln herum. Anscheinend hatten sie sich wirklich schon gefunden. Während sich in Catos Gesicht die Erleichterung widerspiegelt, scheint Glimmer eher darauf gehofft zu haben, dass wir in den Flammen gestorben wären.
»Gut, dann haben wir alle überlebt«, stellt Marvel fest. »Ist einer verletzt?«
»Ein Feuerball hat Marina an der Schulter gesteift«, sage ich und deute auf sie.
»Nicht schlimm!«, sagt Marina sofort.
»Na dann ist ja gut«, sagt Cato und mustert uns prüfend. »Gehen wir weiter.«
Nach etwa zehn Minuten, verlassen wir den Wald und kommen zu einem breiten Fluss. Wir gehen den Steinen entlang, bis Marvels Ruf uns aufhorchen lässt: »Leute, da vorne ist Sie, da ist Katniss!«
Und tatsächlich. Gerade verschwindet Katniss im Dickicht des Waldes.
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