~ 14 ~
Ein starker Ruck reißt den Jungen von mir und der Druck an meiner Kehle lässt nach.
Keuchend schnappe ich nach Luft. Das war knapp. Sehr knapp. Beinahe wäre ich draufgegangen.
Wäre da nicht Cato gewesen, der den Jungen von mir gerissen und getötet hat.
»Danke Cato!«, flüstere ich erleichtert.
Er lächelt nur.
»Gehen wir jetzt bitte? Bevor sie noch eine Ladung Mutationen schicken«, sagt Peeta und sieht sich ängstlich um.
»Ja, schnell weg hier!«, sage ich und stehe unbeholfen auf.
»Geht es?«, fragt Cato besorgt und hilft mir.
»Wird schon gehen«, antworte ich.
Vorsichtig gehen wir zurück zum Füllhorn. Cato lässt mich kaum aus den Augen, bis wir langsam in die Nähe des Füllhornes kommen.
Meine Kehle schmerzt bei jedem Atemzug, doch ich verdränge den Schmerz und versuche mich zu konzentrieren.
Was war das gerade eben? Bestimmt befanden die Spielemacher die Spiele für langweilig. Und das, dürfen die Spiele auf gar keinen Fall werden. Also haben sie einfach eine Gruppe Mutationen die etwa doppelt so gut waren wie die wahren Tribute gemacht und auf uns drei Karrieros gehetzt.
Wenigstens hatten die Zuschauer jetzt ihre Show.
Als ich endlich das Füllhorn sehe, bin ich überaus erleichtert. Für heute habe ich eindeutige genug vom Jagen. Als wir zum Füllhorn kommen, sehen wir die anderen schon von weitem. Doch ich zähle nicht drei, sondern vier. Seltsam. Gehören Halluzinationen zu einer Nachwirkung von fast ersticken?
»Wer ist der Typ?«, fragt Cato als wir bei Glimmer, Marina und Marvel ankommen.
Jetzt kann ich sehen, dass ich nicht halluziniere. Trotzdem steht da der Junge aus Distrikt 3. Ich glaube er heisst Ian. Auf jedenfall habe ich ihn gar nicht auf dem Radar.
Statt einer Antwort fragt Glimmer bissig: »Ihr seit ein bisschen zu spät. Mittag war seit etwa einer Stunde.«
»Wir wurden von Mutationen angegriffen«, verteidigt Peeta unsere Lage.
»Mutationen? Was denn für Mutationen?«, fragt Marvel.
Marina blickt ihn böse an. »Das spielt doch jetzt keine Rolle. Habt ihr euch verletzt?«
Ich werfe Cato und Peeta einen warnenden Blick zu. Die können jetzt schön die Klappe halten. Glimmer fände es sicher verdammt witzig, wenn sie herausfinden würde, was geschehen ist.
»Ähm, nein, wir konnten sie besiegen«, sagt Cato schnell.
»Ah, gut«, meint Marina erleichtert.
»Wer ist der da?«, fragt Cato erneut und deutet auf den Neuankömmling.
»Ian. Er kommt aus Distrikt 3 und wollte ins eben von seiner tollen Idee erzählen«, erzählt Glimmer.
Ian läuft knallrot an und stottert dann: »Also, ähm, ihr wollt eure Vorräte doch sicher gesichert?«
»Ja, wer würde das schon nicht wollen?«, sagt Marvel bedrohlich. »Aber was geht dich das an?«
»Naja, ich könnte die Minen rund um die Plattformen beim Start wieder aktivieren und um eure Vorräte eingraben. Alle die den Weg nicht kennen würden, wären ziemlich schnell tot«, sagt Ian verlegen.
Einen Moment ist es still. Niemand hat mit dieser Antwort gerechnet. Aber ich muss zugeben, falls Ian nicht blufft und er wirklich die Minen ausgraben und um unsere Pyramide verteilen kann, wäre das sicher ziemlich hilfreich.
»Du meinst also, du könntest unsere Vorräte mit Minen schützen? Und was willst du als Gegenleistung von uns?«, fragt Cato barsch.
»Also, ähm ... ich denke schon«, meint Ian kleinlaut, »Als Gegenleistung dachte ich, ihr könntet mich zum Wache halten aufnehmen.«
Ich blicke Ian an. Er macht einen nervösen und ängstlichen Eindruck. Ich habe das Gefühl, dass er sich vor uns fürchtet.
»Ich finde die Idee nicht schlecht. Ausserdem kann es nicht schaden, eine Wache zu haben wenn wir auf der Jagd sind«, sagt Marina optimistisch.
Ich nicke und auch die anderen Karrieros und Peeta finden die Idee gut. Ian sieht uns erleichtert an und beginnt die Minen auszugraben. In den nächsten Stunden erklärt er uns genau, wo wir hintreten müssen, wenn wir Nahrung oder sonst etwas brauchen.
Ich präge mir den Weg gut ein. Es ist eigentlich ganz einfach, allerdings nur für wen der weiß, wo die Minen liegen.
Am Abend probieren wir den Minenweg zum ersten Mal aus. Insgeheim hoffe ich, dass Glimmer ausrutscht und in die Luft gesprengt wird. Aber natürlich schafft sie es, wie wir anderen auch.
»Machen wir heute einen Tag Pause mit dem Jagen in der Nacht?«, fragt Marvel nach dem Essen.
»Ja bitte!«, pflichte ich ihm bei.
»In Ordnung. Ian kann mit Peeta und mir Wache halten«, bestimmt Cato.
Diesmal sind Marina und ich als Letzte vorgesehen. Erst als ich höre, wie Glimmer und Marvel es sich am See gemütlich machen, fällt mir ihr Gespräch von Gestern wieder ein. Das ist mir vor lauter Mutationen ganz entfallen. Ich nehme mir fest vor, mit Marina darüber zu reden, wenn wir dann mit Wache dran sind.
»Clove! Du bist dran!«, reisst mich Catos Stimme ein paar Stunden später, aus meinem Schlaf. Ich stehe auf. »Schon gut«, murmle ich schlaftrunken.
Peeta und Ian sind bereits am schlafen und Cato legt sich gerade hin, als ich zu Marina gehe, die am See sitzt. Am Horizont befinden sich bereits sanfte, blassrosa Streifen, die Ankündigen, dass bald ein neuer Tag anbricht.
»Guten Morgen«, sagt Marina freundlich.
»Morgen«, sage ich.
»Ist etwas?«, fragt sie mit einem besorgten Unterton in der Stimme.
»Ich muss dir was erzählen«, sage ich und schildere ihr das ganze Gespräch, dass ich am ersten Tag, zwischen Marvel und Glimmer belauscht habe.
Als ich ende, ist sie erstmal sprachlos.
»Wow. Dann haben wir jetzt noch ein Bündnis im Bündnis. Jetzt müssten eigentlich nur noch Peeta, Cato und Ian gemeinsam abhauen«, meint sie schliesslich.
Lustig, das gleiche habe ich gestern auch gedacht.
»Aber mach dir keinen zu grossen Kopf Clove. Solange Cato da ist, werden die nichts tun. Und ich glaube, dass Cato noch ziemlich lange da sein wird«, sagt Marina aufmunternd.
»Da hast du bestimmt recht«, sage ich »Aber macht es dir nichts aus wegen Marvel? Du hast dich mit ihm doch so gut verstanden?«
Marina grinst mich wohlwollend an. »Denkst du wirklich, dass auch ich keine Pläne hätte?«
Ich blicke sie überrascht an. Die freundliche Marina, mit der ich mich so gut verstehe, verfolgt eigene Pläne. Damit hätte ich niemals gerechnet.
»Ausserdem«, setzt sie wieder an.
»Ausserdem was?«, frage ich neugierig. Marina lächelt verträumt in den Sonnenaufgang. »Naja, weisst du, es gibt da zuhause jemand, der auf mich wartet«, meint sie.
»Du hast einen Freund?«, frage ich aufgeregt.
Sie nickt zur Antwort. »Und du?«, meint sie neckisch.
Lachend schüttle ich den Kopf. »Nein, bei mir ist niemand.«
»Macht nichts. Dafür hast du hier jemanden«, meint sie achselzuckend.
Darauf schweige ich. Cato hat mir am letzten Abend vor den Spielen indirekt gesagt, dass er Glimmer nicht mag. Aber ob er mich mag oder vielleicht sogar liebt, weiß ich nicht.
Als die Sonne aufgegangen ist, wecken wir die anderen. Beim Frühstück geht die obligatorisches Diskussion einmal mehr los, ob und wie wir jagen sollen.
»Ich bin dafür, dass wir heute einmal Pause machen und dafür in der Nacht jagen gehen«, ist Glimmers Einstellung.
»Wir sollten es anders herum machen«, hält Cato dagegen.
So geht die Diskussion weiter bis ich schliesslich genervt sage: »Wir könnten auch einfach erst am Mittag losgehen.«
»Das wäre ein Kompromiss«, sagt Peeta.
»Na dann«, grummelt Cato.
Bis zum Mittag läuft nicht sehr viel. Glimmer versucht mit Cato zu flirten, allerdings wimmelt er sie die ganze Zeit ab. Dies wird von Marvel verfolgt, der Glimmer sehnsüchtig zuschaut. Marina und Peeta sind in ein Gespräch vertieft und Ian sitzt mit einem Speer in der Hand auf einer Kiste. Ich beobachte das ganze amüsiert.
Als wir zu Mittag gegessen haben und fast im Wald verschwunden sind, schreit Glimmer plötzlich: »He, das Fuchsmädchen ist bei unseren Vorräten!«
Ich wirble herum und sehe das rothaarige Mädchen aus Distrikt 5 den Minenweg zurück hüpfen. Einen Moment bin ich baff. Wie kann man so gerissen sein und sich selber einen Weg durch die Minen bahnen?
Jetzt scheint sie gemerkt haben, dass wir sie bemerkt haben und schultert den Rucksack, den sie genommen hat. Dann rennt sie in einen anderen Teil des Waldes.
»Hinterher!«, brüllt Cato.
Wie auf Kommando jagen wir dem Mädchen hinterher. Glimmer ist am schnellsten, dicht gefolgt von Cato und mir.
»Die gehört mir!«, jauchzt Glimmer.
»Und was wenn ich sie kriege?«, meint Cato erfreut. Doch das Fuchsmädchen ist schnell. Sie zieht Haken, so ist es mir unmöglich ein Messer zu werfen. Glimmer versucht es mit dem Bogen. Aber zum einen geht das im Rennen nicht so gut und zum anderen zieht unser Opfer rasante Haken.
»Vergesst es, die ist zu schnell!«, meint Marina schliesslich. Nur ungern gebe ich ihr recht. Das Fuchsmädchen verschwindet hinter mehreren Büschen und weg ist es. Cato bleibt stehen und sieht ihr wütend hinterher.
»Beim nächsten Mal kriegen wir sie!«, sagt Marvel nicht minder wütend.
»Wieso hast du kein Messer geworfen Clove?«, schnauzt mich Glimmer an.
»Ich hätte niemals getroffen. Hast du die Haken gesehen, die sie geschlagen hat? Ausserdem hast du mit deinem Pfeil ja auch danebengeschossen«, verteidige ich mich erhitzt.
»Gehen wir zurück«, sagt Peeta und dreht sich um. Glimmer sieht ihm fassungslos hinterher. Ich nutze die Chance und folge Peeta. Nach und nach kommen auch die anderen.
Beim Füllhorn packt sich jeder genug Waffen und einen grossen Rucksack. Dann gehen wir auf die Jagd. Natürlich stossen wir auf keine anderen Tribute. Fuchsmädchen war die einzige, die wir heute gesehen haben. Und die ist uns entwischt.
Unser Nachtlager schlagen wir im Wald auf. Diesmal sind Cato und Peeta als Erste mit dem Wache halten dran. Marina und ich reden bei unserer Wache nicht gross miteinander. Wir sind beide ziemlich müde und heilfroh, als wir Glimmer und Marvel wecken können. Ich lege mich hin und schlafe sofort ich ein.
Als ich am nächsten Morgen die Augen öffne, merke ich sofort, dass etwas anders ist. Der Geruch.
Es riecht verbrannt. Ein seltsames Knacken wird immer lauter. Wie von einem Lagerfeuer. Ich drehe mich auf die andere Seite und bin schlagartig hellwach.
Feuer.
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