~ 10 ~
Die Interviews sind beendet und unter einem letzten Applaus verlassen wir Tribute die Bühne. Alle werfen Katniss und Peeta verstohlene Blicke zu. Ich weiß ja nicht ob das »tragische Liebespaar« morgen in der Arena lange durchhalten wird.
Allein Catos Gang zeigt an, wie sehr er die beiden verabscheut. Peeta hat es fertiggebracht, dass Katniss ihm erneut die Show gestohlen hat.
Beim Abendessen versucht Emanda die Stimmung zu lockern indem sie uns Komplimente für unseren Auftritt macht. Ich denke ich werde sie vermisse. Und Enobaria auch. Und irgendwie auch Brutus. Schliesslich sehen wir sie morgen nicht mehr. Harry wird ab morgen für mich da sein. Bis es in die Arena geht. Dann bin ich auf mich allein gestellt.
Wir schauen uns die Zusammenfassungen der Interviews an und ich bin ganz zufrieden mit meinem Auftritt. Die Zuschauer haben das Bild eines Karrieromädchens. Als Katniss sich mit ihrem Kleid dreht, kommt sie mir leicht albern vor. Bei Peeta verdüstert sich Catos Miene nur noch mehr und als er schliesslich als Höhepunkt seine Liebe vor ganz Panem gesteht, schnaubt Cato verächtlich.
»Beruhig dich Junge. Damit wird er nicht lange durchkommen. Am Anfang vielleicht noch, aber der ist schneller tot als er Katniss sagen kann«, sagt Brutus und klopft Cato auf den Rücken.
Ganz so sicher bin ich mir da nicht.
»Ich glaube nicht das der eher tot ist als er Katniss sagen kann«, mische ich mich ein.
Brutus funkelt mich böse an. »Und was denkst du, wird ihn davon abhalten nicht zu sterben?«, fragt er.
»Nun, es ist offensichtlich das Peeta einen Plan verfolgt. Anders würde er doch niemals vor ganz Panem Katniss seine Liebe gestehen«, sage ich provokativ.
»Da ist was dran«, stimmt mir Enobaria zu.
Brutus und Cato wechseln einen kurzen Blick, trotzdem entgeht er mir keineswegs. Ich habe das Gefühl, dass dieser Deal zwischen Brutus, Glimmer, Cashmere und ihm nicht das einzige ist, was sie mir verheimlichen. Irgendetwas ist im Busch.
Der nicht so schöne Teil des Abends rückt näher und das Verabschieden von Brutus, Enobaria und Emanda steht an.
Emanda nimmt uns in den Arm und meint unter Tränen, das sie fest an uns glaubt, und das wir das schaffen werden. Dann eilt sie aufgelöst aus dem Raum.
»Ein letzter Tipp?«, fragt Cato.
»Je mehr Tribute das Blutbad überleben, desto länger dauern die Spiele«, sagt Enobaria.
»Also schaut zu, dass ihr ein paar tötet«, meint Brutus grimmig.
»Alles klar«, sage ich. Cato nickt zustimmend.
Enobaria lächelt mir zu. »Ihr seid beide sehr stark. Nutzt eure Fähigkeiten und einer von euch, wird wieder aus der Arena herauskommen«, sagt sie.
Dann gehen sie und wer weiß, vielleicht sehe ich sie nie wieder.
»Denkst du das du schlafen kannst?«, fragt mich Cato nun. Ich schaue ihn perplex an. Das kam gerade völlig unerwartet. »Ganz bestimmt nicht«, antworte ich.
»Ich dachte, wir könnten noch auf unseren Balkon. Ein bisschen reden. Ich habe das Gefühl, dass wir eine menge Missverständnisse aufzuklären haben«, sagt er schüchtern.
Ich lächle und nicke. »Das denke ich auch.«
Wir verlassen den Raum und gehen zum Balkon. Es ist frisch draussen und bereits stockfinster. Eine Fackel erleuchtet den Balkon leicht und von unten kann man sehen, wie die Menschen aus dem Kapitol feiern.
»Clove?«, fragt Cato und tritt zu mir an die Brüstung.
»Glimmer war vorgestern bei mir. Sie hat mir von eurem Deal erzählt«, sage ich und versuche nicht niedergeschlagen zu klingen.
Cato blickt zu Boden. »Es tut mir Leid. Aber Brutus fand die Idee super, dass wir ein Liebespaar spielen sollten. Doch jetzt haben ohnehin die aus 12 diesen Part übernommen«, sagt Cato.
»Vielleicht wäre es ganz gut, wenn ihr das weiter durchziehen würdet. Es bringt sicher den ein oder anderen Sponsor ein«, meine ich und sehe ihn an. Direkt, in die eisblauen Augen, die mich schmerzerfüllt anschauen.
»Du verstehst das nicht. Ich kann niemanden lieben, den ich nicht kenne. Ausserdem mag ich Glimmer nicht sonderlich. Sie ist okay, aber ihre Art ist mir einfach zu oberflächlich«, meint er und wendet seinen Blick ab.
»Schön, dass du es verstanden hast«, sage ich leicht verbittert.
Daraufhin schweigen wir erstmal eine Weile.
»Du warst in den letzten Tagen oft mit Marina zusammen. Magst du sie?«, fragt er schliesslich.
Der Gedanke an sie, zaubert mir ein kleines Lächeln ins Gesicht. »Ja, sie ist wirklich sehr nett.«
Auch heute habe ich sie vor den Interviews ich gesehen und sie hat mir ein grosses Kompliment gemacht. Nur nagt etwas schon seit Tagen an mir herum. Wir können nicht beide gewinnen. Eine muss sterben.
Ich versuche mich von dem schrecklichen Gedanken abzuwenden und blicke nach unten, zu den Kapitolbewohner die ausgelassen feiern.
»Du hast beim Interview gesagt, dass sich ein Teil von dir, vor der Arena fürchtet. Ist das wahr?«
»Wäre es nicht wahr, hätte ich es dann gesagt Cato? Ganz ehrlich, ich habe Angst. Und ich stehe auch dazu!«, sage ich mit fester Stimme.
»Ich habe auch Angst«, gibt Cato zu.
»Wovor willst du denn bitte Angst haben?«, frage ich und mustere ihn. Kaum einer, wird sich in seine Nähe trauen. Wer wagt es schon, einen Karriero wie Cato anzugreifen?
»Man kann in der Arena immer sterben«, sagt er ausdruckslos.
»Denkst du ernsthaft, dass dich etwas bezwingen könnte? Hast du dich schon einmal im Spiegel betrachtet?«, frage ich aufgeregt.
»Glaubst du ernsthaft, dass Mutationen oder Naturgewalten, auf die Stärke des Tributes achten? Und ganz ehrlich, tu nicht so, als ob du komplett hilflos wärst!«, sagt Cato mit erhobener Stimme.
»Ach, belassen wir es doch einfach. Ich will jetzt nicht an Morgen denken!«, sage ich schlecht gelaunt.
»Und wieso? Vor was hast du solche Angst, das du nicht an morgen denken willst? Ein Karriero freut sich normalerweise auf's töten!«, sagt Cato.
»Ernsthaft? Du freust dich auf's töten?«, frage ich ihn und schaue ihm ungläubig in die Augen. »Weißt du was? Ich glaube dir das sogar! Aber es gibt auch Karriero, die aus einem völlig anderen Grund in der Arena sind. Weil sie gewinnen wollen. Und das will ich.«
»Das wollen mit dir dreiundzwanzig andere, falls es dir noch nicht aufgefallen ist!«, meint Cato aufgebracht.
»Zählen kann ich auch selber, danke!«, sage ich hitzig und eile vom Balkon. Cato blickt mir nicht einmal mehr nach, sondern richtet seinen Blick auf die Bewohner, unten im Kapitol.
Wie ich das einmal wieder bravourös gemeistert habe. Neben Glimmer hasst mich nun auch Cato. Naja, ein Grund mehr, Marinas und meinen Plan umzusetzen.
Ich stelle mich unter die Dusche und wasche die ganze Schönheit von mir. Das einzige, das ich lasse, sind die Fingernägel. Sie sind so hübsch gefeilt und lackiert. Dann kuschle ich mich in einem Seidenpyjama ins Bett.
Am nächsten Morgen sehe ich Cato nicht. Harry kommt im Morgengrauen zu mir und gibt mir ein schlichtes, schwarzes Hemd und bringt mich auf den Balkon. Dort kommt wie aus dem nichts, ein Hovercraft das uns in die Arena bringen wird.
Nachdem eine Frau in weißem Kittel mir den Augspürer verpasst hat, werde ich freigelassen. Im Hovercraft sitzen bereits viele der anderen Tribute. Ich lasse mich neben Katniss nieder, die ausdruckslos zu Boden starrt.
Der Flug dauert etwa eine halbe Stunde, dann verdunkeln sich die Scheiben. Wie es aussieht, nähern wir uns der Arena. Das Hovercraft landet und wir werden in die Katakomben, die sich unterhalb der Arena befinden, gebracht. Ein kleiner Raum, mit einer Metallplatte und einer Röhre. Hier ist mein Startraum.
Ich gebe mir Mühe, so gleichgültig wie möglich zu wirken, als Harry mich vorbereitet. Dann werden die Kleider gebracht. Harry hilft mir in die Unterwäsche, ein schwarzes Sweatshirt, eine braune Hose, einen derben Gürtel in ähnlicher Farbe wie die Hose und in eine rote Jacke.
»Denk dran Clove, du schaffst das. Mich würde es nicht wundern, wenn du als Siegerin aus der Arena kommen würdest«, sagt Harry sanft. Ich nicke unbeholfen. Gerade taucht dieses Lampenfieber wieder auf. Schon sehr bald
könnte ich tot sein. Glimmer könnte es so aussehen lassen, als ob es jemand anders gewesen wäre. Im Blutbad kann selbst der beste Karriero sterben.
»Und jetzt geh!«, meint Harry und führt mich zur Plattform. Ich grinse und stelle mich auf die Plattform. Kurz darauf wird eine Röhre auf mich heruntergefahren. Mir kommt es wie eine halbe Ewigkeit vor, bis sich die Röhre endlich in Bewegung setzt. Ich blicke ein letztes Mal zu Harry. Er nickt mir grimmig zu.
Oben blendet mich helles Sonnenlicht, doch als ich mich etwas daran gewöhnt habe, atme ich den Duft von Kiefern ein.
Die Stimme des legendären Moderators Claudius Templesmith verkündet fröhlich: »Ladys und Gentlemen, die 74. Hungerspiele, haben begonnen!«
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