
•𝐂 𝐇 𝐀 𝐏 𝐓 𝐄 𝐑 𝟔•
Der Wald verschwimmt vor meinen Augen. Meine Pfoten graben tiefe Furchen in den Boden. Meine Sinne nehmen alles um mich herum auf. Der Hase, welcher neben mir her rennt, die anderen Wölfe aus meinem Rudel. Ich kann es immer noch nicht glauben. Ich habe meine Mate gefunden, getroffen. Doch konnte ich sie nicht in die Arme nehmen. Ich konnte sie nicht mein eigen nennen und weiß nicht einmal, ob ich es in Zukunft überhaupt kann. Das Schicksal, dass scheint mich zu hassen. Die Mondgöttin, sie scheint wohl sehr auf Karma aus zu sein. Nicht, dass ich meine Seelenverwandte hasse. Nein. Sie ist wahrlich das schönste Wesen auf diesem Planeten.
Mein Problem ist nur, es ist Samantha Greenwood.
Die Frau, der ich das Leben zur Hölle gemacht habe. Ich habe sie gedemütigt, niedergemacht. Ich war ihr schlimmster Alptraum. Und jetzt sind wir füreinander bestimmt.
Fuck.
Eine größere Scheiße als das kann es sicher nicht geben. Und ich konnte es nicht einmal merken, bevor ich mich hätte ändern können. Wieso auch, finden wir erst ab unserem achtzehnten Lebensjahr unseren Gefährten? Warum nicht schon früher? Warum hat die Mondgöttin es so beschlossen?
Ich komme am See an, der zu unseren Gebiet gehört. Es ist die Ostseite, nah an der Grenze zum benachbarten Rudel. Ich verringere meine Geschwindigkeit, bleibe fast mit allen vier Pfoten im Wasser stehen. Das blaue Nass schwappt um meine Vorderpfoten herum und lässt mich zittern. Das Wasser ist selbst für diese Jahreszeit schon viel zu kalt. Und es nicht einmal Winter. Mein braun graues Fell wird von dem Wind hin und her geweht, dringt fast bis zu meiner Haut.
Ich bin ehrlich, der Herbst und der Winter sind definitiv nicht meine liebsten Jahreszeiten. Ich bin viel lieber ein Fan des Sommers. Wenn die Temperaturen steigen und die Sonne mehr scheint. Zudem kann man gut im Sommer heiraten. Hochzeiten im Herbst, da muss man immer schauen wie das Wetter ist.
Ob Samantha im Sommer heiraten wollen würde? Oder war Heiraten nichts für sie? Wollte sie Kinder haben? Und vor allem, würde sie die Aufgabe als Luna annehmen? Schließlich konnte sie mich verstoßen und mich für immer und ewig zu einem zerbrochenen Mann machen.
Ich wollte seufzten, doch war es bei meiner Wolfsgestalt eher ein Knurren. Es war nur ein kleiner Moment gewesen. Ein kleiner Moment, welcher uns beiden die Erkenntnis gegeben hat, dass wir füreinander bestimmt sind. Danach ist Samantha aus dem Raum gestürmt. Doch ihr Duft nach Kirsche und Schokolade blieb sogar noch nach ihrem verschwinden präsent in meiner Nase. Ab heute wird es mein Lieblingsduft werden. Das würde sich nicht bestreiten lassen.
***
Frustriert fahre ich mir durch mein zederbraunes Haar, während ich ausatme. Mein Handy klemme ich zwischen Ohr und Schulter, während ich durch mein Büro tigere und schlussendlich vor dem Fenster halt mache. Meine Augen liegen auf dem Wald, welcher die Ruhe selbst ausstrahlt. Es sieht majestätisch aus, wie sich die Wipfeln der Bäume im Wind wiegen. Fast schon romantisch, mit den langsam verfärbenden Blättern an den Zweigen.
»Alpha? Sind sie noch dran?« klingt Chers Stimme in meinem Ohr, die mich aus meinen Gedanken reißt.
»Ja, ja ich bin noch da.« antworte ich und räuspere mich. »Holden ist immer noch nicht, über den Berg? Wie lange wird seine Genesung noch brauchen? Er ist mein Gamma. Sie wissen, wie wichtig er für das Rudel ist.«
Cher schnaubt auf und ich konnte mir gut vorstellen, wie sie am anderen Ende der Leitung ihre Augen verdreht. Auch wenn Cher die launischste Person auf dem Planeten ist, ist sie die beste Ärztin die unser Rudel jemals hatte. Egal wer es war, sie hatte jeden von uns schon zusammen geflickt.
»Doktor Greenwood kümmert sich um ihren Gamma. Er wird so schnell es geht wieder auf den Beinen sein. Doch seine Wunden wurden mit Silber identifiziert und sowas braucht eben, bis es aus unseren Körpern ist.« erklärt Cher bissig und dieses mal war ich derjenige der die Augen verdreht. Trotzdem macht mein Herz zeitgleich einen Sprung, als es den Namen meiner Mate hört. Ich war hoffnungslos in sie verschossen.
»Das habe ich schon verstanden, nur...-«
»Es braucht Zeit Alpha! Geben sie diese ihren Gamma und hören sie auf zu nerven. Einen schönen Tag noch.« donnert mir die Chefärztin entgegen, ehe das schrille piepen ertönt. Geradeso kann ich mir das fluchen verkneifen. Diese Frau hatte Nerven.
***
Seit einer halben Stunde beobachte ich die Braunhaarige Schönheit durch das Fenster neben der Tür, wie sie ihre Patienten behandelt. Auch wenn Holden der Gamma war, konnte ich es nicht bei Cher durchbringen ihn ein Privatzimmer zu geben. Die Wasserstoffblonde war eine grauenhafte Person. Ich seufzte und wenden meinen Blick von Samantha ab. Trauer macht sich in mir breit, als ich erneut über die Tatsache nachdenke das ich sie nicht besitzen kann. Sie würde es nicht zu lassen.
Mein Blick bleibt an der sich gleichmäßig hebenden und senkenden Brust meines Gammas. Ich kann es immer noch nicht verstehen, wie wir auf unserer Patrouille so unachtsam sein konnten. Dieser verdammte Hinterhalt, obwohl wir uns seit drei Jahren bemühen mit dem Silver Claw Rudel frieden zu schließen. Doch war dieses Unterfangen mehr als heikel. Ich verstehe es nicht wie mein Cousin Nathan das Alphasein meistern kann. Zumal sein Rudel nicht wie meines in einer ländlichen Region lebt.
Ich lehne mich in dem Sessel zurück, denn ich bezogen habe und verschränke meine Arme vor der Brust. Schuldgefühle machen sich breit und verdrängen den Trauer. Sollte Holden sterben, war es ganz alleine meine Schuld. Dann würde ich seiner Mate die Chance nehmen ihn zu finden. Verdammt.
Schritte kommen in die Richtung des Zimmers. Ihr Duft macht sich in meiner Nase breit und ich hebe den Blick. Vor der Tür verstummen ihre Schritte und einen Moment später öffnet sich die weiße Tür. Braun trifft auf Blau, die Zeit bleibt stehen. Ich habe das Gefühl in den Himmel einzutauchen und nie wieder aus diesen herauszukommen. Es waren sicher Minuten in denen wir uns einfach schweigend anstarren, bis sich Samantha räuspert und sich der Akte in ihrer Hand zuwendet.
»Hätte ich gewusst das sie kommen Alpha, dann wäre ich schon früher gekommen.« beginnt Samantha. Ihre Stimme ist kratzig und rau. Sorge kommt in mir hoch und ich wollte sie am liebsten bitten etwas zu trinken. »Mister Davis Vitalzeichen sind gut, die Atmung ist stabil und die Wunden erholen sich von den Entzündungen. Wenn nichts dazwischen kommt kann ich ihn in zwei Wochen entlassen.«
Während des Sprechens schaut Samantha kein einziges Mal zu mir, auch wenn ich sehe wie sie sich unweigerlich anspannt. Sie schlägt die Mappe zu und geht zu meinem Gamma rüber. Kurz legt sie die Mappe auf seinen Schoß, ehe sie ihn erneut Untersucht und leise die Ergebnisse murmelt.
»Mach dir deswegen keinen Kopf, ich kann warten. Andere sind aktuell wichtiger, zudem ist Holden stabil.« wink ich ab. Das Ich sie duze stört mich dabei im geringsten. Einen Moment stoppt die Brünette in ihren Bewegungen, bevor sie ihre Arbeit fortsetzt. »Seit wann hast du die kurzen Haare? Sieht gut an dir aus.«
Der wut verzerrte Blick trifft mich unvorbereitet. Ich hatte das Gefühl in einen Strudel gerissen zu werden, der mich nicht mehr loslassen würde. Ihr blau war dunkler und ihr ganzer Körper ist angespannt. Mit schnellen Schritten kommt sie zu mir herüber und baut sich vor mir auf. Ihr Schatten ruht auf mir, verdunkelt somit meine Sicht.
»Du elender Bastard hast kein Recht dieser verdammt Welt mich private Dinge zu fragen. Nach all dem Scheiß, denn du abgezogen hast. An deiner Stelle sollte ich dich ablehnen, dir das Herz zerbrechen. Denn das ist was solche Mistkerle wie du verdient haben.« schimpft Samantha und wedelt mit ihrem Finger so nah vor meinem Gesicht herum, dass ich Angst haben sollte sie würde mich damit stechen
Schockiert sehe ich sie an, unfähig auch nur irgendein Wort zu äußern. Samanthas Sätze sind Wahr und Ehrlich. Mit jeder gesprochener Silbe, ein weiterer Stich in meinen Herzen. Doch habe ich es verdient, immerhin hat sie recht. Ich bin ein totaler Mistkerl, der es bei ihr verbockt hat und mich nicht einmal trauen sollte überhaupt mit ihr zu reden.
Einige Sekunden ist das gesamte Zimmer still. Nur Holdens Atmen ist das einzige was man hört. Nicht einmal wir beide trauen uns zu atmen. Dann tritt Erkenntnis in Samanthas blassblauen Augen und sie reißt diese schockiert auf. Sie geht einen Schritt von mir zurück, stammelt leise eine Entschuldigung. Auf den Absatz dreht sie um, greift die Mappe und flüchtet aus den Raum. Erst als die Tür ins Schloss fällt erlaube ich es mir zu atmen. Mein Herz pocht, als wäre es ein Marathon gelaufen während ihr Duft wie eine Gewitterwolke über mir hängt.
Perplex fahre ich mir erneut durch die Haare und sehe herüber zu meinem Gamma.
Sie hat Recht.
Sie sollte mir das Herz brechen, es zertreten und mir anschließend vor die Füße werfen. Schließlich war unsere Bindung aussichtslos. Nur über ihre Leiche würde sich Samantha mit mir binden und meine Luna werden. Und selbst wenn sie es nicht machen würde, dann würde mein zerbrochenes und zerquetschtes Herz auf Ewig ihr gehören.
Denn das tat es schon immer.
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