•𝐂 𝐇 𝐀 𝐏 𝐓 𝐄 𝐑 𝟑𝟏•
Nur mühsam schaffe ich es, meine Augen aufzuhalten. Alles an meinem Körper tut weh. Ich bin mir sicher, dass es kaum eine Stelle gibt, die nicht blau, grün oder violett strahlt. Ob ich es verdient habe? Ganz sicher nicht. Doch in den letzten Tagen bin ich das verdammte Ventil von Lucien geworden, als er sich abreagieren musste. Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen, wie lange die Torturen jeweils angedauert haben.
Ich bin zu müde, um mich zu wehren. Ich habe aufgegeben, überhaupt an etwas zu glauben.
Anfangs bin ich noch optimistisch geblieben und habe Lucien immer wieder vor die Füße geworfen, dass mich Chandler retten wird. Oder das überhaupt einer aus meinem Rudel nach mir sehen wird. Je mehr Tage verstreicht sind, desto mehr ist meine Hoffnung auf Befreiung verloren gegangen. Und irgendwann habe ich es einfach aufgegeben.
Und seitdem liege ich in dieser kleinen verdreckten Zelle irgendwo und kämpfe bitterlich gegen das Gift an, das mir Luciens Männer spritzen. Zwar immer nur in kleinen Dosierungen, sodass ich unfähig bin meine heilenden Kräfte zu aktivieren, aber hoch genug das ich das Gefühl habe zu sterben. Und das jeden Tag. Immer und immer wieder.
Ich höre, wie sich Schritte mir nähern. Langsam hebe ich meinen Kopf und erkenne zwei dunkle Gestalten hinter den Gittern meines Gefängnis.
»Aufstehen kleine Luna. Der Spaß kann nun beginnen.«
***
Meine nackten Füßen schleifen über den gefrorenen Waldboden, während der Schnee uns um die Ohren fliegt. Bereits als ich meine Zelle verlassen hatte und das erste Mal seit wahrscheinlich Tagen das Tageslicht gesehen habe, geht die Welt um uns herum unter. Mein Körper ist von der Kälte betäubt und immer wieder verliere ich das Bewusstsein.
Die Männer, die mich mit sich zerren, scheren sich einen Dreck um mich. Ihre Griffe um meine Arme schmerzen und ich werde dort sicherlich neue blaue Flecken bekommen. Mein Kopf hängt schlaff herunter. Wenn ich es mal schaffe, meine Augen zu öffnen, höre ich das Knurren von Wölfen, die Schuhe meiner Peiniger und der Schnee, der viel zu schön ist für diese grausame Situation.
Ich weiß nicht, wie lange wir laufen beziehungsweise wie ich geschleift werde, bis Lucien auf einmal stehen bleibt und somit sein Anhängsel. Ich mache mir nicht die Mühe, Kraft zu verschwenden, meinen Kopf zu heben. Doch wird mir die Entscheidung angenommen, als sich ein paar nackte Füße in meinem Blickfeld landen. Nicht einmal einen Atemzug später wird mein Kopf nach oben gerissen. Ich zische auf und öffne meine Augen.
Lucien sieht mich hämisch an und fletscht sich die Zähne. Seine Hand hat sich meine Haare gepackt und ich habe das Gefühl, dass sein Griff mir all diese vom Kopf reißen wird, wenn er sie weiterhin so hält.
»Aufwachen Samantha. Es ist Zeit zu spielen.« raunt Lucien mir zu und beginnt über seine eigenen Worte zu lachen. »Zeit etwas Spaß zu haben.«
Mit diesen Worten schaut er zu meinen unfreiwilligen Begleitern, denen er ein Zeichen gibt. Bevor ich mich fragen kann, was er damit meint, lassen die beiden Männer meine Arme los und ich merke, wie ich dem Erdboden näher komme. Doch bevor ich meinen Aufprall merke, wird der Schmerz an meiner Kopfhaut unerträglich. Natürlich. Ich hatte vergessen, dass Lucien meine Haare weiterhin festhält.
Aber diese Tatsache hält sich nicht lange. Eine Sekunde später falle ich frontal mit der Nase auf den harten Boden. Ich höre ein lautes Knacken, dann ein neuer Schmerz im Gesicht. Meine Nase ist gebrochen. Ich keuche vor Schmerzen, verhindere selbst, dass ich nicht laut losschreie.
»Es ist so ein Jammer, dass wir deine Schönheit kaputt machen mussten. Du hast so viel Potential. Aber das wurde alles verschwendet, an einen Mann, der dich nicht einmal wertschätzt.« Lucien kniet sich zu mir hin und ich drehe meinen Kopf, um ihn ansehen zu können. Er streicht mir eine Haarsträhne aus der Stirn.
»Was?« Frage ich leise.
»Luna, wir beobachten euch schon lange. Und eine Sache, die nicht zu übersehen ist, dass Chandler dich wie Dreck behandelt und dich betrügt.« Lucien stellt sich wieder hin und mir wird klar, dass er nackt ist. Ich schließe meine Augen. Seine Worte treffen genau in mein kaputtes Herz. Lassen mich mickrig und erbärmlich fühlen. Ich merke, wie ich zu weinen beginne. Die Tränen wärmen meine Wangen.
»Doch wollen wir einmal sehen. Vielleicht täusche ich mich ja auch. Vielleicht hat er sich ja geändert oder vielleicht auch nicht.« Luciens Stimme erscheint wieder näher bei mir. Dann werde ich erneut auf die Füße gezerrt. Dieses Mal kann ich es nicht verhindern, vor Schmerzen zu schreien. Ich öffne meine Augen und sehe Lucien direkt vor mir. Er kommt meinem Gesicht näher. »Lauf. Lauf kleine Luna und Rette dich.«
Sprachlos schaue ich ihn an. Will ihn etwas fragen, da geht er zur Seite und eröffnet mir den Blick auf den Wald, auf dem sich eine weiße Schneeschicht legt.
»Renne, kleines.«
***
Meine Lungenflügel brennen, während mich meine schwachen Beine immer weiter weg von Lucien tragen. Ich schaue nicht nach hinten. Nein, ich darf mich jetzt nicht umschauen. Ich muss mich konzentrieren. Ich muss am Leben bleiben. Wäre ich nicht so schwach, würde ich mich in meinen Wolf verwandeln. Doch die Verwandlung in diesen wird mir sicher den Tod schenken.
Also muss ich laufen.
Ich atme zischend ein, versuche mit aller Kraft die schwarzen Punkte vor meinen Augen zu entfernen. Meine Ohren dröhnen und das Blut wird wie eine Achterbahn durch meinen Körper gepumpt. Seitenstiche machen sich bemerkbar, ebenso der stetige Luftmangel. Mein Körper ist ein Desaster und die jetzige hohe Belastung gibt mir den Rest.
Der Wald verschwimmt vor mir zu einer hässlichen dunkel-weißen Masse. Ich höre meine Atmung genauso laut wie mein wild schlagendes Herz.
Ich muss überleben.
Ich muss laufen.
Ich springe über einen umgefallenen Baumstamm, pralle unsanft auf der anderen Seite auf den Boden. Ich verzieh mein Gesicht, als ein beißender Schmerz sich durch mein linkes Bein zieht. Mühsam rapple ich mich erneut auf und nehme meine letzte Kraft zusammen. Wieder beginne ich zu rennen.
Ich weiß nicht wohin. Ich will einfach nur genug Abstand zwischen mir und Lucien bringen. Meine Lungenflügel stehen mittlerweile in Flammen und ich bin mir sicher, dass ich vor einem Totalausfall meines Körpers stehe. Meine Wunden, die Belastung und die Angst im Nacken lassen mein Adrenalin nur so sprießen.
Ich renne weiter. Immer weiter in dieselbe Richtung. Mich umzusehen, oder mich einen Moment zu orientieren, gebe ich mir nicht. Die Zeit besitze ich nicht einmal. Ich brauche jede Sekunde um vorwärts zu kommen.
Erneut überwinde ich einen umgefallenen Baumstamm und muss auf der anderen Seite stehen bleiben, als mein Kreislauf schlagartig zusammenbricht. Ich stütze mich auf meinen Knien ab, versuche nicht zu brechen. Doch zu spät. Meine Magensäure ist bereits auf dem Weg nach oben. Im letzten Moment drehe ich meinen Kopf zur Seite, ehe ich mich ergebe. Mein Mund nimmt einen säuerlichen Geschmack auf, der mich erneut würgen lässt.
Ich schließe meine Augen und atme tief durch. Durch den Mund ein, durch die Nase aus.
Atme Sam, Atme.
Mein Magen benimmt sich etwas zu beruhigen, was mich erleichtert. Immerhin muss ich mir jetzt keine Sorgen mehr machen, dass ich mir beim Laufen vor die Füße breche. Oder zumindest hoffe ich es.
Ich richte mich auf. Da ich ohnehin nun stehe, kann ich mich auch orientieren. Mein Blick wandert umher und versucht, irgendwas zu finden, das mir sagt, wo ich bin. Ich stoppe bei einer kleinen Baumreihe auf meiner linken Seite und halte inne. Angestrengt lausche ich in den Wald. Tatsächlich höre ich Wölfe heulen. Meine Wölfe. Erleichterung macht sich in meinem Körper breit. Das Rudel. Mein Rudel. Es ist nicht mehr weit.
Vor Freude jauchze ich auf und schlage mir sofort die Hand vor den Mund. Das Heulen verstummt Hand, stattdessen nehme ich etwas anderes wahr.
Ein Knurren. Nicht weit von mir entfernt.
Sofort gefriert mir das Blut in den Adern. Ich weiß genau, dass es jemand aus Luciens Rudel ist, wenn nicht sogar Lucien persönlich. Schnell schaue ich mich um, kann aber niemanden sehen. Ich beginne langsam mich zu bewegen und versuche meine stockende Atmung unter Kontrolle zu bringen. Ein Knacken aus dem Unterholz lässt mich zusammenzucken.
Eine Sekunde später erscheint auf meiner rechten Seite ein schwarzer Wolf. Ich versteife mich und sehe ihn panisch an. Seine Augen sehen mich mordlustig an, während er seine Zunge fletscht. Langsam laufe ich nach hinten. Ich bin niemand, der sich mit Kampftechniken, geschweige denn Überlebenskünsten auskennt.
Ich bin einfach nur eine fucking Ärztin.
Ich kann Blutungen stoppen und Operationen durchführen. Ich weiß wie man Wunden versorgt und welche Medikamente zu welchen Symptomen passt. Aber noch nie habe ich im Leben gekämpft oder bewusst eine Person umgebracht. Ich habe davon keine Ahnung.
Wieder kommen mir Luciens Worte in den Sinn.
Renne Kleines.
Als würde der Teufel persönlich vor mir stehen, drehe ich mich wieder um und renne in die Richtung, aus der ich mein Rudel gehört habe. Hinter mir höre ich das dumpfe aufschlagen der Pfoten meines Feindes auf dem Waldboden. Innerlich bete ich die Mondgöttin an, mich zu beschützen. Ich flehe, dass sich Chandler an der Grenze aufhält und mir helfen kann. Ohne seine Hilfe bin ich tot.
Der Wald um mich herum beginnt sich zu verändern und wird mir immer bekannter. Erleichterung beginnt durch meinen Körper zu strömen. Auch wenn die Angst sowie Panik weiterhin im Nacken sitzt, stelle ich mir bereits vor, dass ich gerettet bin. Mit der letzten Hoffnung und der letzten Kraft sprinte ich immer weiter zu meiner Erlösung und meiner Hilfe.
Als würde sich ein Tor zum Himmel öffnen, teilen sich die Bäume vor mir auf und geben mir einen Blick frei auf mein Rudel. Vornedran Chandler, der seine Augen aufreißt, als er mich sieht. Ich beginne zu lächeln, spüre schon seine Wärme an meinen Körper und atme seinen all vertrauten Duft ein. Er ist meine Rettung. Er wird mir helfen.
Meine Beine sind taub und ich bin am Ende meiner Kraft. Nicht mehr viel trennt mich zu dem Mann, der mir gehört. Der mein Mate ist.
Chandler rennt auf mich zu und ich vernehme schwach, dass er mir etwas zu ruft. Doch das Rauschen in meinen Ohren lässt es nicht zu, dass ich auch nur den Ansatz verstehe. Ich will fragen was er sagt, doch meine Kehle ist zu trocken als das ich nur einen Ton aus dieser bekommen würde.
Aber das war auch nicht nötig.
Ich merke selbst, wovor mich Chandler gewagt hat, als sich etwas Schweres auf mich stürzt und mich damit zu Boden wirft. Ein Schrei verlässt meinen Mund, als ich erneut hart mit dem Gesicht aufkomme. Mit bleibt nicht einmal eine Sekunde zum Luft holen, als mein Verfolger von mir heruntergeht und nach meinem Bein schnappt. Scharfe Zähne bohren sich in mein Fleisch und treiben mir Tränen in die Augen. Erneut jaule ich auf und kralle mich mit meinen Händen in den kalten Boden.
Doch habe ich nicht genug Kraft um mich zu halten. Der Wolf zieht an meinem Bein wie ein Kauspielzeug. Ich schnappe hysterisch nach Luft, voller Panik versuche ich mich mit den Händen von ihm wegzudrücken und verursache damit nur noch mehr Schmerz in meinem Körper. Mir bleibt die Luft zum Atmen aus, während ich verzweifelt darum kämpfe, am Leben zu bleiben.
Mein Feind zerrt und reißt an meinem Bein. Verankert somit seine Zähne tiefer in mein Gewebe. Ich habe aufgehört tapfer zu sein. Stattdessen schreie ich meinen Schmerz aus voller Kehle hinaus in die Welt. Der Wolf zieht mich langsam und qualvoll über den Boden. Mittlerweile sind meine Fingerkuppen ebenfalls blutig. Immer mehr verliere ich das Gefühl in meinem Körper und lasse die Taubheit Stück für Stück gewinnen.
Aus dem Augenwinkel sehe ich wie weitere Wölfe aus dem Wald kommen und beginnen uns anzugreifen.
Die Luft wird gefüllt von Heulen, Knurren und Winseln der Kämpfenden. Blut spritzt mir ins Gesicht. Es ist nicht meines. Ein Körper geht nicht weit von mir zu Boden und bewegt sich nicht mehr. Ich schließe meine Augen, atme tief durch.
Ein neuer Schub an Kraft durchfährt meinen Körper. Ich hebe meinen Kopf und sehe mich um. Nicht weit von mir erkenne ich Chandlers braunen Wolf, der wild mit einem anderen ebenfalls braunen Wolf kämpft. Sie beißen einander, kratzen sich mit ihren Krallen und versuchen, den jeweils anderen im Nacken zu verletzen. Ich atme tief durch und drehe meinen Kopf so weit es geht. Erst als ich den schwarzen Wolf hinter mir sehe, beiße ich die Zähne zusammen und trete mit meinem freien Bein in sein Gesicht.
Verdattert bleibt der Wolf stehen und ich ergreife meine Chance, ihn erneut zu treten. Immer wieder treffe ich seine Nase oder seine Stirn, höre nicht auf, bis er mein Bein aus seinem Mund fallen lässt.
Unsanft fällt dieses zu Boden. Sterne tanzen dabei vor meinen Augen und rauben mir die Luft zum Atmen. Ich beginne zu husten und versuche, mit meinem vernebelten Kopf meine Beine zu mich zu ziehen. Erst als meine Sicht wieder klar wird und ich einigermaßen Luft inhalieren kann, sehe ich den schwarzen Wolf an. Es ist das erste Mal, dass wir uns beide in die Augen starren. Ich erkenne, dass es sich um Lucien handelt.
»Verreck du Hurensohn.« Spucke ich ihm entgegen. Seine Augen beginnen kalt zu lachen, als ich mich langsam aufrichte. Ich bin erstaunt, dass mein Körper dies noch mitmacht. Erneut ist das Adrenalin schuld, dass all meine Verletzungen unsichtbar macht.
Ich sehe in seine Augen. Sehe den Schalk und den Sieg in diesen. Ich weiß das er mich als eine kleine und schwache Luna ansieht. Aber er hat sich mit der Falschen angelegt. Ich mag zerbrechlich von außen wirken, aber innerlich bin ich in den letzten Jahren stärker geworden. Ich atme tief durch und schließe meine Augen, ehe ich das wohl Dümmste auf dieser Welt tue.
Mein Körper braucht länger, um meine Verwandlung abzuschließen als sonst. Und dennoch stehe ich mit meiner weißen Pracht vor Lucien und bin es, die diesmal die Zähne fletscht. Meine Kleidung sind nur noch Fetzen rund um mich herum.
Überraschung erscheint in den Augen meines Gegenübers, als ich zum Angriff ansetze. Blind vertraue ich meinen Instinkten, als ich mich auf Lucien stürze und in seine rechte Flanke beiße. Der schwarze Wolf jault auf und weicht ein Stück zurück. Diese Sekunde nutze ich aus, um ihm meine Pranke durch das Gesicht zu ziehen. Doch bleibt mein Angriff nicht ungeschehen. Lucien fängt sich und stürzt sich auf mich, nachdem er sich gefangen hat.
Wild beginnen wir nacheinander zu schnappen, während wir uns gegenseitig zerkratzen. Körperlich bin ich Lucien jedoch unterlegen. Mental beweise ich in diesem Moment jedoch die größere Stärke von uns beiden.
Gekonnt weiche ich einigen seiner Angriffe aus und schaffe es stattdessen, ihn zu verletzen. Mal ist es ein Biss ins Bein, dann ist es ein Hieb in den Magen. Ich kämpfe, was das Zeug hält, immer mit dem Gedanken, dass ich die Gewinnerin sein werde. Man merkt, dass ich unerfahren um Kampf bin, denn auch wenn ich viele Treffer bei meinem Gegner zählen kann, bin ich es am Ende dessen Körper viel mehr geschwunden ist.
Mein Fell ist derweil nicht mehr weiß sondern rot von meinem und auch Luciens Blut. Ich kämpfe mit dem Wissen, dass am Ende nur einer von uns beiden siegreich aus dieser Situation heraustreten wird.
In einer unaufmerksamen Sekunde schaffe ich es, Lucien unterhalb seines Nackens zu beißen. Der Mann jault auf und wirft mich von sich herunter. Ich fliege kurz durch die Luft, ehe ich hart zu Boden gehe. Der Sturz stößt meine gesamte Luft aus dem Körper, als ich mich abrolle. Zeitgleich erscheint Chandler aus dem Nichts und wirft sich auf Lucien. Meine Sicht verschwindet für den Moment, als mein Körper seine menschliche Form annimmt.
Durch das Pulsieren meines schnell schlagenden Herzens höre ich leise die Kampfgeräusche der Männer. Ich öffne meine Augen, versuche auf das Geschehen vor mir zu fokussieren. Doch jedes Mal, wenn meine Augen schärfer werden, verliere ich das Bewusstsein. Ich falle herab und die ewige Dunkelheit, begleitet von dem grölenden Lärm des Kampfes um mich herum.
Panik überfällt mich, als ich tiefer gleite und das Gefühl der Schwerelosigkeit bekomme. Ich beginne zu schreien und zucke bei meiner eigenen Stimme zusammen. Sie ist viel zu laut für meine empfindlichen Ohren. Alles scheint auf einmal viel empfindlicher zu sein. Mein Körper beginnt unsanft zu kribbeln und zu jucken. Ich will mich kratzen, doch sind meine Glieder viel zu schwer, um sie zu heben. Ich beginne zu zittern, da mich all diese Empfindungen überfordern. Ich will, dass es aufhört.
Es soll enden.
Auf einmal legt sich etwas auf meinen Körper und das Gefühl, schwerelos zu sein, nimmt zu. Ich wehre mich, aber mein Körper reagiert nicht mehr auf meinen Geist. Ich beginne zu weinen. Tränen rennen meine Wangen herunter. Ist es so, wenn man stirbt?
»Sam.« höre ich leise aus der Ferne. »Sam bitte. Öffne deine Augen. Nur für einen Moment.«
Ich werde an etwas gedrückt und spüre leicht, dass mir jemand einen Kuss auf die Stirn haucht. Erneut wird mein Name gesagt. Diesmal viel flehender als zuvor. Neugier packt mich. Ich will wissen, wer es ist.
Angestrengt versuche ich meine Augen zu öffnen und merke, wie sehr es mich anstrengt. Meine physische Erscheinung will nicht wie meine psychische. Ich keuche auf, als sich meine Augenlider zu bewegen beginnen. Ein grelles Licht blendet mich und ich kneife meine Augen zusammen. Jemand schluchzt laut in mein Ohr und ich verziehe mein Gesicht. Erneut öffne ich langsam meine Lieder und sehe in Chandlers Gesicht.
Er ist blutbespritzt und Erleichterung zeichnet sich in seinen Augen ab. Ich öffne leicht meine Lippen, möchte etwas sagen, doch meine Kehle ist so trocken wie die Wüste.
»Sam. Sam. Bleib bei mir, hörst du? Wir bringen dich in Sicherheit. Alles wird gut.« rasselt Chandler herunter, als hätte er Angst, mich wieder zu verlieren. Schwach nicke ich und drehe meinen Kopf zur Seite. Mein Blick erfasst tote, Blut und verletzte Krieger, ehe ich erneut in die schwarze Dunkelheit abtauche. Als letztes höre ich mich, wie Chandler erneut nach mir ruft und mich leicht schüttelt. Aber mein Bewusstsein hört nicht mehr auf mich. Die Dunkelheit ist viel zu verlockend, um sie nicht willkommen zu heißen.
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