
•𝐂 𝐇 𝐀 𝐏 𝐓 𝐄 𝐑 𝟐𝟖•
Die Unruhe, welche durch den Raum geht ist förmlich greifbar. Nach der Katastrophe auf dem Ball, steht das ganze Rudel unter Spannung. Familien haben Angst, dass sie einander nicht mehr wiedersehen werden und der Rat überlegt fieberhaft was Lucien als Nächstes planen wird. Dadurch, dass mich Chandler nun als Luna ernannt hat stehe ich selber vor einem neuen Kaliber an Aufgaben. Unter anderem besuche bei Familien oder im Gemeinschaftszentrum. Chandler hat mir mehr als deutlich gemacht, dass ich versuchen soll so gut es geht Ruhe in unsere Reihen zu bringen.
Und diese Aufgabe stellt sich schwerer heraus als sie ist.
»Wir dürfen nicht mehr zögern. Wir müssen jetzt handeln. Sonst können wir für nichts mehr garantieren. Lucien ist gefährlich, seine Absichten sind klar. Wenn wir jetzt nicht handeln, dann sind wir verloren.« wirft einer der Ältesten in den Raum. Ich seufze auf.
Das der Kampf unausweichlich geworden ist, ist jedem in diesem Raum bewusst. Doch das die Bedrohung wie ein Schatten über uns zusammen fällt, dass konnte keiner vorausschauen.
»Vielleicht sollten wir es nochmal diplomatisch...-« setzte ich an und werde prompt unterbrochen.
»Bei allem Respekt Luna. Hier hilft die Diplomatie nicht mehr weiter.«
Ich schüttle meinen Kopf. Warum muss ich eigentlich bei solch einer Sitzung dabei sein, wenn ich selber nicht mehr einmal verstehe wie man kämpft? Wahrscheinlich bin ich im Endeffekt nur die Dekoration, welche an Chandlers Seite ist. Alleine dieser Gedanke lässt meinen Magen auf links drehen.
Als würde Chandler bemerken, dass etwas mit mir nicht stimmt legt er eine Hand auf mein Bein. Mein Blick wandert zu ihm, als er mit seinem Daumen beginnt kleine Kreise auf diesem zu ziehen. Sofort wird mir warm und mein Herz beginnt schneller zu schlagen.
Seitdem er mich markiert hat, habe ich das Gefühl das mein Inneres verrückt spielt. Immer wieder muss ich zurück an unseren Sex denken, wie er in mir gekommen ist und mich in den Himmel geschickt hat. Ich kann nicht einmal mehr sagen, wann ich das letzte mal so einen guten Sex hatte.
Meine Hormone können sich kaum beruhigen, wenn ich seinen Duft wahrnehme oder er mich berührt. Meistens kann ich mich nur so halten, ihm nicht um den Hals zu fallen.
Ich komme mir vor wie ein liebeskranker Teenager.
»So gerne ich meinem Mate auch zustimmen würde, aber wir müssen uns eine Strategie ausdenken, wie wir Lucien aufhalten können.« erhebt Chandler das Wort. Alle Augen legen sich nun auf ihn. Somit hat er es beschlossen. Wir werden für unser Revier kämpfen.
***
Die Sitzung dauert Ewigkeiten an. Müde reibe ich mir die Stirn und unterdrücke ein lautes Gähnen. Langsam leert sich der Raum, sodass nur noch Cooper, Holden, Nathan, Chandler und ich übrig sind. Ich habe ab einem Punkt einfach die Zeit aus den Augen verloren. Und ehrlich, am liebsten würde ich direkt auf diesem Stuhl einschlafen.
Ich atme tief durch und erhebe mich schließlich.
»Ich verstehe nicht, wie ihr bei sowas nicht einfach einschlafen könnt.« murmle ich und strecke meine müden Arme. »Aber ich gehe jetzt ins Bett. Sonst schlafe ich hier noch tatsächlich ein.«
Kurz lächle ich der Runde zu und nehme aus dem Augenwinkel wahr, wie sich Chandler erhebt.
»Komm, ich bringe dich.« Chandler legt seine Hand auf meinen unteren Rücken. »Ich bin so schnell es geht wieder da.«
Mit diesen Worten gehen wir zusammen aus dem Zimmer. Auf dem Flur gähne ich herzhaft und verschränke die Arme vor der Brust. Innerlich gehe ich erneut die Sitzung durch. Es wurden Strategien und Taktiken geplant, von denen ich keine Ahnung hatte. Zwischendurch habe ich bemerkt, wie Chandler abgeschweift ist, jedoch habe ich mich nicht getraut, ihn zu fragen, was los ist.
Gerade will ich abbiegen, um zu Maises Zimmer zu gehen, als Chandler mich aufhält.
»Wo willst du denn hin?« fragt er amüsiert. Verwirrt sehe ich ihn an.
»Zu Maise.« antworte ich und runzle die Stirn. Auch wenn die Ereignisse erst ein paar Stunden her sind, verstehe ich nicht ganz was falsch daran sein sollte, zu seiner Schwester zu gehen.
»Sam, du kannst nicht mehr bei meiner Schwester schlafen. Du bist offiziell mein Mate. Was sollen die Anderen denken, wenn wir getrennt schlafen?« klärt mich Chandler auf. Langsam verarbeite ich seine Worte und schlucke. Er hat nicht unrecht. »Außerdem ist Maise bei Holden untergebracht. Wir haben Glück, dass nicht das ganze Haus abgebrannt ist. Schon vergessen?«
Ein Schmunzeln liegt auf seinen Lippen und am liebsten hätte ich mir vor den Kopf gehauen. Natürlich der Brand. Alleine daran merkt man, wie fertig ich bin.
»Ich bin einfach so fertig. Tut mir leid.« murmle ich als Antwort. »Bring mich einfach zu meiner Wohnung. Ich gebe dir den Ersatzschlüssel.«
***
Es ist seltsam den heilen Teil des Hauses zu betreten. Es fühlt sich in diesem Moment einfach nicht richtig an. Ich weiß nicht, woher ich auf einmal diese ganzen Vorwürfe bekomme, aber ich mache mir einen Kopf um die Mitglieder des Rudels. Meinem Rudels. Ich sollte bei ihnen sein, ich sollte helfen. Verdammt nochmal ich bin Ärztin.
Chandler merkt meine innere Unruhe und kommt auf mich zu. Ohne viele Worte legt er seine Arme um mich und drückt mir einen Kuss auf die Stirn.
»Du machst dir zu viele Gedanken. Es ist alles in bester Ordnung. Habe Vertrauen in das Rudel und deinen Kollegen im Krankenhaus.« murmelt er mir zu. Ich atme tief durch und vergrabe meinen Kopf in seiner Brust, ehe ich leicht nicke. Bei ihm fühle ich mich sicher, bei ihm geht es mir gut. Es ist alles bestens. Wir sind stark.
»Ich weiß.« sage ich leise.
Wir stehen noch eine Weile zusammen eng umschlungen im Flur, ehe ich mich langsam aus seinen Armen löse und ihm in die Augen sehe. Ein fragender Ausdruck legt sich in diese. Ich schiele kurz zu seinen Lippen, versuche das Bild aus dem Kopf zu bekommen, wie er mich küsst. Mein ganzer Körper beginnt dabei zu kribbeln und mein Herz beginnt wie wild zu rasen. Ich öffne meinen Mund, möchte etwas sagen, als sein Handy uns den Moment raubt.
»Entschuldigung. Da muss ich ran.« murmelt Chandler und ich merke, dass er zögert. Als ich jedoch meine Arme vor der Brust verschränke räuspert er sich nur und greift nach seinem Handy. Ich sehe ihm hinterher, wie er sich von mir entfernt und den Anruf entgegen nimmt.
Alleine bleibe ich zurück. Ein leises Seufzen verlässt meine Lippen und ich schließe kurz meine Augen. Immerhin kann ich mich schon einmal umziehen und eine Dusche nehmen. Ich greife also nach meiner Tasche, die ich vorhin notdürftig gepackt habe und gehe zu dem nächstbesten Badezimmer. Dabei komme ich an Chandler vorbei, der sich in einen der Räume zurückgezogen hat.
»Blair, wir können uns gerade nicht mehr sehen. Nein. Am liebsten würde ich es ganz lassen. Nein, es ist nicht deswegen. Sam? Sie weiß es nicht. Sie ist mein Mate.« Chandler atmet tief durch. »Blair, du musst mich nicht deswegen anschreien. Ich weiß. Gott du bist so egoistisch.«
Etwas in mir zieht sich zusammen, lässt mich auf eine unangenehme Weise schlecht werden. Wer zur Hölle ist Blair? Und warum schreit diese Frau Chandler an? In meinem Kopf beginnen sich unerwünschte Szenarien zu bilden. Eine schlimmer als die nächste. Ich will weghören, einfach weitergehen. Aber ich kann nicht. Ich höre weiterhin zu und merke, wie tausende kleine Nadeln in mein Herz einstechen.
»Hör zu, lass es uns ein anderes Mal besprechen. Gerade ist zu viel los.«
Ich kann nicht mehr zuhören. Ich halte meine Tränen zurück, die sich langsam bilden. Was soll das? Was hatte das zu bedeuten? Ich wende meinen Blick ab und stolpere schon fast zum nächsten Badezimmer. In diesem angekommen, knalle ich die Tür hinter mir zu und lasse meine Tasche neben mich fallen. Ich bin so dumm. Einfach so dumm. Es ist doch klar, dass er sich nie geändert hat. In meinem Inneren wusste ich bereits, dass er schon immer das Arschloch war. Immerhin ist es das, was er am besten kann.
Bevor ich noch zusammenbrechen kann, zwinge ich mich aus meinen Klamotten und steige unter die Dusche. Ich mache das Wasser an, achte nicht einmal darauf, wie warm es ist. Schon bald fühlt sich die kleine Kabine mit dem heißen Wasserdampf Dunst und beschlägt die Glasscheiben. Ich atme tief durch, zwinge mich schon förmlich dazu, an etwas anderes zu denken. Doch gelingen tut es mir einfach nicht. Immer wieder muss ich an Chandler und sein Gespräch denken. An diese mysteriösen Blair und was für eine Beziehung die beiden haben.
Irgendwann stelle ich das Wasser ab, als meine Finger schrumpelig werden. Ich gehe aus der Dusche raus, greife nach einem Handtuch, das ich in einem der Schränke finde und binde es um meinen Körper. Ich stelle mich vor das Waschbecken und wische mit meiner Hand den Dunst von dem Spiegel, der über diesen hängt. Ich sehe mich an.
Meine braunen Haare liegen auf meinen Schultern, meine Haut ist blass und meine Augen müde. Ich schiebe meine Haare zur Seite und entblöße damit Chandlers Biss. Das Rot schießt mir in die Augen. Es ist unmöglich den Biss zu verdecken. Er leuchtet wie eine Ampel. Ein leichtes klopfen an der Tür lässt mich zusammenzucken.
»Sam?« höre ich Chandler leise sagen. »Ich bin noch einmal weg. Der Rat hat eine Sitzung verlangt, bei der ich nicht fehlen kann. Warte nicht auf mich, geh einfach schlafen.«
Ich schlucke und schließe meine Augen. Ein atmen, aus atmen.
»Ist gut. Bis später dann.« antworte ich ihm. Ich spüre, dass er zögert, bevor er sich wegdreht und geht. Erneut sehe ich mich wieder im Spiegel an. Was mache ich eigentlich hier?
***
Nachdem ich mir etwas bequemes angezogen habe, gehe ich in die Küche. Oder zumindest versuche es. Leider wurde diese nicht vor dem Feuer gerettet und ich sehe einen zerstörten Raum. Das kann doch nicht wahr sein.
Kurzerhand beschließe ich mir eine Pizza zu bestellen. Zu meiner Wohnung wollte ich jetzt nicht gehen. Wer weiß was sich gerade draußen herumtreibt. Durch den Brand ist uns allen klar geworden, dass Luciens Rudel uns doch näher gekommen ist, als es uns lieb ist.
Eine halbe Stunde später klopft es an der Tür. Schnell gehe ich zu dieser hin, öffne sie und sehe den Pizzaboten. Schnell bezahle ich das Essen und verabschiede mich, ehe ich die Tür wieder zu mache. Bereits im Gehen steigt mir der köstliche Duft des fettigen Essen in die Nase. Ich gehe in Chandlers Zimmer und setze mich dort auf das Bett. Die Pizza lege ich neben mich und öffne den Deckel.
Mein Magen beginnt zu knurren und ich greife zu einem der Stücke. Beim Abreißen ziehe ich kleine Käsefäden und bereits der erste Biss lässt mich in den Himmel schießen. Margarita ist einfach in diesem Moment das Beste. Fettig durch den Käse, saftig durch die Sauce und knusprig durch den Boden. Ein kleines Lächeln bildet sich auf meinen Lippen, obwohl ich keinen Grund habe glücklich zu sein.
Mein Leben ist am Arsch und ich weiß nicht, was ich machen soll. Chandler scheint mich zu betrügen, das Rudel ist in Gefahr und das Rudelhaus wurde angezündet. Viel lieber würde ich auch helfen wollen, als in diesen vier Wänden zu versauern. Es ist einfach nur unfair. Unfair und gemein.
Mein Glücksgefühl hält so lange an, wie ich Pizza habe. Erst nach dem letzten Stück verschwindet auch der letzte kleine Funken in mir. Frustriert lege ich den leeren Karton neben das Bett. Wieso musste mich Chandler auch markieren? Alles hätte doch so viel einfacher sein können ohne diesen verdammten Biss.
Ich drehe mich auf die Seite und blicke aus dem Fenster hinaus in die Nacht. Wer weiß wann er wieder nach Hause kommt. Ein Teil von mir hofft, dass er nicht so lange weg ist, der andere glaubt, dass er seine Nacht bei der kleinen Schlampe verbringt, die ihn angerufen hat. Ich seufzte. Eifersucht macht sich in mir breit. Am liebsten würde ich laut schreien. Ich will nicht eifersüchtig sein. Chandler geht mich einen feuchten Dreck an. Soll er doch zu der kleinen hingehen, wenn es ihn glücklich macht.
Verärgert drehe ich mich erneut. Dieses Mal sehe ich die Zimmertür an. Mein Blick bohrt sich in das Holz, als würde es helfen, dass mein Frust versickert. Ich merke es nicht einmal mehr, wie sich meine Augen irgendwann müde schließen und ich in einen Traumlosen Schlaf verfalle. Nur einmal werde ich wach, als sich Chandler neben mich legt.
Ich blinzle leicht und will mich gerade in seiner Nähe entspannen, als mir ein fremdes Parfum in die Nase steigt. Sofort klingeln bei mir die Alarmglocken im Kopf und ich spanne mich an. Natürlich war er bei ihr. Warum auch nicht. Habe ich es mir nicht sogar vorgestellt?
Chandler merkt meine körperliche Veränderung. Anstatt mir näher zu kommen rutscht er zur anderen Seite des Bettes und dreht sich von mir weg. Der Abstand lässt mich wieder atmen, auch wenn meine Brust vor Schmerz zerquetscht wird. Ich will es nicht wahrhaben, aber es trifft mich doch mehr, als ich es zugeben will. Doch was soll ich machen? Schließlich bin ich diejenige von uns beiden, die am meisten Abstand will. Ganz gleich, was wir auch sein mögen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro