•𝐂 𝐇 𝐀 𝐏 𝐓 𝐄 𝐑 𝟏𝟖•
Der Duft nach Apfel und Zimt ist es, der mich am nächsten Morgen die Augen aufschlagen lässt. Einen Moment sehe ich mich orientierungslos um, bis ich realisiere, dass ich nicht in meinem Zimmer bin. Sofort sitze ich kerzengerade im Bett und schlage die Decke zurück. Schockiert sehe ich an mir herunter, als ich merke, dass ich keine Hose trage. Was zum?
Ein leises Klopfen an der Tür lässt mich zu dieser blicken, doch bevor ich irgendwas sagen konnte wurde die Tür bereits aufgeschoben.
»Guten Morgen.« flötet mir Maise entgegen und kommt auf das Bett zu. Ihr Körper steckt in einem Frosch-Onesie. Erst glaube ich meinen Augen nicht, doch selbst die Müdigkeit, die mir nachhängt, täuscht mich nicht. »Ich habe gedacht Frühstück ans Bett mit einem morgendlichen Tea Talk wäre für heute genau das richtige.«
Ich reibe mir den restlichen Schlaf aus den Augen und rutsche etwas zur Seite, sodass Maise Platz auf dem Bett hat. Zwischen uns stellt sie das hölzerne Tablett ab und neugierig schaue ich nach, was Chandlers Schwester mir mitgebracht hat. Ihre kurzen braunen Haare fallen ihr ins Gesicht, als sie sich neben mich setzt und anschließend sofort nach einem roten Apfel greift.
»Bedien dich. Ich habe alles selbst gemacht. Sogar die Blaubeer-Buttermilch-Pancakes.« erzählt Maise stolz und beißt in die Frucht rein. Ich schmunzle leicht, während ich meine Beine in einen Schneidersitz schiebe und anschließend einen Pancake nehme. In Maises nähe musste ich mir keinen Kopf machen, dass ich mich falsch benehme. Auch wenn sie jünger ist als ich, benimmt sie sich immer, als wäre sie älter als ich es bin. Genüsslich beiße ich von dem Teigfladen ab und schließe kurz meine Augen. Der Pancake ist so weich und zergeht mir auf der Zunge.
»Was willst du denn wissen? Und genau welchen Tea meinst du?« frage ich nach, bevor ich einen weiteren Bissen des Pancakes nehme. Maise runzelt ihre Stirn und sieht mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank.
»Mensch Sam. Jetzt stell dich nicht so dumm an. Na, ich will wissen, was gestern bei dem Treffen besprochen worden ist. Was gab es so wichtiges, dass Chandler unseren Cousin hergeholt hat?« hackt Maise nach und greift anschließend nach einer der beiden weißen Tassen. Meinem Geruchssinn zur Urteile handelt es sich um Kaffee.
»Es ist nichts. Maise, mach dir keinen Kopf deswegen. Die Männer und Chandler haben alles unter Kontrolle.« lenke ich ab. Um ehrlich zu sein, habe ich gestern nur noch mit einem halben Ohr zugehört, je später es wurde. Ich war einfach irgendwann zu müde. Kein Wunder, dass ich schließlich auf dem Stuhl eingeschlafen bin. Sollte ich mich bei Chandler bedanken, dass er mich hierher getragen hat? Nein, dafür war mein Stolz einfach zu groß.
Maise runzelt die Stirn. In ihrem Blick kann ich sehen, dass sie mit meiner Antwort alles andere als zufrieden ist. Auch wenn ich merke, dass sie weiter bohren will, schweigt sie. Sie merkt, dass es keinen Sinn hat, mich weiter auszufragen. Stattdessen greift sie nach einem Pancake und beginnt ihn zu essen.
»Und sonst so? Komm schon, Sam, irgendwas muss es doch geben, das du mir erzählen kannst. Oder ist es dir peinlich, zuzugeben, dass du auf meinen Bruder stehst? Hm?« wechselt die Brünette nun das Thema.
Ich verschluckt mich an meinen Bissen und beginne zu husten. Hastig greife ich nach der zweiten Kaffeetasse und trinke einen Schluck. Erst als ich die Tasse absetze, sehe ich Maise mit großen Augen an und schüttle meinen Kopf. Wie zum Teufel kommt sie jetzt auf diesen Unsinn? Ich habe weder Gefühle für diesen Schwachkopf, noch bedeutet er mir etwas. Alleine dieser Deal bindet mich an ihn. Und dennoch beginnt mein Bauch zu kribbeln, während mein Herz gefährlich schneller zu schlagen beginnt.
Wir sind Mates, das kann ich nicht verleugnen. Aber trotzdem. Ich habe kein Interesse an Chandler. Auch wenn wir uns schon nackt gegenüber gestanden haben, er meine Mitte geleckt hat und...
»Erde an Samantha.« Maise wedelt mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum. »Wo bist du denn mit deinen Gedanken gelandet?« fragt sie und ein schelmisches Grinsen legt sich auf ihre Lippen.
»Ich war mit meinen Gedanken nicht woanders.« protestiere ich sofort und spüre, wie sich meine Wangen verräterisch rosa färben. Maises grinsen wird breiter, während sie seelenruhig aus ihrer Tasse trinkt. Ich schnaube und schüttle meinen Kopf, während ich versuche, meine Wangen runter zu kühlen. Es hat keinen Sinn. Die Hitze wird nur noch stärker in diesen. Mittlerweile müssen sie feuerrot sein. Ich gleiche bestimmt einer Tomate.
Maise verkneift sich ihre nächsten Worte. Sie wusste ohnehin schon, dass ich nicht mehr darauf eingehen würde. Ob sie auch wusste, dass ich mit Chandler einen Deal hatte? Sie ist noch jung, aber Maise ist nicht dumm. Für ihr Alter ist sie einfach schon viel zu reif. Selbst ich war immer noch naiv und dumm, als ich siebzehn war. Maise ist mehr Frau, als das ich es bin. Manchmal beneide ich sie dafür, wie weit sie mental schon ist. Selbst wenn ich nicht mehr so naiv bin wie früher, hat ihr Bruder bereits vorgesorgt, dass ich nicht mehr impulsive Entscheidungen treffe.
Gedankenverloren wende ich meinen Blick von ihr ab und schaue mich das erste Mal richtig im Zimmer um. Es ist nicht sonderlich groß, größer aber als mein eigenes Schlafzimmer in meiner Wohnung. Die Wände sind in einem angenehmen Grau gestrichen, während weiße Möbel einen nicht sonderlich interessanten Kontrast bilden. Insgesamt ist das Zimmer schlicht gehalten. Lediglich das Bett, ein Schrank und eine Couch unter dem großen Fenster sind hier untergestellt. Meine Schlussfolgerung ist, dass es einfach ein Gästezimmer sein muss. Warum sollte mich Chandler auch in sein Zimmer bringen? Er hatte bestimmt voraus gedacht und dafür war ich ihm ein kleines bisschen dankbar.
Mit Sicherheit wäre ich ausgerastet, wäre ich in seinem Bett aufgewacht. Bestimmt hätte ich Chandler auch erst einmal eine Ohrfeige verpasst. Wobei letzteres würde ich immer noch machen wollen, wenn ich ihn sehe. Mein Grund ist nicht einmal wirklich zu rechtfertigen. Schließlich hat er mich schon nackt gesehen. Selbst wenn ich es dafür begründen könnte, dass er mich ohne meine Zustimmung ausgezogen hat. Wer weiß was er sonst noch hätte alles mit mir machen können.
»Danke für das Frühstück. Ich schätze es wirklich wert. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht einmal, wann ich mir das letzte Mal die Mühe gemacht habe, mir etwas Gutes zu tun.« gebe ich ehrlich zu und blicke erneut zu Maise.
»Keine Ursache. Ich dachte, ich mach dir einmal eine Freude.« erwidert Maise. Ich nicke und stelle meine leere Tasse auf das Tablet, bevor ich mir etwas Obst nehme.
»Weißt du eigentlich schon, was du zu deinem achtzehnten Geburtstag machen willst? Er ist ja bald.« frage ich Maise. Sofort beginnt sie strahlend zu Lächeln.
»Es wird eine Party geben. Eine große Party. Jeder aus Redwood-Hall wird eingeladen sein. Schließlich bin ich dann erwachsen und kann endlich anfangen meinen Mate zu finden.« die Begeisterung und Vorfreude sprühen nur aus ihren Worten in mein Gesicht. Ich selber beginne auch zu Lächeln. Seitdem ich Maise kenne weiß ich, dass sie sich auf ihren achtzehnten Geburtstag freut. Alleine die Tatsache, dass sie ihren Mate findet, lässt sie aufleuchten wie eine Glühbirne. Auch wenn ich meinen Mate nicht mag, wünsche ich mir, dass sie jemanden finden wird, der ihr gut tut. Jemand, der sie behandelt wie eine Königin, die sie ist.
Ein wenig frage ich mich, ob ich nicht auch jemanden verdient habe, der mich wie eine Königin behandelt, die ich sein sollte. Nichts gegen Chandler, aber all das, was er mir in der Vergangenheit angetan hat. Ich kann ihn deswegen nur sehr schwer verzeihen. Selbst wenn er zeigt, dass er sich gebessert hat. Mein Verstand glaubt ihm diese Fassade immer noch nicht.
»Du wirst sicher jemanden finden, der zu dir passt, Maise. Und wenn dein Mate ein Arsch ist, werde ich ihm sogar persönlich die Eier abschneiden.« sage ich zu ihr mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
»Dasselbe gilt für dich. Auch wenn Chad mein Bruder ist, sind seine Eier selbst vor mir nicht sicher.« meint Maise. Meine Augen werden groß, was sie leise lachen lässt. Ohne ein weiteres Wort erhebt sie sich vom Bett, steht auf und nimmt das Tablet in die Hand. »Ich werde mich einmal fertig machen. Vielleicht kann ich etwas aus Holden oder Cooper heraus quetschen. Du sagst mir ja nichts.«
Mit diesen Worten lässt sich mich perplexed alleine im Bett zurück. Maise öffnet die Tür dreht sich ein letztes Mal zu mir um und zwinkert mir zu, ehe sie das Zimmer verlässt und die Tür in den Rahmen fällt.
***
Frustriert starre ich auf den offenen Bauch vor mir auf dem Operationstisch. In der einen Hand halte ich ein Skalpell, in der anderen eine Klemme. Nachdem Maise aus dem Zimmer gegangen ist, bin ich quasi aus dem Bett gesprungen, habe mir die Hose angezogen und bin fast schon aus dem Anwesen der Halls geflohen. So schnell ich konnte, bin ich nach Hause gefahren, habe mich frisch gemacht und bin anschließend ins Krankenhaus gefahren. Cher hatte nicht nachgefragt, was mit mir los ist und hat mich stattdessen in den nächsten Operationssaal geschickt.
Und nun stehe ich hier. Über meinen Patienten gebeugt und versuche herauszufinden, was los ist. Keine Blutung ist zu sehen oder irgendwelche Missbildungen, noch Tumore. Unsere Werwolf Gene können vieles heilen, aber auch wir waren keine Götter, weswegen wir auch die eine oder andere Krankheiten bekommen können. Geschweige denn Krebs oder auch Alzheimer beziehungsweise Demenz.
»Schwester Miles, was genau steht erneut in der Akte des Patienten.« frage ich Polly und wende meinen Blick nicht von den Innereien ab, die normal vor sich hinarbeiten. Nur das gleichmäßige Piepen der Monitore war zu hören und das Atmen des Patienten. Ein leises Rascheln der Akten war zu vernehmen, bevor Polly sich räuspert.
»Laut den Test, die gemacht worden sind, sollte am unteren Ende des Darms eine abnormale Erhebung sein, die entweder eine Entzündung oder auch ein Tumor sein könnte.« liest Polly fachmännisch vor. Ich seufze leise und versuche nicht laut zu fluchen. Schlecht gelaunt lege ich die Instrumente beiseite und beginne erneut den Darm ab zu tasten, um irgendwas zu finden, was auf diverse Abnormalitäten hinweisen könnte. Doch da war nichts. Meine Hände wühlen weiter im Inneren herum, bis ich fast mit dem Ellenbogen im Patienten hänge.
Doch da ist nichts. Nichts, was ich fühlen kann, dass diese Vermutung bestätigen kann. Genervt atme ich tief durch und nehme meinen Arm aus dem Körper heraus. Ich drehe mich zu Polly hin und schüttle den Kopf. Nichts.
»Nadel und Faden bitte. Ich mache den Patienten durch. Ich finde nichts.« Weise ich Polly an und halte ihr meine Hand entgegen. Die rothaarige nickt leicht und reicht mir die entsprechenden Instrumente.
***
Frustriert ziehe ich meine Handschuhe aus und schmeiße diese in den Mülleimer, bevor ich meinen Kittel abreiße und diesen ebenfalls entsorge. Die Operation war ein totaler Reinfall und sie hat mich nicht einmal ansatzweise befriedigen können. Ich ziehe meine dunkelblaue Kappe von meinem Kopf und so gleich fallen mir meine braunen Haarsträhnen in das Gesicht. Ernüchterung macht sich in mir breit, während ich in die Richtung meines Büros laufe. Immerhin kann ich diese enttäuschende Aktion in meinem Papierkram verarbeiten.
Ich stopfe meine Kappe in die Hosentasche meiner ebenfalls dunkelblauen Hose. Ich mag meine Operationskleidung. Das Dunkelblau sieht neutral aus und der Baumwollstoff scheuert nicht am Körper. Außerdem sind Scrubs meiner Meinung nach das bequemste was man anziehen kann.
An meinem Büro angekommen, öffne ich die Tür, bin in meine Gedanken vertieft und zucke zusammen, als eine Person im Raum steht. Erst einen Moment später realisiere ich, dass es sich um Elisa Hall handelt. Die Mutter von Chandler. Versteinert bleibe ich im Türrahmen stehen, unfähig irgendwas zu sagen. Zum Teufel, was will sie hier? Vor allem, was will sie von mir?
»Hallo Samantha. Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen.« sagt sie zu mir und lächelt mich warm an. Ich räusper mich und gehe in das Büro rein, bevor ich die Tür hinter mir schließe und die Frau vor mir anstarr, als wäre sie ein Alien. Mir ist es noch nie wirklich aufgefallen, aber ihre Ähnlichkeit zu ihrer Tochter ist einfach erschreckend. Normalerweise dachte ich immer, dass Chandler und Maise nach ihrem Vater kommen als ihre Mutter. Doch wurde ich in diesem Moment des Besseren belehrt.
»Nein, ganz und gar nicht.« erwidere ich schließlich und gehe zu ihr hin, ehe ich meine Hand ausstrecke. Ich wollte nicht als unhöflich gelten und Manieren hatte ich mehr als so andere Personen auf diesem Planeten.
Ich wusste nicht warum, aber dieser Moment fühlt sich seltsam an. Nicht, dass ich Elisa nicht kenne. Aber bisher haben wir beide nicht wirklich viele Worte ausgetauscht. Was seltsam ist, da ich immerhin mit ihrer Tochter befreundet bin.
Elisa nimmt meine Hand entgegen und schüttelt diese zaghaft. Als ehemalige Luna unseres Rudels hätte ich ihr, ehrlich gesagt, einen festeren Handgriff zu getraut. Doch lass ich mir nichts anmerken von meinen Gedanken und schenke der Brünetten ein Lächeln.
Im Vergleich zu ihr sehe ich müde und chaotisch aus. Mein Scrubs klebt an meinem Körper und meine Haare stehen zu Bergen. Elisa hingegen trägt ihren moosgrünen Zweiteiler wie eine zweite Haut. Eine Sekunde wünsche ich mir, dass ich ebenfalls diese Eleganz ausstrahlen würde, wie sie es tut. Aber Elisa hatte vor einigen Minuten nicht in einem Operationssaal gestanden und versucht, einem Menschen zu helfen.
Mit meiner Hand zeige ich auf einen der beiden Stühle vor dem Schreibtisch, nachdem wir unsere Hände gelöst haben.
»Setzen Sie sich doch gerne. Leider kann ich weder Kaffee noch Tee anbieten, ich hoffe das ist kein Problem.« erkläre ich Elisa. Diese kichert leise und setzt sich auf einen der Stühle. Kurzerhand umrunde ich den Schreibtisch und setzte mich auf meinen Drehstuhl.
»Mach dir deswegen keinen Kopf. Außerdem kannst du mich gerne duzen. Schließlich werden wir beide uns nun öfter sehen. Nicht wahr?«
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