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Kapitel 25

Usagi und ich überquerten zusammen das Krankenhausgelände um wieder zurück zu Gebäude B zu gelangen. Mein Blick fiel dabei auf einen kleinen Spielplatz, der etwas weiter von uns entfernt war. Ich hielt für einen Moment inne.
"Ist das nicht...dieser Junge?", fragte ich. Er war vorhin so schnell verschwunden, dass ich gar keine Gelegenheit mehr hatte ihn näher zu befragen zu den seltsamen Dingen, die er zu mir gesagt hatte. Doch jetzt saß er vollkommen alleine auf einer Schaukel und ließ sich mit den Füßen vor und zurück schwingen.
"Sieht ganz danach aus."
"Du kannst schon vorgehen, wenn du willst. Ich werde gleich nachkommen", sagte ich an Usagi gerichtet. Sie stöhnte kurz auf, aber widersprach mir nicht. Dann humpelte ich zu dem Jungen hinüber. Als ich vor ihm stehen blieb, bremste er sich mit den Füßen ab und sah erwartungsvoll zu mir auf.
"Ähm, also...wie heißt du eigentlich?", fragte ich zögerlich.
"Kota", entgegnete er knapp.
"Okay, Kota-chan. Du hast vorhin gesagt, dass sich keiner von uns Erwachsenen erinnert. Was genau hast du damit gemeint? An was erinnern wir uns nicht?"
Der Junge seufzte.
"Sie würden mir ja doch nicht glauben."
"Inzwischen würde ich fast alles glauben. Ich weiß, dass da etwas in mir ist, dass sich erinnern will, aber ich habe keine Ahnung an was. Bisher sind es immer nur Bruchstücke von Erinnerungen. Du jedoch erinnerst dich an alles, oder? Und offensichtlich kennst du mich auch, nicht nur aus der Schule meine ich, sondern von woanders her."
Er nickte diesmal.
"Ja. Wir haben uns in einer anderen Welt getroffen."
"Einer anderen Welt?", stutzte ich. "Was genau meinst du damit?"
"Wir alle waren kurzzeitig tot, als das Unglück in Shibuya passierte. Währenddessen waren wir lange Zeit weg. In unseren Köpfen meine ich. Wir mussten diese Spiele spielen und wenn man darin verlor, dann ist man gestorben. Aber die Menschen, die es bis zum letzten Spiel geschafft haben, sind zurückgekehrt in diese Welt und haben überlebt. Meine Eltern haben es nicht geschafft."
Er senkte betrübt den Kopf und scharrte mit den Füßen im Sand. Ich starrte ihn reglos an. Diese Geschichte klang mehr als absurd. Aus irgendeinem Grund jedoch wusste ich, dass sie stimmte.
"Das mit deinen Eltern tut mir Leid", brachte ich nur heraus, weil meine Gedanken sich mit einem Mal überschlugen. Für einen Moment flackerten erneut Bilder in meinem Kopf auf. Ich sah eine Gruppe von Menschen. Unter ihnen der Junge namens Kota und daneben standen Usagi und Arisu. Sie trugen seltsame leuchtende Westen und jagten andere Menschen quer durch ein Parkhaus in einer Art Spiel um Leben und Tod. Ein Luftschiff mit dem Banner der Pik-Königin erschien vor meinem geistigen Auge. Meine Hand griff an meine Schläfe, weil mein Kopf von der Reizüberflutung plötzlich heftig schmerzte.
"Du warst der König in dem Spiel", sagte ich, ohne genau sagen zu können woher ich dieses Wissen hatte. Eine Erinnerung, auf die ich schlagartig wieder Zugriff hatte.
Kota sah überrascht auf und lächelte.
"Sie erinnern sich also doch."
"Aber was hat es mit Chishiya auf sich? Wer ist er? War er auch in dieser Welt?", wollte ich wissen, weil dieser Teil meiner Erinnerungen noch immer unkenntlich war.
"Ja, du warst mit ihm zusammen dort unterwegs. Und er war ein Charakter in deinen Comics."
Nun war ich wirklich baff. Chishiya war also wirklich real, aber warum hatte ich ihn zu einer Comic-Figur gemacht? Sofort kam mir die Zeichnung in den Sinn, die ich von ihm angefertigt hatte und in dem Moment wurde mir klar, dass ich es getan hatte, weil er mir sehr wichtig gewesen sein musste. Aber, wenn er ebenfalls in dieser anderen Welt war, dann bedeutete das zwangsläufig, dass er auch in das Unglück verwickelt war. Ich erschauderte bei dem Gedanken.
"Ist Chishiya... ist er tot?", fragte ich mit bebender Stimme und hatte gleichzeitig Angst die Antwort zu erfahren.
"Das weiß ich nicht. Ich hatte gehofft Sie könnten mir das sagen."
Ich schüttelte den Kopf und konnte nicht verhindern, dass mir Tränen in die Augen schossen. Der Gedanke, dass Chishiya es nicht geschafft haben könnte, löste eine unerklärliche Panikattacke in mir aus. Die Gefühle, die ich für ihn hatte waren tiefgreifend und erschütterten mein gesamtes Inneres bis ins Mark und das obwohl ich mich noch immer nicht an unsere gemeinsame Zeit erinnern konnte. Doch langsam nahm sein Gesicht vor meinem inneren Auge Gestalt an, sodass ich haargenau sein Aussehen hätte beschreiben können, angefangen von seiner ungewöhnlichen Haarfarbe bis hin zu den Wangenknochen und der Form seiner leicht geschwungen Lippen. Selbst an seine dunklen unergründlichen Augen erinnerte ich mich bis ins Detail.
Plötzlich stand Kota auf.
"Ich muss jetzt gehen, sonst bekomme ich Ärger", erklärte er kurz angebunden. "Gute Nacht."
Ich nickte nur stumm und winkte dann kurz zum Abschied, doch in Wirklichkeit war ich in Gedanken meilenweit weg. Das Bild von Chishiya in meinem Kopf war so präsent, dass ich an nichts anderes mehr denken konnte. Eine Träne lief mir über die Wange und mein Atem wurde unendlich schwer. Ich begann unkontrolliert zu zittern und rang verzweifelt nach Luft, während ich versuchte den Gedanken, dass Chishiya nicht mehr am Leben sein könnte zu verdrängen. Ich tastete panisch nach dem Inhalator in meiner Jackentasche, doch offensichtlich hatte ich ihn oben im Zimmer liegen gelassen. Mein Atem ging nur noch stoßweise. Ich ließ meine Krücken los und stolperte rückwärts gegen das Klettergerüst. Mit dem Rücken ließ ich mich dagegen sinken und versuchte dann bewusst ein- und auszuatmen und die negativen Gedanken nicht mehr zuzulassen. Allmählich fasste ich mich wieder und meine Atmung normalisierte sich. Zusammengesunken saß ich auf dem sandigen Boden und zermarterte mir das Hirn in der Hoffnung, dass dabei weitere Erinnerung freigesetzt werden würden. Doch offensichtlich passierte das vollkommen willkürlich, ohne, dass ich irgendeinen Einfluss darauf nehmen konnte. Ich blicke hoch zum Himmel und bemerkte, dass es langsam dunkel wurde. Wahrscheinlich hatte die Nachtruhe bereits begonnen, doch in mir herrschte große Unruhe. Ich musste unbedingt herausfinden, was aus ihm geworden ist, auch wenn ich mich gleichermaßen davor fürchtete. Doch ich würde nicht aufgeben, bevor ich nicht wusste, was mit ihm geschehen war. Entschlossen griff ich nach dem Kletterseil vor mir und zog mich daran hoch. Just in diesem Augenblick wurde ich von einer weiteren Erinnerung überwältigt. Ich kletterte an einem Seil hinauf geradewegs zu einem Holzhäuschen. Chishiya war auch dort und saß bei mir, während ich angsterfüllt seine Hand festhielt. Um uns herum ertönten laute Schüsse. Als der kurze Film in meinem Kopf endete, fügte sich der Rest ganz von selbst und ich erinnerte mich auch an das, was kurz danach geschah. Mein Sprung vom Klettergerüst und Chishiyas Arme, die mich auffingen. Seine innige Umarmung. Unser zurückhaltender Kuss. In meinem Bauch kribbelte es heftig und ich musste mich fest an das Seil klammern um nicht umzukippen. Die Gefühle in dieser Rückblende waren so überwältigend als würde all das in genau diesem Augenblick geschehen. Ich berührte vorsichtig meine Lippen und konnte ihn beinahe schmecken. Wenn das, was wir in dieser anderen Welt erlebt hatten nur in unseren Köpfen stattgefunden hatte, warum waren die Erinnerungen daran so verdammt real? Auf jeden Fall wusste ich jetzt, dass Chishiya mir nahe gestanden hatte. Sehr nah. Und mir wurde außerdem bewusst, dass ich etwas für ihn empfand, obwohl mir immernoch ein bedeutender Teil fehlte, um das Puzzle zu vervollständigen. Aber inzwischen war ich überzeugt, dass auch diese Erinnerungen bald zurück kommen würden. Aufgelöst hob ich meine Krücken vom Boden auf und machte mich auf den Weg zurück zu unserem Zimmer. Die Gänge waren wie ausgestorben. Es war inzwischen schon nach halb 11. Unbemerkt schlüpfte ich durch die Tür in unser Zimmer, das bereits im Dunkeln lag. Offensichtlich schlief Usagi schon. Ich kroch unter die Bettdecke und lauschte meinem laut dröhnenden Herzen.
"Alles okay bei dir?", hörte ich Usagis schläfrige Stimme von der anderen Seite des Zimmers.
"Alles in Ordnung."
"Hast du was herausfinden können?"
"Leider nicht", log ich, weil ich jetzt unmöglich in der Lage war es zu erklären.
"Okay, dann...Schlaf gut."
"Du auch."
Doch ich wusste bereits, dass ich in dieser Nacht vermutlich kein Auge zumachen würde. In meinem Kopf arbeitete es ohne Unterbrechung. Am liebsten wäre ich wieder hinaus gegangen und hätte überall im Gebäude nach Chishiya gesucht, doch ich wusste, dass das zum jetzigen Zeitpunkt eine hirnrissige Idee war. Trotzdem hielt ich die innere Anspannung kaum noch aus. Die Frage, ob es ihm gut ging, quälte mich die gesamte restliche Nacht. Und dann kam mir noch ein anderer furchtbarer Gedanke: was wenn Chishiya zwar wie ich überlebt hatte, er sich jedoch nicht an mich erinnerte? Würde er sich an mich erinnern, dann wäre er doch schließlich schon hier bei mir aufkreuzt oder nicht?
Entweder also hatte er die Katastrophe nicht überlebt oder er hatte wie ich und all die Anderen ein Teil seines Gedächtnisses verloren.
Beide Optionen waren beängstigend. Doch wenn ich mich für eines dieser Dinge entscheiden könnte, dann war das ohne Frage die zweite Variante. Auch wenn es mit Sicherheit schmerzvoll wäre, wenn er sich nicht mehr an mich erinnerte, so würde er immerhin leben. Das war alles, was ich mir wünschte.

Ich zählte die Minuten bis zum Morgengrauen und obwohl ich totmüde war, gönnte mein Kopf mir keinen Schlaf. Als die Sonne endlich aufging, kam ich jedoch nicht mehr gegen die Müdigkeit an und schlief erschöpft ein. Ich erwachte erst wieder als die Schwester mit dem Frühstück bei uns vorbeikam und war offensichtlich genau aus meiner Tiefschlafphase gerissen worden. Ich war so benebelt, dass ich es nicht schaffte die Schwester rechzeitig zurückzuhalten, so wie ich es mir in meinem Hirn zusammengesponnen hatte.
Ich starrte auf das Tablett mit dem Essen, doch meine Nervosität verdrängte den Hunger komplett. Wie es aussah würde ich wohl warten müssen bis eine der Schwestern mehr Zeit für mein Anliegen hatte, auch wenn ich eigentlich nicht noch länger warten wollte. Wenn ich Pech hatte, dann war Chishiya ohnehin schon aus der Klinik entlassen worden. Ich versuchte ein paar Bissen herunterzukriegen und stellte das restliche Essen wieder zurück auf das Tablett. Dann kramte ich in meiner Tasche nach meinen Air pods und öffnete meine Musik-App auf dem Handy. Irgendwie musste ich mich von meinen unaufhörlichen Gedanken ablenken. Ich scrollte flüchtig durch meine aktuelle Playlist und hielt bei einem der Songs unwillkürlich inne. Beim Lesen des Songtitels überkam mich wieder so eine seltsame Eingebung, die ich nicht sinnvoll in Worte fassen konnte. Ich wählte den Song an und schloss dabei bewusst die Augen. Im nächsten Moment saß ich in einem Auto auf dem Beifahrersitz - neben mir saß Chishiya am Lenkrad.
Du solltest dir wirklich einen Therapeuten zulegen, sagte er amüsiert.
Ich lächelte bei dieser Erinnerung. Das alles schien bereits eine Ewigkeit zurückzuliegen, doch jetzt erinnerte ich mich an alle Details und an den Grund weshalb wir zusammen in dem Auto gesessen hatten. Es passierte nicht lange nach unserem Kuss auf dem Spielplatz. Ich hatte meine Sachen bei Mei und Kota vergessen, weil ich überstürzt zu dem Spiel gerannt bin, an dem Chishiya teilgenommen hatte. Dem Spiel des Karo-Königs. So langsam begannen sich die einzelnen Puzzleteile wieder zusammenzufügen. Chishiya. Das Skatspiel. Der Herzbube. Es war eines von vielen Spielen. Es war das Spiel, in dem Chishiya und ich zum ersten Mal bewusst miteinander gesprochen hatten. Diese Momente rasten in sekundenschnelle durch meinen Kopf und füllten dabei ein paar relevante Erinnerungslücken auf. Wie hatte ich all das je vergessen können? Besonders Chishiya. Den ich niemals vergessen wollte und mit dem ich mir eine gemeinsame Zukunft gewünscht hatte. Doch nach Borderland hatten unsere Wege sich getrennt und nun stand ich wieder am Anfang. Ohne ihn. Ich holte tief Luft und zerrte mir entschlossen die Stöpsel aus den Ohren. Dann nahm ich meinen Zeichenblock, riss meine Zeichnung mit Chishiya ab und faltete sie so, dass ich sie mir in die Jackentaschen stecken konnte. Usagi sah mich überrascht an als ich mich plötzlich vom Bett hochzog.
"Was hast du denn vor?"
"Ich drehe nur eine Runde", sagte ich knapp.
Sie wirkte weiterhin verwundert, sagte jedoch nichts und ließ mich gehen. Auf dem Korridor hielt ich dann Ausschau nach einer Schwester, jedoch nicht nach irgendeiner, sondern einer ganz bestimmten, weil ich mir bei den anderen nicht sicher war, ob sie gewillt waren mir zu helfen. Ich wartete eine Weile und lief dabei etwas ungeduldig über den Gang. Dann endlich entdeckte ich sie. Sie war gerade im Gespräch mit einem der Krankenpfleger. Als sie mich sah, lächelte sie warmherzig.
"Wie kann ich helfen, Schätzchen?", fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich blickte zögerlich zu dem Krankenpfleger neben ihr.
"Ähm...es ist eine eher persönliche Art von Frage."
Sie nickte verstehend und bedeutete ihrem Kollegen uns alleine zu lassen, worüber ich wirklich froh war. Sie kam etwas näher zu mir und senkte die Stimme.
"Also, was bedrückt Sie denn? Ist es immer noch wegen ihren verlorenen Erinnerungen?"
"Es hat damit zu tun", erklärte ich leise. "An einiges kann ich mich inzwischen wieder erinnern."
Ich kramte in meiner Jackentasche und zog meine Zeichnung hervor und gab sie ihr. Die Schwester sah mich fragend an, während sie das Blatt auseinander faltete.
"Oh, Sie haben das gezeichnet?", fragte sie erstaunt.
"Ja, es ist jemand, an den ich mich erinnert habe. Er muss ebenfalls bei dem Unglück in Shibuya dabei gewesen sein. Ich vermute, dass er auch in diese Klinik eingewiesen wurde. Kennen Sie ihn zufällig?"
Ich versuchte mir meine Anspannung nicht anmerken zu lassen, doch befürchtete, dass meine fahrigen Hände, mit denen ich immer wieder durch meine Locken fuhr, mich verrieten.
"Ich glaube ich habe ihn hier schonmal gesehen. So ein hübsches Gesicht vergisst man nicht so schnell, besonders nicht in Kombination mit dieser Haarfarbe."
Mein Herz schlug ein paar Takte schneller bei ihren Worte.
"Können Sie mir vielleicht sagen, in welchem Zimmer er liegt?", fragte ich drängend.
Sie schüttelte den Kopf und gab mir die Zeichnung zurück.
"Leider nein, Liebes. Ich vermute er liegt wahrscheinlich im Westflügel. Für den bin ich nicht zuständig."
"Aber...wenn ich Ihnen seinen Namen sage, dann könnten Sie es doch bestimmt herausfinden, oder?"
Sie lächelte schwach und seufzte.
"Könnte ich wohl, aber ich darf solche persönlichen Daten nicht einfach herausgeben."
Mein Blick wurde flehender.
"Könnten Sie nicht vielleicht eine winzige Ausnahme machen? Ich muss unbedingt mit ihm sprechen. Ich werde auch niemanden sagen, dass ich diese Information von Ihnen habe. Bitte!"
Ich deutete einen Knicks an, indem ich ergeben den Kopf senkte.
Die Schwester seufzte erneut und legte ihre Hand nachdenklich an ihre Stirn.
"Wenn das rauskäme, würde ich ziemlichen Ärger bekommen", sagte sie, aber klang trotzdem nicht gänzlich abgeneigt, sondern vielmehr als würde sie abwägen, ob sie das riskieren konnte. Mit feuchten Augen blickte ich wieder zu ihr auf.
"Ich bitte Sie! Sie sind meine letzte Chance", wimmerte ich und musste dabei nicht einmal schauspielern, um ihr meine Verzweiflung überzeugend zu verdeutlichen. Sie musterte mich mitfühlend und wandte sich dann von mir ab, jedoch nur um mir einen kleinen Zettel und einen Stift auf den Tresen zu legen.
"Schreiben Sie den Namen auf! Ich schaue mal, was ich tun kann", sagte sie vage.
Es fiel mir schwer nicht vor Freude laut loszuschreien. Enthusiastisch griff ich nach dem Stift und schrieb: 𝒞𝒽𝒾𝓈𝒽𝒾𝓎𝒶 𝒮𝒽𝓊𝓃𝓉𝒶𝓇ō.
"Ich danke Ihnen", sagte ich erleichtert.
"Aber das bleibt unter uns."
Ich nickte.
"Natürlich. Und ähm...könnten Sie sich damit vielleicht ein bisschen beeilen?", fragte ich zaghaft.
"Na, Sie sind ja wirklich ungeduldig. Da muss die Liebe ja sehr groß sein." Sie zwinkerte mir zu, während meine Wangen spürbar wärmer wurden. "Aber ich geb mir Mühe."
Kurze Zeit später war sie verschwunden. Widerwillig trabte ich zurück zu meinem Zimmer und setzte mich wieder zurück auf mein Bett. Ich steckte meine Air Pods zurück in die Ohren, weil ich mich momentan nicht nach Reden fühlte und auch weil ich den Song, der mich so an Chishiya erinnerte noch einige unzählige Male durchlaufen ließ. Ich entfaltete die Zeichnung und betrachtete sie zum gefühlt hundertsten Mal. Was sollte ich überhaupt zu ihm sagen, wenn wir uns endlich wieder begegneten? Die Wahrscheinlichkeit, dass er sich nicht an mich erinnerte, war ziemlich hoch. Aber womöglich würde er sich ja erinnern, wenn er mich wiedersah. Schließlich hatte ich mich auch erinnert, auch wenn es ein paar Tage gedauert hatte. Und Kota wusste ebenfalls über Borderland Bescheid. Selbst Usagi hatte verlauten lassen, dass sie irgendeine Verbindung zu Arisu gespürt hatte. Es war also nicht unmöglich diese Amnesie zu überwinden. Vielleicht war Borderland vergleichbar mit Träumen. Manche erinnerten sich an ihre Träume und konnten jedes Detail haarklein widergeben, während andere widerrum nur noch eine grob umrissene Handlung schildern konnten. Und dann gab es auch die, die sich an gar nichts aus ihren Träumen erinnerten.
Allerdings war Borderland definitiv kein Traum gewesen. Aber es war auch genausowenig die Wirklichkeit. Es war irgendetwas dazwischen. Eben eine Zwischenwelt.
Ich zuckte kurz zusammen als mich jemand von der Seite antippte und zog schnell die Ohrhörer raus. Vor mir stand die Schwester von vorhin und stellte mir ein Tablett mit dem Mittagessen auf meinen Tisch. Sie deutete auf die Tasse.
"Lavendel-Tee", erklärte sie. "Beruhigt die Gedanken und hilft gegen innere Unruhe."
Sie lächelte sanft und zwinkerte mir wieder zu.
Als sie weg war, griff ich nach der Tasse und fand darunter einen zusammengefalteten Zettel vor, den ich rasch auseinander faltete. Es war der Zettel mit Chishiyas Namen darauf. Darunter stand: Gebäude B, Westflügel, 5. OG, Raum 211.
Ich drückte den Zettel voller Erleichterung an meine Brust. Endlich würde ich Chishiya wiedertreffen. Mein Blick wanderte zu dem Tablett mit dem Mittagessen. Wie es der Zufall wollte, hatte Usagi nach dem Essen eine angeordete ärztliche Untersuchung. Das war meine Chance das Zimmer zu verlassen, ohne, dass sie es mitbekam. Sicher hätte ich ihr alles erzählen können, aber im Moment wollte ich das nur alleine mit mir aushandeln. Chishiya war meine oberste Priorität. Dann erst kamen alle Anderen. Erst, wenn ich ihn wiedergesehen hatte, konnte ich endlich wieder ruhiger schlafen.
Ich schlang mein Mittagessen diesmal schnell herunter, auch weil ich tatsächlich ziemlichen Hunger hatte, nachdem ich heute morgen kaum etwas gegessen hatte. Als Usagi endlich zu ihrer Untersuchung geholt wurde, richtete ich mich aufmerksam auf und verharrte noch einige Minuten still nachdem sie aus dem Zimmer verschwunden war, um meine Flucht nicht zu offensichtlich zu machen. Kurz darauf stand ich auf und humpelte zum Spiegel, um meine Haare ein wenig zu ordnen. Die dunklen Ringe unter meinen Augen hatte ich der letzten schlaflosen Nacht zu verdanken. Damit würde ich wohl leben müssen. Und auch sonst hatte ich schonmal besser ausgesehen, aber was nützte es? Wer sah an einem Ort wie diesem schon top gestylt aus?
Ich trennte mich von dem Anblick des Spiegelbilds und ließ das Zimmer dann hinter mir, um zum Westflügel zu gelangen. Ich musste mich ein wenig herumfragen, um dorthin zu kommen, aber als ich es endlich geschafft hatte, war es ein Leichtes das Stockwerk zu finden. Mit meinem lädierten Bein schleppte ich mich den langen Korridor entlang, der mit Raum 195 begann. Gerade in Momenten wie diesen, wo ich schnell vorwärts kommen wollte, nervte mich diese körperliche Einschränkung ungemein. Dann endlich kam die 211. Ich keuchte vor Anstrengung als ich dort ankam. Diesmal hatte ich immerhin an den Inhalator gedacht. Ich nahm einen Zug, auch weil ich sonst vermutlich vor Aufregung hyperventiliert wäre. Eine Weile stand ich nur davor, unfähig mich zu regen und starrte die Tür an. Sollte ich einfach anklopfen oder lieber warten bis er irgendwann herauskam? Andererseits konnte das im schlimmsten Fall noch ewig dauern. Aber einfach als Patient in ein anderes Zimmer hereinzuplatzen, war mehr als merkwürdig. Als die Tür vor mir schlagartig geöffnet wurde, strauchelte ich etwas rückwärts. Eine meiner Gehhilfen fiel dabei klirrend zu Boden. Vor mir stand der Typ aus der Selbsthilfegruppe mit den furchtbaren Brandmalen im Gesicht. Sein Gesichtsausdruck war ebenfalls kurzzeitig überrascht, doch sein Mund verzog sich schnell zu einem belustigten Grinsen.
"Na, wen haben wir denn da? Wenn das mal nicht die kleine Zuckerschnute aus der Therapie ist? Wie war dein Name nochmal? Tsuyu oder so?"
Ich antwortete nicht, sondern starrte ihn nur ausdruckslos an. Seine Worte waren mir so unglaublich vertraut.
"Niragi...", sagte ich mit brüchiger Stimme. Meine Hände bebten vor Angst, weil ich plötzlich wieder wusste, woher meine Abneigung ihm gegenüber kam, die ich neulich verspürt hatte.
"Oh, du hast dir sogar meinen Namen gemerkt. Stehst wohl doch auf mich oder warum lungerst du sonst vor meinem Zimmer herum? Mein Angebot steht noch, wenn du weißt, was ich meine."
Seine Zunge leckte dabei genüsslich über seine Lippen, während ich angewidert das Gesicht verzog. Die schrecklichen Erinnerungen, die dabei hochkamen, waren ausnahmsweise welche, die ich lieber für immer begraben hätte.
"Träum weiter, du ekliger Lustmolch", giftete ich und verengte bedrohlich meine Augen.
"Gott, ich steh drauf, wenn du mich so hasserfüllt ansiehst. Das macht mich irgendwie an", gluckste er und hob dabei eine halb versengte Augenbraue.
Ich versuchte mir klar zu machen, dass der Niragi vor mir offensichtlich keinen Schimmer hatte, was er mir in Borderland angetan hatte und es irgendwie unfair wäre ihn aufgrunddessen zu verurteilen. Andererseits war seine schmierige Art mindestens genauso unerträglich. Wieso musste ausgerechnet er sich ein Zimmer mit Chishiya teilen? Oh, diese Ironie des Schicksals...
"Ich bin nicht wegen dir hier", erklärte ich dann tonlos.
"Achso? Wie enttäuschend...", meinte er mit gespielter Traurigkeit. "Ich dachte wirklich du wärst scharf auf mich. Wer könnte denn heißer sein als ich, huh?"
"Ich suche deinen Mitbewohner. Ist er hier?"
"Ahh, du redest von Blondie mit dem Babyface?", fragte er überrascht.
"Sein Name ist Chishiya."
Er zuckte mit den Schultern.
"Schon möglich. Woher kennt ihr euch denn?"
Ich stöhnte genervt auf.
"Das geht dich gar nichts an! Sag mir einfach, ob er da ist, verdammt!"
"Bruh, jetzt werd mal nicht so zickig, Lockenköpfchen, sonst kannst du gleich wieder abdampfen." Zu meiner Überraschung bückte er sich und hob meine Gehhilfe vom Boden auf, um sie mir in die Hand zu drücken. Kurzzeitig war ich sprachlos.
"Ähm Danke."
"Er ist im Moment nicht da", sagte er dann.
"Und wo ist er hingegangen?"
"Woher soll ich das wissen? Seh ich vielleicht aus wie sein Babysitter?"
Ich seufzte.
"Du bist mir wirklich keine Hilfe."
"Soll ich ihm was von dir ausrichten?", fragte er spöttisch und verschränkte dabei die Arme.
"Fick dich einfach", knurrte ich.
"Okay, ich sag's ihm", grinste er überheblich. "Sonst noch was?"
Dieser Kerl trieb mich noch an den Rande des Wahnsinns.
"Vergiss es einfach. Ich warte so lange hier", sagte ich bestimmt und ließ mich ein paar Meter weiter auf eine gepolsterte Sitzbank fallen.
"Wie du willst", sagte er und schlenderte dann über den Gang zum Snackautomaten.
Ich blickte auf die Uhr. Ich hatte schon eine halbe Stunde vergeudet. Wenn das so weiterging, würde ich es nicht schaffen wieder rechtzeitig in unserem Zimmer zu sein, bevor Usagi zurückkehrte. Aber eigentlich war das auch unwichtig. Alles, was zählte, war es ihn wiederzusehen. Diesmal in der echten Welt, wo wir nicht jeden Tag um unser Leben bangen mussten.
Als Niragi wieder mit einer Tüte Chips in der Hand zurückkehrte, grinste er mich wieder amüsiert an als er an mir vorbeilief.
"Na dann, viel Spaß noch beim Warten."
Mit diesen Worten ging er wieder zurück in sein Zimmer und ließ die Tür dabei hinter sich geräuschvoll zufallen. Ich stöhnte schwer auf als er weg war. Da hatte ich es endlich bis hierher geschafft und wem lief ich über den Weg? Ausgerechnet Niragi. Und Chishiya ließ sich stattdessen nicht blicken. Wo zum Henker trieb er sich nur herum?
Ich war ohnehin schon nervös genug, doch diese endlose Warterei machte es noch um ein Vielfaches schlimmer.
Als eine weitere halbe Stunde vergangen war, ging ich ebenfalls zum Snackautomaten und suchte ein paar Groschen aus meinem Geldbeutel zusammen. Etwas unentschlossen blickte ich in die Auslage. Mein Blick blieb unwillkürlich an einer kleinen Tüte mit Keksen hängen. Ich erinnerte mich an die Sorte. Es waren Chishiyas Lieblingskekse. Er hatte sie beim Spiel des Herzbubens ständig bei sich gehabt. Ich zählte meine Münzen und war erleichtert, dass sie dafür gerade noch ausreichten. Dann warf ich das Geld in den Automaten und wählte die Nummer auf der Anzeige aus. Prompt fiel die Packung aus dem Fach. Euphorisch griff ich danach und lächelte bei dem Anblick der Tüte. Wenn ich die Chishiya schenkte, dann würde er sich bestimmt freuen und womöglich würde er sich sogar an das Spiel erinnern. Ich seufzte verträumt auf und drückte die Packung Kekse bei dem Gedanken fest an mich. Dann steckte ich sie in meine Jackentasche und ging wieder hinüber zu der Bank. Weitere 20 Minuten verstrichen ohne, dass etwas passierte. Vielleicht sollte ich ihm wirklich eine Nachricht zukommen lassen, die Niragi für mich weitergeben würde. Andererseits hatte ich es endlich bis hierher geschafft. Jetzt aufzugeben wäre das Allerletzte, was ich wollte. Inzwischen jedoch hatten mich schon mehrere vom Krankenhauspersonal misstrauisch beäugt und zwei hatten mich sogar angesprochen und mich gefragt, ob ich mich verlaufen hätte. Vielleicht wäre es tatsächlich besser, wenn ich gegen Abend nochmal wiederkomme. Um diese Uhrzeit waren zumindest die meisten Patienten auf ihrem Zimmer anzutreffen.
Entmutigt zog ich mich von der Bank hoch und machte mich auf dem Weg zum Fahrstuhl. Ich betätigte die 0, um wieder zurück zum Erdgeschoss zu gelangen. Von dort aus erreichte ich dann wieder den Ostflügel. Ich kramte die Kekse wieder aus meiner Tasche und sah sie wehmütig an. Im Moment war ich tatsächlich so frustriert, dass ich kurzzeitig darüber nachdachte sie mir selbst einzuverleiben. Doch der Gedanke sie Chishiya zu geben, hielt mich glücklicherweise rechtzeitig davon ab. Die Fahrstuhltüren öffneten sich. Rasch steckte ich die Tüte wieder ein und griff nach meinen Gehhilfen, um den Aufzug zu verlassen. Gerade als ich aufblickte und loslaufen wollte, stand er vor mir.
Chishiya.

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