Epilog
Voller Vorfreude drückte ich im Aufzug auf die Nummer 3 - der chirurgischen Abteilung. Dort angekommen blickte ich mich suchend um, konnte ihn jedoch nirgends entdecken. Dafür sah ich ein anderes vertrautes Gesicht.
"Nakamura. Warte!", rief ich ihm hinterher. Er blieb stehen und drehte sich zu mir um.
"Ah, du bist es! So sieht man sich wieder", sagte er mit einem belustigten Grinsen.
"Ja, hätte nicht gedacht, dass du dich auch hier als Assistenzarzt bewirbst. Sag bloß ihr seid doch Freunde?", schmunzelte ich.
"Reiner Zufall, dass wir beide hier gelandet sind. Aber dass du hier bist, ist wahrscheinlich kein Zufall, oder?"
Ich grinste verlegen.
"Nicht ganz. Weißt du vielleicht, wo ich ihn finden kann?", fragte ich mit liebenswürdiger Stimme.
"Ich glaube er ist gerade in einem Patientengespräch. Ein paar Minuten solltest du dich also schon gedulden."
"Macht nichts. Ich kann warten."
"Oh ja", feixte er. "Das kannst du gut. Aber schön, dass ihr jetzt endlich zusammen seid. Dann muss ich mir wenigstens kein Gejammer mehr von dir anhören. Und er ist seitdem tatsächlich etwas weniger zynisch geworden."
"Ich find's auch toll", seufzte ich mit verträumter Stimme und schloss dabei selbstvergessen die Augen.
"Okay, ich glaube es wird Zeit sich zu verabschieden. Nicht, dass ich noch auf deinem Gesabber ausrutschte."
Entrüstet verschränkte ich die Arme.
"Und das war jetzt nicht zynisch?", schmollte ich.
Er zuckte mit den Schultern.
"Ich habe vom Meister gelernt", sagte er und wandte sich mit erhobenem Arm ab. "Man sieht sich."
Kurz darauf verschwand er um die Ecke. Etwas unentschlossen stand ich im Gang und beobachtete dabei wie Schwestern, Ärzte und Patienten an mir vorbeiliefen. Ich konnte auch nicht umhin festzustellen, dass einige vom weiblichen Personal hier ziemlich attraktiv waren. War das ein Krankenhaus oder eine Modelagentur? Da Chishiya bekanntermaßen relativ beliebt bei den Frauen war, fiel es mir oft wirklich schwer nicht eifersüchtig zu sein, besonders da er die meiste Zeit auf Arbeit verbrachte.
Plötzlich sah ich wie er aus einem der Zimmer kam mit einem Klemmbrett in der Hand, das er mit nachdenklicher Miene studierte. Ohne lange zu Zögern rannte ich auf ihn zu. Chishiya blickte mit einem milde erstaunten Gesichtsausdruck auf, kurz bevor ich meine Arme um seinen Körper schlang und ihn fest an mich drückte.
"Chishiiii", quiekte ich und sah ihn dann strahlend an. "Rate mal wer die stolze Besitzerin eines Führerscheins ist!"
Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem amüsierten Lächeln.
"Keine Ahnung. Hilf mir auf die Sprünge."
"Ich natürlich! Ich habe die Prüfung bestanden!", jubelte ich und griff in meine Tasche um ihm meinen Führerschein direkt vors Gesicht zu halten.
"Wirklich? Hmm..." Er nahm mir das Dokument aus der Hand und betrachtete es mit skeptischer Miene als würde er dessen Echtheit überprüfen. Dann seufzte er leise. "das wird mit Sicherheit für ein erhöhtes Unfallaufkommen auf den Straßen sorgen, was widerrum mehr Arbeit für mich bedeutet. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll."
Ich schob trotzig die Unterlippe hervor.
"Sag einfach, dass ich das gut gemacht habe."
Er seufzte leise und gab mir den Führerschein wieder zurück, während ich weiterhin schmollend zu ihm aufblickte.
Dann legte er jedoch seine Hand auf meinen Kopf und lächelte fast ein wenig stolz.
"Gut gemacht, Tsuki."
Ich kicherte geschmeichelt.
"Ach, findest du? Ich werde gleich ganz rot."
Er schüttelte amüsiert den Kopf.
"Nun, als geübte Autofahrerin hast du sicherlich kein Problem damit heute nach Hause zu fahren, wenn ich hier fertig bin."
"Also...naja...die Prüfung war wirklich hart. Ich bin völlig erschöpft."
Ich legte etwas theatralisch meine Hand auf die Stirn. Chishiya hob eine Augenbraue.
"Sicher. Dann solltest du dich lieber erstmal von den Strapazen erholen." Mir entging die mitschwingende Ironie in seinen Worten nicht. "Gedulde dich noch ein paar Minuten. Dann können wir zusammen nach Hause", fügte er dann wieder etwas sanfter hinzu und ging dann an mir vorbei. Nach Hause. Zusammen. Wir. Diese Worte klangen für mich noch immer ungewohnt, aber ich liebte es mit welcher Selbstverständlichkeit Chishiya sie ausprach. Fast so als wären wir eine Familie.
Ich ließ mich auf die gepolsterte Bank im Korridor fallen und wartete geduldig bis er wieder zurückkam. Als er erneut vor mir stand, trug er sein Haar wieder offen und hatte seine Arbeitskleidung gegen Alltagskleidung getauscht.
"Bereit?", fragte er.
Ich nickte und stand freudig auf. Gemeinsam gingen wir zum Aufzug.
"Also wie hast du es geschafft zu bestehen? Hast du etwa den Prüfer bestochen?"
Ich schürzte protestierend die Lippen.
"Womit hätte ich ihn denn bestechen sollen?"
"Hmm...dann hat er wohl nur Mitleid mit dir gehabt."
"Du traust mir also nicht zu, dass ich bestanden habe, weil ich alles richtig gemacht habe?"
"Ich muss zugeben, dass mir das schwer fällt nachdem ich dich fahren sehen habe."
"Das ist doch schon ewig her. Ich bin viel besser geworden", beteuerte ich.
"Dann beweise es mir doch", entgegnete er mit einem vergnüglichen Lächeln, während wir den Aufzug betraten.
"Mach ich, aber nicht unbedingt heute."
"Hast du etwa Angst?", zog er mich auf und lehnte sich dabei lässig gegen die Wand des Fahrstuhls.
"Ich will nur nicht, dass du mich wieder so anmeckerst wie beim letzten Mal", nuschelte ich kleinlaut und sah verlegen auf meine Hände.
Er lachte leise auf.
"Wenn du ordentlich fährst, gibt es auch keinen Grund für mich dich anzumeckern. Aber da du bestanden hast, sollte das ja kein Problem für dich darstellen, oder?"
Ich warf ihm einen missmutigen Blick zu und presste dabei die Lippen fest aufeinander.
"Dürfte ich dein Auto überhaupt benutzen?", fragte ich zögerlich als der Fahrstuhl unten in der Tiefgarage ankam.
"Solange ich dabei bin, kannst du das gern tun. Irgendwann darfst du vielleicht auch alleine fahren, wenn ich überzeugt davon bin, dass du sicher genug fährst ohne deine Mitmenschen zu gefährden."
Ich ließ etwas enttäuscht den Kopf hängen.
"Na gut..."
Wir gingen durch das schwach erleuchtete Parkhaus zu Chishiyas Wagen. Er warf seine Tasche auf den Rücksitz und öffnete dann die Tür auf der Fahrerseite.
"Bist du sicher, dass du nicht doch fahren willst?", fragte er mich dann mit einem herausfordernden Grinsen.
"Also ich würde vielleicht lieber mit einer kürzeren Strecke beginnen. Zum Beispiel von uns nach Hause bis zu mir auf Arbeit", kicherte ich peinlich berührt.
Chishiya sah mich an als hätte ich den Verstand verloren.
"Das sind keine zehn Minuten zu Fuß. Dafür lohnt es sich nichtmal den Wagen zu starten."
"Dann eben zum Einkaufen", grummelte ich.
"Gut. Ich nehme dich beim Wort."
Wir setzten uns in das Auto und Chishiya steckte den Schlüssel ins Zündschloss, um den Motor zu starten, während ich noch immer glücklich lächelnd meinen Führerschein inspizierte.
"Sieht er nicht gut aus?", schwärmte ich und hielt ihn gegens Licht als wir die Ausfahrt aus der Tiefgarage nahmen.
"Ja, er macht sich bestimmt gut in einem goldenem Rahmen an der Wand", sagte Chishiya sarkastisch.
"Stimmt. Über dem Bett vielleicht?"
"Du könntest ihn auch gleich verbrennen, wenn du ihn nicht benutzen willst."
"Nein, ich brauch doch eine Erinnerung an meinen Erfolg, sonst war ja die ganze Mühe umsonst."
"Wenn du ihn nicht dafür benutzt, wofür er gemacht wurde, hättest du dir das Geld auch sparen können."
Ich streckte ihm die Zunge raus.
"Keiner mag Klugscheißer."
"Stimmt, außer dir", argumentierte er und warf mir einen triumphierenden Blick zu.
"Dein Glück, sonst säßt du jetzt alleine hier im Auto."
"Damit könnte ich auch leben."
Gekränkt sah ich ihn an.
"Das meinst du nicht ernst", wimmerte ich übertrieben wehleidig. Er grinste nur stumm in sich hinein. "Oder?", hakte ich nach als er nicht antwortete.
"Natürlich meine ich das nicht ernst, Tsuki. Denkst du nach allem, was passiert ist etwa immer noch, dass du mir egal bist?", fragte er mit ungewohnter Ernsthaftigkeit in der Stimme und sah mich dann eingehend an.
Ich lächelte verlegen.
"Manchmal ist es wirklich schwer dich zu durchschauen."
"Warum sonst würde ich die Wohnung mit einer verrückten Stalkerin teilen?"
"Weil du darauf stehst von mir verfolgt du werden?"
"Richtig. Das ist der Grund", sagte er ruhig.
"Nun ich bin froh, dass du aufgegeben hast vor mir wegzulaufen. Es war ziemlich anstrengend dir immer nachzujagen."
Chishiya parkte den Wagen ab, doch rührte sich nicht von der Stelle nachdem der Motor erstarb. Etwas fragend sah ich ihn an.
"Du hattest es nicht immer leicht mit mir. Und dennoch bist du mir nie von der Seite gewichen. Wieso?", fragte er tonlos ohne mich anzusehen.
Ich lächelte stirnrunzelnd.
"Das weißt du doch längst, Chishiya. Weil ich dich liebe."
"Aber warum? Wenn du ehrlich bist, war ich nie jemand, der besonders liebenswert ist. Ich habe mehr als einmal gemeine Dinge zu dir gesagt bei denen andere davongelaufen wären. Es fällt mir schwer es zu verstehen - diese Liebe, die du für mich empfindest."
"Es ist keine Entscheidung, die mein Kopf getroffen hat, sondern mein Herz. Deshalb macht sie für dich vielleicht auch keinen Sinn. Aber ich weiß eine Sache mit Sicherheit: Du bist kein schlechter Mensch, nur jemand dem Schlechtes widerfahren ist."
Er sah mich lange an und drehte sich dann langsam zu mir.
"Ich fürchte das ist vor allem dein Verdienst, Tsuki. Du hast mich zu dem Menschen gemacht, der ich immer sein wollte. Dafür muss ich dir wohl danken", sagte er mit einem kleinen Seufzer. "und ich hätte nie gedacht, dass ich jemals sowas Sentimentales sagen würde", fügte er noch kopfschüttelnd hinzu.
Ich schmunzelte vergnügt.
"Ich find's total süß von dir."
Ich hob meine Hand und strich zaghaft seine vorderste Haarsträhne ein wenig zurück. "Jetzt will ich aber auch einen Kuss", sagte ich mit unschuldiger Stimme und biss betont lasziv auf meine Unterlippe. Zu meinem Erstaunen beugte er sich tatsächlich mit einem kleinen Lächeln zu mir hinüber und küsste mich betont langsam und gefühlvoll. Meine Hände glitten sehnsüchtig in seinen Nacken um ihn näher an mich heran zu ziehen. Ich fühlte mich als würde ich vor lauter Glückseligkeit überschäumen. Es war einer dieser besonderen Augenblicke, die man auf ewig in Gedanken festhalten wollte und gleichzeitig das perfekte Happy End für meinen Webtoon. Doch selbstverständlich endet unsere Geschichte an dieser Stelle noch nicht - im Gegenteil - sie hat gerade erst begonnen und das letzte und bedeutendste Spiel liegt noch immer vor uns:
Das Leben.
ENDE
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Zumindest das offizielle Ende an dieser Stelle. Allerdings habe ich noch einige Bonuskapitel in Planung.
Ich bedanke mich sehr fürs Lesen dieser Geschichte und würde mich, falls ihr es bisher nicht getan habt, sehr über eure Votes und/oder Kommentare freuen. Damit würdet ihr mein Autorenherz wirklich höher schlagen lassen. 😊
Wer von Chishiya und Tsuki immer noch nicht genug hat, dem empfehle ich meine aktuell laufende FF "The Cheshire Cat's Hearts", in der auch wieder Tsuki und Chishiya die Hauptrolle spielen.
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