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Der letzte Wille (5)

Einige Minuten standen wir eng umschlungen im Korridor. Tsuki streichelte sanft über mein Haar und schien geduldig zu warten, bis sich mein Gefühlsausbruch ein wenig gelegt hatte. Die stumme Nähe, die sie mir bot, war genau das, was ich gerade brauchte. Doch das Bewusstsein, dass meine Mutter nun allein mit ihrem sterbenden Ehemann sein würde, ließ mir keine Ruhe. Auch wenn sie mir nie eine richtige Mutter gewesen war, käme es mir falsch vor, sie jetzt im Stich zu lassen. Aber vielleicht waren es auch Vaters Worte, die mich beeinflussten.

Ich löste mich wieder von ihr.

"Alles in Ordnung?", fragte sie mit besorgter Miene.

Auch in ihren Augen glitzerten ein paar Tränen.

"Wir sollten über Nacht hier bleiben", sagte ich leise. "Ich kann Mutter in dieser Situation nicht allein lassen. Nicht jetzt. Vater könnte jeden Augenblick sterben."

Sie nickte verständnisvoll und lächelte dabei.

"Sie wird sich sicherlich freuen, wenn du bleibst."

"Lass uns zurückgehen und es ihr sagen."

Ich war froh, dass Tsuki nicht nachhakte und keinerlei Fragen stellte zu dem Gespräch mit meinem Vater. Sie schien zu bemerken, dass ich die nötige Zeit brauchte, um mich wieder zu sammeln.

Hand in Hand gingen wir die Treppe wieder nach unten. Mutter saß vollkommen verloren auf dem riesigen Sofa und schien völlig in ihre eigenen Gedanken versunken zu sein. Sie wirkte erschöpft, als hätte sie ihre letzte Kraft aufgebraucht, um den Tag durchzustehen. Als sie uns bemerkte, blickte sie auf. Ihr Augen-Make-Up, das sonst tadellos war, war an den Rändern ein wenig verwischt, als hätte sie durchgehend geweint.

"Wie geht es ihm?", fragte sie vorsichtig, als hätte sie Angst vor der Antwort.

"Er schläft jetzt", antwortete ich und setzte mich ihr gegenüber. Tsuki nahm wieder neben mir Platz. "Wir haben geredet. Es lief... ganz gut, schätze ich."

"Oh, Shun", schluchzte sie und zog ein Taschentuch hervor, um sich die Tränen von der Wange zu wischen. "Ich bin so froh, dass ihr gesprochen habt."

"Tsuki und ich, wir haben entschieden, über Nacht hier zu bleiben, für den Fall, dass etwas sein sollte."

Ihre Miene hellte sich ein klein Wenig auf.

"Das wäre...", sie schluckte und wirkte kurzzeitig vollkommen überwältigt von meinem Angebot, "wundervoll. Ihr könnt natürlich so lange hier bleiben, wie ihr wollt. Wir haben noch ein großes Gästezimmer frei."

"Gut", sagte ich inzwischen viel gefasster als zuvor. "Wie sieht es mit der Klinik aus? Wer leitet sie im Moment?"

Sie seufzte und senkte den Kopf.

"Ich. Zumindest habe ich es versucht, aber es wächst mir gerade alles über den Kopf, weshalb ich beschlossen habe, sie vorerst zu schließen. Ich schaffe es einfach nicht alleine. Dein Vater weiß nichts davon und das sollte besser auch so bleiben. Ich möchte nicht, dass er sich in seinem Zustand unnötig aufregt."

Ich nickte zustimmend.

"Ich könnte mich vorübergehend um die Verwaltung kümmern. Meine Chefin hat mich aufgrund der Situation für ein paar Tage von der Arbeit freigestellt. Ich könnte also dabei helfen, dir einen Überblick zu verschaffen, nur so lange, bis du eine neue Leitung gefunden hast", bot ich an.

Mir entging nicht, dass Tsuki mich überrascht von der Seite musterte. Mutter hingegen legte erleichtert ihre Hand aufs Herz.

"Ich wäre dir wirklich unendlich dankbar dafür."

"Aber", warf ich mahnender Stimme ein, "nur weil ich dir helfe, bedeutet das nicht automatisch, dass ich dir vergebe. Doch ich habe Vater versprochen, mich um dich zu kümmern. Auch wenn ich ihm nichts schuldig bin, versuche ich zumindest meinen Teil beizutragen und Verantwortung zu übernehmen."

Mutter nickte langsam, Tränen der Dankbarkeit standen in ihren Augen, aber auch ein Anflug eines schlechten Gewissens flackerte darin auf.

"Ich verstehe, Shun. Es ist genug, dass du überhaupt hier bist und bereit bist zu helfen. Das bedeutet mir mehr, als du denkst."

Auch wenn ich es anfangs noch nicht sehen wollte: Mutter schien sich tatsächlich verändert zu haben. Doch ich war noch nicht bereit für Vergebung. Meine Eltern waren der Grund, warum ich so lange gebraucht hatte, mein Leben in den Griff zu bekommen. Sie waren der Grund, weshalb ich mich lange Zeit innerlich tot gefühlt hatte und verzweifelt nach etwas gesucht hatte, das mein Leben in irgendeiner Form lebenswert machen würde. Und gefunden hatte ich es ausgerechnet an einem Ort, an dem der Tod stets nur einen Wimpernschlag entfernt war: in Borderland. Erst nach 25 Jahren hatte ich erfahren, was es heißt, aufrichtig geliebt zu werden und wie es war, wenn sich jemand um einen sorgte - dank Tsuki.

Mein Blick fiel auf ihre Gestalt neben mir.

Sie war jetzt meine Familie.

Und wenn es sie glücklich machte, dass ich meiner Mutter eine zweite Chance gab, dann würde ich mein Bestes versuchen.

"Ihr zwei habt bestimmt Hunger. Ich könnte was zum Abendessen für uns machen", schlug Mutter vor und war bereits dabei aufzustehen.

Ihr Gesichtsausdruck war jetzt viel unbeschwerter als zuvor, als wäre eine schwere Last von ihren Schultern abgefallen.

"Ich kann helfen", sagte Tsuki bereitwillig und sprang vom Sofa auf.

Während die beiden Frauen also zusammen in der Küche verschwanden, um etwas Essbares zuzubereiten, fing ich an, mich mit Mutters Einverständnis durch die Unterlagen der Klinik im Arbeitszimmer meines Vaters zu kämpfen, damit ich mir schonmal einen groben Überblick verschaffen konnte. Es gab dort zahlreiche Ordner, dicht an dicht, aber Vater hatte alle Dokumente fein säuberlich sortiert und abgeheftet, sodass es leicht war, das Wichtigste schnell zu finden. Verwaltung war etwas, das ich bisher nie gemacht hatte, von der Verwaltung unserer eigenen Finanzen mal abgesehen, doch diese Klinik war eine ganz andere Hausnummer.

Je tiefer ich in die Unterlagen eintauchte, desto mehr Herausforderungen wurden sichtbar. Besonders die finanziellen Aufzeichnungen waren unübersichtlich und es gab mehrere unerwartete Ausgaben, die die finanzielle Stabilität der Klinik gefährdeten.

Ein weiteres Problem war das Personal. Es gab Berichte über Unzufriedenheit unter den Mitarbeitern, die zahlreiche Kündigungen nach sich zogen. Schlüsselpositionen standen offen und es würde schwierig sein, schnell Ersatz zu finden. Viele medizinische Geräte waren stark abgenutzt und einige sogar völlig unbrauchbar. Es gab Berichte über wiederholte technische Ausfälle und die Notwendigkeit häufiger, teurer Reparaturen. Die diagnostischen Geräte waren besonders kritisch und mussten dringend ersetzt werden, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Doch woher sollten diese Mittel kommen?

Ich rieb mir stöhnend die Stirn. Da würde eine Menge Arbeit auf uns zukommen. Offensichtlich war die Blütezeit der Klinik längst vorbei und die Ausgaben waren inzwischen viel höher als die Einnahmen. Und ohne fähiges Personal könnte man den Laden sowieso gleich dicht machen. Vermutlich war es also oberste Priorität, wieder neue Mitarbeiter zu gewinnen, bevor man sich um all die anderen Baustellen kümmern konnte. Vielleicht war es sogar nötig, dass man das Angebot der Schönheitsbehandlungen vorübergehend drastisch senken musste.

Ob mein Vater von der Notlage seiner Klinik wusste? Vermutlich hätte er alleine beim Anblick der Zahlen einen tödlichen Herzinfarkt erlitten.

Waren seine gesundheitlichen Probleme dafür verantwortlich, dass er die Klinik in den letzten Jahren so nachlässig behandelt hatte?

Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken.

"Ja?"

Die Tür öffnete sich und Tsukis Kopf tauchte dahinter auf.

"Das Essen ist fertig, soll ich dir sagen", verkündete sie und sah sich währenddessen neugierig in dem Zimmer um. "Kommst du voran?"

"Frag lieber nicht", sagte ich mit einem schweren Seufzer und schlug den Ordner vor mir zu.

Gemeinsam gingen wir hinunter zum Essen.

Meine Mutter und Tsuki schienen sich erstaunlich gut zu verstehen. Mutter fragte sie gerade über ihr Studium und den Unterricht an ihrer Schule aus, doch, was ich im Arbeitszimmer herausgefunden hatte, beschäftigte mich noch immer.

"Mutter", unterbrach ich ihr angeregtes Gespräch. Sie sah von ihrem Teller auf. "Hast du gewusst, dass die Klinik komplett heruntergewirtschaftet ist?"

Mutter begegnete meinem Blick mit niedergeschmetterter Miene und legte wortlos das Besteck beiseite.

"In letzter Zeit lief es nicht so gut, genauer gesagt seit sich die gesundheitlichen Probleme deines Vaters verschlimmert haben. Ich hab ihm versichert, dass ich mich darum kümmere, aber... ich habe nicht so den Durchblick wie er und neues, kompetentes Personal zu finden, ist auch nicht so leicht."

"Wie lange machst du das schon alleine?"

"Seit fast zwei Jahren, aber dein Vater hat keine Ahnung von der schlechten finanziellen Situation. Es würde seinen Zustand nur noch verschlechtern, also sag es ihm bitte nicht!", flehte sie mich an.

Ich nickte, weil ich ebenfalls der Ansicht war, dass es das Beste wäre, wenn er nichts davon erfuhr.

"Es sieht nicht gut aus, fürchte ich. Ohne qualifizierte Fachkräfte und eine neue Ausrüstung wirst du die Klinik nicht mehr lange halten können."

"Ja, das dachte ich mir schon", seufzte sie betrübt. "Aber ich weiß auch nicht , was ich machen soll. Wir haben kein Geld, um in die Klinik zu investieren. Ich habe so viel in Nichis Pflege gesteckt, dass am Ende nichts mehr übrig war."

Nichi war der Kosename, den sie für meinen Vater verwendete. Sein vollständiger Name lautete Shunichi, weshalb auch mein Rufname mit dem japanischen Kanji für Shun begann. Es bedeutete "talentiert" oder "exzellent" und ist Ausdruck dessen, was meine Eltern schon immer von mir erwartet haben - ein Grund, warum ich diesen Namen nie besonders mochte.

"Wir sollten anfangen einen Plan zu machen, wie wir die Klinik aus dieser Krise rausholen können. Vermutlich wird eine Neueröffnung mit vielen Sparmaßnahmen einher gehen, aber vielleicht wird sie sich so langsam wieder erholen."

Mutter lächelte, wenn auch etwas zu angestrengt.

"Ich bin wirklich froh, dass du mir damit hilfst. Das kann ich nie wieder gutmachen."

Ich versuchte ihr Lächeln zu erwidern, doch es war noch immer nicht leicht für mich, die letzten Jahre einfach auszublenden. Hier mit ihr an einem Tisch zu sitzen, erforderte mehr Überwindung, als ich mir äußerlich anmerken ließ.

Nach dem Abendessen zeigte Mutter uns das Gästezimmer und ließ uns dann etwas Privatsphäre. Ich hatte das Zimmer noch in vager Erinnerung, aber inzwischen war es modernisiert worden. Es war hell und geräumig und besaß ein komfortables Doppelbett. Da die Übernachtung nicht geplant war, borgte sie uns auch etwas Kleidung für die Nacht. Ich bekam einen Pyjama, der meinem Vater gehörte, Tsuki ein viel zu langes, geblümtes Nachthemd von meiner Mutter. Ich konnte mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen, als sie damit aus dem angrenzenden Gästebad kam.

"Wow, heißer Fummel", neckte ich sie, während ich auf dem Bett saß und eines der Bücher durchblätterte, das ich im Nachtschrank gefunden hatte.

Sie verschränkte trotzig die Arme und schürzte die Lippen.

"Denkst du etwa, du siehst besser aus?", konterte sie, wobei ein kleines Lächeln ihre Mundwinkel umspielte.

Ich legte das Buch beiseite. Sanft zog ich sie zu mir heran und legte meine Arme um ihre Taille.

"Hey, ich meine es ernst. Wenn ich dich darin sehe, bekomme ich das starke Bedürfnis, es dir wieder auszuziehen", sagte ich amüsiert und küsste ihre zum Schmollmund verzogenen Lippen. Sie entspannte sich ein wenig und erwiderte den Kuss hingebungsvoll.

Etwas besänftigter ließ sie sich auf meinen Schoß sinken und legte ihren Kopf dann auf meiner Schulter ab. Eine Weile saßen wir einfach nur so da, eingehüllt in die Stille des Raumes. Der Tag war emotional anstrengend gewesen, und es tat gut, einen Moment der Ruhe zu haben.

"Wie fühlst du dich jetzt?", fragte sie leise und hob den Kopf, um mich anzusehen.

Ich seufzte und starrte an die Decke.

„Erschöpft, aber auch... erleichtert. Ich denke, es war gut, dass wir hergekommen sind. Auch wenn es nicht alles heilt, hat es doch etwas in mir gelöst."

Sie nickte verständnisvoll.

"Gib dir ein wenig Zeit! Du kannst nicht erwarten, dass diese Gefühle einfach von heute auf morgen verschwinden."

"Im Moment bin ich mir nicht sicher, ob sie es jemals tun..."

"Wie war es, wieder mit deinem Vater zu sprechen?", fragte sie nun zögerlich und umschloss dabei meine Hand mit ihrer.

Ich schluckte.

"Es war... schwer. Ich hätte nicht erwartet, dass er sowas wie Einsicht zeigen würde."

"Also hat er sich entschuldigt?"

"Sowas in der Art, ja. Er hat davon gesprochen, dass er nicht will, dass ich seine Fehler wiederhole und er sich für mich nur wünscht, dass ich glücklich bin."

"Das klingt doch... gut, oder nicht?"

"Früher hat er nie so geredet und irgendwie fällt es mir noch schwer das zu glauben."

"Vielleicht hat ihn seine Krankheit wirklich zum Nachdenken gebracht", sagte Tsuki sanft und drückte meine Hand. "Ich meine, manchmal muss man auch erst den falschen Weg gehen, um den Richtigen zu finden."

Ich lachte leise und runzelte die Stirn.

"Stand das in einem Glückskeks?"

"In meinem Kalender. Und der lügt nie", sagte sie voller Überzeugung.

"Verstehe", sagte ich mit einem kleinen Lächeln. Doch dann wurde ich wieder ernster. "Weißt du, ich habe oft darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn wir uns eines Tages aussprechen würden. Aber jetzt, wo es tatsächlich passiert ist, fühlt es sich... surreal an."

„Das kann ich verstehen", sagte Tsuki und legte ihre Arme tröstlich um meinen Nacken. "Aber es ist ein Anfang, Chishi."

Ich legte meine Stirn gegen ihre und atmete tief ein.

"Danke, Tsuki, dass du mich dazu ermuntert hast, herzukommen."

Sie grinste verschmitzt.

"Was würdest du nur ohne mich tun?", sagte sie und fuhr sich mit gespielter Selbstgefälligkeit durch die Haare.

Ich lächelte leicht.

"Glaub mir, das habe ich mich schon öfters gefragt. Vermutlich wäre ich dann wirklich nicht mehr weit davon entfernt so zu werden, wie mein Vater. Früher hätte ich das nie zugegeben, aber ich bin ihm ähnlicher, als ich immer dachte. Aber vielleicht hast du mich ja davor bewahrt so zu werden."

"Naaaww, das ist so süß", quietschte sie und drückte sich so energisch an mich, dass ich das Gleichgewicht verlor und wir zusammen rücklings auf der Matratze landeten.

"Okay, ich nehme alles zurück", stieß ich ächzend hervor, als sie mich mit ihrem gesamten Gewicht niederdrückte.

"Zurücknehmen geht nicht. Das werde ich dich nieee mehr vergessen lassen! Du bist mir jetzt was schuldig, Chishi", frohlockte sie und küsste mich spielerisch auf die Wange.

"Und was genau wäre das?"

Ihr Lächeln wurde plötzlich durchtriebener.

"Das sag ich dir lieber ein anderes Mal. Das sollte ich hier nicht laut aussprechen...", sagte sie in übertriebenen Flüsterton.

Ich hob erstaunt die Brauen.

"Oh, also was Unanständiges."

Sie kicherte und wurde ein wenig rot.

"Vielleicht."

"Jetzt hast du mich neugierig gemacht. Sag schon! Was schulde ich dir?"

Ich knuffte sie etwas in die Seite, doch sie schüttelte nur vehement den Kopf. Ich zog ihr Gesicht an mich heran.

"Flüster es mir ins Ohr", raunte ich leise.

Sie schien kurz nachzudenken. Dann beugte sie sich tatsächlich hinab ganz dicht an mein Ohr.

"Einen Cunnilingus."

Ich schnaubte, aber weniger wegen ihrer Antwort, als wegen ihrer gewählten Ausdrucksweise.

"Deine Eloquenz törnt mich schon ein wenig an", musste ich gestehen.

"Billigen Dirty Talk kann ja jeder."

"Du meinst Verbalerotik", korrigierte ich sie schmunzelnd. "Aber ich löse meine Schuld natürlich ein. Nicht hier und nicht heute, aber bald."

Sie kicherte verlegen. Dann sah sie mich sanft an.

"Es ist schön, dich so zu sehen", sagte sie und strich mir ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. "Du wirkst entspannter, trotz allem, was heute passiert ist."

"Das bin ich. Aber jetzt lass uns schlafen. Morgen haben wir einiges vor uns."

Sie nickte.

"Schlafen klingt nach einer guten Idee."

Nachdem wir das Licht gelöscht hatten, legten wir uns ins Bett und kuschelten uns aneinander. Die Ereignisse des Tages hallten noch lange in mir nach, aber Tsukis Nähe gab mir die nötige Ruhe, um schließlich in einen erholsamen Schlaf zu fallen.

Am nächsten Tag, gleich nach dem Frühstück gingen wir in Vaters Arbeitszimmer, wo die Unterlagen der Klinik noch immer vertreut auf dem Schreibtisch ausgebreitet waren. Tsuki hatte angeboten ebenfalls zu helfen und so arbeiteten wir uns Stück für Stück durch den Papierkram.

Ich besprach die nächsten relevanten Schritte mit meiner Mutter, während Tsuki alles fein säuberlich protokollierte. Wir versuchten uns zu überlegen, wie wir eine größere Reichweite für die Stellenanzeigen erreichen konnten und welche Behandlungen aus dem Angebot gestrichen werden konnten, ohne größere Verluste zu erleiden.

Die Arbeit war anstrengend, aber ich fühlte mich motiviert und entschlossen genug, die Klinik wieder auf Kurs zu bringen: das Lebenswerk meines Vaters - das ich eins so verachtet hatte und nun versuchte mit allen Mitteln vor dem Ruin zu bewahren. Früher hätte ich alles getan, um mich da herauszuwinden. Jetzt betrachtete ich es als Herausforderung.

Erst gegen Mittag legten wir eine kleine Erholungspause ein. Mutter bot an Essen zu machen, doch diesmal lehnte sie Tsukis Angbot mitzuhelfen ab.

"Ich schaffe das schon. Geht in den Garten und genießt die Sonne ein wenig. Ihr habt mir schon genug geholfen", sagte sie und schloss dann die Küchentür hinter sich.

"Ich schätze dann sollten wir das wohl tun", sagte ich schulterzuckend.

Zusammen traten wir vors Haus. Draußen war es tatsächlich angenehm. Es war weder zu warm, noch zu kalt und am Himmel waren ein paar fluffige Schäfchenwolken zu sehen.

Der Weg führte uns zu dem großen Teich. Tsuki ging sofort in die Hocke und beobachtete fasziniert die schwimmenden Koikarpfen, deren Schuppen anmutig durch die Wasseroberfläche schillerten.

"Die sind ja so knuffig", rief sie vergnügt und tauchte ihren Finger in das Wasser. Sofort bildete sich ein kleiner Fischschwarm am Rande des Beckens, der gierig versuchte an Tsukis Finger zu saugen.

"Pass nur auf! Die sind sehr bissig", sagte ich belustigt, als ich dabei zusah, wie einer ihren Finger schon fast im Schlund hatte.

Tsuki blinzelte mich an und zog ihren Finger schnell zurück.

Ich lachte.

"Keine Angst. Die können nicht beißen."

"Hey, das war nicht nett", schimpfte sie und langte dann wieder ins Wasser, um einen der Kois am Kopf zu streicheln.

"Entschuldige, aber ich konnte nicht widerstehen."

Ich blickte in den Teich und beobachtete eine Weile wie die orangefarbenen Fische sich wieder um Tsuki scharten, in der Hoffnung auf etwas zu Fressen.

"König Kio scheint schon das Zeitliche gesegnet zu haben", stellte ich nach einiger Zeit fest.

Tsuki runzelte die Stirn und starrte mich an, als hätte ich den Verstand verloren.

"König Kio?"

Ich nickte und hockte mich dann neben sie.

"Der König der Koikarpfen, zumindest in diesem Teich. Er war riesig, der größte Koi, den ich je gesehen habe."

"Und du hast ihn Kio genannt? Einfallsreich."

Sie unterdrückte sich ein Grinsen.

"Zu meiner Verteidigung: ich war erst 8."

"Oh, dann hast du auf dem Foto oben im Korridor nach Kio gesucht?"

"Wahrscheinlich. Sie hatten alle Namen, aber ich erinnere mich nur noch an Kio und an Ki-chan. Das war der Kleinste von ihnen."

Sie schnaubte amüsiert.

"Was du nicht sagst. Ich wusste gar nicht, dass du so eine enge Beziehung zu Koikarpfen hast."

"Immerhin konnte man mit ihnen reden. Das war mehr als meine Eltern je getan haben. Und sie haben wenigstens nicht widersprochen."

Eigentlich hatte ich die Stimmung auflockern wollen, doch anhand Tsukis mitleidiger Miene erkannte ich, dass ich eher das Gegenteil erreicht hatte.

"Chishi...", murmelte sie leise.

Ich wollte gerade den Mund öffnen, da hörte ich eine Stimme aus dem Haus dringen. Mutters Stimme.

"Shun, bitte, komm her! Es geht ihm nicht gut." Ich wandte mich um und sah Mutter völlig aufgelöst aus dem Haus heraus stürmen. "Du musst ihm helfen."

Ihr Gesicht war panisch und Tränen sammelten sich in ihren Augen. Ich nickte und rannte sofort nach oben.

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