Chapter Twenty-one
Vorsichtig blinzelnd öffnete Taeyong seine Augen. Er versuchte, etwas zu sagen, scheiterte jedoch und es kam nur ein leises Krächzen heraus.
»Trink das.« Jaehyuns Stimme erklang einige Zentimeter hinter ihm.
Jaehyun saß hinter ihm an einen Baum gelehnt und Taeyong lag an seinen Oberkörper gelehnt in weichem Moos.
»Was ist passiert?«, fragte Taeyong, bevor er aus der Wasserflasche trank, die Jaehyun ihm vor die Nase gehalten hatte.
»Das Mädchen aus Distrikt 11 hat dich angegriffen.« Augenblicklich kamen die Erinnerungen zurück. »Du hast Glück, dass du keine schlimme Kopfverletzung hast. Dafür hast du böse Kratzer auf deinen Schulterblättern und vereinzelt auf deinem Rücken.«
»Du hast mich ausgezogen?«
»Das habe ich nie gesagt.«
»Wie sonst hättest du die Verletzungen sehen können? Und warum liege ich nicht am Boden, sondern an dich gelehnt?«
»Wenn du am Bauch liegen würdest, würdest du dir vielleicht den Nacken verletzen und am Rücken sind deine Wunden. Deshalb dachte ich, dass ist für dich am angenehmsten.«
Tatsächlich war das gut durchdacht und Taeyong konnte keine Argumente finden, die dagegen sprachen. »Das ist trotzdem kein Grund, mich auszuziehen... Perversling.«
Jaehyun lachte und verschloss die Wasserflasche für ihn. »Ich weiß nicht, wie man offene Wunden behandelt, außer Schnitt- oder Stichwunden, deshalb wollte ich warten, bis du aufwachst.«
»In Ordnung. Eines der Fläschchen mit Medizin ist gegen offene Wunden. Es desinfiziert auch gleichzeitig, damit sich die Wunde nicht entzünden kann.« Taeyong zog sich aus und legte sich oberkörperfrei auf den Bauch in das weiche Moos, ohne auf Jaehyun zu achten.
Taeyong wusste nicht, wie viele Wunden sich auf seinem Rücken befanden, oder wie groß diese waren. Das einzige was er wusste, war dass sich sein Rücken anfühlte, als wäre ihm seine Haut abgezogen worden.
»Man braucht einen kleinen Stofffetzen, den man dann mit ein bisschen der Medizin betropft. Den Stoff mit der Medizin tupfst du dann vorsichtig auf die Wunden«, diktierte Taeyong.
Jaehyun schnitt sich mit einem seinem Messer die linke Hosentasche aus der Hose. »Hosentaschen sind in dieser Arena überbewertet.«
Dann fing er an, mit der Flüssigkeit, auf die Taeyong in dem Stofftäschchen gezeigt hatte, auf dem Stoff seine Wunden zu reinigen.
Taeyong verbiss sich ein schmerzerfülltes Zischen. »Ich sagte vorsichtig.«
Kurz darauf traf der Stoff mit der Medizin bedachter auf seiner Haut auf.
»Wie lange war ich ohnmächtig...?«, fragte Taeyong, um sich vom Brennen des Desinfektionsmittels abzulenken.
»Eine Stunde.« Sanft betupfte er weiter mit einer Hand die Wunden, während seine andere auf seinem unteren Rücken lag. »Möchtest du mir auch irgendwann einmal erzählen, was du den Spielmachern gezeigt hast, um eine 1 in der Bewertung zu bekommen?«, wechselte Jaehyun das Thema.
»Nein.«
Sofort spürte er einen kurzen und starken Schmerz, als Jaehyun zu fest auf eine seiner Wunden drückte.
»Du Sadist! Das tat weh«, fauchte Taeyong, aber Jaehyun lachte nur.
»Ich bin fertig.« Jaehyun gab Taeyong sein Shirt und die Jacke, während er sich aufsetzte.
»Danke«, sagte Taeyong leise und zog sich an und trank einige Schlucke Wasser. »Gehen wir weiter?«
Jaehyun nickte. »Ich trage deinen Rucksack.«
Gemeinsam gingen sie einen Feldweg entlang, der neben dem Bach verlief. Jaehyun trug Taeyongs Rucksack in der Hand und sie gingen in langsamen Tempo, wegen der Wunden auf Taeyongs Rücken.
»Jaehyun?«, fragte Taeyong nach einiger Zeit, in der sie schweigend nebeneinander gegangen waren.
Jaehyun sah auf und gab ihm einen fragenden Blick, offensichtlich zu erschöpft, um etwas zu sagen, was ein wenig überflüssig war, wenn Taeyong die Frage sowieso stellte, sobald er wusste, dass Jaehyun ihm zuhörte.
»Ich weiß, du hast schon viele Menschen umgebracht, aber ich kam erst jetzt auf die Idee, dich das zu fragen.«
»Mich was zu fragen?«
Taeyong schien zu überlegen, wie er seine Worte formulieren konnte. »Wenn du jemanden umbringst... hast du danach keine Schuldgefühle?«
»Nein.«
Mit einem überraschten Blick betrachtete Taeyong ihn. Er hatte nicht mit dieser Antwort gerechnet. Die meisten Karrieros hatten kein Gewissen und dachten nicht viel über Dinge nach, das hatte Taeyong in den letzten Jahren bewiesen bekommen, wenn sie nur den Gedanken daran hatten, zu gewinnen und andere zu töten. Taeyongs Meinung nach waren sogut wie alle strohdumm.
Aber Jaehyun war nicht dumm. Das hatte Taeyong in den letzten Tagen mitbekommen. Er dachte über Dinge nach, gab verschiedene Meinungen dazu und merkte sich die verschiedenen Pflanzenarten schnell, die Taeyong ihm zeigte und hatte ihm das Leben gerettet. Er hatte ganz bestimmt die Fähigkeit, vielseitig zu denken und somit zu wissen, was es hieß, einen anderen Menschen zu töten.
»Warum nicht?«, fragte Taeyong, noch immer verwirrt.
»Warum sollte ich?«
»Ich sagte nie, dass du es solltest.«
Jaehyun brach den Blickkontakt ab und sah an Taeyong vorbei, auf das Feld. »Ich fühle mich nicht schuldig. Natürlich ist es meine Schuld, wenn ich jemanden töte, aber Schuld an etwas zu sein und sich schuldig zu fühlen, ist etwas komplett anderes. Und schließlich ist es nicht mein Problem.«
»Was meinst du?«
»Wenn ich jemanden töte, wird es wohl eher das Problem der Person sein, die ich getötet habe, als das meine.«
»Da hast du recht. Aber es kann zu deinem Problem werden, wenn du außerhalb dieser Spiele die falschen Leute umbringst.«
Einige Sekunden herrschte Schweigen und Jaehyun schien ihm hierbei zuzustimmen.
»Hast du schon einmal jemanden umgebracht?«, fragte Jaehyun.
»Wieso fragst du?«
»Man kann nie wissen. Ist das ein Ja?«
»Ja.«
»Wer war es?« Jaehyun wirkte in keiner Weise überrascht, was Taeyong verwirrte und ihn sich wieder einmal fragen ließ, was in Jaehyuns Kopf eigentlich passierte.
»Eine Pflegerin im Waisenhaus. Ich habe dafür gesorgt, dass Eisenhut statt Veilchen in ihrem Tee war. Niemand hat es je erfahren. Wahrscheinlich erfahren sie es jetzt, da die ganzen Spiele gefilmt werden, ich gehe aber sowieso nicht davon aus, dass ich zurückkehre. Wenn ich darüber nachdenke, fühle ich mich schlecht, obwohl wir uns gegenseitig verabscheut haben und sie es nicht anders verdient hat.«
»Wie lange ist es her?«
»Vier Jahre, glaube ich.«
Nach diesem Satz war das Thema beendet und es wurde auch nicht mehr angesprochen, während sie noch immer durch die öde Feldlandschaft gingen und noch einmal ihre Wasserflaschen auffüllten, bevor sie wieder in den Norden gingen und den kleinen Bach hinter sich ließen. Die Landschaft veränderte sich dadurch zwar nicht, aber es fühlte sich dennoch anders an, wenn man den Bach nicht neben sich fließen hörte.
Es dämmerte, als sie sich einen Schlafplatz im hohen Korn suchten. Sie aßen und tranken ein wenig, am Weg hatten sie auch Heidelbeeren gefunden, von denen sie ebenfalls ein paar aßen und die restlichen für den nächsten Morgen aufhoben.
»Wie sind deine Eltern gestorben?«, fragte Jaehyun, als die Sonne untergegangen war und man nur noch das immer schwächer werdende letzte Licht der Sonne sah.
»Mein Vater ist bei den Bergbauarbeiten gestorben. Drei Jahre später meine Mutter. Sie war krank.«
Sie schwiegen.
»Wo hast du den Umgang mit Pflanzen gelernt?«
»In der Bibliothek im Keller des Waisenhauses. Die einzige in Distrikt 12, aber die wenigsten, außer die Angestellten im Waisenhaus, wissen davon, die Hälfte der Bücher fällt schon fast auseinander, so alt wie sie sind. Und ich war sehr oft hinter dem Zaun im Wald.«
Jaehyun nickte.
Die Hymne von Panem erklang und nach und nach wurden wieder die Gesichter der gestorbenen Tribute gezeigt, dieses Mal war Brahmi unter ihnen.
Sie redeten nicht mehr miteinander und legten sich nur noch ein wenig abseits voneinander auf die weiche Erde, um zu schlafen.
Taeyong wusste nicht, warum er so viel aus seinem Leben Jaehyun anvertraut hatte. Er war ein Fremder, ein anderer Tribut, der ihn umbringen könnte, bevor Taeyong seinen eigenen Namen auch nur denken könnte. Dennoch erzählte er es ihm.
Es vergingen nur wenige Augenblicke, bis Taeyong spürte, wie Jaehyun neben ihn gekrochen kam und ihn in seine Arme und an seinen Körper zog. Hinter Taeyong hielt er ein Messer locker in der Hand.
»Was soll das?«, fragte Taeyong und seine Stimme klang genervter, als er beabsichtigt hatte.
»Mir ist kalt.«
Nach einigem Zögern schlang Taeyong seine Arme um Jaehyun. Sein Atmen wurde regelmäßiger, sein Herzschlag jedoch kräftiger, als er Jaehyuns tiefe Atemzüge an seiner eigenen Brust spürte und seinen leisen Atmen, der sanft durch seine Haare blies.
»Dass du ein Messer in der Hand hinter meinem Rücken hälst, beruhigt mich nicht besonders...«, murmelte Taeyong im Halbschlaf, er konnte sich fast nicht mehr selbst verstehen, so müde war er.
»Du kannst mir vertrauen...«, kam Jaehyuns leise Antwort zurück.
– – – – –
Soviel zum Updaten– hab ich das beim vorigen Kapitel auch geschrieben? haha wie lustig, da sehe ich, wie wenig ich update lmaooo
Aber ich bin jetzt wieder zu Hause, dass heißt, ich werde mehr Gedanken ans Updaten haben :DD
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro