Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

Mixtape Side A - [Promise]

Guten Abend ihr Herzen,
heute gibt es nicht viele Worte von mir als Vorrede, dann das Kapitel spricht wirklich für sich selbst. Es ist sehr traurig. Das traurigste, was ich bisher jemals geschrieben habe. Bitte seid euch dem bewusst, bevor ihr anfangt zu lesen. Wenn es euch heute ohnehin nicht so gut geht, dann verschiebt es vielleicht besser auf einen anderen Tag.
Ansonsten haltet die Taschentücher bereit und willkommen bei unserem letzten Track unseres Mixtapes Side A.
Hört euch bitte Jimins - Promise dazu an. Es gehört einfach dazu.
Ich drücke euch ganz fest,
eure V

____________________________________________________________

[kapitel 9] mixtape side a – promise

Silvester stellt Yoongis letztes Aufeinandertreffen mit Park Jimin dar.

Sie haben danach noch mehrfach miteinander geredet, klar. Telefoniert sogar und nicht nur geschrieben. Nur gesehen haben sie sich nie mehr.

Yoongi hat auch noch einmal mit Namjoon gesprochen, der weiterhin der festen Überzeugung ist, dass sich vermeintliche Affäre mit Taehyung nicht ausgedacht wurde. Er hat die Beiden nie miteinander gesehen, aber es verweigert sich seiner Vorstellung, dass er während seiner Freundschaft mit Jimin so verblendet war, dass er nicht mal mehr hatte erkennen können, was von Jimins Worten, nur ein Gebilde seiner Fantasie ist und was tatsächlich die Realität darstellt. Kim Namjoon möchte daran festhalten, dass er seinen besten Freund besser gekannt habe. Und auch daran festhalten, dass Jimin ihn nicht angelogen hätte, nur ihm zu beeindrucken. Dass er ihn gar niemals angelogen hätte. Aber genau daran möchte Yoongi auch festhalten. Nur dass beide Äußerungen so konträr zueinanderstehen, dass einer von ihnen es tun muss. Loslassen.

Namjoon erklärt, dass er sich für Jimin gefreut habe, als dieser erzählte, dass er und Yoongi sich nähergekommen seien. Nur weil eine monogame Beziehung nichts für ihn ist, könne er doch trotzdem anerkennen, wenn sie für jemand anderen alles ist.

Es vergehen ein paar Tage, ohne dass sie in ihrer verzwickten Situation merkliche Fortschritte verzeichnen können. Zwei Parteien, die renitent ihre eigene Position verteidigen und Yoongi, der nicht weiß, wem er glauben soll. Deswegen überlegen sie ein Dreiergespräch zu führen, über Skype und in der Hoffnung, dass so die leidliche Story zwischen ihnen endgültig aus der Welt geschafft werden kann. Yoongi ist versucht dem Vorschlag zuzustimmen, aber er hat Angst vor der Konfrontation. Park Jimin lässt Stellen in seinem Körper schmerzen, die er nie zuvor gespürt hat. Lassen sich Dispositionen übertragen, wenn zwei Herzen sich vorher berührt haben? Tut es deswegen so weh? Und bedeutet das auch, dass Jimin sich immer so fühlt? Schließlich kann Yoongi seine Zweifel bekämpfen und stimmt der antizipierten Aussprache zu.

Die Erwartungen sind hoch, vor allen Dingen die Hoffnung. Doch die Realität ist so ernüchternd, wie ein Eimer kaltes Wasser, der am Morgen jegliche Träume kategorisch vertreibt. Was folgt ist kein schönes Gespräch. Jimin und Namjoon beleidigen sich gegenseitig unaufhörlich. Um ehrlich zu sein, hat Jimin bereits mit einer Diskreditierung die Konversation eröffnet. Und Namjoon, der ohnehin noch zu aufgewühlt davon ist, dass ihm der schwarze Peter zugeschoben werden soll, lässt sich auf die provokante Debatte anstandslos ein.

Yoongi seufzt und lauscht schweigend den bitteren Worten, die zwischen den beiden Kontrahenten ausgetauscht werden wie Punchingbälle. Es werden viele alte Verletzungen und Kränkungen entstaubt, die zwar augenscheinlich verziehen, aber nie vergessen wurden. Allem davon kann Yoongi nicht folgen. Ein paar der Geschichten hat ihn Jimin jedoch schon erzählt.

Das Resultat aus alle dem: Es gibt keines.

Zumindest für Yoongi. Jimin hält an der Erklärung fest, dass zwischen ihm und Taehyung nie mehr war als Freundschaft – und Namjoon hält ebenso robust dagegen. Die beiden ehemals besten Freunde finden endlich Konsens in der Konsequenz, dass ihre Beziehung mit diesen oppositionellen Einstellungen nicht weitergeführt werden kann und sie ab jetzt getrennte Wege gehen werden. Für Jimin ist der Schritt längst überfällig, der ewige Wettstreit mit Namjoon habe ihn ohnehin seit Jahren unnötig belastet. Dessen destruktiven Ansichten der Welt seien verbohrt und engstirnig und man könne einfach nicht mit gesundem Menschenverstand rechnen, wenn der andere mal wieder seinen Mund für seine dystopischen Weissagungen öffne. Und egal, wie viel in diesem Gespräch bis dahin gelogen wurde, die Empörung in Namjoons Reaktion ist echt. Er bezeichnet Jimin als undankbaren Heuchler, der immer nur von seinem Erfolg, seiner Karriere, seinen Bekanntschaften und Freunden profitiert hat. Wie ein Parasit. Ein elender Parasit, den er froh ist, endlich abschütteln zu können.

Damit endet das Gespräch für sie drei.

Yoongi ist keinen Schritt damit weitergekommen, was er denn jetzt eigentlich selbst über die Sache denkt. Alles was er weiß ist, dass es weh tut, wenn die Hoffnung stirbt. Und ihre letzten schweren Atemzüge verheißen schon, dass sich eine Reanimation in diesem Fall kaum noch lohnen wird. Yoongi versucht sich an den Fakten festzuklammern:

Park Jimin hat ihn verletzt, weil er ihn angelogen hat (vielleicht). Park Jimin hat ihn verletzt, weil er mit seinem Mitbewohner geschlafen hat (vielleicht). Park Jimin hat ihn verletzt, weil er während der kostbaren und raren Zeit, die er bei Yoongi verbracht hat, viel zu oft mit seinem Handy beschäftigt war, um mit eben jenem Taehyung zu schreiben (definitiv). Park Jimin hat ihn verletzt, weil er nicht den Mut aufbringen konnte vor Namjoon, seinem besten Freund, offen zu Yoongi zu stehen (definitiv). Park Jimin hat ihn verletzt, weil er ihm unfaire Vorwürfe an den Kopf geworfen hat (definitiv). Park Jimin hat ihn verletzt, weil er ihm nicht alles erzählt hat, während Yoongi ihm sein ganzes Herz zu Füßen gelegt hat (definitiv) (vielleicht).

Sie helfen ihm nicht weiter.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

In den kommenden Wochen geht es Yoongi nicht besonders gut. Park Jimin schreibt ihm viele Nachrichten, in denen er darum bittet, dass Yoongi ihm verzeiht und noch eine weitere Chance einräumt. Er schickt minutenlange Sprachnachrichten, denen Yoongi kaum zuhören kann, ohne das Gefühl zu haben, dass er jeden Moment seinen Verstand verliert. Jimin spricht davon, wie gut ihm die Zeit mit Yoongi getan hat. Und wie unfair Namjoon ist, wie egoistisch er schon immer war. Immer nur nimmt und Jimin selbst nichts gönnt.

Als Yoongi nicht mehr zuhören kann (wirklich, er schafft es einfach nicht mehr), antwortet er folgendes:

[Yoongi]
Jimin, bitte frag dich auch mal Folgendes: Du sprichst minutenlang darüber, wie viel ich dir gegeben habe. Wie lang kannst du darüber sprechen, was du mir Positives gegeben hast?

Es dauert lange, bis sein Handy mit der nächsten Nachricht aufblinkt.

[Jimin]
Ich habe dir bis jetzt wohl kaum ein positives Gefühl gegeben...Vielleicht ganz am Anfang, als wir uns kennengelernt haben und ich dir Sicherheit und Liebe schenken konnte und Nähe und ein offenes Ohr. Zurzeit sind leider auch viele negative Sachen da und viele Probleme und vieles, was einen aus der Vergangenheit wieder einholt. Aber ich will dir zeigen, dass ich kein hoffnungsloser Fall bin, dass ich nicht nur sage: jaja, mach ich, sondern dass ich wirklich mit mir kämpfe und dir zeigen kann, dass ich mich bessere. Für uns. Und ich würde bei jedem kleinen Wort für dich sofort in den Zug steigen und zu dir fahren, um für dich da zu sein.

Yoongi kann keine Emotionen in seine Antwort legen. Da sind einfach keine mehr übrig. Er selbst fehlt sich auch ein bisschen.

[Yoongi]
Jimin, überleg mal, wie es dir gerade geht und sei mal ehrlich bzw. realistisch – du hast momentan überhaupt keine Ressourcen mehr dafür übrig, um mich für dich da zu sein. Du musst dich um dich selbst kümmern.

[Jimin]
Doch, die habe ich und wenn es mich zerreißen und umbringen würde.

[Yoongi]
Und damit ist dann im Nachhinein wem geholfen?

[Jimin]
Ich werde es schaffen, weil mir das mit dir und mir das Wert ist, dass ich alles nur Menschenmögliche gebe. Wenn du mir hilfst, dann schaffen wir es, das zusammen hinzukriegen. Es ist halt keine Sache, die ich einfach komplett alleine schaffen könnte, weil es in einer Beziehung geht es immer darum, dass Beide an einem Strang ziehen und es gemeinsam schaffen.

Yoongis Herz verzieht sich bei dem Wort Beziehung schmerzhaft zusammen. Sie haben nie darüber gesprochen und plötzlich ist es da. Es sollte nicht in so einem hoffnungslosen Kontext verwendet werden. Eine Beziehung sollte Licht bringen. Aber Yoongi weiß nicht, ob es dafür wirklich vorher so dunkel sein muss.

Jimin schreibt weiter, bevor er sich für eine der tausenden Antwortmöglichkeiten entscheiden kann.

[Jimin]
Aber vielleicht wolltest du mir aber auch eben einfach zu verstehen geben, dass ich das nicht schaffen kann und erst meine Probleme und mein Leben in den Griff kriegen sollte, bevor wir über ein uns sprechen können. Ist es das, was du mir damit zu verstehen geben wolltest?

[Yoongi]
Ich hatte auch jahrelang Probleme mit mir selbst, Jimin. Du kämpfst mit deinem Kopf und ich kämpfe mit meinen eigenen Dämonen. Ich schätze es wert, dass du für mich da sein willst. Wirklich. Aber ich glaube, ich bin da etwas realistischer als du. Ich brauche momentan vor allen Dingen Ruhe. Einfach nur Ruhe. Um mich selbst mal runterzubringen, denn ich laufe seit du weg bist, die ganze Zeit auf Anschlag und das geht so nicht. Und ich will, dass wir uns selbst die Zeit geben, Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und zu bewerten. Zeit geben, um Lösungsvorschläge zu durchdenken. Zeit, um uns selbst und vielleicht auch gegenseitig zu verzeihen. Wir haben uns gegenseitig verletzt.

[Jimin]
Ich denke, dass du mir fucking wichtig bist und ich laufe seit dem 1. Januar nur auf und ab, egal wo ich bin. Und das ist nun mal so. Aber ich bringe dich nur dazu, noch mehr zu schreiben und noch mehr zu reden, obwohl du um deine Ruhe bittest und das tut mir leid. Ich kann es nur einfach nicht ertragen, wenn du traurig bist.

Ironisch, denkt Yoongi für sich, denn er kann sich kaum noch daran erinnern, wann er sich das letzte Mal nicht traurig gefühlt hat. Es ist seine Disposition, er wurde mit diesem Gefühl geboren. Und Jimin... ja, Jimin hat die Emotion in ein neues Extrem getrieben.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

In den nächsten Tagen telefonieren und schreiben sie weiter. Ignorieren Yoongis Wunsch und auch die Absicht dahinter, vielleicht sogar die Notwendigkeit. Sie kommen nicht weiter, aber auch nicht voran und vor allen Dingen nicht näher aufeinander zu.

Yoongi spricht auch mit Jin über seine Situation und darüber, wie es ihm gerade geht. Er verbringt mehr Zeit als gewöhnlich in der Radiostation. Seit Jimin nicht mehr da ist, fühlt sich seine Wohnung ohnehin an wie ein leerer Dauerzustand. Manchmal möchte er einfach nicht nach Hause, um diesem Gefühl nicht begegnen zu müssen.

Yoongi weiß nicht, wie er den Schmerz ertragen soll, den Park Jimin in ihm auslöst. Dabei kann er sich gar nicht entscheiden, was mehr weh tut. Seine Lügen – oder seine Abwesenheit.

Yoongi verfällt in alte Verhaltensmuster. Erwischt sich oftmals selbst dabei, wie er durch ehemalige Kontakte in seinem Handy scrollt. Es geht so weit, dass er sogar ein paar Nachrichten verschickt und Treffen mit vergangenen Liebhabern vereinbart, zu denen er eigentlich gar nicht hingehen will. Die meisten davon sagt er im letzten Moment wieder ab. Fühlt sich dabei beschissen, weil die Person auf der anderen Seite sich schon wieder Hoffnungen wegen ihm gemacht hat und Min Yoongi nichts anderes damit getan hat, als erneut zu beweisen, was für ein Arschloch er ist.

An einem Treffen nimmt er schließlich teil, weil er sich einredet, dass es die Situation auch nicht schlimmer macht. Aber seine Verabredung macht es auch nicht besser. Yoongis Disposition zur Traurigkeit hat sich erneut omnipräsent in seinem Organismus ausgebreitet und nichts und niemand ist in der Lage dazu, das Gefühl aus ihm heraus zu treiben. Niemand, außer Yoongi selbst. Aber das hat er vergessen, als er sich mit dem Kerl getroffen hat. Nach ein bisschen Geknutsche sind nicht mal mehr sonderlich viele Worte gewechselt wurden. Heute erinnert sich Yoongi kaum noch an seinem Namen. Er tut ihm leid, weil der andere es vielleicht ernst mit ihm gemeint hat. Oder es zumindest hätte ernst meinen können. Aber Yoongi meint nichts ernst, außer vielleicht die Sache mit Park Jimin. Und seine Disposition zur Traurigkeit. Die nimmt er vielleicht sogar ein bisschen zu ernst. Zumindest verkriecht er sich schutzlos in ihr und vermisst ihn.

Er vermisst Park Jimin pausenlos.

Aber es macht ihm auch Angst, was sie sich gegenseitig antun und was sie auseinander machen. Auch Jimin geht es zurzeit nicht gut. Yoongi kann es anhand seiner immer verzweifelt werdender Nachrichten erkennen. Wenn Liebe bewirkt, dass sich zwei Menschen wegen einander so fühlen, wofür ist Liebe dann überhaupt noch gut?

Nach einer weiteren schlaflosen Nacht, in dem ihm nur die traurigsten Songs durch seine Schicht in der Radiostation begleitet haben, holt ihn Jin aus dem Radiosender ab, obwohl heute sein freier Tag ist. Er erklärt, dass er Yoongi nun auf eine heiße Suppe einladen wird, weil er sein Hyung ist. Und weil sie miteinander reden müssen, weil es so nicht weitergehen kann. Yoongi weiß das. Aber eine Entscheidung zu treffen ist manchmal einfach viel zu schwer.

Nach dem Gespräch ist klar, dass es nicht der richtige Zeitpunkt für die beiden sein kann. Jin ist so herzensgutaufrichtig um Yoongi besorgt, hat ihn lange nicht mehr so erlebt. Und Yoongi kann ihm nur stumm zustimmen, er selbst erkennt sich auch kaum wieder. Erkennt im Spiegel eine frühere Version seiner Selbst. Eine, die er glaubte überwunden zu haben und eine, die er nie wiedersehen wollte.

Jin fragt ihn, wie er plant Park Jimin retten zu können, wenn er selbst immer weiter in seinen Schatten versinkt. Wenn beide nicht schwimmen können, können sie sich auch nicht gegenseitig vor dem Ertrinken retten. Egal, wie groß der Wille dahinter ist. Egal, wie groß das Herz füreinander ist.

Yoongi weint viel.

Und als er am Abend die alles entscheidende Nachricht tippt, kann er seinen Bildschirm vor lauter Tränen kaum noch sehen:

[Yoongi]
Hey du, wie du sicher weißt, habe ich in den letzten Tagen nicht viel anderes gemacht, als einfach dauerhaft nachgedacht und versucht, die Situation aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Leider komme ich, egal wie viel ich grüble, zu keinem eindeutigen Ergebnis. Und trotzdem, wenn ich die letzten Wochen und vielleicht sogar Monate im Gesamten betrachte, muss ich leider feststellen, dass es mir insgesamt viel öfter und viel schlechter ging als in der Zeit davor. Ich habe dich wirklich so lieb, Park Jimin, und genau das macht es so schwer, denn ich denke nicht, dass unsere Zuneigung füreinander momentan positive Auswirkungen auf uns hat. Wir sind kompliziert und verhaken uns ineinander und beim Versuch, die Haken zu lösen, verletzen wir uns gegenseitig. Ich denke, zum jetzigen Zeitpunkt ist es falsch an Gefühlen festzuhalten, die eindeutig destruktive Effekte bei uns auslösen. So sollte das nicht sein. Zumindest muss ich weiter daran glauben können, dass es so einfach nicht sein kann.Gerne will ich weiterhin den Kontakt zu dir halten, aber in welcher Form dieser für uns beide stattfinden kann, muss die Zeit uns zeigen. Ich hoffe, dass du mich irgendwie verstehst.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Die folgenden Wochen ziehen an Yoongi vorbei, ohne dass er groß Notiz von ihnen nimmt.

Der Winter zieht sich zurück. Die eisigen Temperaturen verschwinden und der Frühling kämpft sich tapfer und beständig zurück an die Oberfläche.

Erinnere dich daran zu blühen, wie die Blumen es tun, wenn der Winter vorbei ist.

Yoongi hält sich an diesen Worten fest, sie werden sein inneres Mantra und sein Anker. Wenn die Frühlingsstrahlen sanft auf sein Gesicht scheinen, ist es einfacher die Junisonne, die Park Jimin für ihn immer dargestellt hat, nicht mehr ganz so sehnlichst zu vermissen.

Es ist eine Zeit, in denen sie beide heilen können. Sie halten sporadisch Kontakt, meistens nur über Kakaotalk und mittels kurzer, nichtssagender Nachrichten. Telefonieren tun sie nicht.

Als im Mai die letzte Staffel von Game of Thrones ausgestrahlt wird, entbrennen zwischen ihnen plötzlich wieder hitzige Gespräche. Aber sie bleiben auf sicherem Terrain, halten sich daran, die einzelnen Episoden miteinander zu diskutieren, die Charakterverfälschungen zu kritisieren und die Kinematographie zu loben.

Es tut gut, mit Jimin zu sprechen, auch wenn sie die wirklich bedeutsamen Themen auslassen. So oft ist Yoongi kurz davor zu tippen und zu fragen: Wie geht es dir?

Aber irgendetwas hält ihn immer davon ab.Ihm kommt die Frage plötzlich zu persönlich vor, zu intim. Vielleicht ist er auch nicht bereit darauf zu antworten, wenn Jimin ihm sagt, dass es ihm nicht gut geht. Dass er ihn immer noch vermisst. Dass er zu oft an ihn denkt.

Yoongi denkt auch oft an Park Jimin.
Aber nicht mehr auf diese Weise.
Und ein bisschen schämt er sich dafür.
Auch dafür, dass er sich einfach nicht traut, diese beschissene Frage zu stellen.
Bald, sagt er sich jedes Mal selbst, bald wird er mutig genug dafür sein.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Die Nachricht von Jimins Tod trifft Yoongi unvorbereitet.

Eine WhatsApp-Nachricht sollte eine solche Botschaft niemals übermitteln. Es kommt ihm irgendwie falsch vor, dass eine kleine digitale Nachricht dein Leben so grundlegend aus den Fugen reißen kann.

Vielleicht weigert er sich deswegen am Anfang so penetrant gegen den Gedanken, dass die Information wahr sein könnte.

[Jimin]
Park Jimin ist leider am 12.06.2019 gegen 8:00 Uhr morgens verstorben. Er hatte einen tödlichen Autounfall.

Yoongi gefriert mitten in seiner Bewegung. Sein Fuß verharrt in der Luft, hat vergessen, dass er angehoben wurde, um den nächsten Schritt zu gehen. Er steckt im Türrahmen fest. Seine Antwort tippt er deswegen, ohne auch nur darüber nachdenken zu können:

[Yoongi]
Ist das ein schlechter Scherz?

[Jimin]
Leider nicht, ich bin sein Cousin und teile das allen seinen Freunden mit.

Obwohl er die Nachricht gerade gelesen hat, verschwimmt der Inhalt vor seinen Augen und in seinen Gedanken. Er ist an der Arbeit. Hat gerade nach seiner leichten Sommerjacke gegriffen, weil die Temperaturen zwar tagsüber gigantische Ausmaße annehmen, es aber frühmorgens in Daegu immer noch frisch ist. Yoongi wollte sich gerade von Jin verabschieden, bevor er den wohlverdienten Feierabend antritt. Doch die wenigen Worte haben sein gesamtes Wesen von jetzt auf gleich in absoluten Stillstand versetzt. Jin bemerkt die Veränderung sofort. „Was ist los?", erkundigt er sich mit einer vorsichtigen Tonlage, die Yoongi nur aus Gesprächen gewöhnt ist, in denen er Jin von seiner traurigen Disposition erzählt. Was hat die Tonlage hier zu suchen? Sie passt genauso wenig in das Geschehen, wie alles andere.

Es dauert noch einen Moment, bis er sich selbst zumindest wieder so weit finden kann, dass eine Antwort möglich ist. „Ich hab' ne ganz seltsame Nachricht bekommen", wiegelt Yoongi ab und schleppt sich schwerfällig auf den Stuhl gegenüber von seinem besten Freund, muss seinen Körper in einem enormen Kraftakt daran erinnern, wie Bewegung grundsätzlich funktioniert. Auf dem Stuhl, auf dem er gerade sitzt, nehmen ansonsten eigentlich Gäste Platz, wenn sie im Radio ein Live-Interview geben. Yoongi saß auf diesem Platz noch nie.Er kann immer noch nicht verstehen, was er da gerade gelesen ist.

„Willst du drüber reden?", erkundigt sich Jin weiter. Seine Tonlage ist immer noch so verdammt vorsichtig. Irgendwie macht sie Yoongi wütend. Die besorgte Tonlage ist für andere Gesprächssituationen reserviert. Was hat sie hier zu suchen? Yoongi versteht auch die behutsamen und besorgten Blicke nicht, die Jin ihm schenkt.

Aber grundsätzlich – nein. Die Nachricht kommt ihm zu makaber vor, als dass er sich trauen würde, die Worte tatsächlich laut auszusprechen. Niemandem sollte es erlaubt sein, mit solchen Nachrichten zu scherzen. Stattdessen schmeißt er also das Handy unwirsch auf den Tisch zwischen ihnen. Jin versteht die nonverbale Aufforderung sofort und greift augenblicklich nach dem Gerät.

Er liest die wenigen Zeilen und gefriert ebenfalls in seiner Bewegung.So ist das mit manchen Nachrichten. Sie rauben dem Moment seine Dynamik, der Stimme ihren Ton und der Sonne ihre Wärme. Dann bleibt nichts mehr übrig als eiskalter Stillstand, der dir das Atmen schwermacht und dein Denken aussetzen lässt. Selbst dein Herz vergisst zu schlagen und die Welt, die doch eben noch in Ordnung war, nicht ganz, aber normal halt, so wie du es gewohnt bist, hat sich weiterbewegt, aber du bist doch gar nicht bereit dafür. Nicht jetzt und auch noch lange nicht und dreh dich bitte zurück, Welt, fleht Yoongi innerlich und ohne konkreten Bezugspunkt. Yoongi wäre eigentlich gerne in diesem Zustand süßer Taubheit und verzweifeltem Unverständnis verharrt. Als sich sein Kopf in einem letzten Anflug von Selbstschutz davor bewahrt hat, die brutalen Ausmaße dieser desaströsen Nachricht zu verarbeiten.

Von allen Dingen, die Yoongi später von diesem Moment vergessen wird, denn eigentlich steht er gerade noch im Türrahmen und zieht sich seine Sommerjacke über, das Handy hat er doch gar nicht herausgeholt, oder doch? Von allen Dingen, die er später vergessen wird, gehört der Blick seines besten Freundes nicht dazu. Er brennt sich in seine Retina wie ein Brandmal. Denn Jin versteht es. Er versteht, bevor Yoongi es begreifen kann. Dass die Nachricht eben kein Witz ist. Park Jimin ist tot. Gestorben bei einem Autounfall. Und Yoongi versteht einfach nicht, warum sich Jins Augenbrauen so mitleidig verziehen. Versteht nicht den besorgten Ausdruck in seinen Augen. Und erst recht versteht er nicht, warum er gerade sagt, dass es ihm leidtut. So, so unendlich leid. Warum greift er nach seiner Hand und drückt sie sanft und einfühlsam und lässt sie nicht mehr los? Warum füllen sich die Augen seines Gegenübers mit Tränen?

Yoongi schnaubt lediglich verächtlich und vor allen Dingen verärgert. Denn nach Unverständnis kommt Wut und erst viel später irgendwann, erst dann kommt auch das bittere Gefühl, dass sich Traurigkeit nennt.Aber so weit ist er noch nicht, noch lange nicht, deswegen steht er wieder auf, tigert wild durch den Raum und spricht mehr mit sich selbst, als mit seinem besten Freund: „Das glaubst du doch wohl nicht wirklich, oder? Das ist ein schlechter Scherz, mehr nicht", deklariert er, doch seine Stimme lässt die gewohnte Selbstsicherheit schmerzlich vermissen.

„Yoongi, ich kann mir vorstellen, dass es dir schwerfällt zu glauben, aber niemand... niemand würde darüber einen Witz machen", versucht ihm Jin schonend beizubringen. Lächerlich. Park Jimin hatte schon immer die Veranlagung für einen dramatischen Auftritt. Wahrscheinlich ist das nur seine Rache an Yoongi dafür, dass er sich so lange nicht bei ihm gemeldet hat.

„Quatsch. Ich ruf da jetzt an und dann kann Jimin mir selbst sagen, dass er sich nur mal an einem geschmacklosen Witz probieren wollte", spricht sich Yoongi selbst den Glauben zu, den er mit jeder Sekunde unter Jins mitleidigen Blick immer mehr zu verlieren droht.

Sein Cousin bestätigt seine vorherige Textnachricht. Bestätigt, dass es leider kein Scherz ist. Es tut ihm leid, dass er die Botschaft per Kakaotalk überbracht hat. Er weiß, es ist nicht das richtige Medium für Schreckensmeldungen. Aber er hat auch nicht die Kraft, jeden einzelnen der Kontakte eigens anzurufen und zu informieren. Es auszusprechen tut weh. Es immer und immer wieder auszusprechen und die Trauer auf der anderen Seite des Telefonhörers ungebremst entgegen geknallt zu bekommen, immer und immer wieder, ist grausam. Auf Kakaotalk konnte er die Nachricht wenigstens kopieren, das hat es leichter gemacht. Es tut ihm leid, aber ganz ehrlich, es gibt auch kein richtiges Medium für solche Botschaften, oder? Manchen Nachrichten kannst du ihre verehrende Wirkung nicht entziehen. Egal, wie sanft du sie verpackst.

Yoongi muss sich wieder setzen. Jin ist bei ihm und drückt ihm ein Taschentuch in die eine Hand, die andere Hand umklammert er. Komisch, die Tränen hat Yoongi gar nicht bemerkt. „Kannst du es jetzt glauben?", Jin flüstert so sanft. Seine Stimme ist nur ein Hauch.

„Nein", antwortet Yoongi, „aber ich muss Namjoon jetzt anrufen und es ihm mitteilen. Er soll es nicht auch so erfahren müssen."

Ganz objektiv betrachtet, hat er die Botschaft in diesem Moment schon verstanden. Park Jimin ist tot.

Es war ein Autounfall.

Die Nachricht ist kein makaberer Scherz.

Yoongi hat sie nur noch nicht verarbeitet.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Exakt neun Tage später, sitzt Yoongi das erste Mal im KTX 238 von Seoul in Richtung Busan. Jin begleitet ihn. Sie sind unterwegs zu Jimins Beerdigung. Namjoon wird sie vom Bahnhof abholen und mit ihnen gemeinsam zum Friedhof fahren.

Sein bester Freund hält die ganze Zeit über seine Hand. Es ist egal, dass manche Leute seltsam gucken. In manchen Situationen zählt Beistand mehr als alles andere. Wenn es sich Yoongi Recht überlegt, dann zählt Beistand eigentlich immer mehr als die Meinung fremder Leute.

Sie sind beide in schwarze Anzüge gekleidet. Sie haben ihre Jacketts ausgezogen und ordentlich aufgehangen, in die Reihe vor ihnen. Der Zug ist ohnehin fast leer. Es stört niemanden. Nur Yoongis Inneres ist noch leerer als der Zug. Aber das stört vielleicht auch niemanden mehr. Jetzt nicht mehr, wo Park Jimin tot ist.

Es ist heiß und Yoongi schwitzt, sobald sie das Bahnhofsgebäude verlassen.

Es sollte regnen an solchen Tagen.

An Beerdigungen sollte schönes Wetter, strahlender Sonnenschein und ein blauer Himmel verboten sein. Yoongi fühlt sich beinah verhöhnt von dem Wetter in Busan. Einer Stadt, die er nie zuvor besucht hat, weil es Jimin ihm nie erlaubt hat. Jetzt kann er es ihm nicht mehr verbieten und schon ist er hier. Was für eine scheiß Welt.

Yoongi hat die ganze Zugfahrt über gehofft, dass ihn Jimin am Bahnsteig erwarten würde. Dass er es wäre, der auf sie wartet und sie begrüßt. Dass er es wäre, in dessen Auto sie nun einsteigen. Aber Jimin ist vor exakt neun Tagen das letzte Mal in ein Auto gestiegen.

Und nie wieder ausgestiegen.

Sie fahren durch Busan und lassen die Stadt schnell hinter sich. Ihr Ziel stellt ein Waldfriedhof da, auf einer leichten Anhöhung direkt hinter der Stadt. Von hier aus kann man das Meer sehen, wenn es ganz still ist, kann man sogar das Rauschen der Wellen hören. Trotzdem ist alles grün und dicht mit Bäumen bewachsen. Hier kreischen nicht nur die Möwen, hier singen auch die Vögel. Ein Spektakel aus Farben und Tönen und trotzdem ganz ruhig, friedlich. Jimin hätte es bestimmt gefallen. Er ist gerne spazieren gegangen. Sicher hat er auch gerne aufs Meer geblickt. Yoongi weiß das nicht. Es gibt so viele Dinge, über die er mit Park Jimin nie gesprochen hat, so viel, was er von ihm nicht wusste und nun niemals in Erfahrung bringen wird.

Ein Winter ist zu wenig. Und ein Winter, der dir die Junisonne in strahlenden rosa Farbtönen schenkt, ist zu viel, als dass du ihn dein ganzes Leben jemals wieder vergessen kannst.

Yoongi hat den Friedhof noch nicht einmal betreten, da bricht er das erste Mal weinend zusammen. Sicher hätte es Jimin hier oben gefallen, spricht er sich selbst immer wieder zu. Und verurteilt sich erbarmungslos dafür, dass er es in all ihren letzten Unterhaltungen nicht einmal geschafft hat, Jimin zu fragen, wie es ihm ging.

Yoongi hat nicht die Spur eines Schimmers davon, wie er den heutigen Tag überstehen soll. Hat die meiste Zeit bisher damit verbracht, nicht darüber nachzudenken, was ihm bevorsteht. Saß im Zug neben Jin, hat stur aus dem Fenster gesehen und sich jeglichen Gedanken verboten zu denken. Er kann doch schließlich nicht immer nur weinen, hat er sich selbst gesagt.Aber jetzt steht er hier und kann nichts anderes mehr als das.

Sie betreten den Friedhof zu dritt. Namjoon verabschiedet sich mit einem traurigen Lächeln von ihnen und läuft zielstrebig auf eine Dame mittleren Alters hin, die emotionslos neben einem großen Portrait von Jimin steht und nickend die Kondolenzgrüße der Gäste entgegennimmt. Das Bild wird Jimins strahlender Schönheit im echten Leben nicht gerecht. Aber das werden die Fotos von Gräbern der wahren Person doch nie. Immerhin ist es ein schönes Bild. Park Jimin lächelt und sein schiefer Schneidezahn bohrt sich in seine übervolle Unterlippe. Die Frau daneben identifiziert Yoongi nahtlos als Jimins Mutter, auch wenn er sie bisher nur einmal gesehen hat. An Weihnachten und über Videotelefonie. Sie steht da vorne fast alleine und in diesem Moment fällt Yoongi schmerzlich wieder ein, dass ja auch Jimins Vater erst vor zwei Jahren verstorben ist.

Neben ihr steht ein Junge, vielleicht ein paar Jahre jünger als Jimin selbst, wahrscheinlich der Cousin, der Yoongi die Nachricht überbracht hat. Geschwister hat Jimin keine, oder? Vielleicht haben sie auch nur nie darüber gesprochen. Yoongi ist so verzweifelt bei dem Gedanken, dass er sich die Haare rausreißen könnte. Er hat die Tränen eben erst mühsam zurückgedrängt, jetzt droht er schon wieder den Kampf gegen sie zu verlieren. Das hier darf nicht wahr sein. Am liebsten würde er in den Wald rennen, nur um der Realität nicht in die Augen blicken zu müssen.

Jin und er stehen etwas abseits von der restlichen Menge. Yoongi schafft es noch nicht, auf sie zuzugehen und er schafft es auch nicht, der Mutter sein Beileid auszusprechen. Vielleicht später, aber jetzt gerade – da schafft er es einfach nicht. Und Jin drängt ihn nicht, sondern versteht wortlos und bleibt einfach an seiner Seite, weil das leider alles ist, was er gerade für ihn tun kann. Am Rande bekommen sie mit, dass Jimin später auf der anderen Seite eines Doppelgrabes gebettet werden wird. Er wird neben seinem Vater beerdigt. Auf dem Platz, der eigentlich für seine Mutter reserviert war. Aber Jimin ist seinem Vater unerwarteterweise zuerst gefolgt. Frau Park hat daraufhin beschlossen, sich nach ihrem Tod verbrennen zu lassen, um als Urne auf den Grab ihrer zumeist geliebten Männern einen Platz zu finden.

Die Trauergesellschaft unterhält sich ebenfalls in flüsternden Stimmen darüber, ob Jimins Tod kein zufälliger war, ob es vielleicht Selbstmord gewesen könnte. Schließlich habe Jimin es vor nicht mal 13 Monaten schon einmal probiert und ist damals nur gescheitert, weil Namjoon ihn noch retten konnte. Wer sagt, dass der Autounfall nicht auch beabsichtigt war? Wer sagt, dass ihn nur diesmal niemand mehr retten konnte?

Yoongi beteiligt sich nicht an den Gesprächen und verbietet sich weiter strikt jeden Gedanken in diese Richtung. Er möchte fest daran glauben, dass Jimin glücklich war in den letzten Tagen seines viel zu kurzen Lebens. Wer sagt, dass Jimin es nicht vielleicht einfach war? Glücklich? Und ist nicht ohnehin beiden Versionen eine ganz eigene Form der Grausamkeit inhärent? Der Junge, der vor 13 Monaten sterben wollte, es nicht tat, seinen Lebenswillen zurückeroberte, nur um dann bei einem Autounfall zu sterben? Oder der Junge, der bereits vor 13 Monaten sterben wollte, es nicht konnte, aber auch nicht glücklich werden konnte, weil es immer wehtat, mit dieser Disposition zum Schmerz, die ihn einfach nicht loslassen wollte? Welche der beiden Versionen ist besser? Eigentlich ist Yoongi ganz dankbar dafür, dass er die Antwort auf diese Fragen niemals erhalten wird. Er könnte sie ohnehin nicht ertragen, egal wie sie ausfallen würde.

Yoongi drückt Jins Hand so fest, als würde sein Leben davon abhängen. Sein bester Freund weicht für keinen Moment von seiner Seite. Stützt ihn, wenn seine eigenen Beine es nicht mehr können und geleitet ihn irgendwie durch die nachfolgende Zeremonie, von der Yoongi nicht sonderlich viel mitbekommen hat. Er hat die ganze Zeit nur gedacht, oh mein Gott, niemand hier kennt dich, du kannst doch nicht wirklich die Person sein, die hier am meisten rumflennt, du kannst doch nicht die ganze Zeit nur weinen, bitte, hör auf so laut zu schluchzen, und oh mein gott, jimin, WARUM BIST DU NICHT MEHR DA? Und warum musste das passieren und das ist so unfair, unfair, unfair, und ich kann doch nicht die ganze zeit nur weinen.
Jimins Mutter hat nicht geweint. Sie saß stolz und stumm auf ihrem Platz in der ersten Reihe, hat die Hände fest im Schoß miteinander verschränkt, jedes Gebet inbrünstig mitgesprochen, den Liedern und den Worten des Pfarrers gelauscht, als würde sie tatsächlich Trost und Hoffnung in ihnen finden können. Yoongi beneidet sie. Er ist nicht gläubig. Er weiß nicht, worin er Trost finden soll. Vielleicht in der Musik. Vielleicht. Aber zurzeit hat Yoongi alle Worte, Melodien und Töne verloren.

In dem Moment, in dem der Sarg in den Boden gelassen wird, ist sich Yoongi fast sicher, dass ein Teil von ihm niemals aufhören wird zu weinen. Vielleicht versiegen die offensichtlichen Tränen in ein paar Minuten, Stunden oder Tagen. Aber der dunkle Teil in ihm, da wo die Schatten regieren und es immer regnet, dieser Teil wird wohl ewig um Park Jimin trauern. Um den Jungen, der ihm die Junisonne mitten im Winter geschenkt hat. Ein Winter ist zu wenig. Und doch viel zu viel, um jemals vergessen werden zu können.

Wie soll es ohne Park Jimin jemals wieder Sommer werden? Mit ihm war es im Winter warm und Yoongis Herz hat geleuchtet in weichen, rosa Farben. Jetzt ist es Sommer. Der 12.06.2019, um genau zu sein.

Und Yoongi war noch nie in seinem Leben so kalt.

i want you to be your light, baby
you should be your light
so you won't hurt anymore, so you can smile more
i want you to be your night, baby
you could be your night
i'll be honest with you tonight

now promise me, oh, oh
several times a day, oh, oh
even if you feel that you are alone, oh, oh
don't throw yourself away, oh, oh
oh, oh, oh, oh, hold on for a moment
intertwine our pinkies
and promise me now, oh, oh, oh, oh

______________________________________________________
Am 12.06.2019 starb mein persönlicher Park Jimin.
Ich erhielt die WhatsApp-Nachricht mit der Information über seinem Tod an der Arbeit im Büro. Auch viele andere der Geschehnisse in Zwischenton sind mir so passiert, an einigen Stellen künstlerisch verändert, damit ich überhaupt in der Lage dazu war, sie aufzuschreiben.
Ich verlor an diesem Tag all meine Worte. Und der einzige Weg sie wiederzufinden, war für mich, darüber zu schreiben.

Lieber A., ich widme diese Geschichte, jede Zeile, jedes Wort nur dir. Als Dank dafür, dass du mir den Sommer mitten im Winter gebracht hast. All das hier werde ich nie vergessen. Ich vermisse dich. In meinem Herzen lebst du weiter. Immer. 

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro