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6 - Der Brautpreis

„Verkaufe deine Ware, solange sie dir noch lieb ist."

☆☆☆

Die zweite Nacht war ein Albtraum.

Je weiter die Zeit voranschritt, desto schneller schlug mein Herz in meiner Brust. Das Vergissmeinnicht an meinem Bein konnte mich nicht mehr beruhigen, trotzdem hielt ich mich daran fest wie eine Ertrinkende am rettenden Seil.

„Bitte erhört mich!", flehte ich die Sterne an und legte meine freie Hand auf die Brust, während die andere das Lederband an meinem Schenkel enger umgriff.

Meine Magie keimte auf und streckte sich, räkelte sich, wirbelte in meiner Brust im Kreis herum, als wüsste sie nicht, wohin. Ich kniff meine Augen fest zusammen und äusserte meinen Wunsch immer und immer wieder. Erst nur in Gedanken, damit meine Eltern nichts hörten, aber als das nichts brachte, begann ich zu flüstern. So leise es ging.

„Ich will zurück."

Es war meine grösste Bitte an Altair. Mein Herzenswunsch. Der einzige Wunsch, den ich — wenn ich wählen müsste — je in meinem Leben erfüllt haben wollte. Kein Zweifel bestand mehr. Ich war in die falsche Welt zurückgekehrt. Ich gehörte hier nicht hin.

Die Sterne schwiegen und auch meine Magie vermochte nichts zu verändern. Ich presste meine Augen noch fester zusammen, bis flimmernde Farben vor meinen Lidern tanzten.

„Bitte", flehte ich nun Zahir an. Wenn mich meine Sehnsucht schon nicht zu ihm brachte, dann konnte ich ihn mir möglicherweise hierher wünschen. Vielleicht würde er mich durch unser Band hören können.

„Bitte Zahir. Bringe mich hier raus", hauchte ich in die Nacht.

Doch nichts geschah.

☆☆☆

Der Tag brach an.

Mein Vater rührte sich als Erstes und schritt aus dem Zelt, machte draussen die Feuerstelle bereit, klopfte Kissen zurecht und legte einen Teppich aus, auf welchen sich die Gäste setzen sollten.

Ich tat so, als ob ich noch schlafen würde, damit man mich möglichst lange in Ruhe liess, aber als meine Mutter erwachte, kam sie zu mir rüber und schüttelte mich wach. Sie konnte nicht wissen, dass ich die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte.

„Wir wollen dich hübsch machen, Kind", flüsterte sie und strich mir über die Wange.

„Man wird eh nichts sehen können", murrte ich und zog die Decke über meinen Kopf, damit sie meine Augenringe nicht sehen konnte und rollte mich zu einem Ball zusammen.

Ich vernahm ein Seufzen und dann wurde die Decke wieder von meinem Körper geschlagen.

„Deine Augen werden sie sehen und deine Hände, wie sie ein nahrhaftes Mahl zubereiten. Das wird ihnen genügen, um sich entscheiden zu können."

Das laute Schnauben, das mir entfloh, liess sich nicht aufhalten.

„Wir dürfen ja gar nicht miteinander sprechen", grummelte ich. „Woher soll ich wissen, ob der Mann überhaupt interessant ist, wenn ich ihm nicht einmal eine Frage stellen darf!"

Auf der Stirn meiner Mutter bildeten sich Sorgenfalten.

Sie musste doch verstehen, wie ich mich fühlte! Ich konnte es mir schlicht nicht vorstellen, einen Wildfremden heiraten zu müssen. Nicht, nachdem ich erfahren hatte, wie schön es sein konnte, mit jemandem endlose Gespräche über die Welt, die Sterne, die Wissenschaft, die Magie, die Liebe und die aufregenden Dinge im Leben führen zu können.

Es schaffte Verbundenheit, eine ganz besondere Art von Nähe.

Meine Mutter schenkte mir ein verständnisvolles Lächeln. „Wir werden mit den Vätern sprechen und Fragen stellen können. Gibt es denn eine besondere Sache, die du von den Burschen wissen willst?"

Ich setzte mich in den Schneidersitz und dachte für einen Moment über ihre Frage nach.

Wenn ich könnte, was würde ich von einem fremden Mann wissen wollen, was mir möglichst viel über seinen Charakter, seine Person verraten würde? So sehr ich mich auch anstrengte, es kam mir schlicht keine schlaue Frage in den Sinn.

Ich seufzte und schmiss meine Arme verzweifelt in den Schoss.

„Ich weiss es doch auch nicht! Eine Frage reicht nicht aus, um einen Mann kennenzulernen. Wie soll ich denn bitte davon wissen, ob er gut für mich ist? Ob wir überhaupt zusammenpassen?"

Meine Mutter legte den Kopf schief. „Vertraust du deinem Vater nicht?"

„Doch, doch, natürlich."

„Dann solltest du dir darüber keine Sorgen machen. Dein Vater wird den Richtigen für dich aussuchen und ich werde ihm dabei helfen. Wir werden schon sicherstellen, dass du mit einem guten Mann zusammenkommst." Sie legte beide Hände auf meine Schultern und schaute mich eindringlich an. „Hab Vertrauen."

Durch ihre Worte nicht weniger beunruhigt pustete ich mir eine Strähne aus dem Gesicht.

☆☆☆

Das Brot hatte ich bereits gebacken, als die ersten Besucher auftauchten.

Meine Mutter eilte zu mir und wickelte mir mein Kopftuch vors Gesicht, stellte sicher, dass man weder Haare noch Nase sehen konnte, sondern nur meine Augen, die ich allerdings während des ganzen Besuches demütig gesenkt halten musste.

Die Männer setzten sich und am liebsten hätte ich den Kopf gehoben und sie angeschaut, denn die Neugierde wollte sehen, wer in meinem Interesse gekommen war. Doch das stand mir nicht zu.

Mein Herz hämmerte fürchterlich stark gegen meine Rippen und ich glaubte, kaum Luft zu bekommen.

Für meine Eltern war das hier so wichtig. Ihre Existenz stand auf dem Spiel. Ich musste heute einen Junggesellen von meinen Fähigkeiten überzeugen.

Über das schmerzliche Ziehen in meiner Brust versuchte ich hinwegzusehen und mich auf die Aufgabe vor mir zu fokussieren: Ich durfte die Sosse nicht versalzen!

„Sie hat vor zwanzig Tagen ihre Ausbildung abgeschlossen?", hörte ich eine tiefe Stimme fragen. Ich vermutete, dass dies die Stimme des Vaters eines Interessenten sein musste. Sie klang irgendwie alt und gelebt.

Meine Hände zitterten, während ich die Sosse anrührte und vorsichtig Wasser in den Topf goss.

Mein Vater bejahte seine Frage und erklärte in einer langen Anekdote, dass meine Grossmutter eine berühmte Ausbildnerin in Kesh sei — die beste, in der Gegend — und dass ich von dem reichen Erfahrungsschatz einer anständigen Frau profitiert habe.

Anschliessend erfuhren wir von dem Mann, dass sein Sohn keine Ziegen hielt, sondern Rinder und sich deswegen eher im südlichen Gebiet der Wüste herumtrieb, damit die Tiere auf den weiten Steppen grasen konnten.

Im Reich der Serengeke, schoss es mir durch den Kopf.

„Wie viele Rinder besitzt er?", wollte mein Vater wissen.

Unter Kasbahren galt jener Nomade als wohlhabend und von gutem Stand, der möglichst viel Vieh besass. Besonders Rinder waren Tiere, die sich nur die reichsten unter uns leisten konnten.

Beim Gedanken an Kuhdung wurde mir schlecht und dabei passierte mir etwas Dummes. Der Messinglöffel, mit welchem ich die Flüssigkeit anrühren wollte, rutschte mir aus der Hand und landete glucksend und mit einem für alle hörbaren Klirren mitten in der Sosse.

„Oh scheisse!", stiess ich dazu noch aus.

Meine Mutter schnappte empört nach Luft, erhob sich und riss mich an der Hand davon. Ich strauchelte ihr hinterher, sah vor lauter Kopftuch nichts. Sie schleppte mich ins Zelt und zog die Plane augenblicklich zu.

„Bist du von allen guten Geistern verlassen?", zischte sie möglichst leise, damit uns die Männer draussen nicht hörten. „Du kannst doch nicht einfach fluchen!"

Ich biss mir auf die Unterlippe und schielte zu Boden. Natürlich wusste ich das, doch war mir das einfach rausgerutscht.

„Verzeihe mir, Ummi ..."

„Das sind bloss deine Nerven", sagte sie etwas milder. „Ich weiss, dass du das kannst, mein Kind. Nur versuche deine Gefühle nicht rauszulassen. Besonders nicht, wenn wir einen solch wohlhabenden Herr hier zu Besuch haben. Diese Seite soll keiner von dir sehen."

Ich nickte, obwohl ich eigentlich nicht mit ihr einverstanden war. Mich zurückhalten zu müssen würde bedeuten, nicht ich selbst sein zu dürfen.

„Verzeihe mir, Ummi", wiederholte ich. „Ich werde mir Mühe geben."

Sie seufzte und nickte dann. „Hoffen wir, dass dein Vater das mit Schmeicheleien und netten Worten wieder glätten konnte."

Die Plane wurde für mich hochgehoben und so duckte ich mich hindurch und trat nach draussen. Ich wollte mit dem Kochen weitermachen, jedoch merkte ich, dass mein Vater alleine dasass, die Arme vor der Brust verschränkt.

„Sie sind gegangen", sagte er wirsch. „Er will keine Frau mit schmutzigem Mund."

Mein Herz sackte ab.

„Das wäre ein guter Mann gewesen. Mit viel Geld. Vielen Rindern. Hohes Ansehen", fügte mein Vater hinzu und erhob sich. Seine Enttäuschung war unübersehbar.

Ich wich einen Schritt zurück. „Entschuldige, Baba", flüsterte ich. „Ich werde mich besser anstrengen."

Er schnaubte bloss als Antwort und liess mich stehen. Weiter schelten konnte er mich nicht, denn ein nächster Kandidat erschien an unserem Zeltlager. Die Ziegen sprangen den neuen Gästen meckernd aus dem Weg. Es waren drei Personen, die kamen, doch ich wagte es kein einziges Mal, den Blick zu heben.

Ich durfte meine Eltern nicht noch ein zweites Mal enttäuschen.

Als hätten drei Seelenfresser unser Lager betreten, fühlte ich eine merkwürdige Dunkelheit, die sich mit der Ankunft der neuen Gäste über uns legte.

„Das soll sie sein?", blaffte der Älteste von den dreien.

Meine Instinkte zuckten, als wollten sie mich warnen.

„Das ist meine Tochter, ja", erwiderte mein Vater in derselben Kälte, in welcher er angeschnauzt worden war. „Eine gesunde und wohlerzogene Frau."

„Blutet sie schon?", fragte ein zweiter.

Mein Vater bejahte. Mir trieb es jäh die Hitze in die Wangen. Vor Scham und Entsetzen.

„Noch Jungfrau?"

„Selbstverständlich", knurrte mein Vater, schwer darum bemüht diese Unverschämtheit zu tolerieren.

„Und ist sie schön?", wollte der Dritte wissen.

„Sie ist so schön wie der Nachthimmel", sagte mein Vater und es kam mir so vor, als wäre seine Stimme noch tiefer geworden. Warnender. „So sanft wie das Leuchten des Mondes in der Finsternis, so weise wie die Sterne selbst—"

„Ihr Marktwert ist gesunken", wurde er vom Ältesten unterbrochen, der scheinbar nichts mit der bildlichen Beschreibung meines Aussehens anfangen konnte. „In Jaradin sagen die Leute, sie habe in der Wüste ihren Verstand verloren."

Meine Hand, die mit der Kelle die Sosse umrührte, verkrampfte sich. Ich spürte den Blick des Ältesten auf mir und wie er mich musterte, als könne man mir meinen Wahnsinn ansehen. Ich bemühte mich, keinerlei Gefühle zu zeigen und rührte stoisch weiter.

Es war mir egal, dass man mich für verrückt hielt, denn sie wussten nicht, was ich erlebt hatte. Doch es war ein Hindernis für meine Vermittlung. Ein Problem für meine Eltern.

„Sie ist bei klarem Verstand", kam meine Mutter dazwischen. „Sie kann kochen, waschen, Ziegen füttern, ausmisten, Brunnen ba—"

„Niemand hat dich gefragt, Weib", fuhr sie der Zweite an. „Hat die Tochter denselben fehlenden Anstand wie die Mutter?" Diese Frage war an meinen Vater gerichtet.

Ich hörte, wie die Männer empört einander irgendwas zumurmelten.

„Sie respektieren ihr Familienoberhaupt", gab mein Vater zurück. „Weil ich sie ebenso mit Würde und Ehre behandle. Was du anderen antust, wird auch dich einmal treffen. Ich denke, diesen Grundsatz gilt es zu wahren - besonders in der Familie."

„Sieht aber nicht so aus, als würden die Frauen sich daran halten", schnaubte der Dritte. „Ich würde ihr den Respekt auf die Haut schlagen, wenn sie einfach sprechen würde, ohne gefragt zu werden. Damit sie sich daran erinnert, wem sie zu gehorchen hat."

Mir jagte ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter. Ich hoffte sehr, dass es nicht dieser Kerl war, der eine Braut suchte.

„Das werde ich nicht billigen", hielt mein Vater dagegen.

„Das Bezichtigen der Frau liegt in der Hand des Ehemannes, nicht des Vaters", maulte der Zweite.

„Noch ist sie meine Tochter und unter meiner Obhut."

„Wir wollen nicht streiten", kam der Älteste dazwischen. „Mein Sohn hat klare Regeln. Nur, wenn sie sich nicht daran hält, wird er es ihr deutlich machen. Wenn sie sich innerhalb dieser Grenzen bewegt, dann sei ihr ein erfülltes Leben gewährleistet."

Mein Vater akzeptierte diese Antwort vorerst und so gingen die Männer in eine Diskussion über, in welcher sie über meinen Marktwert sprachen, als wäre ich eine Ziege, die ersteigert werden konnte.

Die schlichte Tatsache, dass ich für kasbahrische Verhältnisse so spät nach meiner abgeschlossenen Reifung verheiratet werden sollte, wirkte sich nicht sonderlich förderlich auf meinen Wert aus. Ich hätte in der Zeit schlechten Einflüssen ausgesetzt sein können, die meiner Demut und meinem Gehorsam geschadet hätten.

In anderen Worten: Ich könnte verdorben sein, bis zu einem Punkt, der sich nicht umkehren liesse.

Mein Vater hielt natürlich vehement gegen dieses Argument und deutete immer wieder auf mich.

Meine Sosse war bereit, um verköstigt zu werden, doch wollte ich sie den Herren nicht servieren. Mir wurde beim Gedanken schlecht, dass ich den Kerl heiraten sollte, der gedroht hatte, mich mit Gewalt in die Schranken zu weisen. Er wollte über mich herrschen und ich war mir sicher, dass er diese Macht gnadenlos ausnutzen würde, wenn ihm die Gelegenheit dazu gegeben würde.

„Dann soll sie doch demonstrieren, was sie kann", sagte der Älteste.

Mein Magen verkrampfte sich und ich befürchtete, dass ich gleich vor allen Anwesenden erbrechen musste.

„Nein", wies mein Vater ab. „Ich biete sie euch nicht an."

Vor Schreck tat ich den Fehler, den Kopf zu heben, doch es war mehr eine dumme Reaktion als Absicht. Mein Vater sass verkrampft da, beide Hände zu Fäusten geballt und diesen unglaublich düsteren Ausdruck im Gesicht. Die drei Männer, allesamt in den kasbahrischen Gewändern gekleidet, hockten gegenüber und blickten ihn schockiert an.

Der Dritte jedoch bemerkte, dass ich aufgeschaut hatte und begegnete meinem Blick. Ein dreckiges Grinsen zog über seinen Mund und bot mir die Sicht auf seine faulen Zähne. Ihm fehlte ein oberer Schneidezahn. Seine Zunge schnellte durch die Lücke hervor, als er sich die Lippe ableckte.

Ich wusste sofort, dass ihm gefiel, was er sah und so schloss ich rasch die Lider, drehte mich ab, damit er sich nicht noch mehr von meinem Gesicht einprägen konnte.

Mein Antlitz war nicht für ihn bestimmt.

„Du scherzt", sagte der Älteste.

„Nein", wies mein Vater abermals zurück. „Ich habe mich umentschieden. Ihr könnt nicht für meine Tochter bieten."

„Vater", sagte der Faulzahn, „erhöhe den Brautpreis um das Zweifache."

Die Galle stieg mir in die Kehle. Unseren verbotenen Blickaustausch musste ihn herausgefordert haben. Ich verfluchte mich dafür, aufgeblickt zu haben. In meiner Welt war das einfach zu gefährlich!

„Warum willst du über ihren Marktpreis bieten?", fragte der Alte.

„Weil sie tatsächlich sehr schön ist. Ich habe da so ein Gefühl. Ich will sie."

„Du hast meinen Sohn gehört", meinte der Älteste an meinen Vater gerichtet. „Was, wenn wir dir das Doppelte bieten?"

„Nein."

Erleichterung durchflutete mich wie ein Meer aus warmen Sonnenstrahlen. Mein Vater liess sich nicht so schnell kaufen und ich war ihm unglaublich dankbar dafür.

„Das wirst du bereuen", maulte der Älteste und erhob sich. Seine Söhne folgten ihm und als sie verschwanden, meinte ich plötzlich wieder die Wärme der Wüste auf meiner Haut spüren zu können.

„Danke, Baba", flüsterte ich leise, aber ich wusste, dass er mich gehört hatte.

☆☆☆

Die Zeit verstrich und es wurde Nachmittag.

Die weiteren Kandidaten, die vorbeikamen, um mit meinem Vater zu sprechen und mich zu begutachten, waren weitaus weniger schlimm, wie die drei Seelenfresser. Dennoch schien es schwieriger zu sein als erwartet, sich auf einen Brautpreis zu einigen, der für beide Parteien vernünftig erschien.

Einige kamen und verliessen uns kopfschüttelnd wieder und andere, die Interesse zeigten, boten einen solch lächerlich niedrigen Brautpreis, dass mein Vater Mühe hatte, sie respektvoll wegzuschicken.

Meine Sosse und mein Brot kamen bei den meisten gut an. Ich wusste nicht weshalb, denn ich hatte mich kaum bemüht. Nur einem Mann schien sie überhaupt nicht zu schmecken. Er spuckte sie aus und verliess schnurstracks unser Lager, ohne sich von meinem Vater zu verabschieden.

Als sich die Sonne allmählich dem Horizont zuneigte, wuchs die Sorge in mir an wie Unkraut in einem Garten. Es kamen kaum noch Interessenten und wir waren weit von einer möglichen Vermählung entfernt.

Beinahe als die Nacht schon hereinbrach, kam ein letzter Mann zu uns.

Er war allein und an seinem Gang konnte ich erkennen, dass er schon etwas in die Jahre gekommen sein musste. Er begrüsste meinen Vater mit einem respektvollem Neigen seines Oberkörpers und nahm als einziger an diesem Tag auch mich und meine Mutter zur Kenntnis, indem er uns wohlwollende Worte zusprach.

Ganz überrascht murmelte ich grüssende Worte zurück.

An der Art, wie mein Vater mit ihm sprach, konnte ich spüren, wie sie sich gegenseitig Respekt zollten. Auf ganz natürlich Weise.

„Ich will ehrlich zu dir sein, Idris", hörte ich den Mann sagen. „Als ich davon hörte, dass man deine Tochter endlich gefunden hatte, wusste ich, dass viele Väter mit ihren verdorbenen Söhnen bei dir Schlange stehen würden."

„Da hast du leider recht, Wali. Was wir bisher gesehen haben, hat mich wenig begeistert. Es ist, als könnten die Kasbahren keine richtigen Söhne mehr grossziehen."

Wali brummte zustimmend.

„Sag mir, mein Freund. Was treibt dich zu uns?"

Ich schlang mein Gewand enger um die Schultern, denn ich war müde. Das Bett rief mich, doch wusste ich, dass ich hier bleiben musste, bis der letzte Gast gegangen war.

„Ich bin hier, weil ich eine Frau suche", eröffnete Wali. „Für mich."

Mein Vater stutzte. „Aber du bist schon verheiratet. Hast Kinder, die erwachsen sind."

„Das stimmt. Doch meine Frau ist vor drei Vollmonden verstorben." Eine tiefe Trauer trübte seine Stimme. „Ich bin alt, meine Knochen vermögen nicht mehr so viel Last zu tragen. Ich suche eine Frau, die mich durch die Wüste begleitet, die noch kräftig genug ist, um einen Brunnen zu graben und um Essen zu kochen. Ich suche eine Gefährtin."

„Wali ...", sagte mein Vater zögerlich.

„Ich lege keine Hand an meine Frau", fuhr Wali fort. „Das finde ich nicht richtig. Im Gespräch findet man Verständnis füreinander und diesen Grundsatz habe ich fünfundzwanzig Sternzyklen lang mit meiner ersten Frau gelebt. Wir waren beide glücklich. Doch nun fehlt sie und ich brauche die Hilfe."

„Ich verstehe dich, nur fürchte ich, dass—"

„Ich bin zu alt für deine Tochter, das weiss ich. Doch würde ich nicht von ihr verlangen, mir Kinder zu gebären. Ich habe schon zwei und beim letzten Sultan, das reicht!"

Er lachte auf.

„Ich biete ihr an, mit mir zu sein, solange ich lebe und danach steht es ihr frei, als Witwe in Kesh zu residieren. Ich habe gehört, dass Witwen dort ein gutes Leben führen können. Sie haben eine Gemeinschaft gebildet."

„Das ist richtig", erwiderte mein Vater. „Meine Mutter ist Teil dieser Gemeinschaft."

„Siehst du", meinte Wali. „Dann könnte sie mit deiner Mutter leben."

„Ich weiss nicht, mein Freund."

„Deine Tochter ist nicht wie andere Töchter, Idris."

Ich konnte es nicht unterdrücken, auf diese Worte den Kopf heben zu müssen. Wali besass ein von der Sonne verwittertes Gesicht, doch seine Augen waren warm, genauso das Lächeln, das sich unter seinem weissen Bart versteckte. Er war kein Mann, der mir Angst einjagte. Er versprühte sowas wie Ruhe und Geborgenheit. Fast wie mein Grossvater damals.

„Ihre Bestimmung ist es, ein freies Leben zu führen", sagte Wali. „Und bei mir kann sie so frei sein, wie es unsere Bräuche erlauben. Sie ist ein Vogel, Idris. Und ein Vogel hält man nicht in einem Käfig."

Mein Vater brauchte keine weiteren Argumente, um sich zu entscheiden.

Wali bot einen haarsträubend hohen Brautpreis für mich. Mir stand der Mund offen, denn ich wunderte mich, woher er dieses Geld hatte.

Einhundertfünfzig Dinaren.

Das war für ein Hirte ein wirklich deftiges Sümmchen. Mein Vater konnte das Angebot schlicht nicht mehr abschlagen. Es war mit Abstand das höchste Gebot von allen. Damit würden sie nicht nur ihre Schulden tilgen, sondern sich auch noch mehr Ziegen kaufen können.

Er willigte mit dem alten Mann ein und schüttelte seine Hand.

Meine Mutter schob mich vor, damit ich Wali trotz bereits gefällter Entscheidung dennoch meine Sosse zum Kosten gab, doch dieser verneinte. Tomaten würden ihm seine Gicht nur in die Gelenke treiben, meinte er. Er bevorzugte es, weniger säuerliche Speisen zu essen und bediente sich am Brot, das ich ihm anbot.

Nach einer Weile verliess er unser Zeltlager.

Erst als er gegangen war, realisierte ich, was soeben geschehen war.

Mein Vater erhob sich von seinem Platz und streckte die Beine. Er kam auf mich zu, blieb vor mir stehen und blickte mich ernst an.

„Ich hoffe, du verstehst", sagte er.

„Das tue ich." Etwas stach in meiner Brust. „Du hast den besten Mann für mich ausgesucht."

Mein Vater nickte, seine Augen ruhten unablässig auf mir, als wöge er meine Gefühle ab. Ich schob mein Gesichtstuch zur Seite und rang mir ein Lächeln ab.

„Er ist weise, wird geachtet und respektiert. Er hat viele Ziegen und er ist geduldig. Er wird dich nicht schlagen." Mein Vater hielt die Luft an. „Und du wirst ihm keine Kinder schenken müssen."

„Ja, Baba." Eine Träne löste sich und rollte über meine Wange.

„Ich hätte mir Enkel gewünscht", sagte mein Vater leiser. Mir schnürte es den Hals zu. „Aber nicht, wenn sie mit Gewalt und gegen deinen Willen gezeugt worden wären." Er wandte sich ab. „Die anderen Männer hatten nicht genügend Achtung vor dir. Das konnte ich dir nicht antun."

„Ja, Baba", wiederholte ich. Mehr Tränen bildeten sich und kullerten unaufhaltsam über mein Gesicht.

„Du bist mir wichtig, Najmah." Seine Stimme brach und er musste sich räuspern. „Und ich wäre verdammt gewesen, wenn ich dich an diese Hyänen verkauft hätte."

Ich konnte nicht mehr ruhig dastehen. Schluchzend warf ich mich an seine Brust und schlang meine Arme um ihn. Er drückte mich an sich.

„Du bist meine Tochter, mein Blut, mein Herz und wenn ich dich schon weggeben muss, dann in Hände, von denen ich weiss, dass sie gut sind."

„Ich weiss, Baba, ich weiss", murmelte ich unaufhörlich in seine Brust.

Wenn er bloss gewusst hätte, dass ich einst in guten Händen gewesen war, dann hätte er sich all diese Sorge, diese Demütigung ersparen können. Doch meine Bestimmung war es nicht, der Vergangenheit nachzutrauern, sondern einer neuen Zukunft in die Augen zu schauen.

Eine Zukunft mit einem neuen Mann.

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Hallöchen! 

Bald wird geheiratet und ja, ich weiss, ich bin grausam. Aber nur Geduld. Es hat schon alles seine Richtigkeit. Wali klingt doch gar nicht mal so schlecht. Ein nettes Kerlchen.

Die Frage bleibt offen: Wie nur schafft es Najmah aus dieser Situation heraus?

Bleibt gespannt.

Hab euch lieb 

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