34 - Seligkeit auf Erden
„Der Kaffee muß so heiß sein, wie die Küsse eines Mädchens am ersten Tag, so süß, wie die Nächte in ihren Armen und schwarz wie die Flüche der Mutter, wenn sie es erfährt."
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ZAHIR
Seit langem war Zahirs Geist nicht mehr so klar wie an diesem Morgen.
Er lag hinter Najmah, schmiegte sich an ihren weichen Leib und horchte dem Gleichklang ihrer Atemzüge. Es war das beruhigendste Geräusch auf Erden.
Das und das Gefühl ihres Herzschlages, der durch die zarte Haut ihres Bauches in seine Handfläche pochte. Seine Finger lagen über ihrem Bauchnabel ausgebreitet, während seine Magie nicht damit aufhören konnte, durch ihren Körper zu fliessen. Zahir küsste ihre zierliche Schulter und presste sie fester an sich.
Beim Allmächtigen, die Nacht war ein Rausch gewesen! Einer, von welchem er nie genug kriegen würde.
Najmah begann sich in seiner Umarmung zu rühren. Zahirs Magie zog sich aus ihrem Herzen zurück und als er sie mit seiner Kraft losliess, obwohl seine Hand noch auf ihr lag, fühlte er sich schon weniger vollkommen.
Sie und ihr Licht — er wollte darin baden, konnte nicht genug davon kriegen.
Najmah drehte sich ihm zu, als sie merkte, dass sie in seinen Armen lag. Sie lächelte schlaftrunken.
„Wie kannst du so früh schon wach sein?", murmelte sie.
Das Morgengrau hing bereits über ihnen. Die Nacht war viel zu schnell vergangen.
Zahir kuschelte sein Gesicht in ihre Haare und stiess ihr seine Hüfte entgegen. Ein kleiner Schubser, aber genug, sodass sich Najmahs Augen weiteten und sich ihre Wangen verfärbten, als sie an ihrem Hintern ganz genau das spürte, was ihn schon seit der frühen Morgenstunde marterte.
„Etwas hat mich wach gehalten", raunte er an ihr Ohr.
Eine Gänsehaut zog sich über ihren erhabenen, nackten Körper. Hungrig beobachtete Zahir, was sein Atem auf ihrer Haut verursachen konnte. Ein Lächeln zupfte an seinen Lippen, als er seine Hand in Bewegung setzte und er sie vorsichtig zwischen ihre Schenkel schob. Ihren exponierten Nacken berieselte er dabei mit federleichten Küssen.
Ein zittriges Seufzen entkam Najmah, als seine Finger den Ort ihrer Bestimmung fanden und da wusste Zahir, dass er genau hier die Seligkeit auf Erden finden würde. In den weichen Laken seines Bettes und zwischen den Schenkeln seiner Frau konnte er sich bis in alle Ewigkeiten verlieren.
In der Nacht hatte er entdecken dürfen, welche Stellen besonders intensiv auf seine Berührungen reagierten und er hatte sich fest vorgenommen, alle zarten Punkte heute wieder ausfindig zu machen — aber dieses Mal mit seinem Mund.
Najmah ergab sich seinen Lippen und so liebte er sie ein weiteres Mal, diesmal ungehemmter und heissblütiger. Die lüsternen Klänge, die Najmah aus ihrer wundervollen Kehle entkamen, trieben ihn zielgenau über die Klippe seiner Lust.
Als sie wieder nebeneinander lagen, vom Schweiss klebrig und ausser Atem, stupste ihn Najmah mit dem Ellbogen an.
„Unersättlicher Prinz."
Zahir zog sie an seine Seite und lachte kehlig auf. „Ich bin machtlos dagegen."
Er wollte den Rest des Tages mit ihr im Bett verbringen, selbst wenn er wusste, dass die Wehrpflicht ausserhalb der Zeltplanen auf ihn wartete. Dass ein ganzer Krieg draussen wartete, um fortgesetzt zu werden — in spätestens fünf Tagen. Zahir wollte keinen Gedanken an das Schlachtfeld und ihre Grausamkeiten verschwenden.
Das hier war sein Frieden.
Najmah räkelte sich an seiner Flanke, während er mit den Fingerspitzen der Kuhle ihres Rückgrats entlang strich. Ein Streicheln, das ihr immer und immer wieder einen sichtbaren Schauer über die Haut rieseln liess. Er würde niemals genug von diesem Anblick kriegen.
„Ich glaube, wir sollten aufstehen", murmelte sie.
Zahir schüttelte den Kopf. „Man wird mich mit Gewalt von dir reissen müssen. Ich bewege mich nicht weg. Nie wieder."
Bei den Worten zog er sie noch enger an sich und drückte ihr einen Kuss auf den Haaransatz. Sie lachte leise auf.
„Wir müssen die Welt retten, mein Herz", hielt sie dagegen. „Nicht vergessen."
Zahir seufzte, löste sich von seiner Verlobten und setzte sich augenreibend auf. Najmah erhob sich ebenfalls. Ihre langen, wallenden Haare fielen ihr über die Brust. Man sah ihr an, dass sie sich im Bett mit jemandem gewälzt hatte. Mit ihm. Dieser Traum von einer Frau. Zahir konnte es noch immer nicht fassen, dass er ihr gehörte.
Er blinzelte, um sich aus der Trance zu lösen, in welcher er sich immer wiederfand, wenn er sie zu lange betrachtete und so fokussierte er sich stattdessen auf ihre Worte.
„Erzähle mir nochmal, wie du Hamza zu einem Frieden überreden wolltest", sagte er und kniff die Augen reuevoll zu. „Ich kann mich nicht mehr so klar daran erinnern."
„Hast du mir denn nicht zugehört?"
Zahir kratzte sich am Hinterkopf. Doch das hatte er. Aber in der Nacht, zwischen den zahlreichen Zärtlichkeitsbekundungen, da war sein Kopf nicht imstande gewesen, alle Informationen zu verarbeiten, geschweige denn sich diese zu merken.
Nach ihrem ersten Mal, als sie beide überwältigt und fiebrig vor Lust nebeneinander gelegen hatten, hatte Najmah ihm von ihrem Tag erzählt. Sie hatte ihr Herz ausgeschüttet und sich den Kummer von der Seele geredet.
„Doch, aber ich war damit beschäftigt, in den Erinnerungen deines Körpers zu schwelgen", erwiderte Zahir und grinste, denn das war seiner Meinung nach eine sehr gute Entschuldigung für seine fehlende Konzentration — es war allein der pochenden Lust in seinen Lenden zuzuschreiben.
Diese verführerische Röte schoss Najmah in die Wangen, als sie den Blick abwandte.
„Du bist so hohl", murrte sie.
Zahir streckte seine Hand aus und strich ihr eine Strähne hinters Ohr. Wie ihre Haare so seidig sein konnten, war ebenso ein Wunder, wie das Schimmern ihrer Haut. Sie strahlte förmlich von Innen.
„Ich habe dir zugehört, mein Stern", flüsterte er. Zumindest mit halbem Ohr.
Ihre Augen fanden die seinen und Zahir konnte die stumme Bitte darin sehen. Sie brauchte seine Hilfe. Sie wollte seine Meinung hören. Also gab er sich Mühe, sich an ihr kurzes Gespräch zu erinnern, in welchem Najmah ihm offenbart hatte, was sie von seinem ältesten Bruder wollte.
Zahir brauchte einige Herzschläge, bis er alles wieder beisammen hatte und nicht mehr an das Gefühl ihrer seidenen Haut dachte und wie sie sich unter ihm gewindet hatte, wie sie gestöhnt hatte—
Beim weissen Dschinn! Sein eigener Körper war ein hinterlistiger Verräter. Seine Verlobte verlangte von ihm, einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Das würde er wohl noch hinbekommen.
„Ich denke, Hamza lässt sich nur dann zu einem Verhandlungsgespräch mit den Dohad überreden, wenn er keine anderen Optionen mehr hat", meinte er schliesslich. „Es müsste in der Schlacht noch hoffnungsloser um uns stehen, dann würde er es womöglich in Erwägung ziehen."
In Anbetracht der Umstände, fand Zahir diese Antwort eine echte Glanzleistung.
Nicht so aber seine Verlobte. Najmahs Sorge stiess ihm sogleich entgegen, sodass es Zahir selbst in seinem Brustkorb fühlen konnte.
„Das muss ich verhindern. Ich kann nicht zusehen, wie du in die Schlacht ziehst, Zahir", sagte sie mit bebender Stimme. „Ich kann es nicht. Mein Herz würde es nicht aushalten."
Er strich ihr besänftigend über den Oberarm. „Ich weiss."
Auch er wollte nicht mehr in den Wahnsinn der Schlacht stürzen. Bevor er Najmah hatte in seine Arme schliessen dürfen, war er kurz davor gewesen, freiwillig sein Leben für dieses Gemetzel zu geben. Weil er geglaubt hatte, dass der Sinn seines Lebens nicht mehr existierte. Doch sie sass vor ihm. Er hatte sie fühlen, berühren, riechen und lieben dürfen. Er wollte das nicht verlieren, niemals und ganz besonders nicht in einem Krieg.
Nur kannte er wirklich keine Alternative. Hamza war stur und strategisch und vor allem war er stolz. Verhandlungsgespräche gehörten nicht zu seiner Lieblingskür, weil es ein Kräftemessen auf einer anderen Ebene war. Einer, auf welcher sich Hamza nie überlegen gefühlt hatte.
Im Gegenzug dazu war Hakim, sein zweitältester Bruder, viel geschickter in Sachen Diplomatie. Doch Hamza würde es nie wagen, seinen jüngeren Bruder um Unterstützung zu bitten. Auch dafür war er zu überheblich.
Zahir legte beide Hände ans Gesicht seiner besorgten Frau und zog sie zu sich heran, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu hauchen.
„Wir werden schon einen Weg finden", sprach er ihr gut zu.
Sie nickte, doch die kleine Kerbe an ihrem Kinn, die sich immer dann bildete, wenn sie etwas beschäftigte, wich nicht aus ihrem Gesicht.
„Ich hoffe nur, dass es nicht zu spät sein wird", murmelte sie.
Zahir runzelte die Stirn, doch Najmah schlüpfte bereits aus dem Bett und ging zur Waschschüssel, die auf dem Sekretär stand. Zahir beobachtete sie dabei, wie sie anfing, sich zu säubern.
Sie allein wusste, was die Zukunft für sie alle bereithielt. Er sah es ihr an, dass dieses Wissen eine immense Last für sie darstellte. Eine, die sie alleine tragen wollte, obwohl sie es nicht musste.
„Zu spät wofür, mein Stern?", hakte er nach, um ihr die Möglichkeit zu geben, den Kummer mit ihm zu teilen.
Najmah schrubbte ihre Schultern ab und hielt in der Bewegung inne. Einzelne Wassertropfen bahnten sich ihren Weg ihr Rückgrat hinunter bis zu ihrem Hintern und Zahir konnte es nicht unterlassen den Perlen bei ihrer Rutschfahrt zuzusehen.
Sie wusch die Spuren der Nacht von sich. Das gefiel Zahir überhaupt nicht. Er nahm sich fest vor, ihre Haut wieder zu kosten und ihr nochmals einen Grund zu geben, sich waschen zu müssen.
Leider merkte er etwas zu spät, dass seine Verlobte mit den Tränen kämpfte. Ihre Weiblichkeit hatte ihm schon wieder den Verstand getrübt! Das konnte doch nicht wahr sein!
Sofort war er auf den Füssen und stand bei ihr.
„Was ist, mein Stern?"
Sie schluckte schwer und schüttelte den Kopf. Er wollte nachforschen und sie weiter dazu drängen, ihm mehr zu verraten, doch da wurden sie unterbrochen.
„Zahir! Schnell! Wir brauchen dich!"
Es war Karim, der rief.
Ein Gefühl sagte Zahir, dass der Berater des Feldmarschalls auf dem Weg hierher war — ins Zelt, in welchem sie beide noch nackt standen.
Zahir handelte schnell und legte den Seidenmantel um die Schultern seiner Verlobten, damit sie ihre Blösse verdecken konnte. Najmah blickte erschrocken zu ihm hoch, die Tränen hingen noch in ihren Augenwinkeln.
Gerade, als Najmah den Mantel an ihrer Taille verknotete und Zahir sich selbst eine Hose übergestreift hatte, wurde die Zeltplane zur Seite geschoben und Karim eilte herein.
Der Pflanzensäer blieb atemlos vor ihnen stehen.
„Zahir", keuchte er.
Seine Augen registrierten die verwühlten Bettlaken, die verstrubbelte Erscheinung Zahirs mit noch offener Hose, den Waschlappen und den dünnen Schlafmantel, der sich an die Rundungen seiner Verlobten schmiegte. Karim musste sogleich verstanden haben, was hier geschehen war.
Zahir stellte sich vor Najmah hin, um sie vor Karims neugierigem Blick abzuschirmen. Der Pflanzensäer blieb allerdings respektvoll und wandte sogleich die Augen ab, das Gesicht hielt er unverändert neutral.
„Was ist los?", verlangte Zahir um Antwort, während er seine Hose zuschnürte und in seinen Kaftan schlüpfte.
Karim straffte die Schultern. „Es ist Zafar", erwiderte er. „Er ist rasend."
Wie ein Hammerschlag pochte plötzlich dasselbe dumpfe Gefühl gegen Zahirs Schädel, das ihn stets durch den Tag begleitet hatte. Als hätte die blosse Erwähnung seines Bruders den dunklen Fluch in ihm wieder geweckt.
„Wo?"
„Im Lazarett. Er hat zwei seiner Männer schwer zugerichtet. Die Heiler schaffen es kaum, ihn festzuhalten ..." Karim zögerte und Zahir hätte schwören können, dass er schwer schluckte. „Es ist schlimmer als beim letzten Mal."
Mehr musste Zahir nicht wissen. Wenn es noch weiter ausgeartet war als vor vierzehn Tagen, dann wollte er sich nicht vorstellen, welche Zerstörung Zafar im Zeltlager hinterlassen haben musste. Es würde ihn nicht wundern, wenn sein Bruder aus blinder Wut jemandem das Leben genommen hatte.
Beim allmächtigen Dschinn, er konnte es förmlich spüren, wie die Dunkelheit in seinem Inneren bei der Vorstellung wieder anwuchs, als fände sie Freude an der Zerstörung und dem Grauen.
Zahir schüttelte den Kopf, doch er schaffte es nicht, es zu verhindern, dass sie sich aus ihrem Versteck wand, in welches sie sich in der vergangenen Nacht verkrochen hatte. Wie eine schwarze Viper schlängelte sie sich heraus und nahm seine Gedanken ein.
Demungeachtet schlüpfte Zahir in seine Schuhe. Um seinen Bruder stand es schlimmer. Darum musste er sich als Erstes kümmern.
Karim hielt die Zeltplane hoch und Zahir wollte hinauseilen, allerdings wurde er von seiner Verlobte am Arm zurückgehalten. Ein unglaublich kummervoller Ausdruck hing in ihrem Gesicht.
„Was ist mit ihm?", wollte sie wissen.
„Ein Wutanfall", erklärte er.
Najmah konnte nicht wissen, was das bedeutete, denn sie hatte Zafar noch nie so ausser sich gesehen und Zahir wollte auch nicht, dass sie diese Seite seines Bruders jemals zu Gesicht bekam. Er legte seine Hände auf ihre Schultern und blickte ihr tief in die Augen.
„Egal, was du hörst, bleib hier."
Ihre Augen schwenkten zwischen seinen hin und her. Sie musste ihm ansehen, wie ernst er es meinte.
„Zahir", hauchte sie. „Deine Pupillen sind geweitet."
Er winkte diese Tatsache ab. „Das geht vorüber."
So war es bisher immer gewesen. Die Finsternis kam, nahm sich einen Teil von ihm und dann verzog sie sich wieder.
„Ich bin gleich wieder da", versprach er ihr, bevor er sie im Zelt zurückliess und sich mit Karim auf den Weg ins Lazarett machte.
Das Pochen in seinen Schläfen wurde schmerzhafter, je näher sie dem Krankenzelt kamen und je deutlicher die aufgebrachte Stimme seines eigenen Bruders an seine Ohren drang. Es war, als strecke die Dunkelheit in seinem Kopf ihre Fühler nach Zafar aus.
Zahir wappnete sich gegen den Anblick, der sich ihnen gleich eröffnen würde und trat ins Krankenzelt.
Karim hatte nicht untertrieben. Es war tatsächlich schlimmer als beim letzten Mal.
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Hallihallo
Ich hoffe, euch hat das Kuscheln der Verliebten gefallen.
Was denkt ist, was bloss in Zafar gefahren ist?
Ich wünsche euch ein wunderbares Wochenende!
Hab euch lieb ❤️
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