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25 - Überraschung

"Die Feindschaft der Verwandten ist gefährlicher als der Stachel eines Skorpions."

☆☆☆

„Bist du dir wirklich sicher, dass das eine gute Idee ist?", fragte mich Amela zum hundertsten Mal.

Wir ritten gen Norden, in die Richtung, in welche kein Mensch mit einem gesunden Verstand reiten würde: Zur Schlacht. Dort hin, wo tapfere Männer kämpften und ihr Blut den Boden tränkte wie Wasser eine Oase.

Kein Ort für die Prinzessin, aber genau der Ort, an welchen ich sie gebeten hatte, mich hinzubringen.

„Hamza wird mich als seine Beraterin aufnehmen müssen", erwiderte ich. „Er wird keine Wahl haben, denn ich werde ihm keine geben."

Amela runzelte die Stirn, wie auch gestern. „Der Mistkerl hat es nicht verdient, dass du ihm hilfst."

„Er vielleicht nicht, aber die Muzedin, die Serengeke und die Casbari haben es", antwortete ich und liess meinen Blick über die Hügel Tulhaias schweifen, die sich in sanften Wellen vor uns erstreckten. „Es ist ihre Zukunft, die ich im Auge habe."

Dazu hatte Amela nichts mehr anzufügen. Da wir eine Weile über die Dünen reiten mussten, vertrieb sie sich die Zeit bis zu unserer Ankunft damit, mich über ebendiese Zukunft auszufragen.

Sie stellte sich diese Epoche viel besser vor, als ihre Gegenwart und Amela konnte nicht aufhören, davon zu schwärmen, wie gerne sie einmal durch die Zeit reisen würde. Ihr verging allerdings schnell die Lust danach, als ich ihr schilderte, unter welchen Bedingungen die Mädchen und Frauen in der Zukunft ihr Dasein fristeten.

Das war der Prinzessin dann doch zu viel.

„Dann bleibe ich eben hier bei meinen grenzdebilen Brüdern", seufzte sie und ich konnte nicht anders, als leise aufzulachen.

Amela gehörte hier hin. Genauso wie ich.

Um die Mittagszeit erreichten wir die ersten Zelte des Kriegslagers. Die Sonne brannte gnadenlos am Himmel und trieb mir den Schweiss aus den Poren.

Flaggen mit dem Siegel des Sultans flatterten im Wüstenwind. Ich sah meiner Freundin an, dass eine unbändige Wut sie bei dem Anblick überkam. Hamza bediente sich der Symbole ihres Vaters. Ihres verstorbenen Vaters. Dafür würde sie ihn sicherlich auseinandernehmen wollen.

Die weissen Stoffzelte reihten sich zu unseren Flanken. Hunderte, tausende blaue Krieger kampierten mitten in der Wüste und liessen ihre Leben auf dem Schlachtfeld, welches sich nicht mehr weit von uns befinden musste.

Mir wurde bei dem Gedanken mulmig zumute.

Ein Pfad führte durch die Zeltstadt bis ins Zentrum, zu einem grossen Zelt mit weiten, hohen Planen. Die Schlafstätte des Feldmarschalls und der Ort, an welchem er seine strategischen Züge plante.

Wir sprangen von den Pferden und banden sie in der Nähe der Stallungen an zwei freie Pfähle. Das Soldatenlager schien leergefegt, als wären die Krieger noch nicht von ihrer Schlacht zurückgekehrt.

Eine unheilvolle Stille tanzte im Wind wie ein Vorbote des Todes.

Ich streichelte das weiche Fell meines Pferdes und bemühte mich, meine Nervosität nicht auf das Tier zu übertragen. Es graute mir davor, wieder vor Hamza treten zu müssen, besonders nach all dem, was er zuletzt gesagt und getan hatte. Doch keinen Weg führte daran vorbei. Ich musste in dieses Zelt.

Latifs Schimmel, den ich liebevoll Nazim getauft hatte, schnaubte unbeeindruckt. Mein Zittern schien ihn nicht aus der Ruhe zu bringen, also lehnte ich meine Stirn an seinen muskulösen Hals und hoffte, dass sein Seelenfrieden und sein Selbstbewusstsein ansteckend waren. Ich brauchte diese Furchtlosigkeit nämlich unbedingt.

„Hamza wird dir nichts anhaben können", hörte ich Amela neben mir sagen. Sie musste über ihre Magie gespürt haben, wie es in meinem Inneren rumorte. „Ich werde nicht zulassen, dass er dir zu nahe kommt."

Ohne mir noch länger die Gelegenheit zu geben, meine Taten zu überdenken, hakte sie sich in meinen Ellbogen ein und schleppte mich zum Eingang.

Arm in Arm traten wir ein.

☆☆☆

Es war dunkel im Inneren des Zeltes. Von der Sonne geblendet blinzelte ich, bis ich die Silhouetten erkannte.

In der Mitte befand sich ein dunkler Tisch, auf welchen sich Hamza mit beiden Fäusten stützte und den Kopf auf etwas gerichtet hatte, das eine Karte sein musste. Seine blutrote, edle Uniform mit passendem Turban und der goldene Säbel, welcher an seinem Gurt prangte, waren eine klare Warnung davor, welche Kräfte unter seiner Haut brodelten.

Neben dem Feldmarschall stand Luay in seiner königsblauen Kleidung, die Arme vor der Brust gekreuzt, den Blick ebenso auf den Tisch gerichtet und an seiner Seite hatte sich ein dritter Kerl positioniert, das Gesicht verdeckt.

Das Zeltdach reichte weit in die Höhe und erlaubte es, dass die Luft gut zirkulierte und die stickige Hitze nicht am Boden verweilte, sondern durch einen sanften Wind uns um die Beine strich. Zwei Feuerschalen beim Eingang beherbergten schwach flackernde Flammen, die in der Brise tanzten.

Die Männer hatten nicht bemerkt, dass wir hereingetreten waren, also räusperte sich die Prinzessin hörbar und kehlig, so als ob sie spucken musste. Es war ein grässliches, unelegantes Geräusch.

Die Köpfe der Männer schossen in die Höhe.

„Überraschung!", flötete die Prinzessin und schritt in die Mitte des Zeltes. Mich zog sie an ihrem Ellbogen mit.

Meine Anwesenheit wirkte wie ein Versteinerungszauber. Die drei Männer erstarrten, wirkten kurzerhand der Sprache beraubt, als stünde der weisse Dschinn höchst persönlich vor ihnen.

Mein Herz klopfte mir vor Aufregung bis zum Hals.

Hamza stierte mich nieder. Seine feurigen Augen wirkten dermassen aufgewühlt, dass ich die Hitze auf meiner Haut spüren konnte wie das Brennen eines Sonnenbrandes.

Mein Blick schweifte zu Luay. Er schwankte und musste sich an der Schulter des dritten Mannes neben ihm festhalten, damit er nicht taumelte.

Der Feldmarschall löste seine Fäuste vom Kriegstisch, sein Blick unablässig auf mich fixiert und richtete sich zu seiner vollen Grösse auf. Seine Schultern wirkten stramm und angespannt. Er umrundete den Tisch und kam auf uns zu.

Mir entging nicht, wie sich Amela schützend vor mich hinstellte.

„Die Sternenseherin ist also von den Toten auferstanden", staunte Hamza und blieb vor uns stehen. Seine Augen glitten von meinem Gesicht über meine kasbahrische Kleidung bis zu meinen Füssen und wieder hinauf. „Man hatte mir von deinem Verscheiden berichtet. Es ist eine überaus grosse Freude, dich wohlauf zu sehen, Najmah", raunte er.

„Die Freude ist einseitig", erwiderte ich überraschend kühn.

Neben mir prustete Amela auf, doch sie klopfte sich sogleich auf die Brust, hüstelte und tat so, als hätte sie sich verschluckt.

Hamzas Kiefer spannte sich an, doch liess er sich keine weitere Irritation anmerken. Nur die Flammen in den Feuerschalen, die plötzlich wilder züngelten, verrieten, dass ihn meine Worte mindestens ein bisschen getroffen hatten.

„Du hast recht", grummelte er. „Unser letztes Treffen verlief nicht ganz reibungslos — sehr zu meinem Bedauern, natürlich. Meine Pläne waren aufgrund der dringlichen Lage nicht fertig gedacht und etwas voreilig. Du musst dem Feldmarschall verzeihen."

Ich blinzelte ihn sprachlos an. War das etwa eine Entschuldigung?

„Deine Pläne waren widerlich", fauchte Amela ihren Bruder an.

„Meine Pläne hatten durchaus ihren Sinn", hielt er sogleich dagegen.

Amela wollte einen draufsetzen, um ihm zu kontern, doch ich kam ihr dazwischen.

„Weder in diesem Leben noch im nächsten werde ich deine Mätresse oder deine Ehefrau werden", stellte ich ein für allemal klar.

Hamza verdrehte die Augen und winkte meine Worte weg, als bedeuteten sie nichts. „Ja, ja, das hat mir meine gute Schwester auch eingebläut."

Ein glühender Blick, den er Amela zuwarf. Diese grinste ihn an. Dann richtete sich Hamzas Glut wieder auf mich. Er hob interessiert die Augenbrauen in die Höhe.

„Nun denn ... Was verschafft mir die Ehre?", fragte er. „Bist du an die Front gekommen, weil du deinen Verlobten wiedersehen möchtest?"

Ich ignorierte den spöttischen Unterton in seiner Stimme bei der Erwähnung meines Sandlesers und obwohl seine Vermutung durchaus stimmte, schüttelte ich den Kopf. Das musste noch warten.

„Ich bin zurückgekommen, weil du mich brauchst", legte ich offen. „Als Beraterin."

In dem Moment kreuzte sich Luays Blick mit meinem. Unglaube und tiefer Schock las ich seinem Gesicht ab. Hamzas Mundwinkel zuckten, bis sie sich zu einem verschmitzten Grinsen formten. Ihm gefiel, was er hörte.

„Du bist also doch für mich zurückgekommen?"

„Für deine Landsleute", korrigierte ich ihn zähnefletschend. „Es sind die Bewohner der Wüste, die mich brauchen. Die unschuldigen Menschen und Opfer deines Krieges."

Der Feldmarschall nickte und wirkte dabei beeindruckt. Ich wusste, wie sehr er für sein Land und seine Leute brannte. Im Grunde genommen verfolgten wir dieselben Ziele, nur mit unterschiedlichen Mitteln. Es konnte nicht schaden, ihm das deutlich zu machen. Ich war eine Komplizin, keine Feindin.

„Wenn du meinen Landsleuten so gerne helfen möchtest", meinte Hamza sodann und deutete mit einer schwungvollen Bewegung zum Tisch aus dunklem Wüsteneisenholz hinter ihm, welcher mit Karten und etlichen Figuren bedeckt war, „dann geselle dich doch zu uns, Sternenseherin, und sage uns, was unsere nächsten Schritte sein sollen."

Luay und der mir unbekannte Kerl tauschten sich verstohlene Blicke aus.

„Wir sind uns nämlich unschlüssig und könnten den Rat einer Person, die —" Hamza hielt inne, um die Nase zu rümpfen. „— eine Ahnung davon hat, welches die strategisch richtige Entscheidung wäre, gut gebrauchen."

Ich bewegte mich nicht, denn Amela schien mich nicht loslassen zu wollen. Im Gegenteil: Ihre Hand zog mich enger an sich.

„Na los", drängte Hamza, „komm näher und zeige uns, was du taugst."

Amela schnaubte laut. Ihr missfiel offensichtlich das Verhalten und die Wortwahl ihres Bruders. An mir ging es vorbei wie ein laues Lüftchen, denn auf diesen Teil hatte ich mich vorbereitet. Tagelang hatte ich die Bücher über diesen Krieg studiert. Hamza konnte toben und beissen, wie er wollte. Ich hatte ihn in der Hand, selbst wenn er das selbst noch nicht realisierte.

Ich kannte Hamzas gesamte Zukunft und ich kannte sein Ende. Das Lächeln, das ich aufsetzte, reichte nicht bis zu meinen Augen.

„Qarda ist verloren. Ihr werdet es so schnell nicht wieder zurückgewinnen", offenbarte ich, ohne auf die Schlachtkarte zu schauen, denn ich wusste aus meinen Lektüren, dass es dem Feldmarschall besonders geschmerzt hatte, die Siedlung bei der Totenstätte aufgeben zu müssen und ich vermutete, dass es diese Entscheidung war, um welche es ging.

Ich hoffte inständig, dass ich richtig lag.

Hamzas Kiefermuskeln spannten sich an. Ich deutete es als Zeichen, dass meine Vermutung stimmte.

„Ihr müsst euch im Tal der Tränen neu formieren", fuhr ich deswegen fort. „Gib deinen Männern Zeit, um zur Ruhe zu kommen. Die Dohad haben schwere Verluste erlitten, sie werden euch während zehn Tagen nicht angreifen. Ihr Anführer wurde zudem schwer verletzt. Sein Arm wird Zeit brauchen, um zu heilen."

Die Luft vibrierte und plötzlich roch es nach Rauch. Hamzas Magie füllte das Zelt und ich meinte zu spüren, wie es warm wurde, wie die Winde uns nicht mehr den Nacken kühlen konnten und das Feuer in den Feuerschalen unruhiger zu knistern begann.

Ich hatte einen empfindlichen Nerv getroffen. Und ich hatte recht.

Niemand, der nicht Teil dieser Schlacht gewesen war, konnte wissen, dass Oman der Listige während den bitteren Kämpfen verletzt worden war. Eine hässliche aber nicht fatale Fleischwunde an seinem linken Arm, verursacht von einem mutigen blauen Krieger.

Nur ein Soldat konnte das wissen — oder eine Sternenseherin, welche die Zukunft gesehen hatte.

„Siehst du?", mischte sich nun der Mann neben Luay ein. „Ich habe dir gesagt, sie werden die Waffen für ein paar Tage ablegen."

Seine Stimme kam mir bekannt vor und als ich genauer hinsah, wusste ich auch gleich, wer er war. Es war der Pflanzensäer. Der Kerl, der sich beim Eid Ajiral mit Sinan zu mir und Amela gestellt und mir eine Nachtkerze geschenkt hatte.

Ich deutete ein grüssendes Nicken an, was er mit einer ebenso subtilen Geste erwiderte. Seine grünen Augen funkelten dabei freundlich.

„Du hast sie gehört, Bruder", murrte Amela und stemmte ihre freie Hand in die Hüfte. „Ein paar Tage Pause würde deinen elenden Soldaten gut tun. Sie können zu Kräften kommen und der Truppenkoch wird sie wieder richtig durchfüttern können. Nicht wahr, Luay?"

Dieser hatte sich kaum gerührt, sondern starrte unablässig in meine Richtung.

„Luay?", wiederholte Amela.

Er zuckte zusammen und schüttelte den Kopf, als müsse er die Gedanken, die ihn festgehalten hatten, abwimmeln.

„Ja, wir werden die Rationen aufstocken können. Die Lieferengpässe der letzten Tage hat an den Kräften deiner Männer gezehrt. Ein paar Tage wird genügen, um sie zu stärken."

Amela zuckte mit den Schultern. „Ruhe und Kraft. Klingt doch nach einem guten Plan, finde ich."

Hamza wirkte nicht überzeugt, oder aber es schien ihn zu stören, dass alle Anwesenden im Zelt gleicher Meinung waren.

„Und wenn es nicht stimmt?", knurrte er und warf mir dabei einen warnenden Blick zu. „Wenn ihre Kräfte einmal mehr versagen? So wie diese Dürre, die nie kam, oder den Angriff, den sie nie vorausgesehen hat?"

Seine Zweifel waren durchaus gerechtfertigt. Ich hatte ihn angeschwindelt und nichts von der Attacke der Dohad gewusst, obwohl ich die Zukunft für den Sultan prophezeit hatte. Mich als Scharlatanin zu bezeichnen war gar nicht mal daneben.

„Es stimmt", fauchte Amela zu meiner Verteidigung. „Najmah ist die Zukunft, also höre gefälligst auf sie."

„Ob sie richtig liegt oder nicht, wird sich bestimmt zeigen, mein Feldmarschall", brachte der Pflanzensäer ein. „Halte deine Männer in Alarmbereitschaft und schicke deine besten Späher raus, um das feindliche Lager zu beobachten. Wenn sie Truppenbewegungen melden sollten, können wir den Grossteil der Armee in Windeseile wieder mobilisieren."

Der Pflanzensäer wusste, wie man den ersten Sohn des Sultans überzeugte, denn dieser zeigte Anzeichen, dass er es sich tatsächlich überlegen wollte.

„Karim hat recht. Ausserdem wird die Pause es den Heilern ermöglichen, die Männer wieder herzurichten", fügte Luay als Argument hinzu. „Mehr Männer, die kämpfen können, wenn es zu einem weiteren Aufeinandertreffen kommen wird."

Hamza stützte sich an einer Stuhllehne ab und rieb sich den Nasenansatz. Er kniff die Augen zusammen, als plagten ihn schreckliche Kopfschmerzen. Für einige Herzschläge wurde es still im Zelt, während wir alle auf seine Antwort warteten.

„Na schön!", knurrte er schliesslich und wedelte mit der Hand herum. „Setzt alles in Bewegung und sorgt dafür, dass die Männer wieder Männer werden!"

Schnaubend marschierte er auf mich zu und deutete mit dem Zeigefinger auf mein Herz. „Sollte irgendwas von dem, was du vorausgesagt hast, nicht stimmen, werde ich dafür sorgen, dass—"

Amela schnippte seine Worte weg.

„Du drohst meiner Schwester nicht, hast du gehört?", zischte sie. „Oder sonst ertrinkst du gleich an deiner eigenen Spucke."

Ein zuckersüsses Lächeln bildete sich auf Amelas Gesicht. Hamzas Ärger schien das allerdings nicht zu stillen.

„Selbst wenn die Männer rasten, werden wir es nicht tun", meinte er und blickte mir dabei direkt in die Seele. „Übermorgen versammeln wir uns hier wieder und ich will dich kurz nach Sonnenaufgang in diesem Zelt sehen."

Ein Befehl, der keine Verweigerung zuliess. Ich zuckte nicht mit der Wimper, als ich ihm mit einem Kopfnicken zu verstehen gab, dass er auf mich zählen konnte.

Schnaubend stampfte Hamza aus seinem Zelt.

Erst als der Feldmarschall ausser Hörweite war, liess Amela endlich meinen Arm los und klatschte zufrieden in die Hände, als hätten wir soeben harte körperliche Arbeit verrichtet.

„Schön, dass wir das geklärt haben", meinte sie und stupste mich mit dem Ellbogen an. „Hat ja alles so geklappt, wie wir wollten, nicht wahr?"

„Das hat es tatsächlich", murmelte ich. Ich konnte es kaum glauben, dass mein Plan funktioniert hatte.

Amela liess ein Geräusch hören, das wie ein Knurren klang.

„Ich habe aber noch ein ernstes Wörtchen mit Hamza zu reden", murrte sie. „Von Schwester zu grossem Bruder. Diesen Umgangston mit Familienmitgliedern toleriere ich nämlich nicht. Krieg hin oder her. Respekt soll nicht flöten gehen! Der kriegt dafür gleich noch eins auf den Deckel."

Ihre Hand legte sich auf meinen Oberarm.

„Najmah, ich bin mir sicher, dass dich Luay gleich zu Zahir bringen wird. Wir beide sehen uns später oder dann morgen zum Frühstück. Ich bleibe höchstens eine Nacht hier." Sie zwinkerte mir zu. „Danach braucht mich Azoul wieder."

Ich schenkte ihr eine flüchtige Umarmung. „Danke, dass du mich hierher gebracht hast."

„Für dich alles, Schwester."

Amela wollte aus dem Zelt marschieren, da bewegte sich Karim und streckte den Arm nach ihr aus.

„Wartet, Prinzessin", verlangte er. „Lasst mich euch eskortieren."

Amela blieb beim Eingang des Zeltes stehen und runzelte die Stirn. „Wozu?"

„Zu eurem Schutz, natürlich." Karim trat näher. Seine Augenbrauen waren über seinen waldgrünen Augen streng zusammengezogen. „Vor dem Fussvolk, das hier im Lager verkehrt."

Ein lautes Schnauben entfuhr der Prinzessin. „Sehe ich so aus, als ob ich Personenschutz nötig hätte?"

Karim stutzte und liess den Arm sinken, offenbar leicht vor den Kopf gestossen. Ein leises Kichern entfuhr mir. Der Pflanzensäer hatte wohl ganz vergessen, was für eine Frau Amela war.

„Amela", meldete sich Luay zu Wort. „Hör auf den Mann."

Die Prinzessin seufzte und verwarf die Arme. „Wenn es sein muss", stöhnte sie und marschierte aus dem Zelt, ohne auf ihren Wächter zu warten. Von draussen hörten wir sie fluchen. „Wo ist dieser schleimige Feuersalamander wieder hingekrochen?"

Karim blickte etwas irritiert auf die flatternde Zeltplane, als wäre er sich nicht so sicher, ob nicht eher er Schutz vor der Prinzessin bräuchte als umgekehrt, doch dann straffte er die Schultern und verliess das Zelt.

Nun stand ich mit Luay alleine da. Der grossgewachsene Windflüsterer blickte mich mit Augen an, die noch immer nicht realisieren wollten, was sie sahen.

„Luay", murmelte ich und trat näher.

Er bewegte sich nicht. Allmählich befürchtete ich, dass er einen Groll auf mich hegte, weil ich zurückgekehrt war. Er hatte mich vor Hamza retten wollen und ich war ihm direkt in die Arme gelaufen. Freiwillig. Das schrie förmlich nach einer Erklärung.

„Wir dachten... ", begann er zu murmeln, doch dann schüttelte er den Kopf. „Warum bist du hier?"

Ich wusste wie er das meinte. Es war nicht die Tatsache, dass ich im Soldatenlager stand, die ihn zum Stutzen brachte, sondern, dass ich in derselben Zeit war wie er, wo ich doch weit weg in der Zukunft sein sollte. Dort, wo sein Bruder mich hingeschickt hatte.

„Ich kann dir alles erklären", sagte ich leise. „Aber zuerst muss ich Zahir sehen. Danach kannst du mir alle Fragen stellen, die du hast und ich verspreche dir, ich werde sie beantworten."

Luay starrte mich an und blinzelte dabei kaum. Ich trat näher und hob vorsichtig meine Hand an seinen Arm, legte meinen Kopf in den Nacken, um diesem riesigen Mann in die silbernen Augen zu blicken.

„Bitte, Luay."

Endlich schien er sich aus seiner Starre selbst befreien zu können, als hätte ihn meine Berührung erlöst.

„Das ist Wahnsinn."

„Bitte, Luay, bring mich zu ihm", wiederholte ich.

Die hellgrauen Augen des Wüstenprinzen musterten mich sorgenvoll und ich wusste, dass es nichts Gutes zu bedeuten hatte. Nicht, wenn mich dieses Gesicht sonst immer mit einem warmen Strahlen begegnet war. Der Krieg musste diese Unbeschwertheit von ihm weggefegt haben wie Staub vom Boden.

Luays breite Hand legte sich auf meine Schulter. „Es ist im Lager nicht sicher für dich, Najmah. Du solltest wirklich nicht hier sein."

„Oh, ich habe weitaus grössere Probleme als meine eigene Sicherheit."

Die Magie zu retten zum Beispiel. Die Zukunft der magischen Völker zu sichern, glich nicht gerade einer einfachen Aufgabe!

„Die Soldaten kommen soeben aus einer Schlacht, Fennek. Sie sind euphorisch, überdreht, trunken vor Kampfeslust und berauscht vom Irrsinn des Tötens."

Als er das sagte, drang Lärm von draussen ins Zelt. Der Radau schien anzuschwellen wie eine Welle, die über das Soldatenlager hereinbrach. Die Krieger kehrten von der Front zurück.

„Sie sind nicht sie selbst", sagte Luay. „Es ist zu gefährlich für dich."

„Mir wird schon nichts passieren."

„Nein, du verstehst nicht." Luay trat näher, drückte meine Schulter fester. „Sie stehen unter dem Einfluss des Goldkugelkaktus."

Ich blinzelte. „Des Goldkugel-was?"

„Die Essenz des Goldkugelkaktus ist ein Rauschmittel, das sich die Krieger in die Augen geben."

„Ein Rauschmittel? Wozu brauchen sie ein Rauschmittel?"

„Najmah." Luay klang beinahe schon mitfühlend. „Keiner dieser Männer will diesen Krieg. Niemand will töten, aber sie müssen es tun. Die Tropfen des Goldkugelkaktus nimmt ihnen die Gefühle, das Gewissen. Macht sie zu perfekten Soldaten, die Befehlen gehorchen, ohne auch nur einen Moment zu zögern."

„Aber —"

„Es macht sie zu Biestern. Ihre Triebe werden dadurch bis aufs Äusserte geschärft. Ur-Instinkte, die das eigene Überleben sichern. Es hat einen Grund, warum wir keine Frauen im Soldatencamp, sondern nur im Lazarett erlauben. Sie könnten sich an dir vergreifen, wenn du da schutzlos reingehst."

Ich schluckte leer.

„Werden sie nicht", sagte ich möglichst beherrscht. „Sie sind schliesslich Menschen. Ehrenvolle, gute Männer."

„Wenn du nach Menschlichkeit suchst, Fennek, dann bist du an den falschen Ort gekommen."

Ich schob seinen Arm von meiner Schulter.

„Ich suche vor allem eins: Meinen Verlobten. Und jetzt bitte ich dich, mich zu ihm zu bringen, Luay."

Er schloss seufzend die Augen. Meine kasbahrische Sturheit grenzte an Wahnsinn, das musste er mir nicht sagen, doch nichts konnte mich davon abhalten, mit meinem Sandleser wiedervereint zu werden. Jetzt sofort! Auch nicht eine Horde ekstatischer Soldaten im Drogenrausch.

„Sollte mir etwas geschehen, dann liegt das allein in meinem Verschulden", fügte ich an, in der Hoffnung, ihn damit überzeugen zu können.

Luay schnaubte und öffnete wieder die Augen. Kopfschüttelnd betrachtete er mich. „Sowohl Hamza als auch Zahir werden das Gegenteil behaupten und mich zerfetzen."

„Sie werden keinen Grund dazu haben. Aber ich zerfetz dich gleich, wenn du mich jetzt nicht umgehend zu Zahir bringst."

Ich starrte ihn nieder, vertrieb jeden ängstlichen Gedanken von meinem Geiste, um ihm zu zeigen, wie sehr ich das jetzt brauchte. Es wirkte.

„Wie du wünschst", gab er schliesslich nach.


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So, ihr Süssen 

Das Kapitel wurde wieder etwas lang. Sorry dafür, aber ich kennt mich mittlerweile. Kurz fassen ist mir ein Fremdwort. :)

Das hat ja bisher ganz gut geklappt mit Hamza. Er ist fast so brav wie ein Hündchen. Hoffen wir mal, das bleibt so. 

Und wer freut sich auf Mittwoch? Da passiert nämlich endlich das,  worauf ihr seit Ewigkeiten wartet. Wir treffen unseren Sandwurm wieder! Hurraaa!

Habt ein wunderbares Wochenende ❤️


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