Lächelnd betrachtete ich das Lichtspiel der Sonne auf den Wolken.
Jetzt bin ich schon ein halbes Jahr ein Engel!
"Alexa Hoskins!", Dans wütende Stimme ließ mich ertappt herumfahren.
Mit verschränkten Armen stand er auf der Kuppel des Turms, die Augenbrauen wütend zusammengezogen.
"Eure ersten Botengänge fangen an und du verkriechst dich auf dem Dach des Turms?!", schimpfte er. "Deine Ausbildung ist noch nicht um! Du kannst nicht einfach machen was du willst!"
Ich grinste entschuldigend und erhob mich in die Luft.
"Die anderen warten schon auf der Plattform!", beschwerte er sich.
Bis wir bei Susan, Robert, Scott und Bella angekommen waren, ließ er mich nicht mehr aus den Augen.
"Nach einem halben Jahr üben werdet ihr jeweils für einen Monat in jeden Beruf eingewiesen, damit ihr ein Gefühl dafür bekommt und später besser entscheiden könnt, was ihr machen wollt", erklärte Dan noch einmal - mit einem scharfen Blick zu mir. "Also geht jetzt da runter und erfüllt eure Aufgabe als Boten!"
Begeistert streckten wir unsere Flügel aus und erhoben uns in die Luft, unsere Trainingsstäbe bereits in der Hand. Wir entfernten uns von der Marmorplatte, auf der wir die letzten sechs Monate gelebt und geübt hatten, und verstreuten uns in die die uns jeweils zugewiesene Himmelsrichtung.
Ein paar Kilometer vom Palast entfernt wartete bereits ein Engel über den Wolken.
"Hier gehst du runter", sagte er und lächelte mich an. "Viel Glück."
Ich grinste zurück und schwenkte meinen Stab ein wenig. Augenblicklich verzogen sich die Wolken und das himmlische Licht flutete in die Unterwelt. Langsam ließ ich mich nach unten sinken, ohne mir meine Aufregung anmerken zu lassen. Viele Menschen hatten sich auf dem Marktplatz versammelt. Sie standen gemeinsam da, die Köpfe erwartungsvoll nach oben gerichtet. Ich lächelte und schwenkte meinen Stab erneut. Diesmal weitläufiger.
Mein Licht strömte durch die Stadt, brachte Wärme und Zuversicht in die Stadt und die Herzen der Menschen.
Zeitgleich füllten sich die Körbe langsam mit Essen.
Ich konnte das Strahlen auf den Gesichtern der Kinder sehen, während alle in Dankbarkeit ihre Köpfe neigten. Mir wurde ganz warm ums Herz und ein glückliches Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus.
So hat sich der Engel also gefühlt.
Ich schlug wieder kräftiger mit den Flügeln und stieg nach oben. Die Wolken schlossen sich unter mir und fingen das Licht der Sonne wieder ab.
"Gute Arbeit", lobte mich der Bote mit einem lächeln und steckte seinen Stab weg. "Du wärst hervorragend als Bote geeignet."
"Ich probiere lieber erst einmal alles aus, bevor ich mich entscheide", wich ich schnell aus.
Bedauernd zuckte der Mann mit den Schultern und wir machten uns auf den Rückweg.
"Bei uns hat ein Engel mal ein paar Bücher mitgebracht", fing ich vorsichtig an. "Dürfen wir das auch?"
"Klar", lachte der Bote. "Dann musst du einen Antrag bei der Organisation einreichen." Er betrachtete mich kurz. "Soll ich dir zeigen, wie es geht?"
"Bitte!", rief ich begeistert und landete auf der Marmorplatte.
"Was ist jetzt schon wieder der Grund für deine Begeisterung?", mischte sich Scott interessiert ein.
"Ich werde einen Antrag bei der Organisation einreichen!", erklärte ich strahlend. "Und dann kann ich den Kindern dort unten Bücher schenken!"
"Du solltest wirklich darüber nachdenken, Bote zu werden", bekräftigte der Engel neben mir. "Zur Organisation geht es hier entlang."
Aufgeregt folgte ich ihm und die anderen vier schlossen sich uns interessiert an. Wir liefen am Palast vorbei zu einem großen Marmorgebäude in der Nähe des Brunnens.
Das goldene Gitter teilte sich in der Mitte und gab den Weg in eine große Halle voll von Tischen frei. Auf jedem Tisch lagen Papierstapel und dahinter saßen Engel. Bei manchen bewegten sich die Flügel leicht auf und ab, bei anderen zuckten sie nur hin und wieder und wiederum beim Rest blieben sie ganz still.
Staunend sah ich mich um. Hier drinnen war es fast noch heller als im Palast. Es war als würde ein sanfter Wind aus warmem Licht hindurchwehen.
"Das ist also die Organisation", murmelte Susan überrascht.
"Hey, Molly", begrüßte der Bote den Engel am vordersten Tisch.
"Rick", erwiderte sie freundlich, sah aber nicht von ihrer Arbeit auf.
"Wir brauchen ein Formular", erklärte er mit einem kurzen Blick zu mir.
"Linker Stapel", sagte Molly mit einer Handbewegung und konzentrierte sich dann wieder auf den Stapel vor ihr.
Grinsend nahm Rick das Formular und reichte es mir.
"Das musst du ausfüllen und dann zu dem Tisch neben der Tür bringen", erklärte er mir. "Das schaffst du auch alleine, oder?"
Ich nickte dankbar und nach noch den Stift entgegen, den er mir reichte. Damit verließ er das Gebäude und das goldene Gitter glitt hinter ihm zu.
Bella sah neugierig auf das Blatt.
"Da musst du einiges ausfüllen", staunte sie mit großen Augen.
"Echt? Zeig mal", forderte Scott und entriss mir das Formular.
Wütend starrte ich ihn an, während er es sich durchlas. Dann pfiff er erstaunt.
"Tatsächlich", murmelte er.
Ich verdrehte die Augen und nahm das Blatt wieder an mich. Susan und Robert begnügten sich damit, mir über die Schulter zu sehen.
"Antrag von", las ich laut. "Alexa Hoskins. Grund des Antrags? Botengang. - Denkt ihr das geht so? - Antrag für? Bilderbücher für Kinder. Grund?"
Nachdenklich stoppte ich. Grund?
Weil ich ihnen einen Hauch dieser Welt zeigen will., schrieb ich schließlich.
Erleichtert atmete ich auf .
"Wer hätte gedacht, dass auf einem einzigen Blatt so viele Fragen stehen können", lachte ich. "Und jetzt nach hinten."
Gemeinsam gingen wir zwischen den Tischen hindurch auf die große Tür am Ende der Halle zu.
"Ich bin wegen dem Formular hier", wandte ich mich ein wenig nervös an den Engel hinter dem Tisch.
Er sah auf und nahm das Blatt entgegen und legte es auf einen dünnen Stapel neben sich. Dann fiel sein Blick auf unsere Stäbe und er fügte hinzu: "Ich leite das weiter. Du wirst dann vermutlich übermorgen zu einem Termin gerufen. Ein Vogel wird dir Bescheid sagen."
Ich nickte überrascht.
"Du kannst gehen", erklärte mir der Engel, als er erneut von seinen Papieren aufsah.
"Ja - 'tschuldigung - danke", erwiderte ich schnell und verließ mit den anderen das Gebäude.
"Unglaublich, oder?", sagte ich, sobald wir wieder draußen standen. "Da drinnen sind so viele Engel!"
"Ich vermute mal, in den anderen Gebäuden sind mindestens genauso viele", mischte Susan sich nachdenklich ein.
"Es gibt ja auch noch sieben andere Berufe", gab Robert zu bedenken.
"Ich hätte nie gedacht, dass es so viele Engel gibt!", staunte ich. "Ach ja, habt ihr den Brunnen schon gesehen?"
"Welchen Brunnen?", fragte Bella verwirrt nach.
"Gleich hier", grinste ich und zog sie mit mir mit auf den gepflasterten Platz. "Es schwimmen sogar ein paar Fische darin!"
Fröhlich hielt ich meine Hände ins Wasser und die Fische kamen auf mich zu geschwommen.
"Also wirklich", tadelte ich die vier. "Ihr seid bereits ein halbes Jahr hier und habt noch nicht den Brunnen bemerkt, der von eurem Fenster direkt zu erreichen ist?"
Ein wenig betreten setzten sie sich an den Rand. Lachend zog ich die Hände wieder aus dem Wasser und schüttelte sie in Richtung der anderen.
Robert unterbrach schließlich mein Gelächter: "Ich gehe schon mal zurück. Ich habe noch einige Bücher zu lesen."
"Woher hast du denn Bücher?", wollte ich erstaunt wissen.
"Es gibt im Palast eine riesige Bibliothek voll davon", erklärte Robert überrascht. "Ich hätte gedacht, dass du sie längst entdeckt hast."
"Nein!", rief ich entsetzt. Zeigst du sie mir? Bitte? Bitte? Bitte!"
"Morgen, okay?", lachte Robert und stand auf. "Wir haben genug Zeit."
Schmollend sah ich zu, wie er zu dem dritten Fenster von links flog und in dem Raum dahinter verschwand.
"Also wirklich. Du bist bereits ein halbes Jahr hier und hast noch nicht die Bibliothek direkt im Palast entdeckt?", tadelte Scott mich lachend. Dann zuckte er mit den Schultern. "Nicht, dass ich sie entdeckt hätte."
"Jetzt schau nicht so enttäuscht", lächelte Susan, die ebenfalls aufgestanden war. "Es dauert nicht mehr so lange bis morgen."
Damit verabschiedete auch sie sich und flog zu dem Fenster, das in ihr Zimmer führte.
"Ich geh schlafen", gähnte Scott und streckte sich.
Meine Flügel zuckten unzufrieden.
"Warum gehen jetzt alle?", murmelte ich beleidigt und warf dem Schwarzhaarigen einen bösen Blick zu.
"Ich habe nicht damit angefangen!", verteidigte er sich mit gehobenen Mundwinkeln und flog davon.
"Du bleibst doch bei mir, oder, Bella?", wandte ich mich an das Mädchen neben mir.
Sie sah mich unsicher an - die Schuld stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben.
"Es tut mir wirklich Leid, Alexa", entschuldigte sie sich. "Ich möchte noch ein wenig zaubern üben."
Schmollend sah ich ihr hinterher.
"Dabei ist sie doch die Beste von uns", meinte ich und stand ebenfalls auf. "Nun, jetzt wo ich alleine bin ..."
Grinsend flog ich los.
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Vergesst nicht zu voten :D
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