9 - Klischee
Mit dem, immer leiser werdenden, Stapfen von Miles, überkam Panik Tamara. So allein und verzweifelt sie auch gewesen war - zumindest hatte sie jemanden gehabt der sich in dieser Welt auskannte.
Jetzt hatte sie niemanden mehr.
Gedanken rasten mit unbändiger Geschwindigkeit durch ihren Kopf, und sie schloss die Augen. Langsam atmete sie ein - und wieder aus. Ein. Und aus. So wie die Therapeutin es ihr beigebracht hatte. Nicht die Panik die Oberhand gewinnen lassen.
Langsam klärten sich ihre Gedanken und ein neuer Anflug von Mut erfasste sie. Eine Wahl hatte sie sowieso nicht - also konnte sie auch reingehen.
Sich selbst zuflüsternd, das alles gut werden würde, drückte sie gegen das schwere Holz und die Tür schwang ohne jeden Widerstand auf. Modrige Luft schlug ihr aus einem dunklen Gang entgegen, die einzige Lichtquelle waren vereinzelt angebrachte, schwach flackernde Fackeln.
Der Klassiker.
Wachsam schlich sie sich durch den Korridor und es war, als würde er nicht enden wollen.
Als sie endlich - endlich - ein Ende erblickte, war sie so erleichtert, dass sie jegliche Warnzeichen in ihrem Verstand ignorierte und die Klinke hinabdrückte.
Dumm.
Ganz, ganz dumm.
,,Rico". Das heisere Murmeln der Frau, die ihre Hände in den Haaren des Mannes vor ihr verkrallt hatte, gehörte eindeutig zu den Dingen, die Tamara nicht hören wollte. Rico presste die Frau gegen die sterile, weiße Wand, küsste sie hemmungslos und glitt mit seinen Händen langsam in ihren BH.
Oh Gott.
Beide waren halb nackt und so aufeinander fixiert, dass sie Tamara nicht im Entferntesten bemerkten. Diese blieb wie paralysiert stehen und wünschte sich, jemand würde das Gesehene aus ihrem Kopf ausradieren, doch es war wie bei einem Unfall: Man konnte nicht anders, als hinzusehen.
,,Ähm...". Verlegen räusperte Tamara sich, doch die Liebenden nahmen mich immer keinerlei Notiz von ihr.
,,Mmh, Entschuldigung...!".
Sie schreckten auseinander als wäre eine Bombe zwischen ihnen explodiert.
,,Aah!". Der gellende Schrei der Frau, zerriss Tamara beinahe das Trommelfell, doch Rico übertraf sie in Sachen Lautstärke noch um ein Vielfaches.
Tamara verzog das Gesicht, bevor sie zu einer hervorgestammelten Erklärung ansetzte.
,,Hm, also... tut mir leid sie hier zu... unterbrechen - nicht, dass ich grundlos hier reingeplatzt bin - aber... ich wurde hier hereingebracht, von Miles, vielleicht wissen sie ja wer er ist, er hat diese roten Haare und ist glaub ich ein Krieger, aber na ja, zumindest bin ich jetzt hier und weiß nicht wirklich warum und dachte, vielleicht können sie mir ja helfen".
Stille.
Die beiden starrten Tamara perplex an.
Sie wurde rot.
Die Frau fasst sich als Erstes wieder und strich sich das kupferrote Haar aus dem Gesicht. Erst jetzt bemerkte Tamara, dass sie normal aussah. Keine Flügel, keine Hörner, keine Vampirzähne.
,,Hm... ja. Also... Miles heißt er?", murmelte sie geistesabwesend. ,,Er hat uns den Auftrag gegeben, eine schwarzhaarige Schönheit,", sie musterte mich, ,,Ich schätze, das bist du, neu einzukleiden. Angemessen dieser Welt, Du weißt schon".
Überhaupt nicht.
Rico, der sich nun auch endlich zusammengerissen hatte, sah mich prüfend an und schien bereits meine Maße zu nehmen. Nach einer kurzen Stille drehte er sich um und beorderte mich mit einer kleinen Handbewegung durch eine weitere Tür. Die Rothaarige folgte.
,,Dann mal los".
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