
Kapitel 3
Ich schloss die Augen, denn ich wusste, dass es mein Ende war. Ich wusste, dass wir jetzt alle sterben würden, verbrennen am lebendigen Leib. Wenigstens sterben wir zusammen.
Dieser Gedanke tröstete mich etwas, versetzte mir aber auch einen Stich.
Ob Mama es geschafft hat? Oder musste sie eben ganz alleine verbrennen?
Neben mir wimmerte Luna: ,,Das ist alles meine Schuld." Karamell schmiegte sich nur stumm an sie.
,,Es tut mir so leid.",murmelte Nico. Seine Stimme zitterte als er fortfuhr. ,,Es tut mir so leid. Ich hab euch alle ganz doll lieb. Das wir jetzt.." Er verstummte.
,,Ich euch auch." Flip zitterte am ganzen Leib, Cindy schluchzte nur und vergrub ihren Kopf im Fell von unserem Vater. Mir stiegen Tränen in die Augen. Es ist vorbei! Ich flüsterte leise: ,,Ich hab euch auch lieb."
Meine Worte wurden fast vom Knistern der Flammen übertönt. Der Boden über uns ließ ab und zu plötzlich nach. Dann viel ein Stück von oben runter und Funken stoben zu allen Seiten. Mir wurde klar, dass es nicht unbedingt sein musste, dass wir verbrannten. Es bestand auch die Möglichkeit, erschlangen zu werden, aber ihr könnt euch sicher vorstellen, dass mich diese Tatsache nicht tröstete.
Und so saßen wir da, auf einer Steinplatte in unserem brennenden Zuhause und warteten auf den Tod.
Es wurde immer heißer und stickiger. Luft wurde immer knapper und bei jedem Atmenzug rasselte mein Atem.
Flip hustete schwach und legte sich dann hin. Ich tat es ihm nach. Diese Qual sollte einfach nur enden, da war es egal ob wir sitzend oder liegend untergingen.
Rauch erfüllte meine Lungen, Hitze versengte mein Fell. Und während ich dort still und schwach lag, wurde mir klar, dass ich so vieles noch nicht gesehen hatte und es so vieles gab, was ich noch machen wollte. Es soll wohl nicht so sein.
Ich weiß nicht, wie lange wir dort schon kauerten. Ich weiß nicht wieviel Zeit vergangen war, als wir plötzlich eine Stimme hörten.
,,Hey! Kommt da weg!" Verwundert schlugen wir die Augen auf und sahen uns um. Ich spürte schon Hoffnung in mir aufkeimen, aber wir entdeckten niemanden, außer das Flammenmeer.
,,Hier oben!" Ich sah mich nach dem Jaulen um. Mein Blick wanderte durch das brennende Zimmer. Dann blieb er oben, an einem der Stofffetzen hängen. Durch den Raich hindurch, sah ich eine Katze!
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Die Katze hing an einem der schweren, dichten Stofffetzen, die vor den Fenstern waren. Ich sah nur ihren schemenhaften Umriss, aber es war definitiv eine. ,,Da!"
Mein Vater folgte meinem Blick, auch meine Geschwister sahen auf.
,,Kommt zu mir schnell!" Die Stimme der fremden Katze, klang laut und deutlich zu uns, trotz des Knistern und Zischen des Feuers. Ich wusste nicht warum, es würde doch eh nicht helfen. Der Vorhang war zwar nicht weit von uns entfernt und es gab einige Lücken, aber dahinter tobte ein Flammeninferno.
Karamell setzte sich sofort in Bewegung. Er sprang von der Steinplatte und versuchte den Flammen auszuweichen um zu der Katze zu kommen. Ich wollte ihn zurückrufen, ich hatte schreckliche Angst um ihn, aber ein Gedanke hielt mich davon ab. Wir sterben doch eh, es ist egal ob wir noch einen Fluchtversuch unternehmen. Wir haben ja eh nichts zu verlieren.
Ich musste zu sehen, wie mein Bruder sich durch die Flammen kämpfte. Auch unter normalen Umständen wäre dies schwierig, aber wir waren alle schon sehr erschöpft. Unsere Kraft ging zur Neige und ich wusste, dass theoretisch jeder unserer Atmenzüge unser letzter sein könnte.
Plötzlich war ein Knirschen zuhören. ,,Karamell pass...!" Da war schon ein Teil von oben herabgestürtzt. Ich konnte ihn nicht mehr sehen. Obwohl ich gewusst hatte, dass wir alle sterben würden, wallte Panik und Trauer in mir hoch. Ich war kurz davor in Tränen auszubrechen als die Katze jaulte: ,,Er ist hier! Ihr müsst alle kommen!"
Wir fragten nichtmal nach. Wir versuchten einfach durch das Meer aus Flammen zu der unbekannten Katze und zu Karamell zu gelangen.
Ich konnte die Hitze nicht mehr lange ertragen, Funken stoben auf und brannten mir Löcher in mein Fell. Ich stolperte fast orientierungslos vorwärts. Vor mir wankte Flip, die anderen waren hinter mir, das hoffte ich zumindest. Das einzige was mich durch das Feuer leitete waren die Rufe der Katze.
Wir schafften es unbeschadet, wenn man das in dieser Situation so nennen konnte, fast bis zum Vorhang wo Karamell und die Hilfe warteten. Doch nur wenige Sprünge von dem Stofffetzen entfernt, der übrigens weiter unten auch brannte, tat sich vor uns eine Wand aus Feuer auf.
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Wir kauerten uns davor, hinter dieser Wand rief Karamell nach uns. Mein Herz wurde mir schwer. Wie sollen wir da rüber kommen?
Die fremde Katze sah uns von oben aus gehetzt an, soviel konnte ich erkennen. ,,Springt rüber!", rief sie. Ich sah entsetzt in die Flammen. Ich würde niemals darüber kommen. Nico schien das auch so zu sehen. Doch er nahm plötzlich Luna ins Maul und warf sie über die Flammen. Ich hörte einen dumpfen Aufschlag und das leise Wimmern von Luna.
,,Sie ist bei mir! Ihr geht es gut!", brüllte Karamell zu uns rüber. Nico nickte und wiederholte die Prozedur bei Flip und Cindy. Mich nahm er danach hoch und sprang mit einem riesigen Satz über die Flammen.
Auf der anderen Seite sahen uns meine Wurfgefährten mit weit aufgerissen Augen an. Die Katze oben im Vorhang fauchte ungeduldig.
Jetzt konnte ich sie auch genauer sehen. Es war ein Kater mit rußgeschwärztem Fell und eindringlichen blauen Augen. Er war recht dünn, aber trotzdem sehr muskulös. Er schien mehr aus Muskeln und Knochen zu bestehen, als Bauchfett. Sein Fell war, abgesehen von dem Ruß, dreckig und zerzaust. Die Fellfarbe dahinter, ließ sich nur erahnen. Das ist garantiert keine Hauskatze. Ist das ein Streuner?
Der Kater sah uns panisch an. ,,Los kommt schon!" Er hatte sich so hoch wie möglich, fast an der Decke, soweit wie möglich weg von den Flammen, festgeklammert. Er war fast ganz im Rauch eingehüllt, doch nun ließ er sich langsam nach unten gleiten.
,,Gib mir eines deiner Junge!" Unser Vater zögerte, nahm dann aber Luna und reckte sich dem Kater entgegen. Dieser beugte sich runter, nahm Luna und sprang dann vom Vorhang runter. Wir konnten ihn nicht mehr sehen, Flammen versperrten uns die Sicht. Wir mussten akzeptieren, dass er unsere Schwester mit genommen hatte.
Ängstlich sah ich mich um. Die Flammen rückten immer näher an die freie Fläche, unter dem Fenster heran. Wenn er sich nicht wiederkommt sind wir alle tot. Wir sind eh alle tot.
Darauf stellte ich mich schon ein, als plötzlich eine Kätzin auftauchte. Auch sie hatte sich in den Vorhang geklammert, auch sie hatte verdrecktes Fell. ,,Nächster!" Sie sah uns mit aufgerissenen, aber entschlossen Augen an.
Ich bemerkte, dass mein Vater die Schwächeren von uns zuerst rausbringen wollte, als er Flip an die Kätzin weiterreichte. Flip wimmerte nur noch schwach. Auch diese Kätzin verschwand, da tauchte auch schon ein weiterer Kater auf. Er nahm Cindy mit. Nach ihm folgte der Kater, der als erstes da gewesen war und Luna mitgenommen hatte. Karamell wurde an ihn weitergereicht.
Blieben nur noch ich und Papa. Die Flammen rückten immer näher, die Luft schien noch dicker zu werden. Mir wurde schwindelig. Ich merkte wie ich durch die Luft gehoben wurde und im Maul der Kätzin landete. Es war als wäre es nur ein Traum. Die Kätzin kämpfte sich durch das Labyrinth aus Feuer. Wie durch ein Wunder erreichte sie den Flur. Als wir auf den Fliesen ankamen, wurde ich einer anderen Kätzin weitergereicht. Sie rannte raus und brachte mich aus meinem brennenden Zuhaus.
Draußen schnappte ich schwach nach Luft. Frische klare Luft! Die Kätzin trug mich ein bisschen weiter, an dem brennenden Garten vorbei, weg vom Haus zu einem Gebüsch. Regen durchnässte meinen Pelz, aber es war nur noch Nieselregen. Ich genoss es.
Dann setzte sie mich ab. Ich sah in die blauen Augen meiner Mutter. ,,Mama!" Ihr liefen Tränen aus den Augen. Wortlos leckte sie mir über meinen Kopf. Auch meine Geschwister waren da, schwach wie ich, aber sie lebten!
Ich sah zum Haus. Zu meiner großen Erleichterung sah ich, wie sie Nico aus dem Haus schleppten. Schließlich lag er neben uns, er hustete schwach und holte zitternd Luft. ,,Sind alle raus?" Eine der unbekannten Kätzinnen sah ihre ,,Freunde" beunruhigt an. Der Kater, den wir als erstes gesehen hatten, nickte. Blaues Zwibeinerlicht blitzte auf dem Vierräderweg, nahe unseres Hauses auf.
,,Wie sollen wir euch je danken?" Meine Mutter sah die Streuner völlig aufgelöst an. Die Fremdlinge wechselten Blicke.
Bevor sie was entgegen konnten piepste Cindy schwach: ,,Was passiert jetzt? Wir können doch nicht zurück."
Ich wusste, dass sie recht hatte. Wir lebten, aber wir waren schwach. Unsere Hausleute waren weg und unser Zuhause brannte gerade ab.
Was soll nun aus uns werden?
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Kapitel 3 ist endlich fertig. Danke für eure bisherige Unterstützung ♡
Ich hoffe, es hat euch gefallen.
LG Goati ♡
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